Ja, es geht mir um die Geisteshaltung des Menschen zur Natur. Dabei bleibt natürlich die Frage, was man unter "Natur" verstehen will. Ich habe oben eingewandt, dass die Erhaltung der Funktionsfähigkeit von Ackerböden nicht unbedingt ein Interesse an "Natur" widerspiegelt, sondern auch ein Interesse an der langfristigen Sicherung seiner wirtschaftlichen Ressourcen.
Bisher wurde sich der Geisteshaltung mehr mit modernen Begriffen, wie Nachhaltigkeit genähert. Obwohl die Folgen von nicht nachhaltigem Handeln dem Menschen schon seit der Frühzeit bekannt gewesen sein dürften.
Erlegte der Steinzeitjäger zu viel von seinem Lieblingsbraten, mußte er seine Diät auf anderes Wild umstellen oder es woanders versuchen.
Der neolithische Bauer wird in den meisten Fällen innerhalb weniger Jahre gemerkt haben, dass der Boden seine Nutzpflanzen nicht unerschöpflich ernährte. Fast alle erfolgreichen frühen Gesellschaften, deren Lebensgrundlage die Landwirtschaft war, versuchten dem Boden, der Natur, das entnommene in anderer Form zurückzugeben oder den Böden, den Wäldern eine Regenarationsphase zu gönnen.
Du hast schon recht, Klaus, das geschah aus Eigeninteresse, denn ohne die umgebende Natur zu berücksichtigen, wäre der Mensch, der immer noch Teil der Natur ist, verhungert, verdurstet, von Fluten ertränkt, mangels Heizmaterial erfroren oder sonstwie gestorben.
In den Vorbeiträgen wurden die bekanntesten Beispiele für Übernutzung und nicht nachhaltiges Handeln genannt, sie reichen zurück bis vor die Antike. Also müssen sich die Menschen auch seit jenen frühen Zeiten mit ihrem Verhältnis zur Natur auseinandergesetzt haben.
Die neuzeitliche Geisteshaltung operiert und argumentiert zunehmend wissenschaftlich, mit Analysen von Ursache, Wirkung, Folgen und Gegenmaßnahmen. Diesen Ansatz projezieren wir zurück. Vielleicht suchen wir deshalb nach falschen Indizien bei den vorneuzeitlichen Geisteshaltungen.
Könnten wir bei den verschiedenen Religionen evtl. Indizien finden für die Geisteshaltung bzw. das Verhältnis der Menschen zur Natur?
Ich bin nicht sehr bibelfest, deshalb fällt mir spontan nur "Seid fruchtbar und mehret euch" und "Macht euch die Erde untertan" ein. Oberflächlich klingt das eher wie das Gegenteil von Nachhaltigkeit.
Macht euch die Erde untertan! Ein Widerspruch zur Nachhaltigkeit
Wobei man prüfen müßte, ob man das für den gesamten biblischen Kontext feststellen kann. Wenn das so wäre, müßten die zeitlich und örtlich benachbarten Religionen untersucht werden. Und dann die vielen anderen, mit schriftlichen oder mündlichen Überlieferungen. Aber vielleicht bin ich auf der falschen Spur, bei den Religionen Indizien für die Geisteshaltung des Menschen im Umgang mit der Natur zu suchen.