Dieter
Premiummitglied
Ich kann mir gut vorstellen, dass ein großer Teil der ostdeutschen Bevölkerung slawischen Ursprunges ist. Nach der Unterwerfung und christinanisierung der slawischen Stämme sind diese Menschen ja nicht alle verschwunden ...
Das ist sicherlich richtig, doch ist zu berücksichtigen, dass die Gebiete jenseits von Elbe und Saale sehr dünn besiedelt waren. Der Siedlungsverlauf entwickelte sich wie folgt:
Während der Völkerwanderung gaben die Germanenstämme jenseits der Elbe-Saale-Linie ihre Sitze auf und zogen nach West- und Südeuropa (z.B. Vandalen, Burgunder, Sweben, Rugier usw.). In die verlassenen Gebiete rückten allmählich Slawen nach, doch blieb der Raum nur dünn besetzt.
Im 10. Jh. setzte dann unter den Ottonen eine Expansion nach Osten ein und es wurden unter anderem die Bistümer Havelberg, Brandenburg, Ratzeburg, Zeitz, Meißen sowie das Erzbistum Magdeburg gegründet. Dieser Zustand war jedoch nur von kurzer Dauer, denn nach dem großen Slawenaufstand von 983 ging das zwischen Elbe und Oder eroberte Gebiet wieder verloren, sodass die Elbe-Saale-Linie erneut politische und ethnische Grenze wurde.
Erst seit dem 12. Jh. begann dann die Hauptphase der deutschen Ostsiedlung, die sich im übrigen relativ friedlich vollzog. Hier wird oft übersehen, dass auch slawische Fürsten und adlige Grundherren ein großes Interesse an der Urbarmachung ihrer öden Gebiete hatten und Siedler aus dem Westen ins Land riefen. Ihrem Ruf folgten vor allem Sachsen, Friesen, Flamen und Kolonisten vom Niederrhein, die ihr Glück im Osten versuchen wollten.
Hinzu kommt, dass sowohl slawische als auch deutsche Fürsten mit lukrativen Angeboten lockten: Sie sicherten den neuen Siedlern persönliche Freiheit, vererbbares Land und geringe Abgaben zu - Bedingungen, die die Bauern im "Altsiedelland" nicht gekannt hatten! Auf jeden Fall war das für viele sehr attraktiv, sodass sie das Risiko eines Neuanfangs, die Strapazen einer langen Reise und die schwere Rodungsarbeit in Kauf nahmen. Dadurch entstand im Osten eine sehr milde Form der Grundherrschaft, da die neuen Siedler eine gute Rechtsstellung besaßen.
Sichtbar wird, dass der in den Osten einwandernde deutsche Adel nach einer gewisen Zeit mit dem einheimischen slawischen Adel verschmolz. In Pommern und Mecklenburg stiegen die slawischen Fürsten sogar zu Reichsfürsten auf und erlangten für ihre Länder die Landesherrschaft. Es ist interessant anhand der Stammbäume zu beobachten, wie lange sich noch slawischen Fürstennamen einheimischer Dynastien erhielten, bis sie schließlich zu irgendeinem Zeitpunkt deutschen Namen wichen.
In Pommern erhielten sich die Namen "Wartislaw" und "Bogislaw" sogar bis zum Aussterben des slawischen Fürstengeschlechts der "Greifen" und noch der letzte seines Stammes, mit dem das Fürstenhaus 1637 erlosch, hieß Herzog Bogislaw XIV.