Wodankult. Und davor?

Analog könnte man aus den zahlreichen Marienstatuen, die in und vor katholischen Kirchen aufgestellt werden, den Schluß ziehen, daß es sich bei der katholischen Kirche um eine ausgeprägt matriarchalische Gesellschaft handeln müsse. (Das Beispiel ließe sich noch ausbauen, aber lassen wir das lieber...).


Ich kenne diese Argumentation mit den Marienstatuen und benutze sie selbst sehr gern, um damit zu verblüffen. Eigentlich geht das so: Wenn Archäologen 5000 Jahre nach unserer Zeit die Vielzahl von Marienstatutuen - dazu noch in Heiligtümern - ausgraben, werden sie darauf schließen, dass wir eine matriarchale Gesellschaft waren! :D

Aber Spaß beiseite. Heute behaupten nur noch wenige, dass es sich bei den frühen Ackerbauern Europas um eine matriarchalische Gesellschaft handelte. Wohl aber könnte man anhand der zahlreichen weiblichen Statuetten, die gewiss in Zusammenhang mit Fruchtbarkeitsriten standen, schlussfolgern, dass Frauen größeres Ansehen und größere Wertschätzung genossen, als das später bei den streng patriarchalischen indoeuropäischen Gemeinschaften der Fall war.

Diese erhöhte Wertschätzung der Frau postulieren einige Forscher besonders für die Frühzeit des Ackerbaus, als der von Männern geführte Pflug noch nicht erfunden war, und - so die Hypothese - vor allem Frauen den Feldanbau betrieben. Damit waren sie in erster Linie für den Nahrungserwerb verantwortlich, während die Jagd der Männer zunehmend ins Hintertreffen geriet. Daher ihre günstige Stellung in der frühneolithischen Gesellschaft.

Dass dies alles Spekulationen und Hypothesen sind, versteht sich von selbst.
 
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Dieter, Ich habe mich hier an Dich gewandt, weil Du die Ynglingasaga kennst, ohne die man die nordische Mythologie gar nicht verstehen kann.Aber ohne die notwendige Dukumentation kann man doch an Eure Fragestellung gar nicht rangehen.


Mir ist völlig unklar, warum du die Yngligasaga zur Erläuterung vorgermanischer und sogar vorindoeuropäischer Religionen in Mittel- und Nordeuropa heranziehen willst. Wie ich das im Einzelnen einschätze, habe ich weiter oben schon ausgeführt, und es handelt sich ja gerade um religionsgeschichtliche Hypothesen, die vor Odin/Wotan und naturlich auch Jahrtausende vor den Ynglingen liegen.

Das einzige, was die Edda in dieser Hinsicht an Stoff bietet, konzentriert sich im berühmten Wanenkampf. Auch auf die Gefahr hin, den Widerspruch Hyokkoses zu erregen, möchte ich die diesbezügliche Hypothese kurz erläutern.

Es gibt einige Wissenschaftler, die in den Wanen - die als Licht- und Fruchtbarkeitsgöttter völlig anders geartet sind als die kriegerischen Asen - uralte Götter der ackerbauenden, vorindogermanischen Bevölkerung sehen. Geblieben seien davon die Wanengottheiten Fro und Freia, die mit dem asischen Göttergeschlecht verschmolzen, was als Ausgleich der Bevölkerungsschichten jener Zeit betrachtet wird. Andere bäuerliche Fruchtbarkeitsgötter wie z.B. Frau Holle oder die Roggenmuhme sanken wegen der asischen Dominanz zu Hexen, Feen oder Dämonen herab.


Gewiss sind das alles sehr angreifbare Hypothesen, aber es bleibt die Tatsache, dass Wanen und Wanenkampf ein Fremdkörper im Götterhimmel der Asen sind, was nicht leicht zu erklären ist.


Weitere Informationen hierzu bietet auch Wikipedia unter dem Schlagwort "Wane", wo ebenfalls die Theorie erörtert wird, wonach es beim Wanenkampf um einen Ausgleich zwischen den bäuerlichen Trägern der Megalithkultur und den einbrechenden Indoeuropäern geht. Natürlich gibt es auch andere Ansätze, wie das stets der Fall ist, doch scheint mir die Erklärung des alten Gustav Schwantes aus den 30er Jahren noch immer sehr plausibel zu sein.
 
Ynglingasaga

Hallo DieterDu kennst ja die Unterschiede in der Auffassung der Gôtter zwischen Gylfag. und YnglSaga. In der Ersteren begegnet Gylfi einer Art von Missionarsgruppe, die hn über die Götter aufklärt, in der zweiten sind die Götter Einwanderer aaus Asien, in denen zu mindes quantitativ die Wanen dominieren. Odin steht gewissermassen allein der Triade Njörd, Freyr,Freya gegenûber.
Das ist nicht alles altes Glaubensgut. Wie willst Du die natur einer vorerst noch hypothetischen alten Religion und ihrer Einwirkungen nachgehen, wenn noch nicht einmal klar ist was alt ist und was nicht. So eine frage stellt sich auch, anderswo, etwa mit der Rigsthula.
Da Rig zwar nicht die Menschen schafft, wohl aber die menschliche Gesellchaft, nach den drei Funktionen der indoeuropäischen Überlieferung, so muss er sehr alt sein. Wieso wird er mit Heimdall identifiziert, dem "Portier" der Gôtter, "mit dreckigem Buckel" (lokasenna). Oder aber:
Der baltische Perkunos hat grosse Ähnlichkeit mit Thorr und die Kelten hatten einen Hammergott. Selbst auf der Krim gibt es Spuren eines Donnergottes, der aber anscheinend keine Ähnlichkeit mit Jupiter-Zeus hat.
Oder denk an den praktisch funktionslosen Hönir, genannt der Schlangenkönig, und an die Hymskvida, wo Tyr der Sohn des Riesen Gymir ist.
Ullr, der "Schneeschuhgott" ist entweder eingemeindet" von den Samen (Lappen) her, oder eine glatte Erfindung.
Alles das zeigt doch, dass die Überlieferung mehrschichtig ist, und wenn Ihr der ältesten Schicht nachgehen wollt, müsst Ihr doch erst einmal wenigstens den Versuch machen sie zu identifizieren.
Sonst bleibt doch Alles im Nebel
gruss
boiorix
 
Hallo Dieter. Du kennst ja die Unterschiede in der Auffassung der Gôtter zwischen Gylfag. und YnglSaga. In der Ersteren begegnet Gylfi einer Art von Missionarsgruppe, die hn über die Götter aufklärt, in der zweiten sind die Götter Einwanderer aus Asien, in denen zumindest quantitativ die Wanen dominieren. Odin steht gewissermassen allein der Triade Njörd, Freyr,Freya gegenûber. Das ist nicht alles altes Glaubensgut. Wie willst Du die Natur einer vorerst noch hypothetischen alten Religion und ihrer Einwirkungen nachgehen, wenn noch nicht einmal klar ist, was alt ist und was nicht? Alles das zeigt doch, dass die Überlieferung mehrschichtig ist, und wenn Ihr der ältesten Schicht nachgehen wollt, müsst Ihr doch erst einmal wenigstens den Versuch machen sie zu identifizieren. Sonst bleibt doch Alles im Nebel


Die entsprechende Hypothese habe ich oben erläutert, nach der es sich bei den Wanen um Götter einer altansässigen vorindoeuropäischen Bevölkerung handeln könnte, die von einwandernden indoeuropäischen Gruppen und ihren Göttern überschichtet wurde. Den Ausgleich repräsentiert der so genannte "Wanenkampf" der Edda.

Das "Lexikon des Mittelaters" bemerkt in diesem Zusammenhang:
Daneben praktizierten die Wanen auch den Inzest zwischen Brüdern und Schwestern, was auf ursprüngliche Verwurzelung der Wanen in der Vorstellungswelt einer matriarchalischen Gesellschaft deuten mag ... Sicher aber gehören die Wanen zu einer schon alten Schicht der germanischen Mythologie: Das etymologische Pendant zum Gott Njördr, die Göttin Nerthus, wird schon bei Tacitus erwähnt und auch in den zweifellos teilweise Fruchtbarkeitsgottheiten darstellenden Figuren der bronzezeitlichen Felszeichnungen Südskandinaviens hat man die Wanen sehen wollen
(Lexikon des Mittelalters, Bd. VIII, Stuttgart 1999, S. 2029 f.)


Versuche einer weiteren Identifizierung oder Klärung halte ich kaum für möglich, da unser Wissen über diese Epochen beträchtliche Lücken aufweist und die Quellenlage demzufolge mehr als dürftig ist. Leider habe ich den Text der Ynglingasaga gegenwärtig nicht zur Hand, sodass ich dazu momentan nichts sagen kann.
 
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ich dachte jetzt, dass die "einbrechenden Indoeuropäer" nach neuester Forschung gerade diejenigen waren, die den Ackerbau nach Europa brachten !?
Also nichts mit Einbruch, stattdessen langsame Ausbreitung über Jahrtausende ausgehend von wahrscheinlich Anatolien.
Durch den Ackerbau konnte eine ca 50mal so grosse Population ernährt werden, im Vergleich zum Jäger/Sammler-Verhalten. Die so entstehende Bevölkerungslawine hat Europa im Laufe von Jahrtausend(en) erobert.
Es ist auch verblüffend, wie grosse Übereinstimmung es im Götterhimmel der Germanen/Kelten/Römer/Griechen gibt. Stammen diese Götter vielleicht ursprünglich aus dem Indoeuropäischen?
 
ich dachte jetzt, dass die "einbrechenden Indoeuropäer" nach neuester Forschung gerade diejenigen waren, die den Ackerbau nach Europa brachten !?


Nein, die frühen Ackerbauern kamen über Kleinasien nach Südosteuropa, wo sie mit der Sesklo-Kultur im 7. Jahrtausend v. Chr. die früheste neolithische Kultur begründeten. Im Raum von Nea Nikomedia in Thessalien hat man in diesem Zusammenhang bemerkenswerte Funde gemacht. Die frühen Ackerbauern expandierten dann weiter bis Mitteleuropa, das sie um 5000 v. Chr. erreichten.

Es gibt freilich eine Hypothese, die bereits in diesen frühen Ackerbauern Indoeuropäer sehen will. Dabei treten jedoch große Probleme bei den zeitlichen Abläufen auf, sodass diese Theorie nur von einer Minderheit vertreten wird.

Mehrheitlich ist man der Auffassung, dass die Indoeuropäer im osteuropäischen oder südrussischen Raum bis zum 3. Jahrtausend v. Chr. eine halbnomadische Gesellschaftsform entwickelt hatten, bevor sie nach Europa expandierten. Man muss aber betonen, dass die Frage der Herkunft der Indoeuropäer bis heute ungeklärt ist und sehr kontrovers diskutiert wird. Das Thema würde aber diesen Thread sprengen!

Die Götter vieler indoeuropäischer Volker - z.B. Griechen, Germanen, Kelten, Italiker - haben ähnlichen oder sogar identischen Ursprung. So ist z.B. der alte indoeuropäische Himmelsgott mit dem griechischen Zeus, dem römischen Jupiter und dem germanischen Ziu verwandt.
 
Frühe Götter

Dieter
Ich bin enttäuscht. Ich habe mich hier eingemischt, weil ich sazh, dass Du auf die Ynglingasaga verweist, als Einziger, und die mir unersetzlich zum Verstehen der skandinavisch-germanischen Götterwelt erscheint.
Natürlich kann man über die frühen Ackerbauern und Nomaden diskutieren, aber doch nicht blos auf Grund der Edda.und 6000 jahre oder mehr zurûckprojiziert;
wie "Wotan, Woden, Wuotas" bei den kontinentalen Germanen aussah, das wissen wir nicht, kennen nur, ein wenig, sein wirken; aber er âhnelt in diesem dem iranischen Vayu und dem indischen Varuna, alle drei Sturmgôtter; bei dem skandinavischen Odin ist davon sehr wenig geblieben (ein bischen schon), aber er hat andere Funktionen ûbernommen;
das steckt alles mit in dem Zwiespalt Gylfaginning- Ynglingasaga;
und ihr diskutiert, als hâtte eine fûr uns unfassbare Jungsteinzeit-Religion ihr Erbe bei Snorri Sturluson hinterlassen -und ausser Dir lassen Alle von dem einen wesentlichen Teil weg.TzTzTz.....
Genug, das war nun auf jeden Fall hier meine letzte Bemerkung.
Boiorix
 
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Dieter! Natürlich kann man über die frühen Ackerbauern und Nomaden diskutieren, aber doch nicht blos auf Grund der Edda.und -ààà jahre oder mehr zurûckprojiziert


Ich kann nur wiederholen, dass das die Fragestellung dieses Threads war: Was war vor dem Wotankult?

Diese Frage zu beantworten haben wir uns redlich bemüht. Der Begriff "Wotankult" weckt dabei aber falsche Assoziationen, denn präziser hätte es heißen müssen: "Welche Religion hatten die frühen neolithischen Kulturen in Mitteleuropa?".

Wenn du eine Diskussion und Interpretation der Ynglingensaga wünschst, solltest du einen eigenen Thread mit dieser Zielrichtung aufmachen.
 
Die frühen Ackerbauern expandierten dann weiter bis Mitteleuropa, das sie um 5000 v. Chr. erreichten.

Wobei es genetische Hinweise gibt, dass nichteinmal die Ackerbauern wanderten, sondern vielmehr die Technologie, das Saatgut und die Haustiere.

Wenn man es ganz genau nimmt ... aber dazu gibt es hier schon so einige Threads. Wer sie nicht findet, PN an mich.
 
Wobei es genetische Hinweise gibt, dass nichteinmal die Ackerbauern wanderten, sondern vielmehr die Technologie, das Saatgut und die Haustiere. Wenn man es ganz genau nimmt ... aber dazu gibt es hier schon so einige Threads. Wer sie nicht findet, PN an mich.


Ja, natürlich! Ich wollte das Thema an dieser Stelle nicht so auswalzen. Man geht heute davon aus, dass die erste Welle der frühen Ackerbauern vorwiegend aus Kolonisten bestand, die im 7. Jahrtsd. v. Chr. von Kleinasien nach Griechenland und den südlichen Balkan kamen und die Sesklo-Kultur begründeten.

Je weiter sich die neolithischen Kulturen Richtung Mitteleuropa ausbreiteten, desto stärker nahmen wohl reine Kolonistengruppen ab, und desto mehr verstärkte sich eine reine Kulturtrift. Diese war gekennzeichnet von einer allmählichen Übernahme des Ackerbaus und der damit verbundenen Fertigkeiten durch die autochthone mesolithische Bevölkerung.
 
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