Ich habe einen Verwandten, der als Feldwebel das RK bekam, ebenfalls nicht finden können.
Ein Nimbus umgibt den Halsorden, und es war nicht nur Günther Grass Figur Mahlke davon fasziniert.
Mit dem RK war eine Pension verbunden, und es gab die Verfügung dass ranghöhere Militärs, den "Ritter" zuerst zu grüßen hatten. Es gab Autogrammkarten für Ritterkreuzträger, die mit Fackelzügen gehrt wurden und in Schulen eingeladen wurden.
Mein Opa väterlicherseits wurde schon vor Beginn des Krieges im "Sudetenfeldzug" als Kradmelder Kriegsinvalide. wegen einer schweren Halsverletzung musste eine Kanüle im Kehlkopfbereich eingesetzt werden, die er zuhalten musste, um sprechen zu können. Er trug darüber einen weißen Schal, und amüsierte sich sehr darüber, dass alle Welt plötzlich die Knochen zusammenriss, Haltung annahm und in Habachtstellung verharrte, denn die manche Snobs unter den "Rittern" trugen Seidenschals oder Halstücher, die "das Bonbon", das "Halseisen" dezent verdeckten. Bei den U- Bootfahrern gab es ab, ich glaube 100.-150.000 BRT das RK. Manche konnten es gar nicht abwarten, das es wieder raus ging, und manche U-Bootbesatzung gim im wahrsten Sinne des Wortes zugrunde, manches Bataillion und manche Kompanie erlitten enorme Verluste, nur weil der Chef "Halsschmerzen" hatte, scharf war auf das RK.
Der Bruder meines Opas, ein kerniger hessischer Bauer bekam es weil er vor lauter Verzweiflung mit seinem Zug eine Anhöhe hinaufrannte, eine batterie eroberte und einige verduzte Russen gefangennahm. Die anderen waren schlauer, sahen ein, dass man es mit Wahnsinnigen zutun hatte, mit denen zu kämpfen wenig Sinn macht, wie schon Sun Tzu wusste. Er war in seinem Heimatdorf bis zu seinem Lebensende eine Legende. Ein Held aus dem Volk, der bei Feuerwehrfesten ab und an den Halsorden anlegte, ohne dass nach Ordensgesetz von Anno 1956(?) das Hakenkreuz verdeckt war. Seine Führerbüste nahmen die Amis als Kriegsbeute mit. Der Ersatz und die Orden waren im Misthaufen versteckt, das Tafelsilber zu verstecken, das schaffte Tante Kathrin nicht mehr, denn erst mussten die Nazidevotionalien weg, bevor der Mann am Ende noch gehängt wird.
Kinder Frauen, Fahrräder blieben ungeschändet, das Vieh blieb unangetastet, und die Amis zogen ein als Sieger mit offenen Händen, die Kindern Kaugummi und weiblichen Teens und Twens- Zigaretten und Nylons schenkten. Den Hof des Ritters betraten sie als grimmige Soldaten und verließen ihn selig wie beschenkte Kinder, mit Christbaumkugeln aus böhmischem Glas, auf denen Heil Hitler und ein Hakenkreuz standen und einigem anderem Nazikram.
Der Ritter verachtete alle Nazis, und das waren eigentlich alle, wenn sie ihre Vergangenheit verleugneten. Gerne machte er sich einen Spaß daraus. Zwei Finger der rechten Hand, ein Granatsplitter und andere Verwundungen waren der Tribut.
Für viele andere Ritterkreuzträger, vor allem Unteroffiziere war das RK ein zweifelhaftes Geschenk. Für jedes Himmelfahrtskommando, jedes riskante Unternehmen wurden sie ausgewählt, bzw. gedrängt, sich freiwillig zu melden, auf jeden verlorenen Posten wurden die "Ritter" abkommandiert. Bei Unteroffizieren und Frontoffizieren dachte man fast nie daran, dass es sich meist um zufällige Helden handelte, die- oft genug in verzweifelter Lage- Geistesgegenwart und Mut gezeigt hatten, die aber durchaus nicht viel mutiger, tapferer, nervenstärker und klüger, als andere Menschen waren. Viele Ritterkreuzträger und hochdekorierte Kriegshelden waren total traumatisierte Männer, die eigentlich psychologische Hilfe benötigt hätten, manche von ihnen schafften es nie so recht, im Nachkriegsdeutschland anzukommen. Viele verbrachten Jahre in Gefangenschaft und andere kamen nicht damit zurecht, dass Frieden war, dass alle Opfer, aller Mut, alle Opferbereitschaft umsonst waren, dass der Krieg verloren war und die Kriegshelden nichts mehr zählten, manche wurden wegen Kriegsverbrechen gesucht. Die Auszeichnungen, für die man so viel getan, soviel gelitten hatte, rissen einem die Sieger ab, man musste sie verstecken, konnte sie nicht öffentlich tragen, bei allen war etwas drauf, das abgefeilt werden musste. Bei einer öffentlichen Veranstaltung kam niemand auf die Idee, ob Veteranen anwesend sind, wie es in den USA üblich ist, egal ob WWII, Vietnam, Golfkrieg II- III, Afghanistanveteranen. Mit der Wiederbewaffnung fanden einige wieder in Bundeswehr oder NVA einen Job, für etliche aber gab es keine Verwendung mehr. Keiner zollte ihnen Anerkennung, Partnerinnen suchten sich andere, während die "Ritter" in gefangenschaft waren oder für vermisst erklärt wurden. Kinder waren herangewachsen, die ihren Vater nicht kennen gelernt hatten. Manche hatten außer dem Soldatenberuf keine andere Tätigkeit ausgeübt, kein Handwerk gelernt oder einen Abschluß gemacht. Als dann in den 50ern auch wieder Orden angelegt werden durften, hatten manche gar keine Lust mehr, denn mit Kriegshelden wie Otto Skorczeny, Hans Ulrich Rudel oder Sepp Dietrich wollte man nicht identifiziert werden und von Leuten wie Michael Kühnen, Christian Worch, Frank Renicke und Gottfried Küssel wollte man nicht als Held verehrt werden.
Ein Kriegskamerad meines Opas mütterlicherseits bekam als Fähnrich während des Frankreichfeldzuges das RK und wurde zum Leutnant befördert. In den Schlachten von Rschew von März 1942 bis März 1943 wurde die Kompanie mehrfach aufgefüllt und im "Fleischwolf von Reschew" verheizt. Mein Opa und dieser Mann waren die einzigen Überlebenden der Kompanie, und vom ganzen ´Regiment waren im April 1943 noch 16 Mann am leben. Mit viel Glück überlebte dieser RK- Träger etliche Schlamassel und den Rückzug durch die Pripjetsümpfe bis nach Ostpreußen. Dann sollte die Einheit mit der Wilhelm Gustloff evakuiert werden, doch diesem Schicksal entging die Einheit dieses mannes und schlug sich unter abenteuerlichen Bedingungen bis Kiel durch, wo sie von den Briten gefangen nommen wurden. Dann ging es in französische Gefangenschaft, in Untertagebau. mein Opa und ein Nachbar sprangen aus dem Zug ab, der "Ritter" das Ritterkreuz klauten die Briten, schuftete einige Jahre in Frankreich seit 1945 war er vermisst, als er aus der Gefangenschaft zurückkehrte, war alles anders. Den Arbeitgeber gab es nicht mehr, die Bundeswehr noch nicht. Seine Frau hatte sich einen anderen gesucht, von den Freunden und Kameraden waren die meisten tot oder verschollen. Das neue Deutschland brauchte ihn nicht, nicht mal die Auszeichnungen hatte man ihm gelassen.
Dieser Mann nahm sich das Leben, muss aber vor seinem Tod noch große Anstrengungen unternommen haben, sich auf dem Schwarzmarkt Ersatz zu beschaffen, denn bei seinem Tod trug er die beiden EKs das Infanteriesturmabzeichen und das RK.