2.
Zumindest für die damaligen Zeiten! Durch die Freien Reichsstädte etwa verfestigte sich oder gründete sich gar eine Tradition der Selbstverwaltung! Selbstredend, hatte diese frühe Form von Selbstbestimmung, noch nichts mit unserer heutigen Definition von Demokratie gemein! Aber sie war ein wichtiger Meilenstein in diese Richtung. Wären in dieser Richtung mehr Schritte unternommen worden, hätte das HRR vielleicht einen ähnlichen Weg wie England genommen.
Du verrenst dich schon wieder in Widersprüche. Einserseits beklagst du territoriale Zersplitterung als Fortschrittshemmend und eine angeblich zu starke Stellung des Königs/Kaisers, gleichzeitig willst due aber die von
den umliegenden Territorien getrennten reichsunmittelbaren Städte gut finden?
Was genau waren die denn, wenn nicht machtpolitische Stützpunkte des Königs/Kaisers auf Reichsebene und in steuerlicher Hinsicht?
Und wenn diese nicht zur territorialen Zersplitterung des Reiches beitrugen, was dann? Schau dir doch mal näher eine Karte aus dem späten Mittelalter oder der frühen Neuzeit im Besonderen im schwäbischen Raum an. In Summa dürften die reichsunmittelbaren Städte dort mehr mehr an Territorium auf sich vereinigt haben, als die von dir so geschmähten geistlichen Herrschaften, jedenfalls was Schwaben angeht.
Und kleinkarierter als im schwäbischen Raum und den nicht geistlichen Regionen des Rheinlands, war die territoriale Zersplitterung wirklich nirgends im Reich.
Viele Fortschritte in der technischen Entwicklung nahmen ja in den Städten ihren Anfang. Die Zünfte und Gilden zum Beispiel, bildeten ja ein erstes soziales Netz. Zumindest, was die einzelnen Berufe betrifft. Allerdings, waren die Regeln, nicht gerade zahm. Aber dadurch wurde schon mal eine Art Vorläufer unseres heutigen Gewerberechtes geschaffen
Und gerade weil die Zünfte und Gilden ein soziales Netz bildeten, waren sie lange Zeit passionierte Fortschrittsverhinderer, eben weil sie diese Funktion nicht mehr ausführen konnten, wenn jeder technisch vor sich hin reformierte, wie er wollte.
Das durfte in keinem Fall geschehen, denn es hätte ja zur Überflüssigkeit von mindestens Teilen der Zunftmitglieder geführt, wenn technische Neuerungen derart effizient gewesen wären, dass sie in diesen Bereichen effektiv menschliche Arbeitskraft hätten ersetzen können.
Und genau deswegen sind Zünfte, mindestens mit dem Beginn der Neuzeit ziemlich reaktionäre Veranstaltungen, die auf ihre alten Privilegien pochend die Ausbreitung des Manufakturwesens und technischer Neuerungen, die dir Arbeit erleichterten konatkarierten, wo sie konnten.
So gab es zum Beispiel erste Vorschriften, wie manche Güter hergestellt werden sollten. Was verwendet und nicht verwendet werden dürfte. Auch erste Regeln für die Zubereitung von Speisen gab es. Hier ist das sogenannte Reinheitsgebot beim Bier ja am bekanntesten.
Auch wenn, dieses erst relativ spät erlassen wurde 1516. Es gibt ältere Vorschriften.
Ja eben. Und genau diese Regelungen wurden dann später zum Hemmschuh, weil sie in teilen dahingehend ausgelegt wurden, dass es Neuerungen nicht geben dürfe, formal weil sie nicht den Regelungen entsprachen, daher "unehrliche Arbeit" sein, de facto, weil sie so effizient gewesen wären, dass es die wirtschaftlichen Grundlagen der Zunft als sozialem Verband gefährdet hätte.
Das Zunftwesen mag in seinen Anfängen einige Vorteile gehabt haben, spätestens ab dem 15.-16. Jahrhundert ist es allerdings eine massive Hypothek, die den Fortschritt bremst.
Und das sollte man dann, wenn man sich über überschaubare Zeiträume wie 800 Jahre Reichsgeschichte unterhalten möchte, auch sehen.
Auch die Hanse, würde ich noch unter die Pluspunkte des HRR setzen. Es ist schade, dass diese Vereinigung ab dem 15. Jhd. an Bedeutung verlor. Sie stand allerdings in Konkurrenz mit staatlich unterstützten Organisationen aus dem Ausland. Somit war ihr eine Mitwirkung am neuen Überseehandel fast unmöglich. Hier haben sich ja Spanien und Portugal ein Wettrennen geliefert. Und im Mittelmeerraum war ja Venedig tonangebend und über Konkurrenz gar nicht erfreut.
Verzeihung, mal abgesehen davon, dass es "die Hanse" als festen abgeschlossenen Verbund in dieser Hinsicht nicht gab (ich empfehle einfach mal in das kleine Einführungswerk von Hammel-Kiesow zu schauen), hat das, was man gemeinhin unter Hanse, Hense oder Hansa versteht mit den Strutkuren des Reiches an und für sich absolut nichts zu tun.
Das Einzige, was beides miteinander zu schaffen hatte, war dass die dort organisierten Kaufleute theoretisch unter dem Schutz des Kaisers/Königs standen. Das nutzte ihnen wenn sie sich gerade in Bergen, Oslo, Nowgorod oder London bewegten nichts, denn so weit reichte der Arm des Kaisers/Königs nicht und in der nachstaufischen Zeit nutzte dass selbst im niederdeutschen Raum nichts mehr, weil es erstmal keine durchsetzungsfähigen Kaiser/Könige mehr gab, die irgendwas wirksam hätten garantieren können.
Der Rest ist mit Verlaub einfach Unfug, enntschuldige, wenn ich es so deutlich sage.
- Venedig und der ganze Mittelmeerraum, haben im Punkto "Konkurrenz" mit den Hansestädten wenig zu schaffen. Was zunächst mal einfach damit zusammenhängt, dass die hanseatischen Städte zwar den Handel in der Ostsee weitgehend in der Hand hatten, dass aber vorwiegend durch ihre Kapitalmittel und ihre geographische Lage als Umschlagplätze zwischen der Nordsee und den baltischen und russischen Territorien.
Nicht aber durch eigenen Schiffsraum, denn den stellen ab dem Spätmittelalter vor allem die Niederländer (deren Städte zwar zum Reich gehören, in der Regel aber nicht zur "Hanse", sondern die sich in Konkurrenz dazu verhielten). Was den Transport und den Handel angeht, konkurrierten Venedig und die Hansestädte insofern durchaus nicht miteinander (wenn man nicht ohnehin den Landweg nahm), und im Bezug auf die gelieferten Waren erst recht nicht.
Die Hansestädte Produzierten keine orientalischen Gewürze, Seide Wein (in diesem Ausmaß etc.), Venedig produzierte keine von der Hanse Importierten Pelze aus Nowgorod und dergleichen.
- Die Hanse ging auch nicht an irgendwelchen staatlich unterstützten Organisationen aud dem "Ausland" (von welchem Land aus betrachtet eigentlich?) zu Grunde und auch nicht am außereuropäischen Handel (auch wenn sich der Schwerpunkt des Handels natürlich in die Nordsee-Region und den Atlantik verschob, wodurch andere Städte mehr profitierten), sondern letztendlich vor allem daran, dass ihr Modell stets das des Zwischenhändlers gewesen war, dass die Hanse notorisch mit dem Königreich Dänemark über Kreuz lag, die preußischen Hansestädte sich aus dem Bund zunehmend verabschiedeten und eine gesonderte Politik machten und vor allen Dingen auch daran, dass die hanseatischen Händler nicht in dem Maße über eigenen Schiffsraum verfügten, wie zunehmend die Handelszusammenschlüsse und Städte in den Niederlanden und in England.
In dem Moment, wo die dänische Krone den Sund für die hanseatische Schiffahrt sperrte, hatten die hanseatischen Händler ein Problem und selbst ohne dem schmälerte der Zoll ihre Profite.
Sie produzierten verhältnismäßig wenig eigene Waren, die im übrigen Europa reißenden Absatz gefunden hätten (ausgenommen Eisenerzeugnisse), womit die hanseatischen Kaufleute ihre Profite machten, das waren in der Ost-West-Richtung und umgekehrt in der Regel "Reimporte".
Das funktionierte so lange, wie es keine andere Möglichkeit gab, diesen Handel durchzuführen.
Das ändert sich aber ab dem Beginn des 15. Jahrhunderts, als Archangelsk an Nowgorod fällt und es zunehmend möglich ist, hochseetaugliche Schiffe zu bauen.
In den eisfreien Monaten war es seit dem möglich den hanischen Zwischenhandel auszuschalten, was vor allem die Engländer auch zunehmend taten:
Muscovy Company – Wikipedia
Und dann wäre da noch das bereits angemerkte Problem des Schiffsraums. Die hanischen Kaufleute verfügten im immer geringeren Maße selbst über diese Kapazitäten, also waren sie im Besonderen auf niederländische Reeder zunehmend angewiesen und dort blieben dann auch gute Teile der Profite hängen.
Ein weiterr Punkt, der da zunhemnd zum Problem wurde, war dass Faktum, dass es sich mindestens in Teilen um reichsunmittelbare Städte handelte, was es natürlich schwierig machte die territorien der umligengen fürstlichen Herrschaften in einen wirklich zusammenhängenden Wirtscahftsraum zu integrieren.
Im Besonderen auch im Hinblick auf Manpower und Ressourcen für denn Schiffsbau.
In der Hinsicht mussten die hanseatischen Städte, gerade weil sie in dieser Form auf ihre Eigenständigkeit pochten in strukturellen Nachteil England und den (werdenden) Niederlanden geraten, bei wo der Verkehr zwischen den Städten und den umliegenden Gegenden viel unproblematischer war.