WK-1: "Deutschland trug zweifellos große Schuld am Kriegsausbruch"

Kurz eine Anmerkung zur Nordschleswigsche Frage:

Ich habe das hier im Forum schon einige Male ausgeführt, deshalb jetzt nur kurz.
Die Behauptung, das bis zur Annullierung der entsprechenden Passage des Prager Vertrages nichts passiert ist, ist unzutreffend. Bismarck hat durchaus Verhandlungen mit den Dänen geführt. Die Dänen, dies erinnert schon an den Verhandlungen in London 1864, waren aber mit dem Angebotenen nicht zufrieden. Sie wollten mehr oder eben gar nichts.
Lässt sich alles nachlesen in "Bismarck und die Nordschleswigsche Frage 1864 - 1879.

Generell hatte sich Bismarck bei den Friedensverhandlungen in Nikolsburg für die Maßstäbe der damaligen Zeit maßvoll und vorausschauend verhalten.


Zu einem "deutschen Angriff" auf Frankreich:

Um die Motive, die Bismarck nannte, ist es notwendig Anlaß und Zweck der entsprechenden Äußerungen zu berücksichtigen.

Turgot schrieb:
Aus menschlicher Rücksicht für die Bewohner wäre es wünschenswert gewesen, sie bei Frankreich zu lassen; aus Rücksicht auf die eigene Sicherheit war Deutschland zur Einverleibung berechtigt, den. ohne die Gefahr eines Angriffs zu vermehren, vermehrte es die Mittel der Abwehr Deutschlands, wenn Metz und Straßburg bei Frankreich geblieben wäre,

Einen Angriffskrieg oder Präventivkrieg gegen Frankreich lag nicht in den Absichten Bismarcks. Er diese Position auch gegenüber einen Moltke und Waldersee in der Krise des Jahres 1887 entschieden verteidigt.

Ich dachte, ich hätte die Motive Bismarcks für die Annexion schon weiter oben dargelegt.

Aus der Korrespondenz mit den Botschafter in Petersburg Reuß vom 10.08. und 11.08.1870 taucht um den Begriff von "wirkliche Garantien", obwohl die Annexion express verbis nicht einmal ausgesprochen wurde, all jene Argumente auf, mit denen Bismarck später dann die Annexion immer wieder begründet hat.

Auf dem Kriegsrat am 14.08.1870 war sicher der König und seine Berater, einen weiteren erfolgreichen Kriegsverlauf vorausgesetzt, das zur besseren Sicherung Süddeutschlands von Frankreich eine Gebietsabtretung zu verlangen sei. (Kolb, Der Weg aus dem Krieg, S.151).

Am 01.September 1870 erschien ein Artikel in der Norddeutschen Allgemeinen Zeitung, von Busch konzipiert und von Bismarck einer sorgfältigen Durchsicht unterzogen. Aus diesem geht das Sicherheitsmotiv deutlich hervor. Nicht von Angriffskrieg. "Sicherung Süddeutschland gegen die seit Ludwig XIV. unzähligen wiederholten Abfälle Frankreichs." (Ebenfalls Kolb, Der Weg aus dem Krieg)

"Eine Erhöhung der Sicherheit deutscher Grenzen ist nur erreichbar durch Verwandlung der beiden uns bedrohenden Festungen in Bollwerke unserer Sicherheit. Straßburg und Metz müssen aus französischen Aggressionsfestungen deutsche Defensiv-Plätze werden." (Konzept Busch für die Norddeutsche Allgemeine Zeitung).

"Über die Ausdehung, welche hiernach den an Frankreich zu stellenden Forderungen zu geben sein wird, werden die Friedensverhandlungen und die zur Zeit derselben maßgebenden Umstände entscheiden. Erlauben dieselben über die Sprachgrenze hinaus den Erwerb von Metz, so würde damit ein günstiger fortificatorischer Verschluß der Grenze Deutschlands gegen Frankreich gewonnen." ( Bismarck, Alte Friedrichsruher Ausgabe, Band 6b, Dokument 1781

@Shinigami
Sicher die Krieg Ludwig XIV. lagen schon etliche Jahre zurück. Aber Bismarck wies eben u.a. genau auf diese Kriege hin, um die Annexion zu rechtfertigen. Deshalb, so meine, hat die Erwähnung hier durchaus ihre Berechtigung.
 
Zuletzt bearbeitet:
Dass Bismarcks Überlegungen von Rücksicht auf Sprachgrenzen geleitet gewesen sein sollen, halte ich für eine reichlich kühne und unbelegte Behauptung. Belegen lässt sich hingegen Bismarcks Begründung der Annexion von Elsass und Lothringen, die er vor dem Reichstag vertrat:
Im Reichstag konnte er so etwas nicht sagen denn dann wären die deutschen Ostgebiete mit ihren polnisch Sprechenden problematisiert worden.
 
Käme noch die Frage hinzu: würde die Bevölkerung die Kriege der französischen Könige mit denen der französischen Nation gleichgesetzt haben?
Denn das Führen von Kriegen auf Basis von, wenn auch erher zweifelhaften Erbansprüchen, war ja durchaus keine französische Spezialität.
Wenn wir da etwa an den "Alten Fritz" denken, der hatte vielleicht präsentable Ansprüche auf 2 oder 3 der alten Piastischen Teilherzogtümer, aber niemals auf die gesamte Region Schlesien und tritt damit eine Serie von 3 Kriegen los, unter denen im Besonderen das benachbarte Sachsen, dass Friedrich im Siebenjährigen Krieg aus strategischen Gründen einfach mal überfiel und kräftig ausplünderte, massiv zu leiden hatte.
Realitäer wurden von den Französischen Königen Kriege vor allem Gegen Habsburg geführt, die dann Süddeutschland in Mitleidenschaft zogen, was aber nicht unbedingt das orriginäre Ziel war.

Was möchtest du denn noch alles bemühen? Ich denke, wir wissen alle hier, wie Friedrich der Große seine Feldzug gegen Maria Therisia begründete. Aber was dabei vergessen wird, ist, das die Österreicher vorher gegen die Preußen wortbrüchig geworden waren und Friedrich sich nicht mehr gebunden fühlte. Aber das ist hier überhaupt nicht das Thema.
 
Was möchtest du denn noch alles bemühen?
Verzeihung, war ich derjenige, der Ludwig XIV. aus der Mottenkiste geholt hat um die Annexion Elsass-Lothringens nachträglich zu rechtfertigen?

Ich denke, wenn andere User das tun, wird es durchaus recht und billig sein, wenn ich mir daraufhin erlaube den pfälzischen Erbfolgekrieg entsprechend einzuordnen.
Ich denke, dass es ebenfalls nicht so ganz unangemessen ist, in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass sehr ähnliche Methoden auch von anderen Parteien betrieben worden sind, die aber im Gegensatz zu Frankreich später nicht entsprechend dämonisiert wurden.

Sicher die Krieg Ludwig XIV. lagen schon etliche Jahre zurück. Aber Bismarck wies eben u.a. genau auf diese Kriege hin, um die Annexion zu rechtfertigen. Deshalb, so meine, hat die Erwähnung hier durchaus ihre Berechtigung.
Ja, er wies auf die ganzen Kriege hin, die Frankreich geführt habe, allerdings mit der Verdrehung, Frankreich habe diese Kriege gegen Deutschland geführt, was so nicht stimmte. Die deutschsprachigen Gebiete wurden dabei in Mitleidenschaft gezogen, in der Regel war der von den Französische Monarchen bekämpfte Gegner aber eben Habsburg und nicht in irgendeiner Form die deutsche Nation.

Der Andere Punkt ist dann, dass Bismarck dabei - sicherlich versehentlich - ganz vergessen hat, wie oft die Kriege auch von Frankreichs östlichem Nachbarn in Gestalt von Habsburg ausgingen.

Zu nennen wäre unter anderem der Spanische Erbfolgekrieg, als die Habsburger die letzte Erbfolgeregelung Carlos II. nicht anerkennen wollten und deswegen halb Europa in Brand setzten, zu nennen wäre ein Gutteil der Auseinandersetzung im Zuge der Revolutions- bzw. Napoleonischen Kriege, bei denen Habsburg/Österreich es war, dass Frankreich den Fehdehandschuh hinwarf.
Auch dabei wurden natürlich immer wieder die süddeutschen Gebiete verwüstet.

Interessanterweise war Bismarck allerdings durchaus nicht der Meinung, dass die Sicherheit der deutschen Nation konsequenter Weise also die Annexion von Innsbruck, Salzburg oder der Provinz Böhmen erfordert hätte, obwohl sich dieses genau so hätte rechtfertigen lassen.

Im Reichstag konnte er so etwas nicht sagen denn dann wären die deutschen Ostgebiete mit ihren polnisch Sprechenden problematisiert worden.
Schon weil Bismarck in seinem Selbstverständnis eben zuerst Preuße und durchaus kein deutscher Nationalist war und um die Problematik der polnischsprachigen Gebiete sehr gut wusste, wäre er kaum auf die Idee gekommen von sich aus die Sprachgrenze zum Kriterium für Grenzziehungen zu machen oder dieser irgendeine besondere legitimierende Bedeutung beizumessen.
 
Verzeihung, war ich derjenige, der Ludwig XIV. aus der Mottenkiste geholt hat um die Annexion Elsass-Lothringens nachträglich zu rechtfertigen?
Das leistete schon Bismarck selbst.

Ist es notwendig dir zu erläutern, weshalb Bismarck gegen Österreich so maßvoll gewesen war?
Wenn nicht, verstehe ich deinen Seiteneinwurf nicht.

Warum bist du eigentlich so bemüht zu relativieren? Es ist unbestrittene Tatsache, das die Heere der Franzosen in Deutschland gewütet haben. Ist es unstatthaft das zu erwähnen?

Allein das Gerede von der „natürlichen Grenze“ Frankreichs.

Bismarck konnte gute Argumente für die Annexion ins Feld führen,
 
Zuletzt bearbeitet:
Das leistete schon Bismarck selbst.
Ist mir bekannt. Allerdings sehe ich keinen Grund diesen Unfug in der Form wieder aufzukochen, wie der zitierte User das getan hat.

Denn das zitierte Posting, verwies ja nicht darauf, was Bismarck historisch zur Rechtfertigung bemüht hatte, sondern kocht das inhaltlich, wenig reflektiert wider auf.

Ich denke meine Ansicht, was die Annexion und die Begründung angeht, dürftest du mittlweile kennen:

Vor dem Hintergrund der Ereignisse ließ sich diese Annexion durchaus mit eigenem Sicherheitsbedürfnis rechtfertigen. Aber nicht wegen dem, was Ludwig XIV. vor 170 Jahren getan und mit der Welt von 1871 nichts mehr zu tun hatte, sondern deswegen, weil selbst nach Napoléon, als man Frankreich äußerst schohnend behandelt hatte, von Saturierung keine Rede sein konnte und Frankreich in der jüngeren Vergangenheit mehrfach versucht hatte an deutsches Gebiet oder anders Gebiet östlich seiner Grenzen zu kommen.
Sei es 1840 in der Rheinkrise, 1859/1860, als Frankreich sich Savoyen und Nizza abtreten ließ, obewohl es selbst seinen Teil der Abmachung mit Sardinien nur zur Hälfte erfüllt hatte, 1866/1867 als Napoléon III. gerne Profiteur der innerdeutschen Ausseinandersetzug geworden wäre und in diesem Sinne mit Österreich verhandelte, sei es in der darauf folgenden Luxemburgkrise oder eben 1870/1871, als Frankreich ohne jeden akzeptablen Grund einen Krieg begann und sicherlich nicht ohne eigene territoriale Ambitionen.

Man konnte sicherlich den Umstand dass Frankreich in der jüngeren Vergangenheit eine expansive, kriegerische Politi betrieben hatte, als validen Grund dieses Sicherheitsbedürfnisses anführen.

Aber bitte nicht den Umstand, dass Ludwig XIV. vor fast 200 Jahren mal..... und überhaupt........ diese Begründung war schon damals lächerlich und ausgesprochenes cherrypicking, insofern dabei hübsch unterschlagen wurde, was im Besonderen von Habsburger Seite im fragliche Zeitraum so alles gegen Frankreich unternommen wurde.
 
Ja, er wies auf die ganzen Kriege hin, die Frankreich geführt habe, allerdings mit der Verdrehung, Frankreich habe diese Kriege gegen Deutschland geführt, was so nicht stimmte. Die deutschsprachigen Gebiete wurden dabei in Mitleidenschaft gezogen, in der Regel war der von den Französische Monarchen bekämpfte Gegner aber eben Habsburg und nicht in irgendeiner Form die deutsche Nation.
Dem würde ich widersprechen.

Richtig ist, dass Frankreich die Kriege nicht gegen „Deutschland“ als solches oder gar gegen das „deutsche Volk“ führte.
Aber sowohl Ludwig XIV. als auch die französische Republik bzw. das französische Kaiserreich waren bestrebt, Frankreich territorial nach Osten auszudehnen, möglichst bis zum Rhein als Grenze. In diesem Zusammenhang möchte ich insbesondere auch auf die Bemühungen Frankreichs, Lothringen zu isolieren und zu schlucken, hinweisen.
Natürlich handelte es sich bei den von diesen Expansionen betroffenen Territorien zum Teil um Gebiete, die zwar zum HRR gehörten bzw. gehört hatten, aber zum Teil oder ganz französischsprachig waren. Das war allerdings nicht das entscheidende Kriterium, ob und welche Gebiete Frankreich annektieren wollte.

Diese Expansionsbestrebungen kann man nicht einfach mit dem Kampf gegen Habsburg erklären, zumal die Habsburger in Südwestdeutschland als unmittelbare Territorialherren ohnehin nur über Streubesitz verfügten.
 
Verzeihung, war ich derjenige, der Ludwig XIV. aus der Mottenkiste geholt hat um die Annexion Elsass-Lothringens nachträglich zu rechtfertigen?

Es war Bismarck selber und es ging nicht um Ludwig XIV. alleine, sondern seit dieser Zeit:

Jedermann erinnerte sich, daß unter unseren Vätern seit dreihundert Jahren wohl schwerlich eine Generation gewesen ist, die nicht gezwungen war, den Degen gegen Frankreich zu ziehen, und jedermann sagte sich, daß, wenn bei früheren Gelegenheiten, wo Deutschland zu den Siegern über Frankreich gehörte, die Möglichkeit versäumt worden war, Deutschland einen besseren Schutz gegen Westen zu geben, dies darin lag, daß wir den Sieg in Gemeinschaft mit Bundesgenossen erfochten hatten, deren Interessen eben nicht die unserigen waren.

aus der oben von Sepiola verlinkten Reichstagsrede: Rede im Reichstag 1871-05-02

Wenn man "unter unseren Vätern seit dreihundert Jahren" wörtlich nimmt, dann käme ich auf das frühe 16. Jahrhundert. Der Dreißigjährige Krieg war aber in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Unabhängig davon, ob man jetzt mit 200 oder 300 Jahren seit der Zeit der Väter Bismarcks und seinen Zeitgenossen rechnet, so hat man seit Generationen einen expansiven Nachbarn im Westen.

Richtig ist, dass Frankreich die Kriege nicht gegen „Deutschland“ als solches oder gar gegen das „deutsche Volk“ führte.

Stimmt, natürlich gab es nicht Deutschland als poltischen Akteur, sondern das Heilige Römische Reich, das von Kleinstaaterei und einigen größeren Staaten geprägt war. Allerdings führte seine Frankreich seine Kriege gegen deutschen Staaten in Deutschland.
 
Natürlich handelte es sich bei den von diesen Expansionen betroffenen Territorien zum Teil um Gebiete, die zwar zum HRR gehörten bzw. gehört hatten, aber zum Teil oder ganz französischsprachig waren. Das war allerdings nicht das entscheidende Kriterium, ob und welche Gebiete Frankreich annektieren wollte.
Vor allen Dingen handelte es sich zum größten Teil nicht um Territorien, die zum Bestand des neugegründeten Kaiserreichs gehörten.

Natürlich ging es den französischen Königen immer um Expansion, dass betraf aber aber sehr gerne auch schonmal südlichen Niederlande, Norditalien oder sonstige Territorien, die jetzt nicht mal im entferntesten Sinne irgendwie deutsch waren.

Man würde hier argumentieren können, dass da diese Territorien nicht zum Bestand des neuen Kaiserreiches zählten aus französischem Begehren nach ihnen, sei es historsich oder aktuell für dieses Reich keine Gefahr ausgegangen sein würde.

Diese Expansionsbestrebungen kann man nicht einfach mit dem Kampf gegen Habsburg erklären, zumal die Habsburger in Südwestdeutschland als unmittelbare Territorialherren ohnehin nur über Streubesitz verfügten.
Kampf gegen Habsburg, meint ja durchaus nicht nur gegen die Österreichsche Linie der Habsburger, da spielte ja auch die Spanische und deren Besitz in der Franche Comté, in Norditalien und in den Niederlanden eine gewisse Rolle und natürlich war hier das Reich immer in irgendeiner Form involviert.

Es war Bismarck selber
Lies doch bitte, was ich dazu geschrieben habe. Wenn einfach nur auf Bismarck verwiesen worden wäre, hätte ich kein Aufhebens drumm gemacht. Wurde aber nicht.

und es ging nicht um Ludwig XIV. alleine, sondern seit dieser Zeit
Und eben das war bereits damals eine unsinnige Argumentation:

Jedermann erinnerte sich, daß unter unseren Vätern seit dreihundert Jahren wohl schwerlich eine Generation gewesen ist, die nicht gezwungen war, den Degen gegen Frankreich zu ziehen, und jedermann sagte sich, daß, wenn bei früheren Gelegenheiten, wo Deutschland zu den Siegern über Frankreich gehörte, die Möglichkeit versäumt worden war, Deutschland einen besseren Schutz gegen Westen zu geben, dies darin lag, daß wir den Sieg in Gemeinschaft mit Bundesgenossen erfochten hatten, deren Interessen eben nicht die unserigen waren.

Das ist nichts anderes als die Rückprojektion der verglichsweise jungen deutschen Nation in eine ferne Vorvergangenheit und eine Verklärung der Kriege der Französischen Könige mit begrenzten Territorialen Zielen an verschiedenen Enden des Reiches zu einer andauernden Auseinandersetzung mit der deutschen Nation (die es damals nicht gab).

Man könnte ja ketzerisch fragen, wer von Bismarcks Vätern im Brandenburgischen oder Pommerschen tatsächlich andauernd gegen Frankreich zu kämpfen hatte.
Wahrscheinlich hätte er da nicht allzuviele nennen können.
Den Umstand, dass das eine oder andere Mal die "Väter" dabei auch auf der französischen Seite standen, wenn man etwa Preußens Rolle im Österreichischen Erbfolgekrieg bedenkt, den übergeht er natürlich.

Dieses Geschwätz war schon damals großer Unfug.
 
Frankreich war der große Gewinner des Dreißigjährigen Krieges; dank Kardinal Richelieu. Damit war Frankreich seinem Hauptziel, eben in Europa die Hegemonialmacht zu sein, ein gutes Stück näher gekommen. Da dieses Ziel nach Lage der Dinge nur über Habsburg zu realisieren war, das liegt doch wohl auf der Hand.
Als 1657 Kaiser Ferdinand III. verstarb, versuchte die französische Diplomatie vergeblich zu verhindern, das sein Sohn Leopold auf dem Thron kam. Aber dieser musste schon in den Wahlkapitualtionen auf die Unterstützung des habsburgischen Spanien verzichten, das sich nämlich noch im Krieg mit Frankreich befand und 1659 den demütigenden Pyrenäenfrieden schließen musste. Haben die Spanier eigentlich nach Rache für X oder Y geschrien oder die Niederlage einfach nie akzeptiert und permanent auf Revanche gesonnen?

Bald nach der Kaiserwahl trat Frankreich dem sogenannten Rheinbund bei, der im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation ein eigenständiger Machtfaktor werden sollte. Er wurde aber nur ein Instrument Frankreichs gegen Habsburg; der Führungsmacht des Reichs.

Inzwischen war der junge französische König Ludwig XIV. 1661zur selbstständigen Regierung, nach dem Tode Kardinals Mazarins, gelangt. Welcher europäische Nation hat sich hier bemüht einzumischen?

Ludwig ging dazu über, durch an den Haaren herbeigezogenen Erbschaftsansprüche. mit Hilfe plumper Gewalt in Form von Eroberungskriegen, die Vormachtstellung Frankreichs auszubauen. Das fand in Europa niemand sonderlich witzig.
Unter Rückgriff auf mittelalterliche Lehnsvorstellungen wurden zwischen 1679 und 1681 mit den auf die Rheingrenze zielenden "Reunionen" Anspruch auf alle Gebiete, die mit den 1648 an Frankreich gefallenen Territorien in Verbindung standen. Das ist überhaupt gar keine Rechtsgrundlage.

Aber genau auf diese Weise kamen eben weite elsässisch, pfälzische und rheinische Gebiete unter französischer Besatzung.

Und dann wird uns hier erzählt, die deutschen Staaten hätten keine Ansprüche zu stellen oder das ist ja so lange her. Okay, ich bin kein Jurist und will da keine Diskussion eröffnen.
Aber die französischen Ansprüche unter Ludwig XIV. jedenfalls sind nach meiner Wahrnehmung erheblich schlechter begründet gewesen. Das hat die Franzosen aber nicht davon abgehalten, jahrzehntelang auf Revanche zu sinnen.

Und Bismarcks Gründe für die Annexion der Provinzen sind nachvollziehbar. Es war keine Expansionslust, wie bei Ludwig XIV., die ihm trieb.

Die Motive Bismarcks, so bilde ich mir jedenfalls ein, habe ich doch oben eigentlich dargelegt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Kampf gegen Habsburg, meint ja durchaus nicht nur gegen die Österreichsche Linie der Habsburger, da spielte ja auch die Spanische und deren Besitz in der Franche Comté, in Norditalien und in den Niederlanden eine gewisse Rolle und natürlich war hier das Reich immer in irgendeiner Form involviert.
In den letzten Jahrzehnten des 17. Jhdts. waren die spanischen Habsburger längst keine Bedrohung mehr für Frankreich. Die österreichischen Habsburger wiederum waren in dieser Zeit in erster Linie mit den Türken beschäftigt. Es kann also keine Rede davon sein, dass sich Ludwig XIV. mit seinen Eroberungskriegen nur gegen die habsburgische Gefahr (oder gar Aggression) wehren musste. Seine Angriffe beschränkten sich ja auch nicht nur auf habsburgische Territorien.
Oder was war mit Lothringen? Es stand nicht unter habsburgischer Herrschaft und war in der Neuzeit nur noch ein Schatten seiner selbst. Seit dem 16. Jhdt. versuchte sich Frankreich seiner zu bemächtigen.
 
Als Ludwig XIV. seinem Neffen Philipp von Anjou als Philipp V. auf dem spanischen Thron setzte, war für Europa so langsam das Maß voll.
1701 begann ein zwölfjähriges Ringen, indem schließlich Frankreich unterlag. Frankreich musste bei den Friedensschlüssen 1713/14 von Utrecht, Rastatt und Baden künftig darauf verzichten, das die Krone Spaniens und Frankreichs unter einem Monarchen vereinigt werden. Na ja, 1870 war man jedenfalls der Meinung, bei der Vergabe der spanischen Krone ein entscheidendes Wort mitzureden. Und ein gewisser Napoleon Bonaparte wiederholte die französischen Ansprüche von Hegemonie in Europa. Erneut wurde der Kontinent in einem großen Krieg gestürzt, erneut mussten die Bevölkerungen leiden und erneut wurde Frankreich verhältnismäßig milde behandelt.
Ab 1848/49 trat dann Napoleon III. in Europa in Aktion; ebenfalls nicht mit bescheidenen Ansprüchen.
 
Es kann also keine Rede davon sein, dass sich Ludwig XIV. mit seinen Eroberungskriegen nur gegen die habsburgische Gefahr (oder gar Aggression) wehren musste. Seine Angriffe beschränkten sich ja auch nicht nur auf habsburgische Territorien.
Das habe ich auch so nicht behauptet. Ich habe geschrieben, dass sich Frankreichs politik vielfach gegen Habsburg richtete, nicht dass sie grundätzlich defensiv gewesen wäre und Frankreich sich grundsätzlich hätte verteidigen müssen.

Es ist doch aber offensichtlich, dass durch die Verklammerung auch Spaniens mit dem Reich, eben dieses Reich oder Teile davon auch in Konflikte gezogen wurde, die eigentlich im Kern Auseinandersetzungen Frankreichs mit Spanien waren.

Oder was war mit Lothringen? Es stand nicht unter habsburgischer Herrschaft und war in der Neuzeit nur noch ein Schatten seiner selbst. Seit dem 16. Jhdt. versuchte sich Frankreich seiner zu bemächtigen.
Das ist zwar richtig, aber was hat der Großteil von Lothringen jemals mit Deutschland oder einer deutschen Nation zu tun gehab, dass sich aus dem französischen Verlangen nach diesen Territorien irgendeine Gefahr für das neue Deutschland herleiten ließe (jedenfalls, bevor man sie teilweise annektierte)?
 
Frankreich war der große Gewinner des Dreißigjährigen Krieges; dank Kardinal Richelieu. Damit war Frankreich seinem Hauptziel, eben in Europa die Hegemonialmacht zu sein, ein gutes Stück näher gekommen. Da dieses Ziel nach Lage der Dinge nur über Habsburg zu realisieren war, das liegt doch wohl auf der Hand. [...]
Das ließt sich so, als hätte ich irgendwo angezweifelt, dass Frankreich unter Ludwig XIV. eine agressive und expanisve Macht gewesen wäre, die auf ihre Nachbarn wenig Rücksicht nahm.

Das habe ich nie.

Ich bestreite lediglich:

a) Das sich die Agression von französischer Seite damals gegen eine Deutsche Nation gerichtet hätte, so wie Bismarck das in seiner Rede darstellte.

b) Das es in einer Vielzahl von Auseinandersetzungen mit Frankreich überhaupt im Kern und Territorieen ging, die sich im modernen Sinne irgendwie als "deutsch" auffassen ließen. Das war im pfälzischen Erbfolgekrieg und im Hinblick auf die elsässischen Territorien so, während ein Großteil der Konflikte mit Frankreich in der 300-Jährigen Zeitspanne von der Bismarck sprach sich allerdings um Position in den Niederlanden, Italien oder Lothringen und Burgund drehten, die zwar alle zum Reich gehörten aber nicht im modernen Sinne irgendetwas mit einer deutschen Nation oder dem neuen Kaisereich zu tun hatten.

c) Das sich aus dieser Betrachtung der Vergangenheit gültige Rückschlüsse auf die Zukunft ziehen ließen.
Z.B. die Zeit der Erbfolgekriege, die ja doch einen nicht unerheblichen Teil der Konflikte ausmachten war 100 Jahre vor dieser Rede bereits abgelaufen, so etwas hatte es seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert nicht mehr gegeben.
Das waren im ausgehenden Mittelalter und in der FNZ legitime Kriegsgründe, die sich aber nicht in die Zukunft projiziieren ließen.

Und dann hatten sich natürlich auch die Akteure verändert.
Frankreich war seit dem Sturz Napoléon III. keine Monarchie mehr und wie sich die dritte Republik zum Thema Hegemonialstreben etc. dauerhaft verhalten würde, war doch damals überhaupt noch nicht abzusehen.
Sie hatte den von Napoléon III. begonnenen Krieg zwar fortgsetzt und die Dummheit begangen nicht aufzugeben, als Frankreich viellicht mit geringeren Verlusten hätte davonkommen und wenigstens Lothringen vollständig hätte behalten können, aber da ging es, schon diktiert durch die militärische Lage dann eindeutig eher um den Versuch den eigenen Territorialbestand irgendwie zu retten, als um Expansionsphantasien.

Man konnte natürlich argumentieren, dass auf Grund der Stimmung in Frankreich Revanchegelüste sehr wahrscheinlich sein würden und dass das Auftrteten bestimmter Politiker, bzw. deren augenblickliche Macht so etwas nahelegen konnten.
Ein Adolphe Thiers den die Revolution wieder nach oben gebracht hatt war ja auch unter König Louis Philippe schonmal leitender Minister gewesen und hatte eine in Sachen Rheinkrise eine eher unrühmliche Roll gespielt, wenn es um gute Bezihungen zu den östlichen Nachbarn ging.


Und auf Grund solcher Dinge, konnte man durchaus mit Recht sicherheitspolitische Bedenken haben und sich über territoriale Absicherungen Gedanken machen.


Aber eine überlange Kontinuität von der 3. Republik zu Louis XIV. zurück zu konstruieren und über die dazwischenliegenden Brüche der frannzösischen Geschichte und die verschiedenen möglicheen Handlungspfade für die Zukunft einfach mal nonchalant hinweg zu gehen, ist dann doch eine etwas arge Simplifizierung.

Natürlich verführt die Konzentration auf die Außenbeziehungen immer ein wenig dazu die Innenpolitischen Dimensionen auszublenden und Akteure der Außenpolitik innenpolitisch als "Black Box" zu betrachten.
Aber ich halte das nicht unbedingt für zielführend. Die 3. Republik war so wenig dazu verdammt, die Außenpolitik früherer Epochen wieder aufzugreifen, wie irgendein anderer Akteuer dazu verdammt war, sich in den Bahnen seiner Vorgänger zu bewegen.
Und gerade einem Bismarck, der sehr bewusst aus den Bahnen der politischen Traditionen seines Landes Preußen ausgebrochen war, war das nur zu bewusst. Sonstigenfalls hätte er auch keine Politik betrieben, die darauf hinauslief, den frannzösischen Politikern über die koloniale Sphäre eine Brücke für einen Ausgleich in Europa zu bauen.
 
c) Das sich aus dieser Betrachtung der Vergangenheit gültige Rückschlüsse auf die Zukunft ziehen ließen.
Z.B. die Zeit der Erbfolgekriege, die ja doch einen nicht unerheblichen Teil der Konflikte ausmachten war 100 Jahre vor dieser Rede bereits abgelaufen, so etwas hatte es seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert nicht mehr gegeben.
Das waren im ausgehenden Mittelalter und in der FNZ legitime Kriegsgründe, die sich aber nicht in die Zukunft projiziieren ließen.

Hatte das Frankreich Napoleon III. nicht gerade eben, mal wieder, einem Krieg begonnen gehabt? Das Frankreich nun eine Republik war, das war nun keine Garantie für die Sicherheit. Mit fällt da spontan ein gewisser Georges Boulanger oder auch ein Raymond Poincaré ein.
Ich bestreite lediglich:

a) Das sich die Agression von französischer Seite damals gegen eine Deutsche Nation gerichtet hätte, so wie Bismarck das in seiner Rede darstellt

Wie bezeichnest du denn das hier? Unter Rückgriff auf mittelalterliche Lehnsvorstellungen wurden zwischen 1679 und 1681 mit den auf die Rheingrenze zielenden "Reunionen" Anspruch auf alle Gebiete, die mit den 1648 an Frankreich gefallenen Territorien in Verbindung standen.
Die 3. Republik war so wenig dazu verdammt, die Außenpolitik früherer Epochen wieder aufzugreifen, wie irgendein anderer Akteuer dazu verdammt war, sich in den Bahnen seiner Vorgänger zu bewegen.

Warum war denn die Dritte Republik nicht willens gute nachbarschaftliche Beziehungen zu seinem Nachbarn im Osten aufzubauen? Die Dritte Republik quittierte entsprechende deutsche Bemühungen mit dem Hinweis auf die verlorenen Provinzen. Die Republik hat den Verlust des Krieges und die damit verbundenen Konsequenzen nie akzeptiert. Das war das eigentlich Unnormale und nicht die Annexion, die so gerne kritisiert wird. Ich hatte weiter oben das Beispiel Revanche pour Sadowa erwähnt. Das ist niemand darauf eingegangen. Diese Forderung der Franzosen war sicher nicht so ganz üblich. Frankreich hatte keinen Krieg verloren, kein Territorium verloren und trotzdem schrie man nach Rache. Warum? Ja, weil man nichts bekommen hatte.
 
Das ist zwar richtig, aber was hat der Großteil von Lothringen jemals mit Deutschland oder einer deutschen Nation zu tun gehab, dass sich aus dem französischen Verlangen nach diesen Territorien irgendeine Gefahr für das neue Deutschland herleiten ließe (jedenfalls, bevor man sie teilweise annektierte)?
Frankreich strebte nach der Herrschaft über Lothringen nicht, weil es so "französisch" war, sondern Frankreich strebte allgemein nach einer Expansion nach Osten. Ins Visier genommen wurde dabei nicht die Sprachgrenze, sondern die Rheingrenze - und westlich des Rheins liegen nun einmal auch Gebiete, die definitiv etwas mit "Deutschland" und einer "deutschen Nation" zu tun haben. Im Zuge der Revolutionskriege und unter Napoleon fielen sie dann vorübergehend tatsächlich unter französische Herrschaft.
 
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