Zensur nach 1848/Reaktionsära

iamNex

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Liebes Forum,

ist irgendjemandem ein Medium (Internet, Publikation, etc.) bekannt, über welches sich ermitteln lässt, welche Publikationen in der Reaktionsära nach 1848, v.a. in den 1850er Jahren, in Deutschland verboten bzw. zensiert wurden?

Die Vorzensur wurde ja nicht mehr wiedereingeführt, aber eine nachträgliche Zensur bzw. Verbot von Büchern war durchaus noch üblich.

Vielen lieben Dank,
Nex
 
Wikipedia zu Friedrich Stoltze, Frankfurt am Main:
1860 gründete er nach dem Vorbild des Berliner Kladderadatschdie freiheitlich-demokratisch orientierte Wochenzeitung Frankfurter Latern. In seinen satirischen Texten, die von Schalck, Albert Hendschel und zeitweise auch von Wilhelm Busch illustriert wurden, nahm er das aktuelle Geschehen aufs Korn und verschonte auch hochgestellte Persönlichkeiten nicht. Typisch für die Latern waren die Hampelmanniaden, Geschichten um den typischen Frankfurter Kleinbürger Hampelmann, und die Dialoge zwischen Millerche und dem Berjerkapitän. Alle diese Figuren waren den Lustspielen von Carl Malß entnommen.
Die Latern erreichte bald hohe Auflagen, wurde aber außerhalb Frankfurts wegen ihrer häufig antipreußischen Haltung von der Zensur verfolgt. Nach der preußischen Annexion der Stadt wurde am 21. Juli 1866 das Redaktionsbüro besetzt und Stoltze musste aus dem besetzten Frankfurt fliehen. Nach Aufenthalten in der Schweiz und Stuttgart kam er nach einer Amnestie wieder in seine Heimatstadt zurück und nahm bereits am 1. Januar 1867 die Arbeit mit seiner neuen Zeitung „Der wahre Jacob“ wieder auf. Sein bereits aus der „Latern“ bekanntes (fiktives) Personal behielt er bei: Herrn Hampelmann, Millerche und Berjerkapitän legt Stoltze die kritischen Texte in den Mund. Ab 30. Juli erschien „Der wahre Jacob“ mit dem Untertitel Ridentem dicere verum („Lächelnd die Wahrheit sagen“), doch konnten innerhalb fünf Jahren nur 32 Ausgaben die preußische Zensur passieren. Unterstützung erfuhr Stoltze von den preußenkritischen Bürgern Frankfurts, die vorher bereits die „Frankfurter Latern“ abonniert hatten und nun den „Wahren Jacob“ kauften. Ab 1. Januar 1872 konnte „Die Frankfurter Latern“ wieder regelmäßig bis zu seinem Tod erscheinen.
 
Deutschlandweit? Das wird schwierig sein. Ein amtlicher Index existierte zumindest in Preußen nicht.


Die Revolution hatte die alte Preßgesetzgebung weggefegt. Doch wünschte der Minister des Innern am 5. September 1848 über Schriften von besonders erheblichem Interesse durch die Polizei unterrichtet zu werden. Wie weit das geschah, läßt sich nur in den einzelnen Fällen feststellen, da mit dem März 1848 sich die über die ganze Organisation und Durchführung der Zensur geführten Sammelakten in Faszikel über Einzelfälle auflösen. Verboten wurde nach wie vor, besonders nach Erstarken der Reaktion; der nachmärzliche berüchtigte Polizeipräsident v. Hinckeldey pflegte seine Verbote durch amtliche Bekanntmachungen in den Berliner Tageszeitungen bekanntzugeben und in den Amtsblättern, die schon bestanden oder neu begründet wurden. Eine Zusammenstellung dieser Verbote dürfte nicht existieren, da sich bisher keine fand.

Diesem Mangel suchte 1891 F. Herm. Meyer abzuhelfen, indem er im XIV. Band des "Archivs für die Geschichte des deutschen Buchhandels" (S. 317 ff.) ein Verzeichnis der von 1834-1882 in Preußen verbotenen Bücher veröffentlichte, das eine gute Übersicht vermittelt, ohne vollständig zu sein. Eine Fortsetzung ist nicht erschienen.



Heinrich Hubert Houben
Verbotene Literatur von der klassischen Zeit bis zur Gegenwart : ein kritisch-historisches Lexikon über verbotene Bücher, Zeitschriften und Theaterstücke, Schriftsteller und Verleger
Bremen 1924

463 [461] - Index librorum prohibitorum - Seite - Digitale Sammlungen - Digitale Sammlungen
 
Nochmals vielen Dank Sepiola! Ich hatte jetzt endlich Zeit mir die Zeitschrift von 1891 anzusehen und genau so etwas suche ich.
Weißt du zufällig, ob ähnliches für andere Bereiche des Deutschen Bundes bzw. sogar für Österreich existieren?

Danke nochmals!
 
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