Zwei Abhandlungen über die Regierung

Schini

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Locke erklärt in seinem Werk die Gleichheit, Freiheit und das Recht auf Unverletzlichkeit von Person und Eigentum zu obersten Rechtsgütern. Der Friede wird durch eine auf allgemeiner Zustimmung beruhende politische Gemeinschaft mit einem obersten Schiedsrichter (Monarch, Oligarch oder demokratische Vertretung) gesichert. Zweck dieses Gesellschaftsvertrags zwischen der Gemeinschaft und dem obersten Richter ist die Garantie der obersten Rechtsgüter. Aus diesen Vorstellungen entwickelt Locke das Bild eines Verfassungsstaats im Sinne des Liberalismus. Er tritt für die Trennung von Legislative und Exekutive ein. Das Volk soll die ihm gemäße Regierungsform bestimmen, welche auch die Freiheit aller Glaubensbekenntnisse garantieren muss.

Das Werk bildete den Rahmen, in dem sich die abendländische Verfassungstheorie des 18. und 19. Jahrhunderts entwickelte. Thomas Jefferson (1743–1826), dem Verfasser der US-amerikanischen Unabhängigkeitserklärung, wurde der Vorwurf gemacht, er habe von Locke abgeschrieben. Auch der französische Verfassungsentwurf von 1791 wurde von den Gedanken in Zwei Abhandlungen über die Regierung mitgeprägt. Wie sehr sie bis in die Gegenwart hineinreichen, beweist die Selbstverständlichkeit, mit der noch heute in amerikanischen Lehrbüchern des Verfassungsrechts auf Locke verwiesen wird. (Aus dem Buch der 1000 Bücher)

John LockeZwei Anhandlungen über die RegierungSuhrkamp (stw)2000 360 Seiten
 

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John Lockes Werk als Grundpfeiler von Demokratie und Liberalismus
Die in Zwei Abhandlungen über die Regierung veröffentlichten Ideen Lockes sind die Prinzipien jeder heutigen Demokratie geworden: Gewaltenteilung, Souveränität des Volkes und Wahrung des Privateigentums. Locke wendet sich mit seinem Werk gegen das damals in Frankreich populäre Modell der absolutistischen Monarchie. Besonders polemisiert er in seinem Werk gegen Sir Robert Filmer und dessen Schrift Patriarichia or The Natural Powers of Kings. Locke setzt diesen monarchischen Überzeugungen ein liberales Verständnis des Zusammenspiels von Volk und Regierung entgegen.
Im Zentrum von Lockes Liberalismus stehen die Individuelle Freiheit und damit die Ablehnung jeder autoritärer Einmischung. Er wendet sich gegen staatliche Gängelung, wobei er die Notwendigkeit des (demokratisch legitimierten) staatlichen Gewaltmonopols zur Wahrung der Freiheit aber nicht in Frage gestellt wird. Im Zeitalter der Aufklärung fand Lockes Werk umfassende Beachtung: seine Überzeugungen finden sich sowohl in der Unabhängigkeitserklärung der USA als auch in der französischen Verfassung von 1791 wieder. Noch heute gilt er als Urvater des Liberalismus.


Inhalt
Der Herrschaftsbegriff
Niemand hat ein nachweisbares, von Gott verliehenes Herrschaftsrecht, ganz im Gegenteil: Monarchen regieren nicht im Namen Gottes, sondern nach eigenem Gusto. Von ihnen erlassene Gesetze, sind nur für das Volk, nicht aber für sie bindend. Eine solche Herrschaft basiert also auf Willkür und entspricht nicht der Natur des Menschen. Eine gerechte Herrschaft kann es nur dann geben, wenn sich alle Individuen freiwillig unterordnen und Gesetzgebung und Vollstreckung an getrennte, vom Volk gewählte Instanzen übertragen wird.

Die erste Phase des Naturzustands
In ihrem Naturzustand sind alle Menschen gleich, frei und unabhängig. Jeder darf nehmen, was er zum Leben braucht, ohne jedoch anderen etwas wegzunehmen, weil alle die gleiche Pflicht zur Selbsterhaltung haben. Niemand darf jedoch mehr nehmen, als er braucht. Das Streben nach Glück ist also für alle legitim. Weiterhin kann sich jeder Privateigentum aneignen, indem er sich die von Gott gegebenen Gaben durch Arbeit aneignet. Das Aneignen von Privateigentum ist sogar besonders lobenswert, da damit zur Versorgung aller beigetragen wird. Wer z.B. ein Feld bestellt erzeugt mehr Getreide, als das gleiche Feld in seinem Naturzustand hervorbringen würde.
Fügt nun jemand einem anderen Schaden an Leib oder Besitz zu, so hat der Leidtragende das Recht den Angreifenden angemessen zu bestrafen, denn im Natur Zustand ist jedes Individuum Richter und Vollstrecker zugleich.

Die zweite Phase des Naturzustandes
Was man durch Arbeit zu seinem Eigentum gemacht hat, wird in der zweiten Phase nun gegen Güter anderer getauscht. Da viele Waren aber schnell verderben, werden nur kleine Mengen produziert und dienen vordergründig der Selbstversorgung und noch nicht so sehr dem Handel. In einem folgenden Schritt wird haltbaren Gegenständen(Gold, Silber, schließlich Geld) ein individueller Wert beigemessen, um den Tauschhandel zu erleichtern. Damit ist die Grundlage für den Handel geschaffen. Dadurch ist es jetzt auch möglich erstmals größere Mengen zu produzieren und zu verkaufen, denn der damit erzielte Gewinn kann zum einen nicht verderben und zum anderen können die Einnahmen zum Erwerb aller möglichen anderen Dinge benutzt werden. Da man durch die Anhäufung von Gold bzw. Geld niemanden seine Lebensgrundlage wegnimmt, ist diese Art Privateigentum zu erwerben ebenfalls legitim. Als Folge daraus entstehen reich und arm, da der fleißige mehr Land bestellt oder Wild erlegt, als das der Faule tut.
Die bewirtschafteten Landflächen werden mit der Möglichkeit Reichtum zu erwerben immer größer, bis schließlich das komplette Land verteilt ist. Allerdings ist auch die Verteilung des Privateigentums mittlerweile ungleich: diejenigen mit qualitativ schlechterem Land sind neidisch und versuchen denen mit qualitativ höherwertigem Land ihr Privateigentum wegzunehmen. Der Besitzer des besseren Landstücks kann allerdings nur in Frieden leben, wenn er seinen Neider bestraft. Ein sehr gefährlicher und unsicherer Zustand ist erreicht. Niemand kann mehr in Frieden leben.

Die bürgerliche Gesellschaft
In díesem chaotischen Zustand sind die Menschen bereit ihre wichtigsten Rechte zugunsten eines besseren Schutzes aufzugeben. Da aber niemand ohne seine Einwilligung der Herrschaft eines anderen unterworfen werden kann, muss jeder Mensch bereit sein, seine natürliche Freiheit aufgeben. So kann aus der Gemeinschaft aller ein politischer Körper und damit auch eine bürgerliche Gesellschaft entstehen. Schließen sich Menschen nun zu einem Staatswesen zusammen, erreichen sie gegenüber dem Naturzustand eine höhere Ebene: gemeinsam können sie den Chaoszustand überwinden und so ihr Leben und ihr Eigentum besser schützen. Dafür muss aber auch jeder Mensch seinen Wellen dem der Gemeinschaft unterordnen.
Zukünftig muss als der Wille der Mehrheit gelten. Höchstes Ziel der bürgerlichen Gesellschaft ist der Schutz ihrer Mitglieder und ihres Privateigentums gegen Gefahren von Außen. Den Mitgliedern dieser Gesellschaft entsteht aber durch das Aufgeben ihrer natürlichen Rechte kein Verlust: Indem sie ihre Recht auf die Gemeinschaft übertragen, kann jeder ruhiger leben und im Bedarfsfall die Gemeinschaft um Hilfe bitten. An der Schaffung der Gesetze kann jeder mitarbeiten. Durch die Gerichtsbarkeit wird zudem eine höhere Rechtssicherheit als im Naturzustand erreicht, da nun für das gleiche Vergehen auch die gleiche Bestrafung erteilt wird.

Die Mitgliedschaft in der bürgerlichen Gesellschaft
Ein Einzelner wird nur Mitglied dieser Gesellschaft, wenn er diesen Wunsch ausdrücklich äußert. Damit erkennt er aber auch die demokratisch gewählte Herrschaft an. Wenn jemand seine Zugehörigkeit nicht ausdrücklich erklärt, aber friedlich im Herrschaftsgebiet einer Regierung lebt, so kann man von einer stillschweigenden Zustimmung ausgehen. Er unterliegt daher ebenfalls dem Schutz der Gemeinschaft. In der bürgerlichen Gesellschaft sind nach wie vor alle Menschen gleich. Ein Großkaufmann hat nicht mehr Rechte als ein Bauer. Wer allerdings kein Eigentum besitzt, ist auch kein Mitglied der Gemeinschaft, da er der Gemeinschaft nichts bieten kann.

Gleiche unter Gleichen
Der Mensch als freies und vernunftbegabtes Wesen unterwirft sich einer Herrschaft, nur dann, wenn er es selbst will. Eltern entscheiden nur so lange für ein Kind, bis es selbst in der Lage ist, vernünftig zu handeln. Ein Kind soll seine Eltern zwar ehren und sie im Alter unterstützen, Eltern haben jedoch nicht das Recht über ihre Kinder zu verfügen, indem sie die Herrschaft über sie haben. Auch Frauen unterstehen nicht ihren Männern. Arbeitet ein Gesellschaftsmitglied für einen anderen, so kann nur durch einen gegenseitigen Vertrag die Billigung eines gewissen Maßes an Herrschaft erteilt werden. Anders ist es bei Kriegsgefangenen: sie sind Sklaven und haben jedes Recht auf Selbstbestimmung und Eigentum verwirkt und können nicht Mitglieder der Gesellschaft werden.

Die Legislative
Die Gesetzgebung erfolgt durch ein Gremium, das von den Mitgliedern der Gemeinschaft gewählt wird. Da die Legislative auf dem Willen des Volkes beruht, müssen ihr alle unbedingten Gehorsam entgegenbringen. Da die Individuen gegenüber dem Naturzustand zwei Grundrechte aufgegeben haben, hat die Legislative nicht mehr Macht als der Einzelne im Naturzustand. Daher ist das oberste Gesetz auch der Erhaltung der Gemeinschaft dient. Dieses Gesetz steht sogar über der Legislative, deren Gründung den zweitwichtigsten Schritt darstellt.
Die Legislative muss dafür für drei Hauptgegebenheiten sorgen:
  • Gesetze müssen feststehend sein und müssen öffentlich bekannt gemacht werden
  • Mitglieder der Gemeinschaft können von niemandem - auch nicht von den Herrschenden - enteignet werden
  • Steuern müssen gezahlt werden, um die Gemeinschaft zu erhalten; sie dürfen aber nicht ohne die Zustimmung der Gesellschaftsmitglieder erhoben werden

Die Exekutive
Da der Mensch immer nach Macht strebt, ist es nötig Exekutive und Legislative zu trennen. Die Legislative ist aber dabei die höchste Instanz, denn nur so kann sie auch Gesetze erlassen, die von allen akzeptiert und befolgt werden. Die Exekutive stellt aber im Gegensatz zur Legislative ein ständiges Gremium dar.
Innerhalb der exekutiven Gewalt gibt es eine so genannte föderative Gewalt, die den Willen der Gemeinschaft nach außen, also im Kriegsfall, aber auch bei Büdnissen mit anderen Gemeinschaften vertritt.
Auch die prärogative Macht wird der Exekutive zugeordnet. Sie entscheidet in allen rechtlichen Grauzonen, hat aber auch die Möglichkeit Begnadigungen auszusprechen, wenn Bestrafungen streng nach dem Gesetz als zu hart erscheinen. Das Wohl der Gemeinschaft muss allerdings immer im Fordergrund aller Entscheidungen stehen.
Sollte sich eine Regierung ihren Spielraum aber gegen den Volkswillen ausnutzen, so hat diese Gesellschaft das Recht sich gegen diese Herrschaft aufzulehnen.

Zerfall der bürgerlichen Gesellschaft
Wird eine Gesellschaft durch einen Krieg unterworfen, so zerfällt sie. Der Eroberer nimmt den Besitz der Unterworfenen und versklavt sie. Das natürliche Recht der Unterworfenen ist es aber, sich gegen diese Fremdherrschaft aufzulehnen. Die Individuen gleiten aber in diesem Fall zurück in den Naturzustand, womit sie auch ihre Naturrechte, das Recht auf Selbsterhaltung und das Recht seinen Gegner zu bestrafen, zurückerhalten.
Eine bürgerliche Gesellschaft kann aber auch durch gesellschaftsintere Erschütterungen zerstört werden. Nämlich dann wenn eine gewählte Regierung eine Willkürherrschaft begründet. Auch in solchen Fällen hat der Einzelne die Pflicht sich gegen die Regierung aufzulehnen.
 
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