Welche Repressionen waren die "Ungläubigen" (also nicht-Moslime) im 11 Jahrhundert im Heiligen Land ausgesetzt?
Die Frage nach dem
Zeitpunkt ist nachvollziehbar, denn "im 11. Jh." bedeutet nichts anderes als
kurz vor dem ersten Kreuzzug.
Aber ich bin mit der sehr reduzierten Fragestellung nicht glücklich, denn sie blendet zu viel aus: sie blendet zu viel Geschichte aus. Das so genannte "heilige Land" war vereinfacht gesagt seit Kaiser Augustus Bestandteil des römischen Imperiums. Als in der Spätantike nach der Teilung des Imperiums in eine westliche und eine östliche Hälfte das weströmische Reich zerbrach, verblieb immerhin das oströmische Reich: Byzanz. Das "heilige Land" war dann lange genug sozusagen byzantinische Provinz. Wir betreten an dieser Stelle die byzantinische Geschichte, die (wiederum vereinfacht gesagt) von starkem äußeren Druck geprägt war: Byzanz befand sich jahrhundertelang in einem Abwehrkampf gegen Druck aus dem Osten und dem Süden. War es anfangs die Konkurrenz zum persischen Großreich, so erbten "die Muslime" diese Rolle und drängten in die kleinasiatischen und afrikanischen Provinzen des oströmischen Imperiums - nicht anders, als germanische Kriegsverbände und Steppenreiter (Hunnen, Alanen, Avaren) seinerzeit ins weströmische Reich drängten.
Ähnlich (oder vergleichbar) wie sich die Transformation des untergehenden weströmischen Reichs in frühmittelalterliche Feudalstaaten vollzog, gestaltete sich Ablauf der arabisch-muslimischen Annexionen byzantinischer Provinzen. (vgl. hierzu H. Wolfram in "das Reich und die Germanen")
Interessant oder bemerkenswert im Vergleich ist: während die diversen "germanischen" Annexionen weströmischer Provinzen letztlich darauf hinausliefen, dass die "Eroberer" (teils heidnisch, teils arianisch) die Religion der Eroberten ("katholisch") und deren Verwaltungsstruktur annahmen, legten die arab.-musl. Eroberer der byz. Provinzen Wert darauf, zwar die Verwaltungsstrukturen der eroberten Provinzen zu übernehmen, aber selber
keinen Religionswechsel zu vollziehen.
Je nach politischer Großwetterlage gestaltete sich das Miteinander der Religionen mal eher tolerant, mal eher repressiv. Hier aber bringt es nichts, die Historie mit Scheuklappen zu betrachten, denn extrem repressive Zustände herrschten zeitweilig bei den langobardischen und vandalischen Eroberern.
An dieser Stelle lohnt sich, diese Frage zu betrachten:
Stimmt es, dass dort Christen beispielsweise keine Waffen tragen durften und auch bestimmte Kleidungsvorschriften bestanden?
Dergleichen war im Frühmittelalter üblich!
Die eroberten Provinzialen z.B. im Ostgoten-, im Westgoten-, im Franken-, im Vandalen- und im Langobardenreich durften per Gesetzgebung keine Waffen tragen. Ja verrückterweise galten in manchen der frühmittelalterlichen Staaten auf vormals weströmischem Territorium
unterschiedliche Gesetze je nach ethnischer Zugehörigkeit (die romanische Bevölkerung des Burgunderreichs unterlag dem römischen Gesetz, die burgundische militärische Oberschicht dem lex burgundorum - in anderen "Ländern" war es zeitweilig nicht anders)
In Kenntnis dieser Relationen erhält deine Frage einen ganz anderen Stellenwert: es war in frühmittelalterlichen Gesellschaften schlichtweg üblich, die militärische Macht zu monopolisieren. Völlig folgerichtig durfte der italische Romane unter ostgotischer Herrschaft keine Waffen tragen (das änderte sich erst notgedrungen, als Gotenkönig Totila seine schrumpfende Armee durch Rekrutierung aus romanischer Unterschicht aufstockte) - - genau dieselbe damals normale Praxis der militärischen Monopolisierung praktizierten die arab.-musl. Eroberer der byzantinischen Provinzen.
Mit anderen Worten: dass die byzantinische Provinzbevölkerung nach der Eroberung durch arab.-musl. Kriegsverbände keine Waffen tragen durfte, war keine böse fiese Repressalie, sondern sowohl gängige Praxis überall (!) als auch realpolitisch gerechtfertigt.