Wie weit darf man gehen, um einen Unrechtsstaat zu vernichten?

Vielleicht bin ich mit meinen 24 zu jung, oder vielleicht sehe ich das ganze objektiver als mancher andere, vielleicht bin ich aber auch nur ein Mensch der generell solche Fragen mit einer ziemlichen Neutralität zu sehen versucht. In unserem GeschichtsLK wurde das neutrale Betrachten von Geschichtlichen Situationen gefördert, vielleicht bin ich in dieser Diskussion einfach auch an der falschen Stelle, vielleicht sogar im ganzen Forum, wer weiß?

Ein Hoch auf deinen Geschichtslehrer! Aber nicht nur hier wirst du, wenn du etwas neutral, emotionslos und objektiv behandelst, wo allgemeine Betroffenheit verlangt wird, schnell abgestempelt. Die Epoche ist einfach noch zu jung, um emotionslos betrachtet zu werden. Über irgendwelche Römer-Massaker in Kathargo geht das leichter.

Ich möchte hier aber nicht wieder eine Grundsatzdiskussion lostreten, reicht schon, dass die Moderatoren beginnen uns Vorwürfe zu machen wir würden wie welche aus dem braunen Spektrum argumentieren.

Menschen, die den Finger in Wunden legen sind nie beliebt.
 
Menschen, die den Finger in Wunden legen sind nie beliebt.
Unsinn. Die Moderatoren weisen zurecht daraufhin, dass hier die Stimmung bei solchen Vergleichen nicht kippt. Denn sie wollten verhindern, dass hier irgendjemand den Vergleich ausnutzt um zu schreiben: "Die alliierten Kräfte waren also in keiner Weise besser als die deutschen." Davor muss sich die Community hüten.
Im übrigen hindert euch keiner an eurer subjektiv als objektiv bezeichneten Anschauung.
Aber ich finde es reichlich unverschämt, durch solch ein Statement den anderen Disputanten ihre Objektivität abzusprechen.
Das führt nirgendwohin.
Die Epoche ist einfach noch zu jung, um emotionslos betrachtet zu werden.
Auch solche Verallgemeinerungen stören mich sehr. Emotionslosigkeit ist immer eine Frage der Einstellung des Einzelnen.

Und zu der Frage, warum die Alliierten nicht früher eingriffen.
Die Deutschen waren von ihrer Führung begeistert, das sah die Weltöffentlichkeit so, und sie lag nicht ganz falsch, was die Mehrheit der Bevölkerung anging.
Auch die folgenden Angliederungen schienen den Alliierten noch akzeptabel.
Doch mit dem Angriff auf Polen (Es ging also keinesfalls GB ans Leder!) war die Toleranzschwelle erreicht.
 
Vielleicht bin ich mit meinen 24 zu jung, oder vielleicht sehe ich das ganze objektiver als mancher andere, vielleicht bin ich aber auch nur ein Mensch der generell solche Fragen mit einer ziemlichen Neutralität zu sehen versucht. In unserem GeschichtsLK wurde das neutrale Betrachten von Geschichtlichen Situationen gefördert, vielleicht bin ich in dieser Diskussion einfach auch an der falschen Stelle, vielleicht sogar im ganzen Forum, wer weiß?
Alter führt ja nicht zu Weisheit unbedingt und Alter qualifiziert nicht unbedingt, auch wenn ich selbst zugebe, dass ich heute vieles anders sehe als vor 7 Jahren oder so.

Es ist schön, dass Du einen guten Lehrer hattest, der in der Hinsicht förderte. :yes:

Dein Beitrag passt allerdings sehr gut in diesen Thread, das wollte ich nur anmerken, auch wenn ich mich ansonsten lieber bei dieser Diskussion heraushalte.
 
...Ich weiß nur, dass es mir und euch überhaupt nichts bringt, wenn ich mich hier weiter beteilige, immerhin gehöre ich zu denen, die sagen, dass nicht alle Maßnahmen der Alliierten gerechtfertigt und rechtens gewesen sind und durchaus die Ansicht vertrete, man hätte anders und vielleicht sogar früher eingreifen können. ...

Ich weiß nur, das es sehr viel bringt wenn du in der Diskussion bleibst.
Du klinkst dich aus, ein anderer hat keine Lust, ein dritter sieht keine Perspektive mehr - Mensch, das wird dann aber eine einseitige und vor allen Dingen kurze Diskussion.

Zerbombt den Unrechtstaat ohne Rücksicht auf Verluste.
Alle einverstanden und keinen Einspruch? Ok, Thema erledigt und Diskussion beendet.


Ich denke, dies Szenario möchte keiner von uns.

Die laufende Diskussion hat ganz schön polarisiert und irgendwie drei Gruppen geschaffen.
Gruppe 1 = Bekämpft einen Unrechtsstaat ohne wenn und aber, - und ihr ist "fast" jedes Mittel recht
Gruppe 2 = macht sich immerhin noch Gedanken über die Zivilbevölkerung des Unrechtsstaates und möchte Unrecht erst definieren.
Gruppe 3 = schreibt das was die Mehrheit anscheinend hören möchte ohne "vielleicht" wirklich hinter der Aussage zu stehen.

Foxy, es ist schon immer so gewesen das es "schwer" war seine Meinung zu vertreten und seiner Linie treu zu bleiben.
Solche Leute wie du sind nicht nur eine Bereicherung für die Diskussionen hier im Forum, - ihr seid auch eine Bereicherung für die Welt.

Aber das war jetzt auch genug "Schmalz"

Welche Fragen hat diese Diskussion denn unterm Strich wirklich aufgeworfen?


  • Kann - nein besser gefragt - wird man Krieg je nach irgendwelchen Regeln und Verträgen führen? Ich behaupte einfach mal Nein. Aber das legalisiert die Mittel nicht unbedingt ;)

  • Hat ein "Rechtsstaat" das recht, einen "Unrechtsstaat" auf kosten der Zivilbevölkerung zu bekämpfen? Das ist doch eine Gewissensfrage die man totdiskutieren kann. Ich sage Nein, wer sich gezielt gegen die Zivilbevölkerung wendet macht sich selber zu einem Unrechtsstaat. Andere wiederum sagen ja, um einen schnellen Sieg zu erreichen, kann ich mich auch gezielt gegen die Bevölkerung wenden. So, und wer entscheidet jetzt welche dieser beiden Aussagen richtig ist und welche nicht? Und wenn die Aussage des anderen richtig ist, ändert sich dadurch irgend etwas an meiner Ansicht. Wie gesagt, die Frage muss jeder mit sich und seinem Gewissen ausmachen.

  • Das es bei Angriffen gegen Industrie und Wirtschaft zu Schäden der Zivilbevölkerung kommen kann, darüber sind wir uns mittlerweile alle einig - oder?

  • Ich glaube eine interessante Frage war auch, ob die Alliierten ein Recht hatten gezielt Dresden anzugreifen - mit dem Ziel der vollständigen Vernichtung. Ich sage Nein, dies Recht hatten sie nicht. Das kann man auch nicht mit Rache oder Emotion entschuldigen. Wenn ich das noch alles richtig in Erinnerung habe, ging der allgemeine Tenor auch in diese Richtung.
Habe ich noch wichtige Frage vergessen die jetzt in der Diskussion untergegangen sind? Weil so interessant der Austausch auch ist, es wird immer unübersichtlicher weil immer neue Aspekte eingebracht werden. Vielleicht sollten wir das ganz mal wieder auf den "Kerninhalt reduzieren".

*Nachtrag,
ich sehe gerade das ich die Gruppe 4 vergessen habe.
Interessantes Thema, aber ich möchte mich da nicht in die Nesseln setzen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Was Deutschland betrifft, wird man anerkennen müssen, dass sich die Alliierten als generöse Sieger gezeigt haben.
.

Das stimmt ja für die West-Alliierten. Die Alliierten - das war aber eben auch von 1941-1945 die UdSSR. Die Regierung Stalin war ebenso wie das Dritte Reich beteiligt an der Zerstörung der ost-mitteleuropäischen Staaten und war verantwortlich für eine Unzahl an Kriegsverbrechen. Auch kamen die Sowjet-Soldaten - auch wenn dies im Falle der DDR, aus der man bis zum Mauerbau noch relativ gefahrlos wegsiedeln konnte, weniger ein Problem war - in den meisten ostmitteleuropäischen Staaten nicht als "Befreier", sondern als neue Unterdrücker, so wie etwa in Polen oder der Tschechoslowakei.
 
Wie weit darf man gehen, um einen Unrechtsstaat zu vernichten?

Die Alliierten hatten nicht vor einen Unrechtsstaat sondern einen gefährlichen Kriegstreiber in Europa zu vernichten. Grundlage waren die Ereignisse ab 1. September 1939.
Das bis 1939 oder bis 1945 praktizierte Unrecht in Deutschland störte die Alliierten nicht.
 
Den 3. September 1939 hätte ja eigentlich schon am 16. März 1939 geben müssen. Mit der Zerschlagung des tschechoslowakischen Staates sowie der Degradierung der Tschechen zu einem Kolonialvolk hatte Deutschlands Führung seine Maske fallen lassen. Diesbezüglich muss man vom moralischen Aspekt hier Frankreich und UK den Vorwurf machen, dass sie nicht bereits hier Deutschland den Krieg erklärt haben. Mit den dadurch gewonnenen Ressourcen (Staatsschatz als auch industrielle Kapazität) bekam Deutschland wichtige Mittel für seine weiteren Kriegspläne in die Hand.
:heul:
 
Die Alliierten hatten nicht vor einen Unrechtsstaat sondern einen gefährlichen Kriegstreiber in Europa zu vernichten. Grundlage waren die Ereignisse ab 1. September 1939.
Hat auch niemand behauptet. Doch das demokratische Ideal können wir aus unserer entfernteren Warte ja auch als hypothetisch zu verteidigenden Wert annehmen...
 
Hat auch niemand behauptet. Doch das demokratische Ideal können wir aus unserer entfernteren Warte ja auch als hypothetisch zu verteidigenden Wert annehmen...

Genau da liegt aber meiner Ansicht nach der große Denkfehler, den viele hier machen.

Im Nachhinein kann man immer die Fahne der Demokratie hochhalten und sich rühmen einen Unrechtsstaat vernichtet zu haben. Fakt ist jedoch, dass es für den Krieg einen ganz anderen Grund gab. Und genau deshalb lehne ich dieses "Dankbarkeitsgetue" ab. Ich bestreite ja nicht den Dienst den die Alliierten uns im Endeffekt getan haben, ich wage jedoch zu behaupten, dass das mitnichten ihr Ziel war. Und daher weigere ich mich, in irgendeiner Weise von Dankbarkeit ihnen gegenüber zu sprechen.

In jedem Krieg läuft es auf eine einfache Tatsache hinaus: der Sieger hat Recht.
Das bedeutet konsequenterweise, dass, egal, was der Sieger im Nachhinein behauptet, er im Recht ist und der Verlierer keinen Anspruch auf Richtigstellung hat. ;) Im Falle des zweiten Weltkrieges bedeutet das, dass man behauptet, die Allierten wollten uns alle befreien von der Schreckensherrschaft und uns die Demokratie bringen. Die Richtigstellung hätte gelautet, dass die Demokratie und die Befreiung mehr eine positive Folge des gewonnen Krieges waren als die Ursache für dessen Entstehung.

Versteht mich bitte richtig: ich behaupte nicht, dass die Nazis hätten in Ruhe gelassen werden sollen, oder dass deren Verbrechen in irgendeinem Vergleich zu dem stehen, was von den Allierten begangen wurde. Ich verleugne nicht die Opfer des Naziregimes, ganz im Gegenteil, ich behaupte, ohne den Krieg wären wohl noch mehr Menschen umgekommen und wir alle wären vielleicht in eine Welt hineingeboren worden, in der es keine Freiheit gibt.
ABER ich lehne es strikt ab, den Alliierten den Heldenstatus zuzusprechen, den ihnen viele fast schon aufzwingen wollen, um nur ja politisch korrekt zu bleiben. Und ich lehne es noch mehr ab, wenn heutzutage noch jemand mit irgendwelcher Dankbarkeit daherkommt. So eine Einstellung ist in meinen Augen geheuchelt oder weltfremd - die Alliierten haben schließlich nicht zu ihrem Nachteil in den Krieg eingegriffen, und schon gar nicht aus Ehrgefühl und dem Bedürfnis der Bevölkerung zu helfen, auch wenn das Endergebnis zum Vorteil Aller gereicht.
 
Die Alliierten hatten nicht vor einen Unrechtsstaat sondern einen gefährlichen Kriegstreiber in Europa zu vernichten. Grundlage waren die Ereignisse ab 1. September 1939.
Hat auch niemand behauptet. Doch das demokratische Ideal können wir aus unserer entfernteren Warte ja auch als hypothetisch zu verteidigenden Wert annehmen...

Demokratie ist eine Herrschaftsform. Was haben Wahlsystem oder Regierungsform mit Bombenangriffen zu tun?
Das demokratische Ideal gibt es auch nicht. Es gibt verschiedene gut funktionierende Demokratieformen.
 
Ich habe mal wieder eine Frage.

Wer bestimmt eigentlich, wer Unrechtsstaat ist oder nicht?

Ein Staat selber sagt immer, ich bin der gute, der andere sagt, du bist böse.
Wie definiert man Unrechtsstaat, als nichtbeteiligter?
 
Na zum Beispiel daran, wie der Staat seine Bürger behandelt. Werden Bürger (oder Besucher) aufgrund politischer Neigungen, Aussehen, Krankheitsgeschichte, Herkunft etc. bespitzelt, überwacht, an der Ausübung von Tätigkeiten behindert, ins Gefängnis gesteckt, an der Ausreise gehindert, gefoltert, ermordet o.ä. dann handelt es sich um einen Staat, den man als Unrechtsstaat bezeichnen könnte. Ein Rechtsstaat achtet die Menschen- und Bürgerrechte, schützt selbst die Kriminellen vor Übergriffen durch seine eigenen Beamten wie durch seine Bürger, schützt Minderheiten vor dem Zugriff von Mehrheiten... Ich glaube, das hatten wir schon.
 
Im Nachhinein kann man immer die Fahne der Demokratie hochhalten und sich rühmen einen Unrechtsstaat vernichtet zu haben. Fakt ist jedoch, dass es für den Krieg einen ganz anderen Grund gab. Und genau deshalb lehne ich dieses "Dankbarkeitsgetue" ab. Ich bestreite ja nicht den Dienst den die Alliierten uns im Endeffekt getan haben, ich wage jedoch zu behaupten, dass das mitnichten ihr Ziel war. Und daher weigere ich mich, in irgendeiner Weise von Dankbarkeit ihnen gegenüber zu sprechen.

In jedem Krieg läuft es auf eine einfache Tatsache hinaus: der Sieger hat Recht.
Das bedeutet konsequenterweise, dass, egal, was der Sieger im Nachhinein behauptet, er im Recht ist und der Verlierer keinen Anspruch auf Richtigstellung hat. ;) Im Falle des zweiten Weltkrieges bedeutet das, dass man behauptet, die Allierten wollten uns alle befreien von der Schreckensherrschaft und uns die Demokratie bringen. Die Richtigstellung hätte gelautet, dass die Demokratie und die Befreiung mehr eine positive Folge des gewonnen Krieges waren als die Ursache für dessen Entstehung.

Versteht mich bitte richtig: ich behaupte nicht, dass die Nazis hätten in Ruhe gelassen werden sollen, oder dass deren Verbrechen in irgendeinem Vergleich zu dem stehen, was von den Allierten begangen wurde. Ich verleugne nicht die Opfer des Naziregimes, ganz im Gegenteil, ich behaupte, ohne den Krieg wären wohl noch mehr Menschen umgekommen und wir alle wären vielleicht in eine Welt hineingeboren worden, in der es keine Freiheit gibt.
ABER ich lehne es strikt ab, den Alliierten den Heldenstatus zuzusprechen, den ihnen viele fast schon aufzwingen wollen, um nur ja politisch korrekt zu bleiben. Und ich lehne es noch mehr ab, wenn heutzutage noch jemand mit irgendwelcher Dankbarkeit daherkommt. So eine Einstellung ist in meinen Augen geheuchelt oder weltfremd - die Alliierten haben schließlich nicht zu ihrem Nachteil in den Krieg eingegriffen, und schon gar nicht aus Ehrgefühl und dem Bedürfnis der Bevölkerung zu helfen, auch wenn das Endergebnis zum Vorteil Aller gereicht.

Keiner verlangt an die Alliierten gerichtete Dankbarkeit für Kampfhandlungen an der Front und Luftangriffe auf Städte. Aber eines muss doch gerade gerückt werden: Es war Hitler, der den Überfall Polens - bei gleichzeitigem Wissen um französische und britische Bündnisverpflichtungen - befahl. Es war Hitler, der den Überfall auf die SU befahl und es war Hitler, der den Amerikanern, nach dem japanischen Überfall auf Pearl Harbor, den Krieg erklärte. Daraus nun unlautere Absichten der alliierten Kriegführung abzuleiten, dürfte etwas weit hergeholt sein.
 
Ich habe mal wieder eine Frage.

Wer bestimmt eigentlich, wer Unrechtsstaat ist oder nicht?

Ein Staat selber sagt immer, ich bin der gute, der andere sagt, du bist böse.
Wie definiert man Unrechtsstaat, als nichtbeteiligter?

Lieber Flo,
diese Frage ist in der laufenden Diskussion schon mehrfach gestellt worden. Beantworten konnte sie jedoch noch keiner ;)
 
So eine Einstellung ist in meinen Augen geheuchelt oder weltfremd - die Alliierten haben schließlich nicht zu ihrem Nachteil in den Krieg eingegriffen, und schon gar nicht aus Ehrgefühl und dem Bedürfnis der Bevölkerung zu helfen, auch wenn das Endergebnis zum Vorteil Aller gereicht.

Von den einstigen Kolonialreichen Großbritannien, Frankreich, Belgien und Portugal ist in der Folge des Zweiten Weltkriegs nicht mehr viel übrig geblieben. Das gleich gilt auch für die einstige Großmachtstellung Großbritanniens und Frankreichs. Beiden Ländern ist es nach dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr gelungen, auf dem internationalen Parkett je wieder so eine bedeutende Rolle zu spielen, wie sie es aus der Vorkriegszeit ganz selbstverständlich gewohnt waren. Ich bin mir nicht sicher, ob dieser erhebliche Machtverlust in Großbritannien oder Frankreich wirklich als vorteilhaftes Ergebnis des Zweiten Weltkrieges verstanden wurde. Ich möchte nur an die Demütigung dieser beiden Länder in Zuge der Suezkrise, ohne jetzt auf die Einzelheiten einzugehen, erinnern, die ihnen von den USA und der Sowjetunion beigebracht wurde. Spätestens ab diesem Zeitpunkt war den politischen Akteuren in aller Welt klar, wer das Sagen hatte. Großbritannien und Frankreich haben dann in der Folge allerdings doch recht unterschiedliche Konsequenzen aus dieser Affäre gezogen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Keiner verlangt an die Alliierten gerichtete Dankbarkeit für Kampfhandlungen an der Front und Luftangriffe auf Städte. Aber eines muss doch gerade gerückt werden: Es war Hitler, der den Überfall Polens - bei gleichzeitigem Wissen um französische und britische Bündnisverpflichtungen - befahl. Es war Hitler, der den Überfall auf die SU befahl und es war Hitler, der den Amerikanern, nach dem japanischen Überfall auf Pearl Harbor, den Krieg erklärte. Daraus nun unlautere Absichten der alliierten Kriegführung abzuleiten, dürfte etwas weit hergeholt sein.


Ich habe nie irgendwelche "unlauteren Absichten" unterstellt. Ich habe lediglich klargestellt, dass die Alliierten mitnichten für "Freiheit und Demokratie" in den Krieg gezogen sind, oder um die leidende Bevölkerung zu "retten".
Sie haben lediglich ihre eigenen Interessen verfolgt (welche nicht einmal negativ ausgelegt werden müssen), was in Konsequenz bedeutet, dass es nicht um die Beseitigung eines Unrechtsstaates ging, sondern um "normale" Kriegsführung zwischen Staaten. Dass Hitler allen den Krieg erklärt hat, ist mir nicht unbekannt, dennoch frage ich mich, mit welchem Recht so vehement darauf verwiesen wird, dass die Alliierten uns gerettet haben -wäre das ihre Absicht gewesen, hätten sie schon weitaus früher eingegriffen.

Das ist auch schon alles, worauf ich hinauswollte.

Die Frage, die Florian aufgriff, hatte ich bereits einige Beiträge zuvor schon gestellt. Wer entscheidet eigentlich, was ein Unrechtsstaat ist, und nach welchen Kriterien wird da Maß genommen? Wer von den souveränen Staaten hat das Recht, einen anderen souveränen Staat anzugreifen aufgrund dessen Status als "Unrechtsstaat" ?
Wenn man mit solchen Begrifflichkeiten argumentiert, sollte man sich eventuell auch fragen, warum eigentlich noch Keiner auf die Idee gekommen ist, CHINA den Krieg zu erklären... China ist schließlich bereits seit Jahrzehnten ein Unrechtsstaat mit Diktatur, Zensur und (in vielen Regionen) extrem menschenfeindlichen Ambitionen. Da wundert man sich doch.
Vor allem wenn man überlegt, das gewisse demokratische Staaten es sich angewöhnt haben, nach eigenem Ermessen in die Weltpolitik einzugreifen, oder solche "Unrechtsstaaten" so lange gewähren zu lassen, bis dringend irgendein Rohstoff gebraucht wird, oder die Waffenindustrie Miese macht...
Trotzdem traut sich keiner an China ran und das seit Jahrzehnten. Jetzt stellt sich mir die Frage, ob es ÜBERHAUPT schon Kriege gegeben hat, in denen ein "Unrechtsstaat" tatsächlich aus der positiven Absicht heraus, der Bevölkerung zu helfen, angegriffen worden ist. Obwohl wir so viele Kriege auch in der Neuzeit haben, lässt sich meiner Ansicht nach kein Einziger davon in dieser Art klassifizieren. Es sind immer gänzlich andere Hintergründe, die den Auslöser für solche Kriege geben, aber hinterher wird dann argumentiert, man habe der Bevölkerung die Freiheit gebracht (oder zu bringen versucht). Ist das denn bisher niemandem außer mir aufgefallen?
 
Jetzt stellt sich mir die Frage, ob es ÜBERHAUPT schon Kriege gegeben hat, in denen ein "Unrechtsstaat" tatsächlich aus der positiven Absicht heraus, der Bevölkerung zu helfen, angegriffen worden ist. Obwohl wir so viele Kriege auch in der Neuzeit haben, lässt sich meiner Ansicht nach kein Einziger davon in dieser Art klassifizieren. Es sind immer gänzlich andere Hintergründe, die den Auslöser für solche Kriege geben, aber hinterher wird dann argumentiert, man habe der Bevölkerung die Freiheit gebracht (oder zu bringen versucht). Ist das denn bisher niemandem außer mir aufgefallen?

Nein, @Fox ist nicht die einzige mit dieser Frage, allerdings ist die "Gefahr" sich der Tagespolitik zu nähern hierbei sehr groß.
Trotzdem ist es ein vielversprechender pragmatischer Ansatz von der theoretischen Gewissensentscheidung wegzukommen und anhand von geschichtlichen Fallbeispielen zu untersuchen, welche Möglichkeiten die Menschheit als Ganzes hat, nicht der unterlassenen Hilfeleistung schuldig zu werden.
Es gibt eine ganze Reihe von Staaten gegen die ein Wirtschaftsembargo verhängt wurde oder die nicht an olympischen Spielen teilnehmen durften, z.B. Kuba, Südafrika. Zu diesen eher harmlosen Sanktionen sollte es UN-Beschlüsse geben.
Beim Beispiel Kuba frage ich mich allerdings nochmal nach der Definition von Unrechtstaat und ob zu diesen anerkannt altruistischen Motiven nicht auch immer egoistische Motive auf Seiten der Staatengemeinschaft oder auf Seiten des "helfend" eingreifenden Staates hinzukommen müssen, um einen Unrechtstaat zu brandmarken und aktiv zu bekämpfen.
 
Der Begriff Unrechtsstaat ist ein politischer Begriff, um einen Staat zu charakterisieren, der eben kein Rechtsstaat ist.
Der Begriff Rechtsstaat ist jedoch ein Begriff, der auf den deutschen Juristen Otto Bähr zurückgeht (1864) - bei ihm als Gegenentwurf zum absolutistischen Staat.



Inhaltlich darf ich mich dem Beitrag meines Kollegen anschließen, der bislang wohl etwas untergegangen ist:
Na zum Beispiel daran, wie der Staat seine Bürger behandelt. Werden Bürger (oder Besucher) aufgrund politischer Neigungen, Aussehen, Krankheitsgeschichte, Herkunft etc. bespitzelt, überwacht, an der Ausübung von Tätigkeiten behindert, ins Gefängnis gesteckt, an der Ausreise gehindert, gefoltert, ermordet o.ä. dann handelt es sich um einen Staat, den man als Unrechtsstaat bezeichnen könnte. Ein Rechtsstaat achtet die Menschen- und Bürgerrechte, schützt selbst die Kriminellen vor Übergriffen durch seine eigenen Beamten wie durch seine Bürger, schützt Minderheiten vor dem Zugriff von Mehrheiten...

Wer es fachlich korrekter haben will, findet die Definitionen für Rechtsstaat und Rechtsstaatsprinzip bzw. Abhandlungen zu dieser Thematik z.B. unter folgenden Links:
Rechtsstaat - Lexikon
Rechtsstaatsprinzip - Lexikon
P o l i t i k W i s s e n . d e | Lexikon |
Rechtsstaat/Rechtsstaatsprinzip in lexexakt.de - Das RechtsLexikon und Rechtswörterbuch Definition/Erklärung/Erläuterung/Bedeutung
Das Rechtsstaatsprinzip ... - Google Buchsuche

Wie eingangs erwähnt ist der Begriff Unrechtsstaat nur als politischer Gegenbegriff zum juristischen Begriff Rechtsstaat zu fassen... :fs:
 
Lieber Flo,
diese Frage ist in der laufenden Diskussion schon mehrfach gestellt worden. Beantworten konnte sie jedoch noch keiner

Friesengeist, sowohl El Quichote und thimotheus haben deine Frage beantworten können.
Demokratie ist eine Herrschaftsform. Was haben Wahlsystem oder Regierungsform mit Bombenangriffen zu tun?
Das demokratische Ideal gibt es auch nicht. Es gibt verschiedene gut funktionierende Demokratieformen.

Habe ich die Maßnahmen der alliierten in irgendeiner Weise bisher für völlig gerechtfertigt erklärt? Nein, ich glaube nicht.
Und das demokratische Ideal gibt es.
Simpel formuliert lautet es: Gleichheit, freie Wahl, Informationsfreiheit, Meinungsfreiheit, passives Wahlrecht und Alternativen müssen mit dem Mehrheitsprinzip zusammentreffen.
So einfach ist das.
Ist das denn bisher niemandem außer mir aufgefallen?
Doch, daher sprach ich ja oben von einer hypothetischen Vereidigung.
Ist das präziser?
 
Na zum Beispiel daran, wie der Staat seine Bürger behandelt. Werden Bürger (oder Besucher) aufgrund politischer Neigungen, Aussehen, Krankheitsgeschichte, Herkunft etc. bespitzelt, überwacht, an der Ausübung von Tätigkeiten behindert, ins Gefängnis gesteckt, an der Ausreise gehindert, gefoltert, ermordet o.ä. dann handelt es sich um einen Staat, den man als Unrechtsstaat bezeichnen könnte. Ein Rechtsstaat achtet die Menschen- und Bürgerrechte, schützt selbst die Kriminellen vor Übergriffen durch seine eigenen Beamten wie durch seine Bürger, schützt Minderheiten vor dem Zugriff von Mehrheiten... Ich glaube, das hatten wir schon.

Ganz genau.

Augenzeugenbericht vom Rabbiner Dr. Max Eschelsbacher, was ihm in der Nacht vom 09.11. auf dem 10.11.38 angetan wurde.

[…] Aber fast im selben Augenblick läutete es heftig an der Haustüre. Ich löschte die Lichter und sah hinaus. Der Platz war schwarz von SA-Leuten. Im Augenblick waren sie oben und hatten die Flurtüre eingedrückt. Ich konnte nur sehen, dass das Treppenhaus voll von ihnen war, von Gemeinen und allerhand Vorgesetzten, kenntlich an ihren Mützen und Aufschlägen. Sie drangen in die Wohnung unter dem Chorus: “Rache für Paris“ Nieder mit den Juden“ Sie zogen aus Beuteln Holzhämmer heraus, und im nächsten Moment krachten die zerschlagenen Möbel und klirrten die Scheiben der Schränke und der Fenster. Auf mich drangen die Kerle mit geballten Fäusten ein, einer packte mich und schrie mich an, ich solle herunterkommen. Ich war überzeugt, dass ich totgeschlagen werde, ging ins Schlafzimmer, legte Uhr[…] ab und nahm Abschied von Bertha. Sie sagte nur: Chasak (Sei stark!)

Wie ich die Treppen heruntergekommen bin, weiß ich selber nicht. […] Ich selber wurde von einem SA-Mann über die Straße an das Haus geschleudert. Ein Nachbar, der Augenzeuge war, sagte mir nachher, das sei mehrmals geschehen. Ich wurde dann in den Hausgang geworfen und zwischen Wand und Lift eingesperrt. (1)

(1)Der Judenprogrom 1938, S.25, Frankfurt 1988


Zitat aus der Zeitung „Das Göttinger Tageblatt“ vom 10.November 1938.

„Zu stark traf uns der Schlag des internationalen Judentums, als dass wir darauf mit Worten allein hätten reagieren können. Eine seit Jahrzehnten aufgespeicherte Wut gegen das Judentum brach sich Bahn, für die sich die Juden bei ihren Rassegenossen Grünspan, bei dessen geistigen oder tatsächlichen Lenkern bedanken können […] Dabei ist mit de Juden selbst glimpflich verfahren worden. Es ist lediglich demonstrativ vor Augen geführt worden, welchen Grad der Zorn des deutschen Volkes erreicht hat, ohne dass dabei Juden am Leib und Seele Schaden erlitten haben[…] Wir brauchen in Göttingen nicht zu verschweigen, was sich in der Nacht zum 10.November 1938 zugetragen hat. Wer dafür kein Verständnis aufbringt, ist unfähig die Stimme des Volkes zu verstehen. Wir haben gesehen, dass der gelbe Tempel in der Oberen Maschstraße in Flammen aufgegangen ist und das die Fensterscheiben einiger noch in jüdischen Händen befindlicher Geschäfte gestern morgen nicht mehr vorhanden waren. Die Sicherheitsbehörden haben dafür gesorgt, dass es bei diesen Demonstrationen geblieben ist. (Hervorhebung durch mich)

Man geht in der Forschung von über 400 Todesopfern im Zuge der Raserei in der Reichspogromnacht aus. Es würden über 30.000 jüdische Bürger verhaftet und in Konzentrationslager verbracht.

 
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