Karolingisch wurde der Jahresbeginn auf den 25. Dezember gelegt. Dementsprechend müsste der 1. Januar der achte Tag eines Jahres gewesen sein. Korrekt?
Wichtiger noch ist aber die Frage, warum sich Karl am 25. Dezember krönen ließ. Eben weil diesem Tag, der erste des Jahres 801, ein apokalyptischer Sinn beigemessen wurde, den Karl für sich nutzen wollte. Laut den apokalyptischen Berechnungen des Kirchenvaters Hieronymus sollte die Weltgeschichte mit dem Abschluss des 6. Jahrtausends nach Erschaffung der Welt enden und fortan der Untergang der Welt einsetzen. Das Ende dieses 6. Jahrtausends wurde in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts, gestützt auf Hieronymus, von dem spanischen Mönch Beatus von Liebana auf den 24. Dezember 800 angesetzt und der Beginn des neuen Äons auf den 25. Dezember. Er stellte diese Prophezeiung in seinem Apokalypsekommentar auf, der um 786 veröffentlicht wurde. Karl nutzte diese Terminierung, um seinem christlich-missionarischen Eifer eine apokalyptische Pointe zu geben: Er als christlicher Kaiser, gekrönt am Tag des beginnenden Weltuntergangs, hatte die Aufgabe, den unchristlichen Rest der Menschheit zur Bekehrung zu zwingen, auch mit exzessiver Gewalt, so dass bei der Ankunft des Gottesreichs alle Seelen dem Christengott zugeführt wären. Als der Untergang aber ausblieb, beschloss Karl im Jahr 809 mit seiner Kalenderreform eine andere chronologische Ordnung der Weltgeschichte (nach der hebräischen Bibel), wodurch der Welt noch eine Frist von ca. 1300 Jahren bis zum Untergang blieb.