hatl
Premiummitglied
Danke Thane, für den beindruckenden Beitrag!
Nachdem ich mich gerade in das Thema einlese, stelle ich in ungewohnter Weise fest, dass das Bild nicht etwa einfach klarer wird, sondern immer komplexer und widersprüchlicher.
Das liegt vielleicht auch an der Widersprüchlichkeit der betrachteten Zeit und deren Protagonisten.
An einer Stelle, zumindest, hab ich gestutzt:
So wie ich es verstehe ging es nicht Ö-U um eine solche, sondern um eine Verschiebung der Machtbalance zu eigenem Vorteil. Denn Serbien erfüllte ja das „Ultimatum“ in so unerwartet großem Maße, dass auch der Kaiser zum Schluss kam, es gäbe nun keinen Kriegsgrund mehr.
(eine Einschätzung die prompt vom AA des DR in der Kommunikation verschleppt wurde)
Dennoch erklärte Ö-U Serbien den Krieg (Serbien muss sterbien).
Dazu Stefan Schmidt:
PDF-Seite 21
Nun gibt es ja zwei große Mächte im Spiel, mit so weit fortgeschrittenem innerlichen Zerfall, dass deren Untergang erwartet wird. Das Osmanische Reich und die KuK-Monarchie.
Vor diesem Hintergrund kann der Begriff „Abschreckung“ missverständlich werden und ist zumindest nicht vergleichbar mit dem modernen „Brinkmanship“ und den Abschreckungsdoktrien des nuklearen Zeitalters, welche nicht weniger riskant waren (um das Wenigste zu sagen ..und
vielleicht ist es spannend, den Bogen, an anderer Stelle, dahin zu biegen)..
Stephen Van Evera,
der einen sehr interessanten und fundierten Artikel hierzu unter dem Titel „The Cult of the Offensive and the Origins of the First World War“ 1984 veröffentlicht, kratzt gekonnt diese Kurve
in den letzten Sätzen:
Danke, nebenbei, für den Hinweis auf eben diese Doktrin der fraglichen Zeit.
Danke auch an Andere, die Hinweise darauf gaben, was so schwer verständlich ist.
Grüße hatl
Nachdem ich mich gerade in das Thema einlese, stelle ich in ungewohnter Weise fest, dass das Bild nicht etwa einfach klarer wird, sondern immer komplexer und widersprüchlicher.
Das liegt vielleicht auch an der Widersprüchlichkeit der betrachteten Zeit und deren Protagonisten.
An einer Stelle, zumindest, hab ich gestutzt:
Ich kann da Deiner Darstellung nicht folgen und bezweifle, dass er (moderne) Begriff „Abschreckung“ anwendbar ist.Das Problem des Ultimatums an die Serben war, dass es im Rahmen einer allgemeinen Abschreckungslogik (vgl. auch nukleare Abschreckung) formuliert war. Die einzelnen Passagen waren für die Serben in unterschiedlicher Weise akzeptabel und manche waren so formuliert, dass sie die nationale Autonomie Serbiens bedrohte und somit die Schutzmacht als Garant der nationalen serbischen Unabhängigkeit herausgefordert wurde (vgl. zur Logik die Spieltheorie wie beispielsweise [4, S. 125 ff Nukleare Abschreckung]).
So wie ich es verstehe ging es nicht Ö-U um eine solche, sondern um eine Verschiebung der Machtbalance zu eigenem Vorteil. Denn Serbien erfüllte ja das „Ultimatum“ in so unerwartet großem Maße, dass auch der Kaiser zum Schluss kam, es gäbe nun keinen Kriegsgrund mehr.
(eine Einschätzung die prompt vom AA des DR in der Kommunikation verschleppt wurde)
Dennoch erklärte Ö-U Serbien den Krieg (Serbien muss sterbien).
Dazu Stefan Schmidt:
http://www.perspectivia.net/content/publikationen/phs/schmidt_aussenpolitik/at_download/fileDenn nach Lage der Machtverhältnisse war nicht zu bezweifeln, daß eine
militärische Auseinandersetzung zwischen der Doppelmonarchie und Serbien
zu einer vernichtenden Niederlage des kleinen Königreichs, zu einer
Neugruppierung der Balkanstaaten und damit zu einem gründlichen Wandel
der osteuropäischen Machtbalance führen mußte. So wäre Österreich-Ungarn
nach einem Triumph über Serbien künftig in die Lage versetzt worden,
in einem Krieg der Großmächte sein militärisches Potential in fast uneingeschränktem
Maße gegen Rußland zu wenden, und für die französischen Entscheidungsträger
mußte sich die Frage stellen, ob dieser Wandel der osteuropäischen
nicht gefährliche Rückwirkungen für die westeuropäische Machtbalance
haben konnte.
PDF-Seite 21
Nun gibt es ja zwei große Mächte im Spiel, mit so weit fortgeschrittenem innerlichen Zerfall, dass deren Untergang erwartet wird. Das Osmanische Reich und die KuK-Monarchie.
gleiche Quelle, PDF-Seite 59 – 60Die im Staatsgebäude der Habsburgermonarchie
zu beobachtenden Verwerfungen ließen den Staatssekretär im
März 1914 gar davon sprechen, daß das Osmanische Reich und die Habsburgermonarchie
sich gleichsam einen Wettlauf in den Untergang lieferten. Mochte der Bündnispartner auch sonst stets hinter den Entwicklungen herhinken
– in diesem Fall war Jagow davon überzeugt, daß die Habsburgermonarchie
letztlich als Sieger durchs Ziel gehen und noch vor dem Osmanischen
Reich zusammenbrechen werde 24.
Vor diesem Hintergrund kann der Begriff „Abschreckung“ missverständlich werden und ist zumindest nicht vergleichbar mit dem modernen „Brinkmanship“ und den Abschreckungsdoktrien des nuklearen Zeitalters, welche nicht weniger riskant waren (um das Wenigste zu sagen ..und
vielleicht ist es spannend, den Bogen, an anderer Stelle, dahin zu biegen)..
Stephen Van Evera,
der einen sehr interessanten und fundierten Artikel hierzu unter dem Titel „The Cult of the Offensive and the Origins of the First World War“ 1984 veröffentlicht, kratzt gekonnt diese Kurve
in den letzten Sätzen:
http://www.libraryofsocialscience.com/ideologies/docs/Van_Evera_counterfactual.pdfThe 1914 case thus supports Robert Jervis and other theorists who propose that an offense-dominant world is more dangerous, and warns both super- powers against the offensive ideas which many military planners in both countries favor.
Danke, nebenbei, für den Hinweis auf eben diese Doktrin der fraglichen Zeit.
Danke auch an Andere, die Hinweise darauf gaben, was so schwer verständlich ist.
Grüße hatl