ich finde die Quelle sehr beeindruckend. Für mich als Laie wird sogar offensichtlich, dass mit dem jetzigen ungarisch die hunnischen Worte einen Sinn ergeben.
Was wohl in erster Linie daran liegt, dass du dich von der hunnisch-magyarischen Kontinuität überzeugen lassen willst.
Aber hast du dich mal gefragt, woher Tóth die hunnischen Sprachtrümmer hat? Aus welcher Quelle?
Was bleibt mir anderes übrig, denn die Ausnahme ist nicht durch phonetische Regeln zu erklären. Eine Erklärung sähe ich z.B. darin, dass der Name zwar aus dem Osten stammt, die Schreibweise hingegen von den schreibwütigen Germanen übernommen worden war. Ein bisschen Ping Pong also..
Noch mal: Der Name ist im Griechischen und Lateinischen belegt. Und du hast immer noch nicht wirklich erklärt warum der Name nicht entsprechend den phonetischen Regeln des Ungarischen ausgesprochen wird.
Das mit der “Legitimation” find ich ganz gut - einigermaßen einleuchtend, wobei das Königreich bereits seit zwei Jahrhunderten durch den Papst legitimiert war, was auch von Otto III. unterstützt wurde.
Darum geht es bei solchen Texten aber gar nicht. Trier war auch eine zeitlang so etwas wie die Hauptstadt des Römischen Reiches und einer der wichtigsten Bischofssitze im HRR. Trotzdem befand man es für notwendig einen König Trebetas zu erfinden, der die Stadt lange vor Rom gegründet habe. Es geht immer wieder darum ein hohes Alter für sich selbst vorzuweisen, denn ein hohes Alter – bzw. eine lange Tradition – generieren Prestige und auch Rechte. Vor allem war es viel attraktiver ein eigenes, selbsterworbenes Herrschaftsrecht zu haben, als eines, welches einem gnädig angetragen worden war, denn letzteres konnte man auch wieder verlieren. Dekumatland hat's jedenfalls verstanden:
Bzgl. der Ungarn: ist es nicht gelegentlich so, dass man nach einer Landnahme Traditionen zusammenschustert (primordiale Tat, Anschluß an ältere Traditionen usw.)? Die pannonische Tiefebene war bis zur Ankunft der Ungarn durchaus ein Sammelbecken (Gepiden, Goten, Hunnen, Awaren usw.) - dass sich die mittelalterlichen Ungarn dann die prominenteste, mächtigste Herkunft andichteten, erscheint mir ganz den Regeln solcher Traditionserfindungen zu folgen -- und sagt nichts über den Namen Attila.
Was meint ihr, warum die Franken sich eine trojanische Herkunft andichten ließen?
Weil die Trojaner älter als die Römer waren (schließlich waren sie laut Vergil (
Aenaeis) deren Vorfahren).
Etwas skeptisch bin ich auch gegenüber der eigenen Trennung der Hunnen von den Ungarn durch die jüngste ung. Geschichtsschreibung. Erscheint mir zu radikal und auch die neuerdings sorgfältig gezogene Linie zwischen altaischen und uralischen Sprachen - fast ein bisschen ein sich abgrenzen Wollen... Aber das ist eine andere, sensible Geschichte.
Die Trennung der altaischen und der uralischen Sprachen wird von Sprachwissenschaftlern gezogen, nicht von Ideologen.
Namen haben ja eine Funktion. Zunächst einmal, dass wir jemanden ansprechen können, über ein "hey du" hinaus. Namen können aber auch sprechend sein, das ist uns ein wenig verloren gegangen. Sie sollen aber vor allem ein Alleinstellungsmerkmal sein. Wenn man aber nun annimmt, dass Attila nach dem Gebiet, aus dem er kam benannt wurde, dann wäre das ziemlich dämlich, weil so ziemlich sein ganzes näheres Umfeld aus diesem Gebiet gekommen wäre. Das macht es ziemlich schwierig mit dem Alleinstellungsmerkmal.
Na ja, so dämlich wär’s eigentlich nicht, falls den Namen nur Adlige tragen durften.
Wie viele Hypothesen soll man eigentlich aufeinandertürmen?
Trotzdem wollen alle Atti und lassen Chopin den Polen...
Eigentlich beanspruchen Attila nur einige Ungarn und einige Türken, die dann unter allen möglichen Verbiegungen versuchen dem Namen als ungarisch oder türkisch hinzustellen, teilweise unter dem gegenseitigen Zugeständnis, dass türkisch und ungarisch verwandte Sprachen seien – was zwar nicht stimmt, aber dann auch nichts mehr macht.
Hat aber mit Attila nur insofern zu tun, dass es dem Namen die zum “tz”-Basteln so wichtige zwei “t” in Frage stellt, bzw. sie als ‘Einlateinisierung’ entlarven könnte.
Nun ist der Name aber nun mal griechisch und lateinisch genau so und nicht anders überliefert. Das ist der historische Befund, mit dem die Historiker und Sprachhistoriker zu arbeiten haben. Quellen sind kein Wunschkonzert.
Auf den hier diskutierten Sachverhalt trifft das kaum zu. Die türkische Hypothese in bezug auf die Herkunft der hunnischen Sprache ist auch bei seriösen Sprachwissenschaftlern und Historikern verbreitet.
Eben.
Hypothese. Diese
Hypothese (Annahme) wird aber vielfach behandelt, als handele es sich um eine wissenschaftlich anerkannte
Theorie (Lehre).
Die große Zahl türkischer Lehnwörter im Ungarischen ist nicht verwunderlich. Immerhin waren die Ungarn auf ihrer Wanderung vom südlichen Ural ins Karpatenbecken längere Zeit Nachbarn und teilweise Unterworfene turkstämmiger Nomadenvölker, von denen sie bis zu 400 Lehnwörter übernahmen. Weitere kommen aus nach Ungarn eingewanderten Gruppen von Petschenegen und Kumanen hinzu.
Wir sollten dabei nicht vergessen, dass Teile Ungarns im 16. und 17. Jhdt. unter osmanischer Herrschaft standen bzw. eine Grenze zwischen dem Osmanischen Reich und Ungarn bestand. Es ist ja nicht so, als hätte es in der Neuzeit keinen Sprachkontakt gegeben.
Gut, wenn ich den Wortschatz eines heutigen einfachen New Yorkers anschaue, der mit einem Wortschatz von 500 Wörtern durchs Leben geht, sind das doch eine Menge, um sie einfach nur als “Lehnwörter” zu klassifizieren.
Ich frage mich, wie du auf diese Zahl kommst. Du wirst allein den Gebrauchswortschatz je nach Sprache etwa um den Faktor 5 - 10 multiplizieren müssen. Nun heißt Dieters Zahl von 400 Turkizismen im Ungarischen aber nicht, dass diese alle zum Gebrauchswortschatz gehören. Im Spanischen gibt es z.B. ca. 1200 Arabismen und Derivate. Man rechnet, dass das etwa 1 % des spanischen Gesamtwortschatzes sind. Von den 5000 gebräuchlichsten Wörtern des Spanischen, also des Gebrauchswortschatzes, sind 36 Arabismen, das macht 0,75 % aus. Trotzdem ist das Arabische damit immer noch die Sprache, die neben Latein das Spanische am meisten befruchtet hat.
Das Ungarische wird eine ganze Menge Worte – außer aus dem Türkischen – auch aus dem Slawischen und Deutschen übernommen haben, wie umgekehrt auch Worte aus dem Ungarischen in diese Sprachen eingangen sind bzw. sein dürften. Z.B. stammt das deutsche
Dolmetsch(
er) und das polnische
tłumacz aus dem Ungarischen. Oder Gulasch. Und selbst die
Paprika. (Wobei das Wort etymologisch mit dem
Pfeffer verwandt ist. Das deutsche Wort
Paprika ist eine Entlehnung aus dem Ungarischen, aber dabei ist das Wort viel älter. Während nämlich die Paprikapflanze (Taino
ají, Nahuatl
Chilli) erst im 16. Jahrhundert in Europa bekannt wurde, wurde der Pfeffer schon in der Antike aus Indien gehandelt, das Wort stammt im Übrigen aus einer dravidischen Sprache und wurde über das Griechische und Lateinische in die europäischen Sprachen entlehnt.)
Wäre schwierig. Andererseits nehm’ ich an – auch wenn ich diese Liste nicht kenne – , dass es sich um einfachste Wörter handelt, die mit Sicherheit nicht als zur frühen Neuzeit übernommen gelten können.
Lehnworte sind i.d.R. Substantive oder von Substantiven abgeleitete Verben oder Adjektive.
Beispiel:
Dolmetsch(
er) >
dolmetschen.
Nur als Frage: kennt jemand Alfréd Tóth und seine vergleichende Wörtersammlungen? Hab in einer seiner Publikationen sowas gefunden:
Auszug aus dem Vorwort:
Since I have stated here using linguistic, archaeological, historical and biological-genetic facts that the Rhaetians are not related with the Etruscans, but the Etruscans and the ancient inhabitants of Lemnos are related with the Hungarians, the Turks and the Sumerians, we may ask further if Etruscan is really, as asserted by Alinei (2003, 2005a), a form of Early Hungarian or if it belonged to another language closely related to Hungarian. This question is not superfluous, since I have recently proven that Hunnic was not - as generally assumed (e.g., Menges 1968, p. 17ss.) - a Turkic language, but a very close relative of Hungarian (Tóth 2007, forthcoming). Thus, in the following I will give a maximally complete Etruscan-Hungarian-Sumerian dictionary that comprises all up to now known Etruscan words. Further, I will base the word-list on my "Hungarian-Mesopotamian Dictionary" which does not only compare modern Hungarian forms with 3000 years old Etruscan and 5000 years old Sumerian forms, but also shows the proto-Ugric, proto-Finno-Ugric, proto-Uralic and proto-Altaic forms reconstructed by the adherents of the respective linguistic theories in order to bridge the time-gaps between the actually testified words.
Er listet (unter #29) das etrusk. Wort “atena”
und vergleicht (englisch):
Hung.: atya “father”, -na genitive suffix or plural marker?
Hunn.: atha, athai apa, apai, athama, athamai, törzsfönök,~i [‘Häuptling’], Athira Attila
PUr [Proto Uralic]: *atte “father, grandfather”
[…]
Hier die online Adr. der Publikation (PDF 460k):
http://mek.oszk.hu/05500/05524/05524.pdf
Find ich schon mal cool! :still:
Ich hab mir mal seine vergleichenden Wörtersammlungen angeschaut (Etruskisch-Ungarisch-Hunnisch-Sumerisch). Ein System, außer dass er auf wage phonetische Ähnlichkeiten achtet, ist da nicht zu erkennen, weder im morphologischen Bereich, noch im Bereich etwaiger Lautverschiebungen (Regeln!) oder gar im lexikalischen Bereich. Da wird eine Verwandtschaft zwischen dem lateinischen Wort für die Säulenhalle und dem Sumerischen Wort für Holz konstatiert. In den Irrungen und Wirrungen der Etymologie ist das zwar absolut nicht unmöglich, aber dazu bedarf es doch ein wenig mehr als der Erstellung einer Wortliste, zumal überhaupt nicht klar ist, woher die hunnischen Begriffe, die er so zahlreich auflistet, kommen (sollen). S.o.
Tóth mag ein guter Mathematiker sein und wohl auch in der Semiotik, als Teildisziplin der Linguistik ein Fachmann sein, was er dort im historiolinguistisch-etymologischen Bereich leistet ist doch schon vom Methodischen her eher anzuzweifeln. Einfach mal ein paar ähnlich klingende Worte nebeneinanderstellen und zu suggerieren, dass sie in einer Abhängigkeit zueinander stünden, reicht nicht.
Er befand es wohl auch deshalb für notwendig ein eigenes etymologisches Wörterbuch des Ungarischen zu verfassen, obwohl es ein Wissenschaftliches gibt.
Aber gut, Tóth ist sich ja auch nicht zu Schade aus dem Rätischen ein "Alpensemitisch" zu konstruieren...