So, hier mal etwas zum Aufsatz "Von einer Grenze umgeben? Zur Einheitlichkeit der Grenzziehung am hessischen Abschnitt des Limes" von Thomas Becker, erschienen in Ausbüttel, Frank (hrsg.), Die Römer im Rhein-Main-Gebiet, S. 194-209, Stuttgart 2012.
Leider kein schwer beeindruckender Aufsatz, da er nur einen Vorgriff auf angekündigte spätere Arbeiten darstellt und bis dato eher Einzelbeispiele aneinander reiht. Becker teilt seine Beobachtung in drei Teile.
1. Eigentlicher Limes. Becker zeigt mehrere Anomalien von den häufig als einheitlich aufgefassten Stadien - "Postenweg" - Palisade - Wallgraben auf. Eine davon, die altbekannten Trockenmauern am Taunuskamm, ergibt sich wohl aufgrund geologischer Gebenheiten. Er führt aber auch ein sechs Kilometer langes Limesstück bei Kemel an, wo offenbar nie ein Graben bestand, oder kleinere Abschnitte, an denen statt Palisade ein Flechtwerkzaun festgestellt wurde (gibt es auch am rätischen Limes).
2. Wachtürme. Der entscheidende Teil des Aufsatzes. Becker meint, geographisch unterschiedliche Turmstrukturen feststellen zu können.
Konkret benennt er dies an zwei Holzturmtypen mit einem jeweils unterschiedlichen Grundriss. Der erste davon wurde demnach an einem 40 Kilometer langen Stück zwischen den Kleinkastellen Becheln und Adolfseck gebaut. Der zweite davon tritt in sechs Fällen zwischen den Kastellen Zugmantel und Saalburg auf.
Für die Steinturmphase stellt Becker vier unterschiedliche Grundgrößentypen an bestimmten Limesabschnitten fest, ohne dies näher zu präzisieren:
1. Strecke: Holzhausen bis Saalburg
2. Strecke: Saalburg bis Ockstädter Wald (Kleinkastell bei Friedberg)
3. Strecke: Ockstädter Wald bis Kleinkastell Hainhaus (nördlich Arnsburg)
4. Strecke: Hainhaus bis Groß-Krotzenburg.
3. Kastelle: bei den Kleinkastellen identifiziert er einen größeren Typus (für 80 Mann) und einen kleineren (für 30 Mann), die sich wohl aufgrund strategischer Fragen bei der Positionierung ergäben). Die größeren Kastelle seien ohnehin nicht häufig und zu vielseitig, "die funktionelle Nutzung scheint ... gegen die Ausbildung von typologischen Mustern zu sprechen".
Nur an einer Textstelle legt er ein wenig offen, wie er sich die Erbauung des Limes im größeren Rahmen vorstellt: "Berücksichtigt man die aufgeführten Variationen bei den Holz- und Steintürmen am Limes, scheinen Unterschiede in der baulichen Gestaltung zwischen verschiedenen Abschnitten wahrscheinlich. Dies korrespondiert mit den Beobachtungen am Hadrianswall in Großbritannien, wo sich für die Wachttürme, aber auch für die Milecastles (Kleinkastelle) verschiedene Bauformen herausarbeiten und durch die dort vorhandenen Bauinschriften den drei an der Errichtung beteiligten Legionen legio II Augusta, legio VI Victrix und legio XX Valeria Victrix zuweisen lassen.
Der gesamte Limesbau hätte demnach in der Obhut der anwesenden Legionen gelegen, die jeweils bestimmte Abschnitte zugewiesen bekommen hätten, wie es am Hadrianswall gut beobachtet werden konnte.
Es gibt einiges, was dafür spricht - u.a. die Anlage einiger größerer, für Legions-Abteilungen (Vexillationen) geeigneter und offenbar nicht länger besetzter Lager wie in Heddernheim, Heldenbergen, Kesselstadt, Bad Nauheim-Goldstein und vielleicht auch Arnsburg. Andererseits ist die Theorie am Hadrianswall durch eine Vielzahl epigrafischer Funde gestützt, die am hessischen Limes in dieser Dichte fehlen. Die Anwesenheit der Mainzer 22. Legion ist allerdings im Umfeld der Kastelle Langenhain und Butzbach belegt.