excideuil
unvergessen
Der Pariser Frieden vom 30. Mai 1814 enthält einen Artikel, der den Wiener Kongress einberuft:
„Artikel XXXII. Innerhalb einer Frist von zwei Monaten werden alle Mächte, welche von beiden Seiten in den gegenwärtigen Krieg verwickelt waren, Bevollmächtigte nach Wien schicken, um auf einem Generalkongresse die Anordnungen zu treffen, welche die Verfügungen des gegenwärtigen Traktats vervollständigen müssen.“ [1][2]
Der erste geheime Artikel des Vertrages hat diesen Wortlaut:
„Artikel I. Die Verfügung über die Gebiete, denen Se. allerchristliche Majestät durch den 3. Artikel des öffentlichen Vertrages entsagt, und die Beziehungen, aus denen ein wirkliches und dauerhaftes System des Gleichgewichts in Europa hervorgehen soll, werden von den verbündeten Mächten auf den unter sich festgestellten Grundlagen und nach den in den folgenden Artikeln enthaltenen allgemeinen Bestimmungen geregelt werden.“ [3]
Die Logik dieses geheimen Artikels erschliesst sich mir nicht:
Frankreich war besiegt, die Alliierten hätten dieses Artikels schon aus der Situation als Sieger gar nicht bedurft.
Die Regelungen des Vertrages hinsichtlich der räumlichen Ausdehnung Frankreichs und der Tatsache, dass weder Kontributionen noch die Rückgabe der Kulturgüter gefordert wurden, läßt auf ein gehörig Maß an Weitsichtigkeit schließen. Frankreich wurde also als Großmacht nicht ohne Grund erhalten.
Und dennoch dieser Artikel? Warum und gegen wen?
Gegen Frankreich? Wenn diese Großmacht erhalten wurde, warum sollte ihr ein Mitspracherecht auf ihre außenpolitischen Interessen verwehrt bleiben?
Muss nicht eher davon ausgegangen werden, dass dieser Artikel der "Einigkeit" der Alliierten selbst geschuldet ist, sprich eine jede der vier Mächte gehindert werden sollte, sich mit Frankreich zu "verständigen"?
Grüße
excideuil
[1] Soden, J. Graf von: Archiv des Wiener Kongress, Bd.1, Nürnberg, 1815, Seite 87
[2] Talleyrand: „Memoiren des Fürsten Talleyrand“, herausgegeben mit einer Vorrede und Anmerkungen von Herzog de Broglie, Original Ausgabe von Adolf Ebeling, Köln und Leipzig, 1891-1893, Bd. 2, Seite 146
[3] Pappermann, Heinrich K.: Diplomatische Geschichte der Jahre 1813, 1814, 1815, F.A. Brockhaus, Leipzig 1863, Bd. 1, Seite 502
„Artikel XXXII. Innerhalb einer Frist von zwei Monaten werden alle Mächte, welche von beiden Seiten in den gegenwärtigen Krieg verwickelt waren, Bevollmächtigte nach Wien schicken, um auf einem Generalkongresse die Anordnungen zu treffen, welche die Verfügungen des gegenwärtigen Traktats vervollständigen müssen.“ [1][2]
Der erste geheime Artikel des Vertrages hat diesen Wortlaut:
„Artikel I. Die Verfügung über die Gebiete, denen Se. allerchristliche Majestät durch den 3. Artikel des öffentlichen Vertrages entsagt, und die Beziehungen, aus denen ein wirkliches und dauerhaftes System des Gleichgewichts in Europa hervorgehen soll, werden von den verbündeten Mächten auf den unter sich festgestellten Grundlagen und nach den in den folgenden Artikeln enthaltenen allgemeinen Bestimmungen geregelt werden.“ [3]
Die Logik dieses geheimen Artikels erschliesst sich mir nicht:
Frankreich war besiegt, die Alliierten hätten dieses Artikels schon aus der Situation als Sieger gar nicht bedurft.
Die Regelungen des Vertrages hinsichtlich der räumlichen Ausdehnung Frankreichs und der Tatsache, dass weder Kontributionen noch die Rückgabe der Kulturgüter gefordert wurden, läßt auf ein gehörig Maß an Weitsichtigkeit schließen. Frankreich wurde also als Großmacht nicht ohne Grund erhalten.
Und dennoch dieser Artikel? Warum und gegen wen?
Gegen Frankreich? Wenn diese Großmacht erhalten wurde, warum sollte ihr ein Mitspracherecht auf ihre außenpolitischen Interessen verwehrt bleiben?
Muss nicht eher davon ausgegangen werden, dass dieser Artikel der "Einigkeit" der Alliierten selbst geschuldet ist, sprich eine jede der vier Mächte gehindert werden sollte, sich mit Frankreich zu "verständigen"?
Grüße
excideuil
[1] Soden, J. Graf von: Archiv des Wiener Kongress, Bd.1, Nürnberg, 1815, Seite 87
[2] Talleyrand: „Memoiren des Fürsten Talleyrand“, herausgegeben mit einer Vorrede und Anmerkungen von Herzog de Broglie, Original Ausgabe von Adolf Ebeling, Köln und Leipzig, 1891-1893, Bd. 2, Seite 146
[3] Pappermann, Heinrich K.: Diplomatische Geschichte der Jahre 1813, 1814, 1815, F.A. Brockhaus, Leipzig 1863, Bd. 1, Seite 502