Vielen Dank Lilli und Herold
für den guten Überblick über das Spektrum der Waren und die Handelswege. Kennt ihr auch ein paar Quellen dazu?
Vielleicht sollte ich noch einmal die Zeit genau eingrenzen. Mir geht es um das 10. bis 14. Jahrhundert, also um die Zeit als durch die beginnende Stabilisierung der politischen Herrschaft Handel wieder attraktiv wurde.
Interessant der Hinweis von Lili zu den Schutzprivilegien. Auch wenn diese nicht als Ursache für den wirtschaftlichen Aufschwung sondern eher als Folge anzusehen sind. Handelsprivilegien werden immer erkauft, sie sind also eher eine Form der Schutzgelderpressung und damit ein starker Hinweis auf den Reichtum.
Ebenso die Verbindung in den Donauraum.
Köln war ja vor allem deshalb ein Stapelplatz, da hier auf kleinere und flachere Kähne umgeladen werden mußte. Kam das Tuch und die Metallwaren vielleicht aus dem Süddeutschen Raum? Und warum boten sich die Städte an der Küste als Zwischenhändler für fremde Tuche an, wenn sie ihre eigene Produktion vekaufen wollten. Oder gab es hier schon eine Spezialisierung?
Herold meint das Metall käme aus (oder über den) Ostseeraum? Dort kenne ich gar keine Hüttenindustrie.
Der dreißigjährige Krieg und die Zeit darum herum ist aus der Ferne betrachtet nichts weiter als das Zusammenbrechen der Herrschaft mit anschließendem Herrausreißen von Stücken aus dem Kadaver, wie man es immer wieder in der Geschichte und auch heute (gerade aktuell in mehreren Regionen der Welt) beobachten kann.
Kriegerische Unternehmungen haben immer wirtschaftliche Gründe. Und wie jede 'friedliche' Handelsunternehmung, die oft nur schwer von ersterer zu unterscheiden ist, sollen sie sich rechnen. Die Mär von den Religionskriegen steht zwar in jedem Lehrbuch, ist aber nichts weiter, als die zur Geschichtsschreibung geronnene Propaganda dieser Zeit. Aber das kennt man ja eigentlich auch aus unseren Tagen.
Zum Schluß noch eine Bemerkung zur Atlantikroute:
Herold schrieb:
Und die Fahrt ins Mittelmeer (die immer schon relativ problemlos möglich war
Entspringt diese Aussage einer Meinung oder hast du dafür konkrete Hinweise? Ich halte sie für ziemlich unwahrscheinlich. Im folgenden eine (kurze) Begründung.
Bevor ich zu den Fakten komme, eine These: Handelswege erzeugen immer eine Kette von Städten (als Umschlagplatz, sicherern Hafen für die Nacht usw.). An einigen Stellen des Netzwerks blühen diese zu Superknoten auf. Ohne genauer auf die mathematischen Modelle einzugehen, gibt es einen groben Zusammenhang zwischen Durchflußmenge und Blütengröße (dazu brauche ich im übrigen die Produkte).
Die europäische Atlantikküste war (und ist) jedoch eher arm an an Handelsplätzen. Hier dominieren Fischer und (Piraten).
Die Schiffe konnten damals nur bestimmte, ziemlich kurze Hüpfer machen und hangelten sich wegen der beschränkten Fähigkeiten zur Navigation meist an den Küsten entlang, was man im Mittelmeer und anderen Randmeeren gut sehen kann. Dies trifft auf Handelsschiffe, die ja aus Gründen der Gewinnmaximierung eher risikoscheu operieren mußten, besonders zu. Den Horror vor der offenen See findet man in vielen Seefahrergeschichten.
Dazu kommt die Konstruktion und Ausrüstung der Schiffe. Diese waren bis ins 14. Jahrhundert (und in einigen Regionen weit darüber hinaus) große, mit Segeln ausgestatte, Ruderboote (Galeere bzw. die veschiedenen Typen der Wikingerschiffe). Wer schon mal bei etwas rauerer See gerudert hat weiß, was das heißt.
'Die See' ist im Nordatlantik aber eine ganz andere, als in den vergleichsweise ruhigen Gewässern der Nord und Ostsee oder im Mittelmeer. Selbst heute, wo es in diesen Gewässern wenig Piraterie gibt und Wettervorhersagen und GPS ist die Fahrt für einen Segler nach der Durchquerung des Englischen Kanals immer noch eine Herausforderung.
Auch an den vorkommenden Schiffstypen und deren Bauweise zeigt sich übrigens eine deutliche Trennung der Seefahrtsgebiete im Mittelmeer von denen im skandinavieschen und Ostseeraum.
Nicht unerwähnt bleiben soll die Kogge, vermutlich um 1130 in Bremen entstanden und eindeutig ein Handelsschiff, läßt sich erst ab dem Beginn des 14. Jahrhunderts im Mittelmeer (1304) das erste Mal nachweisen. Sie war ziemlich schwerfällig und den schnellen Booten der Piraten weitgehend schutzlos ausgeliefert. Erst die später erfolgte Bewaffnung der Handelsschiffe mit Kanonen und einige technische Verbesserungen brachte für kurze Zeit einige Sicherheit, bis die Piraten auch aufrüsteten.
Erschwerend kommt auch hinzu, das die Straße von Gibraltar lange unter der Kontrolle der Araber stand. Eine fette Beute wie eine vollbeladene Kogge kam da sicher selten ungeschoren hindurch.
Und nun: "Aber die Chroniken berichten anderes ..." Sie berichten, "das schon die Phönizier zu den Britischen Inseln fuhren". Auch von Expeditionen der Khartager ... Aus der anderen Richtung kennt man die Wikinger, die sogar in Sizilien ein Königreich errichteten. Das alles ist richtig, aber sagt nichts über einen regelmäßigen Handel in wirtschaftlich relevanten Mengen. Und darum geht es hier.
Gelegegentliche Abstecher (Expeditionen, Raubzüge) in die jeweils anderen Gewässer führen zwar auch zu einem 'Austausch' von Gütern, sind aber langfristig wesentich unrentabler als echter Handel.
Ein regulärer Handel auf dieser Route im Mittelalter paßt da jedenfalls nicht ins Bild. Ich gehe davon aus, das der Handel zwischen der Mittelmeerregion und dem Norwesteuropäischen Raum überwiegend über das Inland (Flüsse und Pässe) abgewickelt wurde. Oder weiß jemand was (konkretes) Gegenteiliges?