über die Herkunft der Slawen sowie seit wann es sie gibt, hadern doch die Gelehrten... und was die "Ausbreitung" betrifft, so war da vermutlich die avarische Expansion doppelt beteiligt: die dominierten nicht nur slawische Gruppen, sondern schoben auch welche vor sich her; und zuletzt kann man auch annehmen, dass es vielerorts im Osten (grob gesagt) im Frühmittelalter attraktiv war, Slawe zu werden.
(evtl. waren slaw. Gruppen auch gar nicht so erpicht darauf, sich im byz. Reich derart zu integrieren, wie es etwa die Burgunden im späten weström. Reich taten)
Die Ausbreitung der
Südlawen und auch die der
Westslawen hat gut nachvollziehbare demografische Gründe, da sie sowohl auf dem Balkan als auch in Mitteleuropa in ein Vakuum hineinstießen. Auf welche Weise das geschah, lässt sich anhand zahlreicher Quellen und archäologischer Funde gut verfolgen.
Nach der Auflösung Westroms, den Wirren der Völkerwanderung, mehreren Vorstößen der Hunnen und Awaren sowie weiteren Kriegen und Krisen waren große Gebiete des Balkans und Griechenlands
entvölkert. In diesen Raum wanderten seit dem 6./7. Jh. allmählich Slawen ein, deren Vordringen auch byzantinische Feldherren und Kaiser nicht aufhalten konnten. So drangen z.B. 577/78 nach antiken Berichten 100 000 (?) Slawen in Hellas ein und verwüsteten das Land. Nach einem Zeugnis des syrischen Kirchenhistorikers Johannes von Ephesos ließen sie sich nieder, erwarben reichen Besitz und lernten Krieg zu führen. 581 wurde Konstantinopel erneut belagert und auch in den folgenden Jahren hatte Griechenland unter ständigen Raubzügen zu leiden.
Die Bevölkerung des Balkans und besonders auch die Griechenlands war im 6. Jh. und der folgenden Zeit stark dezimiert, was erklärt, warum Slawen in großer Zahl das Land besetzen und dort siedeln konnten. In der folgenden Zeit breiteten sich Slawen über den ganzen Balkan, Griechenland und die Peloponnes aus. Mitte des 8. Jh. entvölkerte zudem eine Pestepidemie weite Landstriche, die nunmehr ebenfalls neu besiedelt wurden. Damit wuchs der slawische Einfluss weiter gegenüber der altansässigen romanisierten Bevölkerung des Balkans und dem geschwächten griechischen Bevölkerungsanteil, der vor allem in den Städten lebte.
Diese Situation veranlasste im 19. Jh. den Historiker Jakob Philipp Fallmerayer zu seiner heftig umstrittenen These, bei den modernen Griechen handele es sich um "hellenisierte Slawen". Diese These wiesen jedoch Byzantinisten und Slawisten als unhaltbar zurück.
Bei der Einwanderung der Südslawen auf den Balkan gab es noch eine romanisierte illyrische und thrakische Restbevölkerung, die von den Slawen restlos assimiliert wurde. Bei der Ethnogenese der südlawischen Völker kam es somit zu einer Verschmelzung mit der altansässigen Bevölkerung, wobei das slawische Element dominierte.
Anders sah das bei den Slawen aus, die nach Griechenland expandiert waren. Im Laufe des 9.-11. Jh. wurden die Slawen von der überlegenen griechischen Kultur hellenisiert und die Annahme des orthodoxen Christentums sowie die kulturelle Assimilation führten zur restlosen Integration im Raum des heutigen Griechenland. Wie das Verhältnis des ursprünglichen slawischen Bevölkerungsteils zur originären griechischen Bevölkerung aussah ist umstritten. Vielfach wird ein Verhältnis von etwa 50 : 50 angenommen. Andere Ethnien wie z.B. die Albaner oder Aromunen spielen dagegen in Griechenland nur eine untergeordnete Rolle und scheinen sich mit der griechischen Bevölkerung auch wenig vermischt zu haben. Das zeigen einstige und z.T. noch heute bestehende aromunische und albanische Sprachinseln.Ebenfalls keine Vermischung gab es später mit den muslimischen Türken, die als eigenständige ethnische Einheit von rund 500 000 Menschen bis zur Aussiedlung im 20. Jh. existierten.
Was die Kroaten und Serben angeht, so kamen sie nicht als fertige Völker in ihre heutigen Sitze. Sie entwickelten sich aus den im 6./7. Jh. eingewanderten Südslawen, d.h. ihre Ethnogenese erfolgte erst auf dem Balkan. Im Zuge dieser Entwicklung assimilierten sie die romanisierte illyrische und thrakische Restbevölkerung, deren Sprache sich heute nur noch als Substrat im serbischen und kroatischen findet.
Eine andere Entwicklung nahm Bulgarien. Ende des 7. Jh. wanderten turkstämmige Protobulgaren in den Raum des heutigen Bulgarien und unterwarfen die dortige slawische Bevölkerung. Da die turkstämmigen Eroberer nur eine ganz dünne Oberschicht bildeten, verschmolzen sie schon bald mit der slawischen Mehrheitsbevölkerung und gaben ihre Sprache und Identität auf. Bereits im 9./10. Jh. findet sich von ihnen keine Spur mehr, sodass die Bulgaren zu einem slawischen Volk wurden, in dessen Sprache sich so gut wie keine türkischen Spuren mehr finden. Das deutet darauf hin, dass die türkischen Ereoberer nur eine äußerst kleine Elite gebildet haben. - Wie sehr Völker aus unterschiedlichen Ethnien entstanden, zeigt beispielhaft Bulgarien: Zunächst wurde die dort lebende thrakische Bevölkerung romanisiert, dann verschmolzen die Thraker mit den eindringenden Slawen, die ihrerseits die turkstämmigen Protobulgaren assimilierten.