War nicht gerade dies ein Fehler Thronanwärter einzusperren statt diese richtig auszubilden aber dennoch gut unter Beobachtung zu halten um Thronkämpfe zu verhindern? Meiner Kenntnis nach haben Sultane die aus dem Kafes an den Thron kamen haben nicht viel erreicht und viele Fehlentscheidungen getroffen. Und wie von mir anfangs erwähnt waren diese an Poltik und dem Thron nicht wirklich interessiert und ließen teilweise ihre Paschas alles wichtige erledigen.
Das ist zunächst mal ein nicht weiter gestütztes Pauschalurteil. Da wäre zunächst zu hinterfragen, ob es sich bei im Kafes aufgewachsenen Sultanen generelle so verhielt und aufbauend, wenn ja, inwiefern sie sich da von ihren Pendants unterschieden.
Um die Delegation diverser wichtiger Aufgaben, kam man bei einem Reich dieser Größe und mit den verkehrstechnischen Möglichkeiten der Zeit ohnehin nicht herum.
Wäre es nicht wichtig gewesen dem ohnehin untergehenden Reich gut ausgebildete Sultane auf den Thron zu bringen statt alle Anwärter einzusperren und von allem administrativem, diplomatischem und militärischem fernzuhalten?
Verzeihung, inwiefern war das Osmanische Reich im Mittelalter und der frühen Neuzeit, als diese Praxis eingeführt wurde, ein "ohnehin untergehendes Reich"?
Es gibt keine Zwangsläufigkeit mit der dieses Reich uinbedingt untergehen hätte müssen, nicht einmal anno 1915/1916. Der Untergang für sich genommen ist ein Resultat der spezifischen Entwicklung des ersten Weltkriegs und wäre möglicherweise noch zu vermeiden gewesen, wäre man im Laufe dessen zwischen Entente und Zentralmächten zu einem Verständigungsfrieden gekommen.
Die für den Zerfallsprozess der imperialen Peripherie im Besonderen auf dem Balkan ursächlichen Nationalbewegungen hätten andere Sultane wahrscheinlich ebenso wenig in den Griff bekommen, das schafften ja daneben sowohl die Habsburger, als auch die russischen Zaren ebenfalls nicht.
So gut wie jeder Sultan der aus dem Kafes an den Thron kam, war aufgrund des Untergangs vor schwierigen Aufgaben gestellt und ohne die entsprechenden Fähigkeiten aufgeschmissen.
Wie gesagt, der "Untergang" sei einmal dahingestellt.
Nur, wenn du den axiomatisch annimmst, wirst du gleichsam annehmen müssen, dass die Sultane, die nicht aus dem Kafes kamen, ihn auch nicht aufhalten konnten. Von dem her, was hätte es in diesem Sinne für einen Unterschied gemacht?
Die Problematiken vor denen das osmanischen Reich außenpolitisch stand, waren ja immer auch von den politischen Konjunkturen innerhalb Europas (einschließlich Russlands) und Persiens abhängig. Waren die Habsburger mal wieder mit den Franzosen oder den Preußen beschäftigt und die Russen mit inneren Wirren oder damit sich in die Machtspielchen der europäischen Mächte einzumischen, konnte der Sultan so unfähig sein, wie er wollte, dann hielten sich der äußere Druck in Grenzen.
Hatten sowohl die Habsburger, als auch die Zaren in Europa gerade mal den Rücken frei und die Perser zu allem Überfluss auch noch, hatte der Sultan ein Problem, vollkommen egal, wie fähig er war.
Vorallem könnte ich mir vorstellen, dass sie sowohl intern sei es von Paschas, Veziren, der Mutter etc, sowie wie von die zitiert den ulemas und seyhülislams, als auch extern durch diverse Verbündete oder Rivalen leicht beeinflussbar waren.
Das waren Herrscher derart großer Imperien aber ohnehin, im Besonderen, was die Entwicklungen an der Peripherie betraf, denn die Möglichkeit diese selbst in Augenschein zu nehmen, gaben die Sturkturen und die Verkehrsmittel nicht her, so, dass der Herrscher auf Berichte von dort angewiesen war und daher nur die subjektiven Ansichten seiner Vertreter vor Ort zu den betreffenden Themen haben konnte, als Grundlage für eigene Meinungsbildung.
Wenn man Machtkämpfe oder Revolten fürchtete und die Prinzen deswegen einsperrte, wäre dann der Bruder-/Prinzenmord nicht eher die bessere Wahl gewesen (auch wenn es sich aus heutiger Sicht grausam anhört) um den einzigen Thronanwärter so gut es geht auszubilden, sodass dieser mit den Problem leichter/besser klarkommt als einer der frisch aus dem Kafes kommt und keine Erfahrung hat? Deswegen nochmal die Frage: Hat der kafes so gesehen nicht auch indirekt seinen Teil zum Untergang des Reiches beigetragen?
Das würde ich so nicht sehen.
Zum einen Machtkämpfe ließen sich ohnehin nicht völlig ausshließen, im besonderen dann, wenn der vormalige Sulatan vorzeitig starb.
Innerhalb des Kafes konnte ein Bruder aber kaum eine eigene Machtbasis aufbauen um einen tatsächlichen Kampf von sich aus aufnehmen zu können. Wen konnte er von da aus instrumentalisieren? Oder fragen wir mal anders, wer wären denn die relavanten Parteien gewesen, um einen Machtwechsel herbei zu führen?
- Verschiendene Hofparteien
- Geistliche Großwürdenträger
- Die Janitscharen
- Die Stadtbevölkerung von Istanbul
Vom Kafes aus, musste die Mobilisierung der Unterstützung für eine eigene Machtübernahme schwierig, bis unmöglich sein.
Anders verhielt es sich natürlich umgekehrt herum. Entsprechende Parteiungen am Hof konnten natürlich einen Prinzen aus dem Kafes als Galionsfigur zur Legitimierung eines eigenen Umsturzes instrumentalisieren.
Das konnten sie aber genau so gut auch mit dem Sohn eines unliebsamen Sultans tun, wie etwa im Fall der Absetzung von Sultan Ibrahim anno 1648, für den man dann seinen minderjährigen Sohn Mehmet IV. auf den Thron setzte, während die faktischen Regierungsgeschäfte bis zur Volljährigkeit in andere Hände übergingen:
İbrahim (Sultan) – Wikipedia
Von dem her, war ein im Kafes lebender Prinz sicherlich keine größere Gefahr, als ein minderjähriger Sohn des Sultans. Von sich aus fehlte beiden die Möglichkeit Machtkämpfe anzuzetteln, als Galionsfigur in solche eingespannt werden, konnten beide.