Wie wurde Kriegsbeute verteilt ?

Klaus

Aktives Mitglied
Oft liest man, dass die Teilnehmer eines Krieges in erster Linie auf Kriegsbeute erpicht waren.

Ich frage mich, wie das funktionieren soll, wenn man während der Schlacht eine Lahmlegung der Kämpfer durch Sicherung der Beute und nach der Schlacht ein gegenseitiges Massakrieren der Soldaten um den größeren Anteil verhindern wollte.

Kriegte jeder das, was er persönlich erbeutet hatte oder musste jeder alles abgeben und wurde dann "zentral" geteilt ? Oder behielt der Oberbefehlshaber alles (für sich ? Für seinen Staat ?) und gab den Soldaten eine Prämie ? Ich vermute, dass die Anteile deutlich nach Dienstgrad gestaffelt waren. Wie teilte man unter verbündeten Heeren auf ? Wo konnte der Soldat seinen Anteil verwahren, bis er wieder nach Hause kam ?

So banal sich diese Fragen anhören - wenn Beutemachen die Hauptmotivation der Soldaten war, dann konnte das über Sieg oder Niederlage entscheiden.
 
Klaus schrieb:
Oft liest man, dass die Teilnehmer eines Krieges in erster Linie auf Kriegsbeute erpicht waren.

Ich frage mich, wie das funktionieren soll, wenn man während der Schlacht eine Lahmlegung der Kämpfer durch Sicherung der Beute und nach der Schlacht ein gegenseitiges Massakrieren der Soldaten um den größeren Anteil verhindern wollte.

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Es ist in der Tat mehrfach geschehen, dass eine (momentan) siegreiche Armee sich zu früh durch das Plündern ablenken lässt, und der schon fast geschlagene Gegner sich nochmal aufrafft und den Sieg an sich reisst. Nicht nur im Mittelalter.

Ich glaube nicht, dass deine Frage einheitlich beantwortet werden kann. Grundsätzlich plünderte jeder für sich selbst, vor allem bei der einnahme von Städten, Burgen und feindlichen Lagern. Dabei gab es auch bestimmt genügend Raufhandel unter den Siegern (z.B. bei der Plünderung des Lagers Karls des Kühnen, kriegten sich die Schweizer in die Haare, habe ich mal irgendwo gelesen)
Bei einer frühzeitigen Kapitulation ging es jedoch geordneter zu, und die Beute (Kontribution) ging an den Feldherrn, der dann verteilen konnte oder auch nicht.

Beim Kampf zwischen Rittern gingen Waffen und mitgeführte Güter des besiegten an den Sieger, der dann auch das Lösegeld beanspruchte. Jeder Ritter liess seine Gefangenen nach hinten Führen und von seinen untergebenen beaufsichtigen. Bei Agincourt (oder Crecy?) waren die englischen Ritter dann sehr sauer, dass der König ihre Gefangenen vorsorglich abschlachten liess, als die Schlacht zu kippen drohte.
 
Zuletzt bearbeitet:
Nun, die Kategorie ist "Sonstiges im Mittelalter".
Zu diesem gehört in diesem Forum auch die Varusschlacht. Hier habe ich gelesen, dass dies die Hauptmotivation vieler Teilnehmer war (die politische Zielsetzung Arminius' war diesen schnuppe). Dabei wurde jeder Römische Soldat als Kriegsbeute betrachtete und entsprechend geplündert (der Mann selbst war da eher lästig) - einer der Gründe dafür, dass so wenige Römer überlebten. Hätte Arminius sie schonen wollen, hätte er es sicher nicht gegen die "Basis" durchsetzen können.

Auch in der zweiten Hälfte des Dreissigjährigen Krieges (der allerdings hier zur Neuzeit zählt) ging es immer weniger um politische Ziele und immer mehr um's Beutemachen.

Bei Söldnern, Piraten und dergl. sowieso.

(Was mich in erster Linie interessiert, ist der Mechanismus, mit dem man trotzdem die Interessen der einzelnen Soldaten zu einem militärisch sinnvollem Handeln koordinieren konnte).
 
Räuber, Piraten und Söldnerbanden hatten zum Teil sehr ausgeklügelte verteilungsmechanismen, da sie meistens reine Zweckgemeinschaften mit dem ausdrücklichen Ziel zu plündern waren.

Bei "normalen" Heeren wurden (neben dem Ausplündern der Zivilbevölkerung) nach der Schlacht schlicht die Leichen gefleddert. Die geschlitzte Kleidung der Landsknechte soll darauf zurückgehen.
 
Hier muß ich mich mal wieder einmischen...

1. Der von Bdaian beschriebene Fall, daß sich die faktisch bereits siegreichen Kombattanten im Plündern ergaben und damit in nicht wenigen Fällen sogar den Sieg "verspielten", war bspw. ein stetes Problem in islamischen Heeren - und das bis in die jüngste Neuzeit...
Anm.: Das soll nicht bedeuten, daß dies nicht auch in anderen Heeren auftrat!

2. Im Mittelalter plünderte tatsächlich jeder für sich selbst bzw. machte für sich selbst Beute, denn dies stellte die Entschädigung für die eigenen Kosten (Waffen, Ausrüstung etc.) dar.
Wenn es - wie von Bdaian richtig geschrieben - "geordneter" zuging, wurde die Beute "von oben nach unten" aufgeteilt; sprich: die wertvollsten Stücke bekam der oberste Feldherr, das danach wertvollste die einzelnen "Unterführer", den Rest, der übrig blieb, das "gemeine" Kriegsvolk.
Anm.: Durften die Kämpfer (z.B. bei den Ritterorden) die Beute nicht selbst behalten, wurde diese "zentral" abgegeben - was auch kontrolliert wurde (Nichtbefolgen zog empfindliche Strafen nach sich)!

3. Noch zum Dreißigjährigen Krieg (dessen Einordnung in die Neuzeit übrigens vollkommen korrekt ist!): Hier ging es um großangelegt Plünderungen, die ausschließlich dazu dienten, Versorgung und Motivation der Söldnerheere aufrechtzuerhalten ("Der Krieg ernährt den Krieg"). Im Gegensatz zu früheren Zeitaltern wurde hier nicht nur unter der Bevölkerung des Besiegten Beute gemacht, sondern auch die eigene Land- und Stadtbevölkerung regelrecht ausgeraubt etc. - was außerdem gegen das im 17. Jh. bereits geltende Recht war!
 
timotheus schrieb:
Hier muß ich mich mal wieder einmischen...

1. Der von Bdaian beschriebene Fall, daß sich die faktisch bereits siegreichen Kombattanten im Plündern ergaben und damit in nicht wenigen Fällen sogar den Sieg "verspielten", war bspw. ein stetes Problem in islamischen Heeren - und das bis in die jüngste Neuzeit...
Anm.: Das soll nicht bedeuten, daß dies nicht auch in anderen Heeren auftrat!

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Mir fällt da konkret eine Schlacht aus dem 7. Jährigen Krieg ein (welche genau, müsste ich erst nachlesen), bei der die ungarischen Husaren sich im preussischen Tross verfingen und dem Alten Fritz die Möglichkeit zum Gegenschlag gaben.

In der frühen Neuzeit wurde auch gelegentlich die Plünderung einer Stadt als ausgleich für austehenden Sold gewährt bzw. sebst vorgenommen (Sacco di Roma).
 
Das eigenmächtige Abbrechen des Gefechtes und der Übergang zum Plündern wurde in der Schweizer Eidgenossenschaft schon früh als militärisches Problem von erheblicher Bedeutung erkannt; mit dem sogenannten Sempacher Brief vom 10. Juli 1393 wurde in Ziffer 7 bezüglich dem Plündern von den Eidgenossen das nachfolgende Regelwerk kodifiziert:

"Es ist auch zu wissen, dass in dem obgenannten Gefechte (Schlacht bei Sempach, 9. Juli 1386) der Feinde viel entwichen, da das Feld behauptet ward, die alle auf der Walstatt und Umgebung geblieben (erschlagen worden) wären, hätten die Unseren, so dabei waren, ihnen nachgefolgt und nicht geplündert, ehe dass der Streit gänzlich gewonnen (und) zu Ende (geführt) wurde. In solchen Dingen ist gesehen (worden), so ehrbare Leute ein Feld behaupteten, dass sie Leibes und Gutes zu sicher sein wollten und unter ihnen wie oben plünderten, dass sich inzwischen die Entwichenen wieder sammelten und ihnen Leib und Gut und das Feld wieder abgewannen. Da meinen wir einhelliglich, so oft uns solche Not träfe in künftigen Zeiten, dass jeglicher sein Möglichstes tue als ein Biedermann, die Feinde zu schädigen und das Feld zu behaupten ohne allen Vorsatz zu plündern, es sei in Festen, Städten oder auf dem Land, bis auf die Stunde, dass der Kampf ein Ende nimmt und gewonnen wird, dass die Hauptleute männiglich erlauben zu plündern. Von da an mag männiglich plündern, die dabei gewesen sind, sie seien bewaffnet oder unbewaffnet, und den Plunder soll jeglicher den Hauptleuten einhändigen, unter die er gehöret, und die sollen ihn unter dieselben, die unter sie gehören, und dabei gewesen sind, nach Marchzahl (Kopfzahl) gleich und redlich teilen. Und wie sie den Plunder unter die Ihren teilen, damit sollen sie und männiglich zufrieden sein."
 
Ich möchte in einigen Punkten zustimmen bzw. widersprechen und lege ein Beispiel aus der mittelalterlichen Literatur vor: das Poema de Mio Cid.
Dieses wurde 1208 (auf)geschrieben (es gibt Historiker, die glauben an eine Entsehungszeit seit 1140, andere seit 1275), ist also als eine Quelle für mittelalterliches Denken und Handeln anzusehen, auch wenn es ereignishistorisch sicher keine gute Quelle ist.

El Cid war, streng genommen, ein Schutzgelderpresser. Im Poema wird beschrieben, wie er die Burg Alcocer erobert (die Lokalisierung dieser Burg ist strittig, es gibt Archäologen, die behaupten, sie hätten die Burg und das Lager des Cid gefunden, andere Archäologen sprechen dagegen. Literaturangabe wird bei Bedarf nachgeliefert, ich hab´s nur aus der Fußnote von Colin Smith).
Also zunächst fordert der Cid ein Schutzgeld von den Bewohnern der Burg (islamische Burgen vor allem westspanischen Raum sind befestigte Dörfer, keine Feudalburgen). Diese verweigern dies, also beginnt der Cid eine Belagerung. Nach einigen Wochen hebt er diese Belagerung aber auf und lässt sein Zelt stehen. Nun denken sich die Bewohner der Burg: das Zelt ist das doppelte von dem wert, was er uns abnehmen wollte und verlassen, ohne eine Wache am Tor zu lassen die Burg um diesen Schatz an sich zu reißen. Als die Bewohner sich soweit von ihrer Stadt entfernt haben, dass sie es nciht mehr schaffen können rechtzeitig in die Stadt zurückzukommen, kehrt der Cid mit seinen Truppen um und trägt einen glorreichen Sieg davon und kan auch die Stadt besetzen. Erst danach lässt er sein "trojanisches" Zelt abbrechen. Die Beute wird verteilt, einige verzichten ganz auf ihren Teil.
Allerdings hat bdaian ja schon erwähnt, dass

Räuber, Piraten und Söldnerbanden [...] zum Teil sehr ausgeklügelte Verteilungsmechanismen [hatten], da sie meistens reine Zweckgemeinschaften mit dem ausdrücklichen Ziel zu plündern waren.

Auch nach der Eroberung Valencias wird die Beute verteilt und nun, der Cid ist faktisch König von Valencia - er wird im Poema aber weiterhin als treuer Untertan seines Königs Alfonso bezeichnet - und verhält sich auch wie ein König (bis hin zur Investitur des Bischofs), ist die Organisationsform seiner Truppen doch etwas komplizierter geworden. Auch nach einer Schlacht gegen die Almoraviden, bei der - wieder! - das Zelt des Königs Yussef erobert wird (die Zeltstangen bestehen aus purem Gold und werden mit einer Menge an Pferden, Sätteln und Schwerten König Alfons überstellt), wird die BEute auch wieder unter den Kämpfern aufgeteilt, nachdem der cid das Geschnek für König Alfons bestimmt hat.

Also Zuspruch: die Gier nach Beute konnte den Sieg verderben (wenn auch hier extrem topisch) und Widerspruch: die Beute wurde zumindest fallweise gerecht unter den Kämpfern verteilt.
 
Man muss gar nicht so weit zurückgehen.

Im Frühjahr 1918, als die Deutschen mit mehreren mächtigen Offensiven die Westfront durchbrechen wollten, hat sich genau das abgespielt, woran kaum einer gedacht hatte: Die unermesslich großen Vorratsdepots der Alliierten, die oftmals wegen des schnellen Vordringens der Deutschen nicht mehr rechtzeitig geleert oder vernichtet werden konnten, hielten den Vormarsch nicht unerheblich auf. Die an Mangelernährung leidenden deutschen Soldaten kamen sich beim Anblick der Konservenbüchsen, Marmeladeneimer und Brotlaibe wie im Schlaraffenland vor. Viele Vorgesetzte beklagten, dass diese Köstlichkeiten wichtiger waren als die erfolgreiche Fortsetzung der Schlacht.

Wenn man Kriegsliteratur über den 1. WK liest, dann findet man - für das letzte Kriegsjahr besonders - immer wieder Hinweise auf Stoßtrupps, die in die Reihen der Engländer oder Amerikaner einbrachen, die Säcke mit Konservendosen füllten und sich wieder zurückzogen.

Natürlich war das nicht kriegsentscheidend; aber man sieht, dass das Beutemachen bis ins 20. Jh. Tradition hatte.
 
Bdaian schrieb:
untergebenen beaufsichtigen. Bei Agincourt (oder Crecy?) waren die englischen Ritter dann sehr sauer, dass der König ihre Gefangenen vorsorglich abschlachten liess, als die Schlacht zu kippen drohte.
Ich tendiere auch zu Agincourt. Nicht nur die Ritter waren sauer, auch die Bogner, die bei den Engländern besonders erfolgreich im Gefangennehmen waren und jede Pause zwischen feindlichen Angriffswellen nutzten.
 
Das Grundproblem ist - einmal mehr - doch jenes, daß es während des Mittelalters (und auch später) immer ein Wechselspiel gab zwischen - um El Quijote zu zitieren - "Zuspruch: die Gier nach Beute konnte den Sieg verderben" sowie "Widerspruch: die Beute wurde zumindest fallweise gerecht unter den Kämpfern verteilt".

Noch ein Beispiel aus dem späten Mittelalter, welches zeigt, daß sich solche Eigenmächtigkeiten des Beutemachens unter bereits überwundenen Gegnern selbst in die ansonsten diesbezüglich eher disziplinierten Ordensheere einschlichen und auch dort die bereits angesprochenen fatalen Auswirkungen hatten...
Anm.: Ich habe die Zusammenfassung der Schlacht aus einem meiner Beiträge in einem Parallelthema herüberkopiert.

Im Jahre 1410 erlitt der Deutsche Orden seine wohl schwerste Niederlage, jene in der Schlacht bei Tannenberg.
Dennoch gestaltete sich die Schlacht zu Beginn trotz des für die schwere Ordensreiterei ungünstigen Geländes, welches dieses in die Defensive zwang, beinahe zur Niederlage für das polnisch-litauisch-tatarische Heer, obgleich dieses auch noch etwa 2:1 überlegen war. Der litauisch-tatarische Flügel wurde durch die Ordenskontigente beinahe aufgerieben, und auf der polnischen Seite überwältigten die Ordensritter zunächst die polnischen Ritter und setzten dann auch dem Rest des polnischen Heeres arg zu.
Das Blatt wendete sich zugunsten der Polen und Litauer erst, da die gegen die Litauer siegreichen Ordenskämpfer den Fliehenden zu eigensinnig und zu lange nachsetzte anstatt sich sofort mit den anderen Ordensrittern gegen die verblieben polnische Kontigente zu vereinigen. Diese konnten sich nun durch ihre in Reserve gehaltenen Truppen zusätzlich verstärken und weitere Erfolge der Ordensritter verhindern, während ein Teil der Litauer sich im Schutz der polnischen Verstärkung wieder sammeln und konsolidieren konnte.
Nachdem im weiteren Verlauf der Hochmeister Ulrich von Jungingen gefallen war, zerbrach die Ordnung der Ordenskontigente endgültig, zumal die von der Verfolgung zu spät zurückkehrenden Ordenskämpfer nur noch sporadisch selbstmörderische Aktionen unternehmen, aber keineswegs mehr entscheidend in die Schlacht eingreifen konnten.

Noch ein Zitat dazu aus dem entsprechenden Artikel auf http://www.dendlon.de/Tannen.html

Für die Ordensritter hatte die Schlacht zunächst erfolgreich begonnen.
Im wilden Ansturm war es gelungen, das große Polnische Reichspanier mit dem weißen Adler zu erobern. Auch begann die polnische Streitmacht zu weichen.
In dieser Situation wäre ein Herumschwenken des gegen die Litauer erfolgreichen linken Flügels sinnvoll gewesen. Diese Unterstützung wäre für den Ausgang der Schlacht zweifellos von großer Bedeutung gewesen.
Doch beschäftigt mit der Verfolgung der Fliehenden und der Plünderung des Schlachtfeldes konnten die Kämpfer diese Hilfe nicht leisten. So konnten die bisher zurückgehaltenen polnischen Truppen auf Befehl Zindrams bis zum äußersten rechten Flügel der Schlachtreihe des Ordens vorstoßen. Da der gegenüberstehende linke Flügel des polnischen Heeres so beträchtlich verstärkt wurde, hatte das Ordensheer keine Chance mehr.
 
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