man braucht kein Wissenschaftler zu sein
Ich hoffe, daß wir hiermit alle Hypothesen, die auf der Gleichsetzung "Veneter/Enetoi = Slawen" basieren, ad acta legen können.
Aber bevor wir dies tun, darf man doch noch
klarstellen (-lieber Horst, ich möchte Deine weitreichende Arbeit zum Thema hier nur um unnötige Irrwege verkürzen, fühl Dich bitte nicht angegriffen!):
1. Vergeudete Müh' ist es, eine sprach
(wissenschaft)liche Ableitung "Wenden" von "Slawen" zu versuchen. (Das interaktive Hin und Her zw. den Sprachen hin zur Überformung od. Verballhornung wär allerdings ein Thema.)
- "Die Wenden/Winden" war die
deutschsprachige Bezeichnung für die neu aufgetauchten fremdsprachigen Völker, die man sehr viel später (ab der Aufklärung) zu den "Slawen" zusammenfasste. Und die Teutschen über- bzw. entnahmen das Wort, wir wir nun schon ausreichend wissen, der, über das Lateinische überlieferten, Namensgebung der Römer für fremd(sprachig)e Völker-schaften, die die Wissenschaft heute zu den "Kelten" zählt bzw. zusammenzufassen versucht. (Dazu UNTEN weiter)
- "Die Slawen" kann man - über den Umweg der Latinisierung
(s(c)laven(o)i) - als
sprachliche Eigenbezeichnung dieser Völker feststellen: In den Slowaken und Slowenen ist das Stamm(es)wort
slovêne nicht nur erhalten, sondern wurde (außer bei den heutigen Slowaken) vergessen und im Verlauf der nationalromantischen Selbstbewusstseinsfindung des 19. Jh. wiedererweckt und zur umfasenden Identität.
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Zu "vergessen" und "wiederfinden" muss ich wahrscheinlich Genaueres anhängen: Interessant ist, dass -und dies gehört zur eingangs erwähnten interaktiven Verballhornung- gerade die am nächsten zum deutschen Sprachraum lebenden Slawischsprachigen, also die "Wenden" Elb- und Ostdeutschlands und die "Windischen" des heutigen Slowenien (+ Unterkärnten, Südsteiermark, Küstenland Istrien-Triest-Görz-Friaul) die deutsche Bezeichnung (= ureigentlich römische) längst in ihre Sprache überführt hatten und die Diskussion, ob man sich als ostelbischer Wende nun selbstbewusster "Sorbe" oder als Kärntner Windischer "Slowene" nennen sollte, erst mit der Negativisierung in der heißen nationalistischen Phase des ausgehenden 19. Jhs. bis hin zur unflätigen Herab- und Entwürdigung unter Hitler geführt wurde.
Anhang 1, (unsere) Windischen: (Sorry, die Anhänge reichen ins Heutige-Politik-Tabu, aber das geht nicht anders, weil die Frage aus diesem Heute rührt. Also.) Es ist zu traurig, dass zB. in Kärnten populistische Kräfte (beiderseits) hintertreiben, dass ältere "Windische", die immer stolz und vergnügt dieses Idiom für sich verwandten und auch unangefochten, d.h. nicht desavouierend von den Deutschsprachigen als solche angesprochen wurden, durch dummdreiste Ortstafeleien die Bevölkerung entzweien, einem grundlosen "Mir san mir" einerseits und einem seit bald 150 Jahren schwelenden "Panslowenismus" ebenfalls Nahrung verschaffen.
Anhang 2, (eure) Wenden: viel weiter ist man da in der Oberlausitz, wo man sich fragt, weshalb man sich dem kaum tradierten "Sorbentum" zubekennen soll (nur weil unter den Nazis das Wort, recte die slaw. Volksherkunft ausgelöscht und beleidigt worden war? Sollten doch die Wenden doch plötzlich "Spreewalddeutsche" u.ä. heißen) und sich viel lieber als Wenden wieder bezeichnen möchten.
Anhang wieder zu beiden und zurück zu den
Wenden von Veneti, Venedi: die Geographie finde ich am schlüssigsten. Wo einst diese Völker in die röm. Karten eingezeichnet waren hat sich die Bezeichnung für diese nachweislich starken keltischen bzw. baltischen Stämme gerade wohl deshalb auch nach der Einwanderung der slawischen Völker identitätsstiftend erhalten. Sei es rund um den Golfo die Venetia, sei es im baltischen Kurland. Ich weiß, dass ich hier im Spekulativen bin, aber immerhin in guter Gesellschaft bzw. Nachbarschaft des heutigen Wissens(VER)stands. Unsinnig jedenfalls erscheint eine Selbstbezeichnung als "Venedi" für die Slawen selbst, die aus ihren weitreichenden Stammsitzen rund um den Pripjet nach West und Südwest aufbrachen. Viel mehr bezeichnet der Veneto bis heute zu gut, dass man, obzwar romanisiert-sprachig hier noch um 500 und auch um 2000 eine ungebrochene Volksidentität besaß und besitzt.
Um die röm. Namenszusammfassung der Keltenstämme (zw. Bodensee und Inn) zu den (so eingedeutschten)
Windelikern ist mir doppelt (hier und überhaupt) leid, will sagen, dass sie mit dem Hereinbrechen der "Allemannen" und "Bayuwaren" das zeitliche völlig segneten. Sie wurden tatsächlich vor Ort verdrängt. Aber immerhin: mit Vindobona (Vindomina) oder Ratisbona (Teilvolk Rätier) und nicht zuletzt IHRER hauptstadt Augusta Vindelicum haben sich knapp nördl. der Alpen die ersten,
wind(el)ischen civilatorischen Namenszüge erhalten. Und die heute interessantesten Städte.
Womit ich dem lieben Martin zurufen darf: könnten durchaus Kelten gewest sein, die den Win- od. Wimberg derart oppidumisierten, dass in ihnen aller Ursprung zu finden sein könnte. (... aber zurück -vermutlich- zur Speculatio über die Schriftlosen)