Es scheint ja so, dass die Germanen die eroberten römischen Siedlungen und Gehöfte mieden, wie der Teufel das Weihwasser. Anstatt die im Vergleich überlegenen und komfortableren Steinhäuser zu beziehen, baute man weiterhin seine Lang- und Fachwerkhäuser. Die Bauten der Römer wurden höchstens als Steinbrüche oder als Fundament genutzt
Ich kann dir zu diesem Thema ein sehr informatives Buch empfehlen, das nicht nur das zivile und militärische Leben im römischen Rheinland darstellt, sondern in einem über 300 Seiten starken Abschnitt nahezu alle Ausgrabungen und archäologischen Denkmäler sowie deren nachrömisches Schicksal unter Einbezug von Grund- und Aufrissen, Rekonstruktionszeichnungen und aktuellen Fotos zeigt:
Die Römer in Nordrhein-Westfalen, hrsg. v. Heinz Günter Horn mit zahlreichen fachwissenschaftlichen Beiträgen, Stuttgart 1987, 693 Seiten, Konrad Theiss Verlag, Stuttgart
Wie du bereits festgestellt hast, mieden die Germanen die steinernen Überreste der Römer. Am Kölner Beispiel lässt sich das gut feststellen, wo sich die Germanen außerhalb des römischen Stadtkerns ansiedelten und dort ihre bescheidenen Fachwerk- bzw. Holzhäuser errichteten. Lediglich der Bischof hielt die Stellung im Stadtinnern! Mit zunehmendem Verfall der römischen Bausubstanz drangen die germanischen Siedler allmählich ins Stadtinnere vor, wobei man sich einen Zeitraum denken muss, der sich über mehrere Jahrhunderte oder zumindest eine lange Zeit hinzog.
Das Schicksal der römischen Gutshöfe (
villae rusticae) hat mich stets genauso so fasziniert wie dich. Der Aspekt der Kontinuität wird ja seit jeher vehement und auch kontrovers diskutiert.
Tatsache ist, dass zahlreiche römische Gutshäuser bereits im 4. Jahrhundert aufgegeben wurden, als es zu fränkischen Vorstößen und Plünderungszügen kam. Bei einem Gutshof in Euskirchen-Kreuzweingarten heißt es z.B.:
"Die Zeitstellung einzelner Baukörper ist nicht mehr zu ermitteln. Die Münzen reichen von Trajan bis Konstantin, doch ist denkbar, dass die Villa von Kreuzweingarten bis in die Mitte des 4. Jh. bestand."
Beim römischen Gutshof Blankenheim-Hülchrath heißt es:
"... In dieser Form bestand das Gebäude bis in das 4. Jh. Das Ende des Herrenhauses kündigte sich an. Die Heizungsanlagen verfieln und die Türen und Fenster wurden teilweise vermauert. Offensichtlich nutzte man zu dem Zeitpunkt das Herrenhaus nicht mehr zu Wohnzwecken. Der Münzspiegel, der mit mehreren Exemplaren des Magnentius (351/353) abbricht, zeigt, dass das Gebäude kurz nach der Mitte des 4. Jh. aufgelassen wurde. Der Grund für die Aufgabe mag in den Ereignissen von 355/356 [verheerender Einbruch der Franken] zu sehen sein. Allerdings gibt es keine Hinweise für eine gewaltsame Zerstörung.
Viele andere Beispiele zeigen ähnliche Schicksale römischer Gutshöfe im Rheinland. Wo sie den Abzug der Römer überdauerten, verfielen sie oder wurden gelegentlich als Steinbruch genutzt.
Warum nur ist ein oller Germane nicht gekommen und hat es sich in einer luxuriösen
villa rustica so richtig gemütlich gemacht? Diese Frage habe ich mir oft gestellt. - Ist nach allem, was wir wissen, aber nicht vorgekommen. Anscheinen waren den Germanen die toten Steinhäuser und fremden Innereien der Villen allzu fremd oder gar unheimlich. Anders kann man sich das nicht vorstellen, jedenfalls bin ich im Verlauf meiner Recherchen über römische Kontinuitäten zu diesem Schluss gelangt.