Christine Worobec (DeKalb/IL) stellte in ihrem Vortrag „Late Witchcraft Trials in Ninetheenth Century Russia“ ihre aktuellen Forschungsergebnisse für die Zeitspanne zwischen 1775 und den 1850er Jahren vor. Obwohl das „Provincial Administrative Statute“ von 1775 die Anwendung der Hexerei als Resultat von „stupidity, ignorance, and fraud“ ansah sowie die Vorstellung verneinte, dass Hexerei eine Realität sei, welche die Gesundheit und das Leben von Menschen nachteilig beeinflussen könnte, und das Statut somit den Prozess der Dekriminalisierung von Zauberei und Hexerei einleitete, blieben dennoch der Glauben an Hexerei in allen sozialen Schichten und die Widersprüche im russischen Recht bestehen. Die Rolle der Orthodoxen Kirche bei der Bestrafung von Hexen und Zauberern und die kirchliche Sichtweise, die die Hexerei potentiell bejahte, halfen der Aufrechterhaltung älterer Hexereivorstellungen und unterstützten den vorherrschenden Glauben im Volk. Erst die Intervention der Medizin mit der Diagnose von Krankheiten wie Hysterie und Melancholie überzeugte die Richter und säkularen Autoritäten nach und nach, dass Hexerei nicht möglich sei. Dennoch blieb auch nach 1853 Hexerei ein Delikt in den Gesetzbüchern, und das juristische System des imperialen Russlands folgte der Austreibung von Hexenglauben und Zauberei nicht. Vielmehr entstand ein Keil zwischen den Bauern, die ihren Glauben an Hexerei und Zauberei beibehielten, sowie der Orthodoxen Kirche auf der einen Seite und einer gebildeten Schicht auf der anderen Seite, die sich mit der Zeit vom Hexenglauben distanzierte.