Hallo,
darf ich daran erinnern, dass wir hier im Bereich
Hochkulturen Mesopotamiens befinden?
Ich meine, wenn jemand was zu den Türken sucht, wird er sicher im Bereich "Osmanisches Reich" schauen und nicht hierein.
Z.B. in den Thread "
Ethnogenese der Türken". Lasst uns doch bitte dort weiterdiskutieren. Nicht immer diese doppelten Threads...
Ich finde es sowieso ein bischen verwunderlich, dass wir hier solch eine Theorie der Sumerer-"Türken" so lange beleuchten. Bei anderen abstrusen "Theorien" wird doch auch nicht intensiv auf alle möglichen Facetten eingegangen? Stellt euch nur mal einen peruanischen "Wissenschaftler" vor, der Däniken-mäßigen Schwachsinn verbreitet, würden wir dann eine solche Diskussion wie hier führen? Nein? Warum denn bei den Türken?
Ich bin dafür, den Thread zu schließen, denn zu den Sumerern als Nachkommen der Türken wurde schon alles gesagt.
dazu abschließend ein Zitat, um diese Theorie in ihren
historischen Kontext zu stellen:
Udo Steinbach, Die Türkei im 20. Jahrhundert. Bergisch-Gladbach 1996.
"Für den islamischen Vielvölkerstaat der Osmanen hatten "türkische" Truppen jahrhundertelang an vielen Fronten Krieg geführt. Immer mehr waren sie damit überfordert gewesen. Der Laizismus war aber auch eine Absage an die Visionen jener Träumer wie Enver Pascha, die auf den Ruinen des osmanischen Vielvölkerstaates das Großreich der Türken zwischen Bosporus und Zentralasien zu errichten gedachten. Die Türken würden des Türken einziger Freund sein - wie ein türkisches Sprichwort sagt -, nachdem sie von ihren nichttürkischen Untertanen so schnöde verlassen worden waren. Davon hielt Atatürk nichts. Für ihn waren Anatolien und sein europäisches Vorland der geographische und politische Raum, in dem die Türken ihren neuen Staat aufbauen würden. Atatürk war kein Mann für abenteuerliche Visionen. Er stand realistisch auf dem - anatolischen - Boden.
»Ne mutlu Türküm diyene - Wie erhaben ist es zu sagen: Ich bin ein Türke« - dieses Zitat schmückt landauf, landab die türkischen
Städte, ja die Landschaften, wie der Reisende in Anatolien nicht selten beobachten kann. Es bringt die Selbstversicherung der Türken
[als Staatsbürger] zum Ausdruck. Damit hoben sie ihr Haupt und reklamierten ihren Platz in der internationalen Gemeinschaft. Aus dem von Europa herumgeschubsten und entwürdigten »kranken Mann am Bosporus« war eine Nation geworden, die sich mit den europäischen
Nationen auf eine Stufe zu stellen beanspruchte. Politik sollte sich ausschließlich am nationalen Interesse der Türken orientieren. Sie würden sich um ihr eigenes Wohl kümmern, sich nicht mehr durch religiöse Visionen oder fremde Interessen verführen lassen. »Friede daheim, Friede in der Welt« wurde der außenpolitische Leitsatz, dem die Türkei künftig verpflichtet sein sollte.
So ganz sicher schien sich freilich der Staatsgründer seiner Sache nicht zu sein. Nicht nur, weil der nationale Gedanke vor dem
Hintergrund der islamischen Geschichte einer breiten Öffentlichkeit, die noch jahrzehntelang weiter in islamischen Traditionen ver
harrte, schwer zu vermitteln war. Auch der Blick auf die anatolische Geschichte, in der sich viele Kulturen abgelöst hatten, ließ Zweifel nicht unberechtigt erscheinen, daß Anatolien tatsächlich die Nationalheimat der Türken war.
So wurde eine Geschichtsideologie geschaffen, die den Anspruch der Türken auf Anatolien begründen sollte. 1931 wurde die Gesellschaft zum Studium der Türkischen Geschichte (Türk Tarihi Tetkik Cemiyeti, später Türk Tarih Kurumu) ins Leben gerufen. Die Vorgeschichtsforschung hatte gerade in jenen Jahren auf antolischem Boden bedeutende Fortschritte gemacht. Auch die Türkische Geschichtskommission beteiligte sich nun an Grabungen und stieß in Alaca Hüyük auf aufsehenerregende Funde aus der Frühzeit der Hetiter. Diese Entdeckungen, nicht allzuweit von Ankara, regten die historische Phantasie zu kühnen Höhenflügen an. Gelang es, eine Verwandtschaft zwischen Türken und den Trägern jener alten Kulturen nachzuweisen, so waren die Türken auf anatolischem Boden nicht späte Einwanderer und Erben einer alten Kultur, sondern vielmehr Autochthone, anatolischem Boden entsprossen. Mit Hilfe einer oberflächlichen Etymologie nahm man aber auch die
sumerische Kultur in Mesopotamien, ja sogar die ägyptische, griechische, etruskische und keltische als Gründungen türkischer Volksgruppen an, die durch die Austrocknung der innerasiatischen Steppengebiete zu Wanderungen nach allen Randländern, nach China, nach Indien und nach dem Westen gezwungen gewesen sein sollten.
Gab es eine bessere Möglichkeit, das durch die Verwestlichung unsicher gewordene Selbstgefühl wiederherzustellen? Holte man nicht nur zurück, was einst aus türkischer Wurzel erwachsen war?
Diese »türkische Geschichtstheorie«, die 1932 zum ersten Mal verkündet wurde, hat sich jedoch nicht lange gehalten und mußte schnell revidiert werden. Für einen Augenblick aber wurde sie - sogar vom Staatsgründer selbst - propagiert. Der kulturelle "Turanismus" (Pantürkisimus) ersetzte den politischen, den man rechtzeitig
beiseite gelegt hatte, weil man spürte, daß dieser nicht zu verwirklichen wäre. "
Ciao und LG, lynxxx