Das macht es natürlich nicht einfacher.
Ich versuche es mal auf das "herunterzubrechen" was ich weiß. Allgemein versteht man heute unter Homosexualität die Orientierung auf das eigene Geschlecht. Also Männer oder Frauen. Wobei letztere als Lesben bezeichnet werden.
Fest steht nur, dass ab dem Mittelalter Homosexualität verfolgt wurde.
Jein! Nach christlicher Interpretation waren homosexuelle Handlungen nicht toleriert, und Analverkehr zwischen Männern galt als eine schwere Sünde. Soweit ich informiert bin, war es aber kein Vergehen wie Raub, Mord, Brandstiftung oder Vergewaltigung. Außerdem musste man Homosexuellen auch erst mal auf die Schliche kommen, Tatzeugen waren rar. Eigentlich konnte es nur durch die Beichte herauskommen, und Bewahrung des Beichtgeheimnisses war schon etwas, auf das großer Wert gelegt wurde.
Homosexualität wurde jahrhundertelang eher mit Kirchenbußen als mit Strafjustiz geahndet. So sehr kompetent bin ich nicht, allerdings wurde "Sodomie" und widernatürliche Unzucht im Prozess gegen die Templer diesen vorgeworfen. Sodomie ist eigentlich Verkehr mit Tieren, aber seit dem Spätmittelalter wurde der Begriff Sodomie auch im Zusammenhang mit Homosexualität verwendet und homosexuelle Handlungen mit der Todesstrafe bedroht.
Tabus und Moralvorstellungen setzten der gezielten Verfolgung von Homosexuellen aber Grenzen. Justinian soll ein Gesetz erlassen haben, das "widernatürliche Unzucht und Sodomie" mit Todesstrafe bedrohte. Prokopios von Caesarea wirft Kaiser Justinian und Theodora vor, sie hätten gerne Sodomiten verfolgt, um Feinde loszuwerden und ihr Vermögen einzuziehen. Es gibt aber keine Indizien, dass die Kirche Justinian darin unterstützte, die einzigen, die auf Grund dieses Gesetzes angeklagt und kastriert wurden, waren Isaiah von Rhodos und Alexander von Diospolis.
Bis ins hohe Mittelalter war Homosexualität nur durch Kirchenbußen, nicht durch Kriminaljustiz sanktioniert. Das änderte sich im Zuge der Kreuzzugspropaganda, und das sodomitische Laster wurde gerne Muslimen und Mohammed unterstellt. Es lag nahe, das auch Häretikern und den Anhängern der Ketzerbewegungen unterstellte.
Bis zum 13. Jahrhundert wandelte sich die Bewertung von Homosexualität. Fast überall in Europa waren homosexuelle Handlungen bis dahin als zwar schwere Sünde betrachtet worden, grundsätzlich aber legal. Das änderte sich zwischen 1250 und 1300, und Analverkehr zwischen Männern wurde in ganz Europa als todeswürdiges Verbrechen kriminalisiert.
Trotzdem dürften es relativ wenige Zeitgenossen gewesen sein, die dann tatsächlich deswegen exekutiert wurden. Eigentlich konnte man Homosexuelle nur zuverlässig outen, wenn man sie in flagranti beim Verkehr erwischte, wenn ein Beteiligter aussagte, wenn ein Beichtvater nicht dicht hielt. Viel, viel häufiger hatten Gerichte sich mit Ehebruch und Seitensprüngen zu beschäftigen. Beim homosexuellen Verkehr konnten keine illegitimen Nachkommen entstehen, die Anlass zu langjährigen Erbschaftsstreitigkeiten bieten konnten.
Eine Art Sittenpolizei, die gezielt nach Homosexuellen fahndete, entstand sehr selten. Eine Ausnahme bildete die Stadt Florenz, wo 1432 eine Kammer der Nacht" gegründet wurde, die Homosexuelle verfolgte. Mehrere Pestepidemien hatten die Bevölkerung Florenz von mehr als 100.000 auf ca. 40.000 dezimiert. Die Kammer unterhielt ein Netz von Spitzeln und "V-Leuten". Fast jeder männliche Bewohner über 30 Jahren geriet einmal in den Fokus von Ermittlungen dieser Behörde. Selbst Analverkehr wurde aber nur mit Geldbußen geahndet. Die Kontakte fanden anscheinend nicht in Szenelokalen statt, sondern waren Teil der üblichen Sozialbeziehungen. Nach 70 Jahren endete die Tätigkeit der Behörde. Es hatte sich gezeigt, dass Homosexualität von weiten Kreisen akzeptiert und weitgehend als normal gesehen wurde. Nachdem es die Behörde nicht geschafft hatte, das "widernatürliche Laster" einzudämmen, und man ging wider zu der Linie über, die sich europaweit nicht bewährt hatte: Prinzipielle Androhung der Todesstrafe bei gleichzeitiger Duldung dessen, was sich ohnehin kaum kontrollieren ließ.
Auf dem Territorium des Heiligen Römischen Reichs war 1277 der vermutlich erste Fall von Sodomie, als Rudolf I. von Habsburg einen gewissen von Habisperch zum Scheiterhaufen verurteilte. Der Schwabenspiegel bedrohte Sodomie 1270 mit dem Tod, und in den folgenden Jahrhunderten kam es immer wieder zu Exekutionen, gegen Männer, die sich gemeinglich miteinander vergangen: 1381 in Augsburg, 1431 in Zürich, 1456 in Regensburg. Im Artikel 116 der 1532 von Karl V. erlassenen "Peinlichen Halsgerichtsordnung", der Constitutio Criminalis Carolina wurde Sodomie (Verkehr mit Tieren) und "Unzucht" von schwulen oder lesbischen Paaren mit der Todesstrafe bedrohte.
Während es aber im 18. Jahrhundert in London und Amsterdam zu mehreren Prozessen und großangelegten Verfolgungen kam, waren es im Heiligen Römischen Reich bis zu seinem Ende nur sehr wenige Fälle die tatsächlich verfolgt wurden.
Im Zuge der Aufklärung wurde auch der Ruf und die Forderung nach Abschaffung von "Unzuchtparagraphen", die Ehebruch und Homosexualität mit empfindlichen Strafen bedrohten.
Nicht jeder ging freilich soweit wie Donatien Alphonse Marquis de Sade, der in seinem Werk "Die Philosophie im Boudoir, die Abschaffung der Todesstrafe und die Legalisierung von Homosexualität, aber auch von Pädophilie forderte.
Im 19. und 20. Jahrhundert ging die Verfolgung von Homosexuellen weiter. GB, die USA und Deutschland verhängten teils empfindliche Strafen. Im Deutschen Kaiserreich war es der § 175, der Homosexualität mit Zuchthaus bedrohte. In der Weimarer Republik kaum entschärft, im Nazireich gewaltig verschärft, wurde er erst im Zuge der Justizreformen Ende der 60er, Anfang der 1970er reformiert. Bis 1994 existierte aber der § 175 noch und bedrohte homosexuellen Verkehr Erwachsener mit Jugendlichen unter 17 Jahren mit Strafe, dann wurde er endgültig gestrichen.