WK-1: "Deutschland trug zweifellos große Schuld am Kriegsausbruch"

Russland hat aber klar gemacht, es werde keine Demütigung Serbiens akzeptieren. Daß ein Krieg gegen Serbien Krieg mit Russland bedeutet, war allen Beteiligten klar. Der britische Außenminister Grey fragte ja nicht umsonst am 29. Juli 1914 in Berlin an: "suggest any method by which the influence of the four Powers could be used together to prevent a war between Austria and Russia." Dieses wie alle anderen Vermittlungsangebote wurden deutscher- österreichischerseits abgelehnt. Weil man Krieg wollte.

Achso und wie sah es mit der Demütigung Österreich-Ungarns aus? Der Frieden hätte erhalten bleiben können, denn die serbische Regierung war schon bereit das Ultimatum zu akzeptieren; dann aber kamen die Russen entscheidend ins Spiel. Die Russen haben ja übrigens schon vor der serbischen Antwort mit der versteckten Mobilmachung begonnen. Und du solltest auch wissen, das Wilhelm II. nach Kenntnisnahme der serbischen Antwortnote, die er übrigen nicht vom AA vorgelegt bekam, sondern von der Nachrichtenagentur Wolff, keinen Grund mehr für einen Krieg sah. Das AA hielt es aber nicht für nötig den entsprechenden befehl Wilhelms mit dem nötigen Nachdruck und Eifer nachzukommen. Das AA war Kriegstreiber. Wilhelm zu diesem Zeitpunkt nicht.
 
Du hast hier so viele Baustellen in einem kurzen Aufriss aufgemacht, das läßt sich nicht alles gar so schnell bearbeiten; ih habe jetzt auch nicht die zeit dazu.

Ganz kurz noch zu Grey: Seine politik war duch Zwänge der Innenpolitik bestimmt und deshalb lavierte er nach Außen.
GB hatte genügend und reichlich Sorgen mit Irland. Grey wollte und konnte nicht die Rolle eines ehrlichen Maklers spielen, dagegen sprachen schon die imperialistischen Interessen, nämlich der Erhalt des Empires. Und Grey bemühte sich auch um dem 27.Juli herum die Zustimmung des Kabinetts für eine unterstüztende Zusage an Frankreich.
 
Noch kurz etwa zu Grey Vorschläge zu Gesprächen. Meines Wissens nach hat Grey doch schon am 26.Juli direkte Gespräche zwischen Russland und Österreich-Ungarn angeregt. Der russische Botschafter Benckendorff hat diese aber gegenüber Grey zurückgewiesen.

Sasonow wurde aber trotzdem aktiv. Er wollte das der Botschafter Österreich-Ungarns autorisiert würde, über das Ultimatum zu diskutieren. Das ist ganz gewiss nicht unwichtig und sollte und darf nicht unterschlagen werden! Nur,und das ist auch von Bedeutung, im Hintergrund lief bereits die russische Mobilmachung und wie sollte diese Botschaft von Sasnow an Berchthold nun von diesem interpretiert werden? Berchthold ist wohl zu dem Schluß gelangt, das Sasnow auf Zeit spielt. Ob nun berechtigt oder unberechtigt will ich einfach offen lassen.

Am 27.Juli schlug Grey dann die besagte Konferenz zwischen den nichtinteressierten Mächten vor. Teilnehmer sollten sein Großbritannien, Frankreich, Italien und das Deutsche Reich. Es ist allgemein bekannt, das Italien nur noch formell zum Dreibund gehörte und zu Österreich nicht gerade freundschaftlich eingestellt war. Das "Kräfteverhältnis" auf der Konferenz wäre also 1:3 aus Sicht des Deutschen Reiches gewesen. Ein zweites Debakel wie die Konferenz von Algeciras wollte man nicht.
 
Am 30.Juli wurde die deutsche Diplomatie auf einmal hellwach. Der Befehl von Wilhelm und ein Telegramm von dem deutschen Botschafer in London Lichnowsky gaben nun endlich Veranlassung den Blankoscheck zurückzuziehen. In der entsprechenden Depesche an den deutschen Botschafter Tschirschiky in Wien wurde dringend dazu aufgefordert, das Wien auf keinen Fall Gespräche mit der russischen Regierugn verweigern dürfe. Dies wäre ein sehr schwerer Fehler, da er das kriegerische Eingreifen Russlands geradzu provoziert. Deutschland könne sich nicht von Wien leichtfertig und ohne Beachtung unserer Ratschläge in einen Weltbrand hineinziehen lassen.

Abends wurde nochmals ein drängendes Telegramm an Tschirschiky ähnlichen Inhalts geschickt.

Am 31.Juli ließ Wilhelm ein selbst formulierte Telegramm an zwei Admiräle und Generäle bringen. Inhalt: Wilhelm istmitder Viermächtekonferenz einverstanden. (2) Inzwischen wurde doffiziell die russische generalmobilmachung bekannt undFranz-Joseph ließ sich alle Zeit der Welt mit seiner Antwort und in Deutschland gingen die Kriegserklärungen an Russland und Frankreich raus.


Hoffman, Der Sprung ins Dunkle, S.231

Meyer-Arndt, Die Julikrise 1914, S.206f
 
Möglicherweise haben wir zwei verschiedene Bücher gelesen. Cark berichtet beispielsweise, das der serbische Ministerpräsident Pasic von dem Attentat im Vorfeld Kenntnis hatte und eine nebulöse Warnung nach Wien schickte, die dort missverstanden wurde. Aktiv unternahm Pasic nichts gegen das geplante Attentat.

Clark beleuchtet die französische Außenpolitik und insbesondere den französischen Präsidenten Poincare in der Julikrise. Poincare vertrat die Ansicht, dass nur eine „feste Politik der Stärke“ die Deutschen zur Räson bringen würde und signalisierte den Russen unbedingte Bündnistreue. Das war auch eine Art von Blankoscheck.
(...)


Clark berichtet viel, nur nicht viel sinnvolles. Nichts von dem was er da berichtet ist wirklich bewiesen, es sind immer nur Vermutungen.

Du meinst sicher den Außenminister der Monarchie Berchthold. berchthold war übrigens nicht die einzige Stimme im ministerat der Monarchie. der Thronfolger beispielsweise und der ungarische Ministerprädient Tisza lehnten den Krieg ab.

Ups, wie peinlich - ja ich meinte Berchthold.
Dieser Vorwand war der Anlass! Was tat denn Russland eigentlich auf dem Balkan? Däumchen drehen? Der Balkan war schon seit vielen Jahren Zankapfel zwischen Petersburg und Wien. Beide Mächte wollten dort ihre Interessen gewahrt sehen. Für österreich-Ungarn war es bloß im Unterschied zu Russland die einzige geographische Interessensphäre als europäische Großmacht. Auch das war den Russen bekannt.

Russland verstand sich als Schutzpatron der slawischen Völker, insesondere der Orthodoxen (was natürlich nicht bedeutet, die Bulgaren hätten dies akzeptiert).
Was genau ist jetzt dein Punkt, die österreichisch-ungarische Expansion in den Balkan war nunmal ein Zündeln am Pulverfass.

So,so. das ist ja höchst interessant. Im Klartext: Das Deutsche Reich und Österreich-Ungarn sind also alleine schuld am Großen Krieg und die anderen Großmächte haben nur reagiert.

Exakt. Das ist was die Faktenlage hergibt.
Bisher konnte niemand was anderes Beweisen.

Die Vorgeschichte des Weltkrieges, ich würde mit dem Jahre 1897 beginnen, erzählt aber irgendwie eine andere Geschichte.
Die Vorgeschichte zeigt, niemand hat das Deutsche Reich angegriffen oder einen Angriff provoziert.

Du willst mir doch nicht ernsthaft weismachen wollen, das Briten, Franzosen und Russen nur an erhaltung ihres Bestandes interessiert waren. Auch diese Mächte waren durch und durch imperialisitisch. Ansonsten kannst du mir ja mal die ganzen Interventionen, auch die militärischen, wenn die Mächte der Triple Entente nur am Status Quo gelegen waren.
Irrelevant. Es geht um den Ausbruch des 1.WK., nicht um generellen Imperialismus.

Diese Mächte haben durch ihre Außenpolitik Schritt für Schritt sowohl das Deutsche Reich als auch Österreich-Ungarn in die Enge getrieben und isoliert.
Unfug. Gerade das Deutsche Reich hat alles getan, um sich selbst zu isolieren. Alle Vermittlungsbemühungen seitens GBs wurden ja vom Deutschen Reich abgelehnt.

Und das sehenden Auges. Natürlich war die Außenpolitik des Deutschen Reiches, kannste in meinen zahlreichen Beiträgen daszu hier im Forum nachlesen, auch nicht gerade ein Quell der Weisheit. Nee, nee, die Dinge müssen etwaqs differenzierter betrachtet werden. Mit, die einen aggressisv und die anderen unschuldig und lieb ist es nicht getan.
Differenziert betrachten bedeutet also Belgien eine Mitschuld am Krieg zu geben? Oder Frankreich? Trotz diese Vorfalls hat Frankreich dennoch nicht militärisch reagiert:
2 August 1914 Cpl Jules Andre Peugeot and Lt Albert Mayer
Jules André Peugeot - Wikipedia, the free encyclopedia

zu 1. Kannst bei Clark nachlesen. Darüber hinaus bei Friedrich Würthle, Die Spur führt nach Belgrad und auch bei Manfried Rauchensteiner.

zu 2. Krass!! Es ist also egal,ob die serbische Regierung Mörder indirekt unterstützt. Ich bin sprachlos vor Erstaunen.
Warum soll ich immer alles bei Revisionisten nachlesen? Diese Propaganda ist mir bekannt.

Achso und wie sah es mit der Demütigung Österreich-Ungarns aus? Der Frieden hätte erhalten bleiben können, denn die serbische Regierung war schon bereit das Ultimatum zu akzeptieren; dann aber kamen die Russen entscheidend ins Spiel.

Berchthold wies Ö-U. Botschafter Wladimir Freiherr von Giesl an:
„Wie immer die Serben reagieren - Sie müssen die Beziehungen abbrechen und abreisen; es muß zum Krieg kommen."

Es ist nicht Russlands Schuld, wenn Ö.-U. unbedingt Krieg will.

Die Russen haben ja übrigens schon vor der serbischen Antwort mit der versteckten Mobilmachung begonnen. Und du solltest auch wissen, das Wilhelm II. nach Kenntnisnahme der serbischen Antwortnote, die er übrigen nicht vom AA vorgelegt bekam, sondern von der Nachrichtenagentur Wolff, keinen Grund mehr für einen Krieg sah. Das AA hielt es aber nicht für nötig den entsprechenden befehl Wilhelms mit dem nötigen Nachdruck und Eifer nachzukommen. Das AA war Kriegstreiber. Wilhelm zu diesem Zeitpunkt nicht.
Gleichzeitig hat Ö.-U: das russische Vermittlungsangebot ausgeschlagen, der Krieg wurde vom Deutschen Reich und Österreich-Ungarn gewollt und angefangen, da helfen keine Verweise auf unwichtige Details. Die wichtigen Fakten zählen.
 
Ausschlaggebend ist der Inhalt des Buches; nicht der Titel. Hast du es eigentlich gelesen? Clark, Rauchentseiner Revisionisten, also das ist wirklich absolut lächerlich.

Lies dir mal die zahlreichen Rezensionen zu den Buch durch. Kann dir gerne ein paar verlinken.

Mainstream ist eher das Gegenteil, nämlich die Hauptschuld des Deutschen Reiches. Einige behaupten auch Alleinschuld. Schuld haben aber eben alle.
 
Warum? Es gab keine Schlafwandler in den Kabinetten von 1914 - er hat lediglich ein nettes Buch geschrieben, um den typischen "Mainstream-Revisionismus" zu bedienen, nicht mehr, nicht weniger.
OT: In deiner Vorstellung hier im GF, haste Du schon dargelegt, was dein Problem ist:
Da ich einige konkrete Fragen habe,und mich mit auch sog. Revisionisten verbal herumbalge,[...]#284
Da scheint wohl eine Meinung vorgefertigt zu sein, denn 2011 gab es das Buch - Die Schlafwandler - noch nicht.
 
Du machst dir das alles reichlich einfach. Du kannst den Ausbruch des Weltkrieges nicht verstehen, ich habe allerdinge erhebliche Zweifel ob du das überhaupt möchtest, ohne seine Vorgeschichte zu verstehen!

Und Unfug lass ich mir von dir nicht attestieren. Schreibe selbst erst einmal ein paar qualifizierte Beiträge, keine Polemik, keine Fetzen, sondern Zusammenhänge zum Thema, dann kann ich mir Gedanken darüber machen, ob ich dich als Diskussionspartner überhaupt ernst nehmen kann.
 
Ausschlaggebend ist der Inhalt des Buches; nicht der Titel. Hast du es eigentlich gelesen? Clark, Rauchentseiner Revisionisten, also das ist wirklich absolut lächerlich.

Lies dir mal die zahlreichen Rezensionen zu den Buch durch. Kann dir gerne ein paar verlinken.

Mainstream ist eher das Gegenteil, nämlich die Hauptschuld des Deutschen Reiches. Einige behaupten auch Alleinschuld. Schuld haben aber eben alle.

Ich kenne genug Rezensionen, ich weiß auch was Sönke Neitzel darüber denkt, ich weiß auch wie man in GB spottet er solle im Unterricht eine Pickelhaube tragen....
Und nein, bisher wurde die Kriegsschuld (oder besser. Verantwortung für den Kriegsausbruch) immer als eine Verkettung von Umständen dargestellt, bei der auch andere Großmächte ihre Finger im Spiel hatten. Die „Schuld haben alle Theorie" ist also der Mainstream, ich habe z.B. auch auf die tagespolitischen Dinge, die deutsche Einmischung in die Feierlichkeiten in GB, hingewiesen.

Köbis schrieb:
OT: In deiner Vorstellung hier im GF, haste Du schon dargelegt, was dein Problem ist:
Richtig - ich bin kein Historiker sondern Wirtschaftler, in der Wirtschaft stehe ich vor der Situation daß Zentralbanker vor der Kamera Dinge behaupten, von denen jeder Erstsemestler weiß, daß sie nicht stimmen können. Wirtschaftswissenschaftler bekommen Nobelpreise für Dinge, die blanker Unsinn sind. Die Antwort warum soetwas getan wird ist natürlich einfach, es ist (tages)politisch gewollt.

Köbis schrieb:
Da scheint wohl eine Meinung vorgefertigt zu sein, denn 2011 gab es das Buch - Die Schlafwandler - noch nicht.
Ich habe mich auch damals nicht auf die Schlafwandler bezogen, sondern auf 2.WK. Revisionisten.
Vorgefertigt ist wohl eher die Meinung ein abstrakter Verweis auf irgendeinen Imperialismus ist ein Beweis für eine Mitschuld. Das ist nichts konkretes.

Du machst dir das alles reichlich einfach. Du kannst den Ausbruch des Weltkrieges nicht verstehen, ich habe allerdinge erhebliche Zweifel ob du das überhaupt möchtest, ohne seine Vorgeschichte zu verstehen! (...)
Ich habe bisher keinen Beweis für eine Mitverantwortung für den Kriegsausbruch bei folgenden Staaten gesehen: GB, F, RUS, B.
Dennoch wird immer behauptet, es gäbe dort eine Mitschuld. Mir wird vorgeworfen einseitig zu sein, bitte, warum muß man alles kompliziert machen? Geschichte ist nicht nur der Austausch von Theorien, wir haben auch eine Praxis, und die sieht so aus - deutsche und österreichische Truppen haben einen schon länger geplanten Krieg angefangen, als die Gelegenheit günstig war.
 
Was du schreibst ist wirklich ein Zeugnis von Unwissenheit. Es ist gesicherter wissenschaftlicher Erkenntistand das auch die anderen Großmächte, von Belgien ist hier überhaupt nicht die Rede, eine Mitschuld am Ersten Weltkrieg haben.

Vielleicht solltest du nicht nur Literatur lesen, die deine vorgefasste Meinung bestätigt. Es könnte sein, das du dort etwas Neues erfährst. Mit deinen Aussagen versuchst du gerade das Rad der Geschichtsschreibung zurückzudrehen. Wir sind aber schon im Jahre 2014 angekommen.
 
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Ich habe bisher keinen Beweis für eine Mitverantwortung für den Kriegsausbruch bei folgenden Staaten gesehen: GB, F, RUS, B.
Dennoch wird immer behauptet, es gäbe dort eine Mitschuld. Mir wird vorgeworfen einseitig zu sein, bitte, warum muß man alles kompliziert machen? Geschichte ist nicht nur der Austausch von Theorien, wir haben auch eine Praxis, und die sieht so aus - deutsche und österreichische Truppen haben einen schon länger geplanten Krieg angefangen, als die Gelegenheit günstig war.

Ich weiss, es ist für die Katz, ich wollte jedoch nur kurz drauf hingewiesen haben dass ALLE beteiligten offensive Kriegspläne hatten (sogar Serbien in einer selbstmörderischen Selbstüberschätzung) und ganz konkret Russland vor dem DR mobilisiert und noch vor der Kriegserklärung auf deutsches Territorium vorgedrungen ist.
 
Die Ursachen sind die Bestrebungen Deutschlands eine Hegemonie über Europa zu errichten, sowie das Bestreben Österreich-Ungarns, eine Hegemonie über den Balkanraum zu errichten.
Die anderen Großmächte waren an einem Status Quo interessiert.

Letzteres ist typisch linke Propaganda (welche ironischerweise von den nationalen Erzfeinden übernommen wurde) die jedem liberal-kapitalistischem Staat die gleiche Kriegslust zuschreibt...
Ich habe einen Satz hervorgehoben. Waren die anderen Großmächte an einem Status Quo interessiert oder verfolgten sie nicht durchaus sehr eigene Interessen?
Beispiel Frankreich:
"Bei den Kriegsgegnern des Reiches fand eine ähnliche Auseinandersetzung um die je eigenen Kriegsziele nicht statt. In Frankreich herrschte von Beginn an von der äußersten politischen Linken bis zur Rechten Einigkeit darüber, dass es an oberster Stelle um die Rückgewinnung des 1870/71 an das Deutsche Reich verlorene Elsaß-Lothringen gehen müsse. Die franz. Schwerindustrie verlangte außerdem das Saargebiet mit seinen Kohlevorkommen. Weiterhin stand für Frankreichs Politik und Öffentlichkeit insbesondere die Sicherung seiner Ostgrenze im Mittelpunkt der Kriegszieleüberlegungen. Das linke Rheinufer, so die franz. Vorstellung, sollte zu diesem Zweck nach dem Krieg von Deutschland abgetrennt werden; umstritten war lediglich, ob es dann wie das Saarland einverleibt oder vllt. als eigener - von Frankreich abhängiger Staat in der Rolle eines Pufferstaates gegenüber dem Angreifer von der anderen Rheinseite einzurichten sei. Diesen Rheinzielgedanken verfolgten neben den franz. Intellektuellen vor allem die hohen Militärs im Generalstab. Alles in allem waren die schon früh fest stehenden franz. Kriegsziele sehr stark von solchen sicherheitspolitischen Beweggründen bestimmt; das als aggressiv und militaristisch beurteilte Reich sollte demzufolge, um vor ihm für lange sicher zu sein, entscheidend beschnitten, ja "zerstört" werden, wie der franz. Außenminister Delcassè im Oktober 1914 gegenüber dem russischen Botschafter in Paris das franz. Hauptziel benannte." [1]

Keine Rede ist von der Verteidigung der bestehenden franz. Grenzen! Nun war aber die Rückgewinnung von Elsaß-Lothringen nichts, was am Verhandlungstisch erreichbar gewesen wäre. Der Krieg war also die Möglichkeit, die Chance, dieses expansive Ziel zu erreichen. Und mehr noch: die Rheingrenze als "Natürliche Grenze" Frankreich war - wieder einmal - im Kalkül der Verantwortlichen, und ist damit wieder als Versuch zu verstehen, auf dem Kontinent eine hegemoniale Stellung zu erreichen. Aber an dieser Rheingrenze schieden sich die alliierten Geister:

"Zwar forderte auch die engl. Politik die Räumung und Wiederherstellung Belgiens sowie auch die Rückgabe Elsaß-Lothringens an Frankreich; aber im Gegensatz zu Paris wollte die Regierung in London Deutschland als kontinentaleuropäische Macht grundsätzlich erhalten wissen. Statt der Zerstörung des Reiches dachte man also jenseits des Kanals eher daran, es machtpolitisch einzudämmen." [2]

In der Summe bedeutet dies, dass alle Mächte expansive Ziele auf Kosten von Nachbarn oder anderer Mächte hatten, - und man kann nicht so tun als wären diese Ziele mit Kriegsbeginn plötzlich vom Himmel gefallen - die mit diplomatischen Mitteln nicht erreichbar gewesen wären. Alle Mächte rüsteten nach Kräften ...
... ich wollte jedoch nur kurz drauf hingewiesen haben, dass ALLE beteiligten offensive Kriegspläne hatten...
Damit relativiert sich der Status Quo doch sehr erheblich.

Grüße
excideuil

[1] Grevelhörster, Ludger: Der Erste Weltkrieg und das Ende des Kaiserreiches. Geschichte und Wirkung, Aschendorff Verlag, Münster, 2008, Seite 59
[2] Grevelhörster, a.a.O., Seite 60
 
In der Summe bedeutet dies, dass alle Mächte expansive Ziele auf Kosten von Nachbarn oder anderer Mächte hatten, - und man kann nicht so tun als wären diese Ziele mit Kriegsbeginn plötzlich vom Himmel gefallen - die mit diplomatischen Mitteln nicht erreichbar gewesen wären. Alle Mächte rüsteten nach Kräften ...

Damit relativiert sich der Status Quo doch sehr erheblich.
sehr richtig!

zudem: es waren allesamt keine Friedenstauben, die ab 1885 auf dem Gebiet des nicht mehr vorhandenen Polen vehement kriegerische Betonbauwerke errichteten und diese mit Eisenbahnlinien verbanden und kräftig rüsteten... (die russ. Narew-Linie hatte ich schon zuvor erwähnt)
 
Ich werde mir nicht die zeitraubende Arbeit machen und alles Aussagen mit Literaturverweisen unterlegen, da dieses ja sowieso nur Revisionisten und Propagandisten sind. Also vegebene Liebesmüh.

Clark berichtet viel, nur nicht viel sinnvolles. Nichts von dem was er da berichtet ist wirklich bewiesen, es sind immer nur Vermutungen.
Zeilen ohne jede Substanz. Ein Blick in das Quellen- und Literaturverzeichnis geben eine ganz andere Auskunft.

Russland verstand sich als Schutzpatron der slawischen Völker, insesondere der Orthodoxen (was natürlich nicht bedeutet, die Bulgaren hätten dies akzeptiert).
Was genau ist jetzt dein Punkt, die österreichisch-ungarische Expansion in den Balkan war nunmal ein Zündeln am Pulverfass.
So ist das also. Weil Russland sich als Schutzpatron der Slawen verstand, ist das russische agieren auf dem Balkan in Ordnung. Und Slawen die dem Zaren nicht gehorchen, bekommen dann schon einmal den Zorn desselben zu spüren. Siehe Bulgarien. Dort wurde der der Battenberger wie in einer billigen Schmierenkomödie gewaltsam entführt und ein Staatstreich in Sofia durchgeführt. Und die Bulgaren wollen sich einfach nicht für den Zaren gewinnen lassen.

Exakt. Das ist was die Faktenlage hergibt. Bisher konnte niemand was anderes Beweisen.
Das entspricht nicht den wissenschaftlichen Erkennntisstand.

Die Vorgeschichte zeigt, niemand hat das Deutsche Reich angegriffen oder einen Angriff provoziert.
Interessant ist doch sicher auch, wer hat welche Krise ausgelöst? Und dann natürlich auch, wer hat sich in welcher Krise wie verhalten.

Irrelevant. Es geht um den Ausbruch des 1.WK., nicht um generellen Imperialismus.
Nun blendest du die Vorgeschichte des ersten weltkrieges doch aus. Und da das nicht zu deiner These mit dem Status Quo passt, ist das irrelevant.

Differenziert betrachten bedeutet also Belgien eine Mitschuld am Krieg zu geben? Oder Frankreich? Trotz diese Vorfalls hat Frankreich dennoch nicht militärisch reagiert:

Wo wurde hier von Belgien geredet. Belgien ist einwandfrei Opfer der Deutschen gewesen. Frankreich ist ganz gewiss nicht unschuldig. Dazu muss man sich das Agieren der französischen Akteuere in der Julikrise ansehen, die intensiv betriebene Aufrüstung Russlands mit gewaltiger französischer Unterstützung. Und Serbien wurde auch von Frankreich aufgerüstet. Und Frankreich eigene Rüstungen waren sehr erheblich.

Warum soll ich immer alles bei Revisionisten nachlesen? Diese Propaganda ist mir bekannt.

Ohne Worte.

Es ist nicht Russlands Schuld, wenn Ö.-U. unbedingt Krieg will.

Richtig.ÖU wollte unbedingt Krieg. Aber weshalb? Und war Russland wirklich so defensiv? Wenn ja, weshalb wurde dann so früh mobil gemacht?
 
Das entspricht nicht dem wissenschaftlichen Erkennntisstand.

Das ist der entscheidende Satz. Bei der Bewertung von Clark sollte im wesentlichen dieser der Maßstab bilden.

Die derzeit wohl kompetenteste Übersicht zuüber die akademische Diskussion zur Kriegsursachenforschung findet sich bei Mombauer.

A. Mombauer: The Origins of the First Wolrd War. Controversies and consensus. 2002

Anstatt im weltanschaulichen Sinne pauschale Urteile zu fällen wäre es doch sinnvoll, einzelne Themen herauszugreifen, die Position zu einem einzelnen Thema von Clark darzustellen und dann die entsprechende rivalisierende Literatur anzuführen.

Das hat beispeilsweise Silesia exemplarisch an einer Reihe von Punkten herausgearbeitet.

Im Ergebnis wird man vermutlich Clark beispielsweise eine Erweiterung der Sichtweise des Ausbruchs des WW1 in Bezug auf die Rolle von Serbien attestieren können.

Man wird allerdings auch Darstellungen bei Clark finden, wie beispielsweise zu Russland, die den aktuellen Stand der Forschung nicht - mehr - widerspiegeln.
 
Zuletzt bearbeitet:
Den methodischen Kern von Clark kann man wie folgt herausarbeiten:

"Ist es wirklich nötig, dass wir ein Plädoyer gegen einen einzigen, schuldigen Staat halten oder eine Rangordnung der Staaten nach ihrem jeweiligen Anteil an der Verantwortung für den Kriegsausbruch aufstellen? ...
Eine Darstellung, die sich in erster Linie mit der Schuldfrage befasst, ist nicht deswegen problematisch, weil sie am Ende eventuell der falschen Partei die Schuld gibt, sondern weil ein schuldorientiertes Untersuchungsmodell oft mit Vorurteilen einhergeht. Vor allem neigt eine solche Darstellung zu der Prämisse, dass in konfliktreichen Interaktionen ein Protagonist letztlich Recht und der andere Unrecht haben muss. ...
Dann stellt sich das Problem, dass die Ermittler bei der Schuldsuche dazu neigen, die Aktionen der Entscheidungsträger als geplant und von einer kohärenten Absicht getrieben zu konstruieren. ...
Die Krise, die im Jahr 1914 zum Krieg führte, war die Frucht einer gemeinsamen politischen Kultur. Aber sie war darüber hinaus multipolar und wahrhaft interaktiv – genau das macht sie zu dem komplexesten Ereignis der Moderne, und eben deshalb geht die Diskussion um den Ursprung des Ersten Weltkriegs weiter, ..."


1. das ist abgestimmt auf sein Ziel, das "wie" und nicht das "warum" ("Schulddiskussion") zu betrachten. Diesen ereignisgeschichtlichen Schwerpunkt gibt es seit dem Grundlagenwerk von Albertini.

2. nicht neu ist die Fragestellung, inwieweit der herrschende Rahmen/Kontext des Hochimperialismus letztlich ausschlaggebend war. Stichwort: Rückwirkung der Peripherie auf die europäische Krise.

3. in den letzten 20 Jahren gab es verschiedene Ansätze und Publikationen, "krisentheoretischen"/entscheidungstheoretischen Betrachtungen im Sinne eines Nachzeichnens der Eskalation der Akteure und der Interaktionen nachzugehen. Auch dem folgt Clark, wobei er hier eine Aktualität für heutige Krisen sieht. Das ist ein Gedanke, der viele beeindruckt hat, wie man aus Reaktionen ersehen kann.

Das sind die zentralen Aspekte, nicht die Schuldverteilungen.
Ereignisgeschichtlich befindet sich Clark dabei auch teilweise im Widerspruch zum Stand der Forschung (die er dabei allerdings - irritierend - grundlegend für seine Auffassungen zitiert, sogar "gegen den Strich", Beispiele später)
 
Ich habe einen Satz hervorgehoben. Waren die anderen Großmächte an einem Status Quo interessiert oder verfolgten sie nicht durchaus sehr eigene Interessen?


Damit relativiert sich der Status Quo doch sehr erheblich.

[...]

Es geht darum wer konkret handelte um einen Krieg herbeizuführen, nicht um abstrakte Planungen. Es gab keine konkreten französischen Planungen für einen Krieg zur Rückeroberung von Elsaß-Lothringen, und was wichtiger ist, es wurde keine solche Pläne in die Tat umgesetzt. Bei der Kriegserklärung gegen Frankreich spielte eine etwaige Bedrohung deutscher Reichsgrenzen keine Rolle - es wurden bei der Kriegserklärung frei erfundene Geschehnisse angeführt:
„Französische Truppen haben schon gestern bei Altmünsterol und auf Gebirgsstraßen in den Vogesen deutsche Grenze überschritten und stehen noch auf deutschem Gebiet. Französischer Flieger, der belgisches Gebiet überflogen haben muß, wurde bei Versuch, Eisenbahn bei Wesel zu zerstören, schon gestern herabgeschossen. Mehrere andere französische Flugzeuge sind gestern über Eifelgebiet zweifelsfrei festgestellt. Auch diese müssen belgisches Gebiet überflogen haben. Gestern warfen französische Flieger Bomben auf Bahnen bei Karlsruhe und Nürnberg. Frankreich hat uns somit in Kriegszustand versetzt.“
Flugzeug von Nürnberg ? Wikipedia

Auch wird einfach übesehen, wie sich die innenpolitischen Verhältnisse der Dritten Republik gestalteten, z.B. gab es eine starke antirusse Arbeiterschaft, auch war Präsident Poincaré der erste französische Präsident, der zum Abendessen in die deutsche Botschaft in Paris (19. Jan. 1914) erschien. Insgesamt war die französische Politik nicht auf einen Angriffskrieg auf Deutschland aus, reagiert auf den deutschen Überfall auf französisches Gebiet vor der Kriegserklärung auch nicht mit einer Kriegserklärung.
The Third Republic in France, 1870-1940: Conflicts and Continuities - William Fortescue - Google Books
 
Ich weiss, es ist für die Katz, ich wollte jedoch nur kurz drauf hingewiesen haben dass ALLE beteiligten offensive Kriegspläne hatten (sogar Serbien in einer selbstmörderischen Selbstüberschätzung) und ganz konkret Russland vor dem DR mobilisiert und noch vor der Kriegserklärung auf deutsches Territorium vorgedrungen ist.
Welche russischen Truppen überfielen vor dem 1.Aug. 1914 Deutschland?

Turgot]
Ich werde mir nicht die zeitraubende Arbeit machen und alles Aussagen mit Literaturverweisen unterlegen, da dieses ja sowieso nur Revisionisten und Propagandisten sind. Also vegebene Liebesmüh. (...)
Bisher war ich es, der dir deine massiven Wissenslücken in Sachen 1.WK. zu füllen versuchte, nicht umgekehrt. Lies erst mal die Anzahl an Verweisen, bevor du weiter Nebelkerzen um dich wirfst.
 
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