Da sollte man sich die Frage stellen, wie viel Einfluss die USA überhaupt auf die Neuaufteilung hatten. Abgesehen davon, das Italien nach dem WK I. zu den Siegermächten, Österreich zu den Verlierern und zumindest aus damaliger Sicht auch zu den Kriegsschuldigen gehörte, zogen sich die USA ja bald wieder in ihre angestammte Politik nach der Monroe-Doktrin zurück: Amerika hat nichts in Europas zu schaffen, Europa hat nichts in Amerika zu schaffen. Und Wilson, der ja eigentlich auch ein Verfechter dieser Doktrin war, konnte sich weder nach Innen noch nach Außen gegenüber seinen Kriegsalliierten (insbesondere Frankreich) wirklich durchsetzen.
Speziell zu Belgien: m.E. eine anachronistische Argumentation. Der wallonisch-flämische Konflikt ist meines Wissens relativ jung. Die sprachlichen Unterschiede spielten in der Vergangenheit eine eher untergeordnete bis marginale Rolle. Die Konfession war bei der belgischen Staatsgründung viel tragender. Es war doch gerade die Wahl der Belgier gewesen, sich aufgrund ihres katholischen Bekenntnisses von den protestantisch dominierten Niederlanden zu lösen.
Zu Wilson:
Wenn er so revolutionär auftritt, dann hätte er es auch durchsetzen sollen. Seine Heere hatten doch den Sieg gebracht, Frankreich und England waren doch ausgeblutet. Das er nicht in der Lage war, seine Pläne umzusetzen, kann seine mangelnde Durchsetzungsfähigkeit zeigen. Es kann aber auch bedeuten, dass ihm diese Ziele nur als Propagandazweck dienten und er andere, wirtschaftliche 'Interessen hatte.
Spielte wohl schon vorher eine Rolle, es wäre ja auch verwunderlich, wenn sich ein Nationalitätenkonflikt erst heute herausbilden würde. Es tut ja auch nichts groß zur Sache, es ist einfach nur ein Fakt, dass ein Belgien, dass ja auch Gebietsgewinne machte, alles andere als ein homogener Staat war. Und das Habsburger-Reich war ja auch durch die Klammer des katholischen Glaubens lange zusammengehalten worden.
"Die Herabstufung der niederländischen wurde von den gebildeten und führenden Kreisen nicht als Problem empfunden, sprachen doch die gebildeten Bevölkerungsschichten in ganz Belgien französisch. Erst langsam entstand eine „
Flämische Bewegung“ (ndl.
Vlaamse Beweging), die sich gegen die Unterdrückung ihrer Sprache wehrte, zuerst in den Kreisen gebildeter Kleinbürger. Ende des 19. Jahrhunderts trat die Bewegung aus dem Schatten des reinen Kulturbetriebs und Politiker verschiedener Parteien fingen an, die Lage ihrer niederländischen Sprache zu definieren und auszubessern. Ein Meilenstein war die Einrichtung des zweisprachigen Unterrichts in Flandern auf dem Niveau der
Sekundarstufe (Französisch und Niederländisch).
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts entstand als Gegenreaktion die „Wallonische Bewegung“. Der Name ist irreführend, da die Bewegung zuerst in
Flandern in Kreisen der französischen Bildungsbürger entstand. Sie wollten die Stellung ihrer französischen Sprache in Verwaltung und Unterricht verteidigen, gegen die drohende verpflichtete Zweisprachigkeit in Flandern. Auch die Erweiterung des Wahlrechts beschleunigte die Entstehung einer wallonischen Bewegung. In der Wallonie befürchteten die führenden Kreise eine Beherrschung durch die zahlenmäßig überlegenen Flamen: Das agrarische Flandern war weitgehend konservativ-katholisch, die von der Schwerindustrie geprägte Wallonie hatte eine antiklerikale Tradition, die im 20. Jahrhundert stark sozialistisch geprägt war. Der flämisch-wallonische Konflikt, der auf den ersten Blick „nur“ mit Sprache zu tun hatte, war in Wahrheit auch ein sozialer Konflikt, verbunden mit der Besetzung von Arbeitsstellen und Machtausübung.
Der
Erste Weltkrieg beschleunigte den Konflikt. Zahlreiche Flamen kämpften im Stellungskrieg in Westflandern gegen die kaiserliche deutsche Reichsarmee. Sie erlebten, wie ihre nur französisch sprechenden Offiziere ihre Sprache missachteten. Der Sprachenkonflikt stellte sich hier insofern auch als soziale Kluft dar. Die Flämische Bewegung entwickelte den Mythos, dass viele einfache flämische Soldaten in den Schützengräben wegen Verständigungsschwierigkeiten mit ihren französisch sprechenden Befehlshabern sterben mussten. Viele Flamen arbeiteten im besetzten Teil Belgiens mit der reichsdeutschen Besatzungsmacht zusammen. Diese „Aktivisten“ wurden nach dem Krieg von der französisch sprechenden belgischen Obrigkeit streng bestraft. Auch dadurch wurde nach dem Krieg die flämische Bewegung stark politisiert."
aus Wikipedia