Woher kam der Hass gegen Napoleon?

TurtokDerFette

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Ein Nationalbewusstsein entwickelte sich nach vielen Historikern mit den Befreiungskriegen und dem damit verbunden Hass gegen Napoleon. Meine Frage dabei: Woher kam dieser Hass? Napoleon hat doch größtenteils modernisiert und war fortschrittlich. Lag es daran, dass die Deutschen keine Kriege wollten?

MfG
 
Hallo,

man sollte mit solchen verallgemeinernden Aussagen sehr vorsichtig sein. Es gab weder "die Deutschen" und auch der "Hass auf Napoleon" hatte vielfältige Ursachen und war in den wenigsten Fällen "national" motiviert - der Nationalismus sollte erst im weiteren Verlauf des 19. Jahrhunderts an Tiefe gewinnen. Man kann einzelne radikale Positionen, wie sie z.B. Ernst Moritz Arndt in seinen Schriften vertrat, nicht auf ganze "Nationen" oder auch nur eine Mehrheit der Bevölkerung umlegen. Allerdings hat gerade die ältere Geschichtsschreibung sehr viel zu diesem Mythos beigetragen, die neuere Forschung hat ihn aber weitgehend widerlegt.

Die Ablehnung Napoleons ab ca. 1810 hatte in vielen Fällen mehr mit wirtschaftlichen Motiven (siehe Kontinentalsperre) zu tun, aber selbst nach dem Russlandfeldzug 1812 kam es in den deutschen Ländern keineswegs zu breit angelegtem Widerstand gegen die "Fremdherrschaft".

Siehe in diesem Unterforum auch die Beiträge von Excideul (hoffentlich habe ich das jetzt richtig geschrieben *ggg*) zu den Befreiungskriegen inkl. Literaturtipps.

lg, Marie Luise
 
Napoleon hat doch größtenteils modernisiert und war fortschrittlich.
Das wurde nicht zwangsläufig als positiv empfunden, schließlich bedeutete es in vielen Fällen auch, dass althergebrachte Rechte und Ordnungen zugunsten neuer Vereinheitlichungen und Modernisierungen einfach ignoriert wurden. Gut gemeint ist nicht immer gut und wird schon gar nicht immer als gut empfunden. Besonders Eingriffe in religiöse Traditionen waren stets ein heikles Thema. Aus der Sicht des Fortschritts und der Säkularisierung erschienen Feiertage und viele religiöse Zeremonien und religiös motivierte Vorschriften als antiquiert und hinderlich und sollten die Menschen daher davon "befreit" werden - die sahen das aber oft anders.
Dass es z. B. in Tirol zum Aufstand gegen die bayrisch-französische Fremdherrschaft kam, hatte grundsätzlich weniger mit einem Hass gegen Franzosen oder gar Bayern zu tun, sondern mehr mit dem, was die Eingliederung in den "modernen" bayrischen Staat mit sich brachte, nämlich ein "Drüberfahren" über vieles, was den Tirolern lieb und teuer war, und diverse im Namen des Fortschritts aufgezwungene Maßnahmen.
 
Ein Nationalbewusstsein entwickelte sich nach vielen Historikern mit den Befreiungskriegen und dem damit verbunden Hass gegen Napoleon. Meine Frage dabei: Woher kam dieser Hass? Napoleon hat doch größtenteils modernisiert und war fortschrittlich. Lag es daran, dass die Deutschen keine Kriege wollten?

MfG


Die "Deutschen" gab es zu Beginn des 19. Jahrhunderts nur in den Köpfen einiger Intellektueller, es gab viele deutsche Länder, deren Bewohner sich als Sachsen, Bayern, Preußen, Hessen fühlten und sich nur lose durch eine eine gemeinsame Sprache verbunden fühlten. Ein gewisser Reichspatriotismus zum Heiligen Römischen Reich war vor allem in den kleineren Territorien vorhanden.

Davon verschwanden einige ganz von der Landkarte, wurden von Nachbarn geschluckt, die sich mit Napoleon verbündet hatten oder verloren wie Preußen einen Großteil ihrer Territorien. Trotzdem oder auch deswegen hatten einige neue Untertanen durchaus Vorteile. Die Juden wurden gleichberechtigte Bürger, die Justiz wurde modernisiert, die Leibeigenschaft abgeschafft, die Folter, Luxus- und Kleiderordnungen abgeschafft. Menschen, die von der Aufnahme in Zünfte und Gilden ausgeschlossen waren, konnten Gebrauch von der Gewerbefreiheit machen, und im Reich des Königs Jerome konnte man sogar aus der Kirche austreten. Zum ersten Mal waren auf einem deutschen Territorium alle Menschen vor dem Gesetz gleich, man konnte sogar aus der Kirche austreten. Der neue Musterstaat Westphalen hatte viele hoffnungsvolle Ansätze, doch so recht konnten sich die meisten seiner Bewohner nicht damit identifizieren. In Hessen hielten es die meisten mit dem Kurfürsten, der als er Ende 1813 zurückkehrte mit Jubel empfangen wurde.

Schon vor Gründung Westphalens hatten die Franzosen Kunstschätze in Kassel geplündert, die 2008 anläßlich einer Ausstellung nach 200 Jahren nach Kassel zurückkehrteb, und der "Big Brother" in Paris griff rücksichtslos auf die Ressourcen der Länder zurück. Mit neuen Rechten, und dem Code Civil kamen auch Pflichten, z. B. die allgemeine Wehrpflicht. Viele junge Männer wurden eingezogen und mussten in Kriegen in Spanien und Russland kämpfen, die nicht die ihren waren. Von der einst glänzenden Armee, die mit fast 30.000 mit der Grande Armee nach Russland maschierte, kamen nur wenige zurück.

Durch Einquartierungen und Übergriffe französischer Soldaten hatten viele Zeitgenossen zu leiden, und trotz unbestreitbarer Verdienste blieben die Franzosen Besatzer, und als solche wurden sie von den meisten empfunden. Als 1813 die Kosaken des Generals Czernitschew Kassel und Marburg eroberten, wurden sie von Teilen der Bevölkerung als Befreier gefeiert.
 
Hallo Ravenik,

die Tiroler waren schon ein sehr eigensinniges, auf ihre alten Rechte bedachtes Völkchen. Das hat schon Joseph II. ein paar Jahre früher feststellen und auch sehr viele moderne Reformen zurücknehmen müssen.
Die Habsburger haben 1809 ganz bewusst in das Horn geblasen und den Tirolern mittels Propaganda vor Augen geführt, wie schlecht es ihnen unter den Bayern/Napoleon ginge ... und natürlich auch ordentlich übertrieben.
Wobei: Steuern sind immer geeignet, um die Leute auf die Barrikaden zu bringen, und auch die Einführung der Konskription stieß naturgemäß (und nicht nur in Tirol) auf heftigen Widerstand.

Das Lustige (?) dabei ist, dass die Österreicher sehr viele der "bösen" bayerischen Reformen, als Tirol beim Wiener Kongress wieder an Österreich fiel, beibehalten habe.

lg, Marie Luise
 
Das den Tirolern besonders wichtige Landlibell allerdings wurde im Großen und Ganzen weiterhin beachtet.

Auf der anderen Seite freilich wurde nach der Rückkehr zu Österreich auch in Tirol das ABGB eingeführt, das in Restösterreich bereits 1812 in Kraft getreten war.
 
Ein Nationalbewusstsein entwickelte sich nach vielen Historikern mit den Befreiungskriegen und dem damit verbunden Hass gegen Napoleon. Meine Frage dabei: Woher kam dieser Hass? Napoleon hat doch größtenteils modernisiert und war fortschrittlich. Lag es daran, dass die Deutschen keine Kriege wollten?

MfG


Thomas Nipperdey schrieb einmal, am Anfang war Napoleon, und da ist etwas dran. Die Entwicklung eines deutschen Nationalbewusstseins war aber nicht nur mit militärischen Ereignissen verbunden, sondern auch mit Strömungen der Kultur. Ernst Moritz Arndt stellte die Frage "Was ist der Deutschen Vaterland", und die Romantiker suchten in vergangenen Epochen nach deutschem Kulturgut, nach Sagen und Überlieferungen. Wilhelm und Jakob Grimm sammelten Märchen und Sagen, wollten uraltes deutsches Kulturgut bewahren, das durch einen "französischen Kulturimperialismus" in Vergessenheit zu geraten drohte.

da sie als Systematiker die größten waren, begründeten sie die moderne europäische Ethnologie und Volkskunde. Da sie selbst aus ihrer eigenen Kindheit sich an keine Märchen erinnerten, mussten sie sammeln, und sie gingen dazu nicht in Spinnstuben und Bauernhäuser, sondern ließen sich von jungen Damen der Kasseler Gesellschaft berichten, die sich an Märchen ihrer Hugenottischen Vorfahren erinnerten. Rotkäppchen, Schneewitchen Dornröschen und Blaubart die ganze Generationen in einem altdeutschen/ hessischen Wald verorten, stammen aus älteren französischen Vorlagen, die Charles Perrault bereits im 17. Jahrhundert gesammelt hatte.
 
Heinrich von Kleists zeitgenössisches Stück "Die Hermannsschlacht" spiegelt die Zerissenheit wider, die zu jener Zeit Frankreich gegenüber herrschte - ebenso die einigende Kraft, welche die fremden Usurpatoren in die nationalstaatliche Entwicklung brachten.
 
Heinrich von Kleists zeitgenössisches Stück "Die Hermannsschlacht" spiegelt die Zerissenheit wider, die zu jener Zeit Frankreich gegenüber herrschte - ebenso die einigende Kraft, welche die fremden Usurpatoren in die nationalstaatliche Entwicklung brachten.
Wenn ich mir die Literatur der Eliten im 18.Jh. anschaue, dann gab es zumindest unter denen schon weit früher einen deutschen Patriotismus. Man denke an "Günther von Schwarzburg" von Holzbauer, die angeblich erste deutsche Oper (es gab natürlich auch schon früher deutschsprachige Opern v.a. in Hamburg, aber hier spielt wohl der Zeitgeist, Stichwort "Nationaloper" eine Rolle). Generell wurde das Thema Nationalismus im Grunde in vielen europäischen Staaten zusehends wichtiger. Dass es in Deutschland durch die Eroberung und Einverleibung durch die Franzosen, große Teile wurden ja schlichtweg französische Departements bis hin nach Hamburg (!), eine antifranzösische Stimmung generiert wurde, brachte in gewissen Kreisen eine nationaldeutsche mit sich. Man denke auch an die Reaktionen bspw. in Polen durch die polnischen Teilungen, wenngleich es dort deswegen genauso wenig wie im Deutschland der ersten 2 Jahrzehnte des 19.Jh. zu EINER beherrschenden nationalen Meinung kam. Aucn im frühen 19.Jh. wurde mit Worten wie "Patriot" nicht selten ein Deutscher begriffen, der in erster Linie seiner näheren Umgebung, also bspw. Thüringen oder noch enger, dem Fürstentum, woher er stammte, patriotisch gegenüber gesinnt war.
 
Das den Tirolern besonders wichtige Landlibell allerdings wurde im Großen und Ganzen weiterhin beachtet.

Auf der anderen Seite freilich wurde nach der Rückkehr zu Österreich auch in Tirol das ABGB eingeführt, das in Restösterreich bereits 1812 in Kraft getreten war.

Das war auch in anderen Ländern der Fall, im Rheinland blieb der Code Civil bis Ende der 1890er erhalten, als das BGB verabschiedet wurde, in dem aber weite Passagen fast identisch mit dem Code Civil sind. Als 1813/14 Kurfürst Wilhelm I. von Hessen- Kassel aus dem Exil zurückkehrte, wurden die meisten Reformen des Königreichs Westphalen kassiert, beim Militär wurden im wahrsten Sinne des Wortes "Alte Zöpfe" wieder eingeführt, doch die meisten Justizreformen hatten sich als so effizient erwiesen, dass sie unangetastet blieben und bis 1866 Gültigkeit besaßen, als Kurhessen von Preußen annektiert wurde.
 
Ein Nationalbewusstsein entwickelte sich nach vielen Historikern mit den Befreiungskriegen und dem damit verbunden Hass gegen Napoleon. Meine Frage dabei: Woher kam dieser Hass? Napoleon hat doch größtenteils modernisiert und war fortschrittlich. Lag es daran, dass die Deutschen keine Kriege wollten?
Hass ist ein sehr starkes Gefühl. Um zu hassen, muss schon einiges passieren. Ob Napoleon fortschrittlich oder modern daherkam, ist dabei weniger entscheidend. Fremdherrschaft bleibt Fremdherrschaft, auch wenn die Beitschaft zum Widerstand maßgeblich von der eigenen wirtschaftlichen Sitation abhing. Hass entsteht dann, wenn die persönlichen Auswirkungen - Verlust von Angehörigen, von Eigentum - sehr bedeutsam sind.

Hinzu kommen äußere Beeinflussungen wie Propaganda oder die Religion, wie folgender Katechismus aus Spanien verdeutlichen mag:

"Sag mir, mein Kinde, wer bist du?"
"Ein Spanier durch Gottes Gnade."
"Wer ist der Feind unseres Glückes?"
"Der Kaiser der Franzosen."
"Wie viele Naturen hat er?"
"Zwei, die menschliche und die teuflische."
"Wie viele Kaiser der Franzosen gibt es?"
"Einen wirklichen in drei trügenden Personen."
"Wie heißen sie?"
"Napoleon, Murat und Manuel Godoy."
"Welcher von den dreien ist der schlimmste?"
"Sie sind alle drei gleich."
"Von wem stammt Napoleon?"
"Von der Sünde."
"Murat?"
"Von Napoleon."
"Und Godoy?"
"Aus der Kreuzung beider."
"Was ist der Geist des ersten?"
"Stolz und Despotismus."
"Des zweiten?"
"Raubsucht und Grausamkeit."
"Des dritten?"
"Wollust, Verräterei und Unwissenheit."
"Was sind die Franzosen?"
"Verketzerte Christen."
"Ist es eine Sünde, einen Franzosen zu ermorden?"
"Nein, mein Vater, man verdient den Himmel, wenn man einen dieser ketzerischen Hunde totschlägt."
"Welche Strafe derdient der Spanier, der seinen Pflichten nicht nachkommt?"
"Den Tod und die Schmach der Verräter."
"Wer wird uns von unseren Feinden befreien?"
"Das gegenseitige Vertrauen auf uns selbst und die Waffen." [1]

Nach dem Mißerfolg von 1809, als die österreichischen Aufrufe zum gemeinsamen Kampf gegen Napoleon fast unbeachtet verhallten, wollte man 1813/14 alles richtig machen und Napoleon mit seinen Waffen schlagen: "Nationalkrieg und Propaganda". Und so wurde versucht, mit Wort und Sprache, die deutschen Staaten auf den Kampf für "König und Vaterland" einzuschwören. So wurde Napoleon z.B. in Karikaturen mit dem Teufel identifiziert.

So wirklich Erfolg hatte diese Propaganda nicht, viel zu wenig waren bereit, freiwillig in den Krieg zu ziehen; Zwangsverpflichtung war daher die Regel.

Noch im Oktober 1813 standen deutsche Streitkäfte bei Leipzig auf beiden Seiten! Spricht weder für Deutschland noch auf Hass auf Napoleon. Dass in der Folge die Seiten gewechselt wurde, hat wenig mit einem deutschen Gedanken zu tun, eher mit "auf der falschen Seite stehen".

Was den Begriff Nationalbewußtsein zu der Zeit angeht, schwierig, schwierig. Ein Deutschland als Gesamtheit begriff damals wohl kaum jemand, vllt. als Kulturnation aber nicht politisch. Nationalbewußtsein ist daher wohl nur auf die einzelnen deutschen Staaten münzbar. Hier mag die Meuterei der sächsischen Truppen in 1815 - von Blücher niedergeschlagen - dienen. Die Soldaten meuterte nicht, weil es kein einig Deutschland geben würde, sondern weil das geliebte Sachsen durch den Wiener Kongress geteilt werden sollte.

Grüße
excideuil

[1] Dumas, Alexandre [d.Ä.]: Napoleon Bonaparte, Franckh'sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart, um 1911, Seiten 139/40
 
Hass ist ein sehr starkes Gefühl. Um zu hassen, muss schon einiges passieren.

Ob es Hass war, sei dahingestellt. Für mich eher eine Begrifflichkeit, die emotionalisieren soll. Dass es dabei im Rahmen der Befreiungskriege zu "Hass" kam, will ich gar nicht ausschließen. Dieses ist aber nicht unerheblich der Wirkung des Krieges geschuldet. Sicherlich wird man entsprechende Quellen finden können.

Aber es ist auch richtig, dass mit Napoleon und dem Auflösen des HRR eine Modernisierungsschub "deutscher Gebiete" einsetzte.

Und sicher ist es auch, dass es aus vielen Gründen zu einer verstärkten Ausbildung des Patriotismus und des Nationalismus kam, wie Winkler "Der lange Weg nach Westen", Bd. I, S. 40 ff) es differenziert beschreibt.

In diesem Kontext wird es auch zu einer emotionalen Polarisierung gekommen sein, zwischen dem was "Franzose" ist und was "Nicht-Franzose" ist. Das ist durchaus ein Unterschied, da es nicht automatisch auf eine "deutsche Identität" hinauslief. Dabei wird ein Bayer in München es anders gesehen haben wie ein Preuße in Berlin.

Dennoch, wie Kleßmann schreibt, (Napoleon und die Deutschen, S. 165) ist eine ambivalente Haltung gegenüber Napoleon in "Deutschen Landen" vorhanden, wie beispielsweise im September 1808 in Erfurt, anlässlich des Treffens von Napoleon mit dem Zaren.

So meint ein damaliger zeitgenössischer Chronist, dass Napoleon völlig gefahrlos alleine durch Erfurt hätte laufen können, ohne irgendwelchen Gefahren ausgesetzt zu sein.

Und die Begegnung von Goethe mit Napoleon erzeugt bei Goethe ein Gefühl der hohen Wertschätzung.

In diesem Sinne wird man wohl, je nachdem wo man hinschaut, Antipathie, eine neutrale Haltung oder Sympathie vorfinden.

Und diese Haltung dürften selbst bei einzelnen Personen einer Dynamik über die Zeit unterworfen gewesen sein. Anfangs positiver mit zunehmend skeptischen Sichten, da hinter der Fassade des Aufklärers und des Modernisierers der zerstörende und unterdrückende Feldherr immer deutlicher wurde.
 
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Dennoch, wie Kleßmann schreibt, (Napoleon und die Deutschen, S. 165) ist eine ambivalente Haltung gegenüber Napoleon in "Deutschen Landen" vorhanden, wie beispielsweise im September 1808 in Erfurt, anlässlich des Treffens von Napoleon mit dem Zaren.

So meint ein damaliger zeitgenössischer Chronist, dass Napoleon völlig gefahrlos alleine durch Erfurt hätte laufen können, ohne irgendwelchen Gefahren ausgesetzt zu sein.

In diesem Sinne wird man wohl, je nachdem wo man hinschaut, Antipathie, eine neutrale Haltung oder Sympathie vorfinden.
Natürlich wird man unterschiedliche Haltungen feststellen, allein schon, weil die Interessen unterschiedlich waren. Dies traf auch auf Erfurt zu.

Erfurt ist ein gutes Beispiel. Ohne Frage hätte sich Napoleon allein auf die Strasse wagen können. (Schon allein deshalb, weil sich Napoleon längst im Kreis derer von Gottes Gnaden befand, für deren Gesundheit allsonntäglich gebetet wurde)

Und schließlich war alles getan worden, um den Freund, den Zaren Alexander I. zu beeindrucken. Nicht allein durch die Galerie der anwesenden Rheinbundfürsten oder durch aufwändige Konzerte und Aufführungen, nein, im Vorfeld und im Verlauf des Fürstentreffen wurde alles getan, um die Bevölkerung ruhig zu halten.

Ohne Frage war die Bevölkerung von Erfurt freudig gestimmt, dass ihre Stadt "Austragungsort" des Fürstentreffens war. Der Kaiser persönlich würde kommen! Das weckte natürlich auch Hoffnungen, dass die Lasten, die auf der Stadt drückten, gemildert wurden.

Der neue Generalgouverneur, Oudinot, ließ Petitionen zu, in deren Ergebnis es zu Truppenverlegungen kam und Magazine geöffnet wurden, um die drückensten Probleme zu lindern.

Eine wichtige Rolle kam der Geheimpolizei zu. Eine Abteilung unter Napoleons Lieblingsspion Schulmeister zog in die Stadt und beobachtete alle Fremden, alle Gaststätten und Kneipen, die für verdächtig gehaltenen Mitglieder der Stadtverwaltung ...
Nicht nur das, auch versuchte Teuerungen wurde von der Polizei verhindert.
In der Summe wurde also eine Atmosphäre geschaffen, die für Ruhe sorgte und eine befürchtete Revolte verhinderte.

Da könnte sich der Empereur allein auf der Straße zeigen, wenn er denn gewollt hätte. Dass er dies nicht tat, mag an Zeitmangel, vllt. auch an der Episode gelegen haben, von der sein Kammerdiener Constant aus Erfurt berichtet: Constant hatte alle Fenster, Läden etc. verschlossen. Ein Angreifer auf das Leben des Kaisers hätte über die Wachen vor der Tür an Roustam und ihm verbeigemußt. Der Kaiser schlief schlecht, erwachte und berichtete von seinem Traum, dass ihn ein Bär angegriffen hätte ... Da könnte man fragen: Traum oder Trauma?

Ach, ja, nach dem Fürstentreffen wurde eine ständige Truppe der Geheimpolizei in Erfurt installiert. Davout trug dafür Sorge.
Anfangs positiver mit zunehmend skeptischen Sichten, da hinter der Fassade des Aufklärers und des Modernisierers der zerstörende und unterdrückende Feldherr immer deutlicher wurde.
Zustimmung!

Grüße
excideuil
 
Zum Punkt modernisieren ... Ich kann mir nicht vorstellen das die Bewohner des damals stark zerstückelten Deutschland das so stark wahrgenommen haben. Jedoch kenne ich auch keine Quelle die das belegen würde also daher nur ne Theorie. Aber es stimmt natürlich. Im Königreich Westphalen hatte Napoleon die erste Demokratie auf deutschem Boden erschaffen. Aber du darfst ja nicht vergessen das der "Hass gegen Napoleon" Anfangs nur von den "Gelehrten" ausging, wenn mich nicht alles täuscht. Diese hatten ja auch eine ganz andere Sicht auf die Ereignisse als das normale Bürgertum.
 
Zum Punkt modernisieren ... Ich kann mir nicht vorstellen das die Bewohner des damals stark zerstückelten Deutschland das so stark wahrgenommen haben.
Was hat das mit Zerstückelung zu tun?
Außerdem ist Zerstückelung relativ. Die meisten der winzigen Territorien des HRR waren mit der Säkularisation und Mediatisierung verschwunden. Das Königreich Westfalen hatte über 2 Mio. Einwohner.

Im Königreich Westphalen hatte Napoleon die erste Demokratie auf deutschem Boden erschaffen.
"Demokratie" ist relativ. Zumindest mit unserem heutigen Demokratieverständnis verträgt sich ein Zensuswahlrecht nur bedingt, außerdem muss man natürlich aufpassen, wie viele Mitbestimmungsrechte die gewählten Vertreter tatsächlich hatten.

Aber du darfst ja nicht vergessen das der "Hass gegen Napoleon" Anfangs nur von den "Gelehrten" ausging, wenn mich nicht alles täuscht. Diese hatten ja auch eine ganz andere Sicht auf die Ereignisse als das normale Bürgertum.
So pauschal kann man das nicht sagen. In Tirol wurde der Aufstand von der breiten Bevölkerung getragen.
 
Das mit der ersten Demokratie in Deutschland fürs Königreich Westfalen vergessen wir mal ganz schnell, auch wenns nur Zensuswahlrecht gab, vorher und vom Prinzip her 3 Kammern ...
oder ähnliches in anderen Teilen Norddeutschlands
 
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