Inzwischen sind wir also beim Bryce-Report angekommen.
Wenn Du Dich darüber ernsthaft informieren willst, hier der letzte Stand:
Horne/Kramer, Deutsche Kriegsgreuel 1914.
Was soll denn nun der letzte Beitrag eigentlich sagen? Mir ist das nicht ganz klar:
1. das es keine Kriegsverbrechen in Belgien gab?
2. das es einzelne behauptete Kriegsverbrechen in Belgien nicht gab?
Möglichkeit 2 ist für die Beurteilung der Vorgänge irrelevant.
Möglichkeit 1 wäre bedenklich, damit würden nämlich Kriegsverbrechen geleugnet.
Zum deutschen Weißbuch als Antwort: Zum einen wurden darin einige der größten Massaker unterschlagen und ausselektiert, obwohl in den deutschen Akten Aussagen darüber enthalten waren. Zum anderen ging es weniger um die Widerlegung des Bryce-Report, sondern um den völkerrechtswidrigen Krieg belgischer Zivilisten - man könnte das also ausdrücken: um eine Rechtfertigung der Massaker. Spannend daran ist, dass die Franktireur-Psychose der deutschen Truppen und die Verbindung zu Massakern inzwischen nicht ernsthaft bestritten wird.
Schließlich ist unergründlich, was der angebliche Wahrheitsgehalt des einen Reports (1915) mit dem des anderen (1918) zu tun haben soll. Vielleicht hast Du das oben überlesen: ein großer Bestandteil des Blue Book sind erbeutete und inzwischen verifizierte deutsche Dokumente.
Die Spekulationen über den Bryce-Report kannst Du unterlassen, zur Entstehungsgeschichte und zur Zielsetzung: zB Horne/Kramer, Resümee S. 349. (hier ebenso Abgleich mit den unveröffentlichen Dokumente der Nachkriegsuntersuchungen, zu nachgewiesenen Fehlern und im Vergleich zu den beiden belgischen Kommissionsberichten, die nach dem Krieg herausgegeben worden sind). Der Wiki-Artikel sieht ausgewogen aus, ist es aber nicht und deswegen Müll. Die kritischen Äußerungen sind sämtlich aus Ponsonby, Arthur. Falsehood in War-Time. (New Tork: E. P. Duntton & Co., Inc., 1928) übernommen. Der Querverweis auf Horne/Kramer im Abschnitt "Folgen" ist eine falsche, tendenziöse Wiedergabe.
Zu der Propagandaschrift von Ponsonby gibt es eine Würdigung bei Horne/Kramer: "... erkannte nicht die Beziehung zwischen alliierten Mythen und den komplexen Ereignissen der Invasion selbst. Er ignorierte den Franktireur-Mythenkomplex und damit auch die daraus resultierenden deutschen "Vergeltungsmaßnahmen". ... Das ERgebnis war eine Erörterung von Greuelgeschichten ohne Bezug zu den Streitfragen und Kriegsmentalitäten, denen sie ihre Bedeutung verdankten. ... In Großbritannien ... war der Vorwurf, die deutschen Greuel seien nichts als deutsche Propaganda, Teil einer Kampangne zur Revision der Verantwortlichkeitsklauseln des Versailler Vertrages und zum Abbau kriegerischer Mentalitäten." (dort S. 542). Die Schrift hält wissenschaftlichen Ansprüchen nicht stand, ist aber bei wiki Basis der Kritik.