Nur hatte Bismarck in Rahmen des Möglichen die Russen durchaus unterstützt.
Also praktisch gar nicht, beim Berliner Kongress.
Gortschakow hatte Bismarck am Ende der Krieg-in-Sicht-Krise öffentlich gedemütigt und damit geprahlt, es wäre Russland, also ihm (Gortschakow) zu danken, das der Frieden gesichert sei.
Öffentlich? gedemütigt? In Gorcakov's
Runderlass vom 13.5.1875 an die
Russ. Bot- und Gesandtschaften notiert jene bekannte Formulierung mit:
L'Empereur [Alexander II.] quitte Berlin parfaitement convaincu des dispositions conciliantes qui y régnent et qui assurent le maintien de la paix.
(via deepl: Der Kaiser [Alexander II.] verlässt Berlin vollkommen überzeugt von den versöhnlichen Gesinnungen, die dort herrschen und die Aufrechterhaltung des Friedens gewährleisten.)
Reinhard Wittmann,
Bismarcks Rußlandpolitik nach der Reichsgründung, in Historische Zeitschrift, Band 186 (1958), Heft 1, S. 261-284, hier S. 267, notiert u.a. dazu:
Die Verstimmung zwischen Bismarck und Gorcakov führte seit der Unterredung, die am 10. Mai beim Besuch des russischen Kaisers in Berlin zwischen ihnen stattfand, zu einem persönlichen Zerwürfnis. Der Inhalt dieses Gesprächs, das größtenteils unter vier Augen geführt wurde, ist so widerspruchsvoll überliefert, daß man sich nur schwer ein zutreffendes Bild davon machen kann.
Bismarcks Darstellung in den „Gedanken und Erinnerungen" ist in keinem Fall aufrechtzuerhalten.
Es ist nicht ausgeschlossen, daß der selbstsichere und selbstgefällige, aber immer höflich-glatte und oft auch geistvolle alte Gorcakov den erregten und entrüsteten deutschen Kanzler in Gegenwart des britischen Botschafters Lord Odo Russell gesprächsweise überspielt und in die Enge getrieben hat.
Keinesfalls ist im bekannten Runderlaß Gorcakovs an die russischen Missionen vom 13. Mai der Anlaß für Bismarcks Beschwerden zu sehen; er war ein erst später hinzugetretenes und — wie sich nachweisen läßt — mit der Zeit vergrößertes und in den Vordergrund gerücktes Moment. Gorcakovs Zirkulardepesche war nicht ungeschickt redigiert, zurückhaltender und vorsichtiger, als sie in Bismarcks irrtümlichen Wiedergaben erscheint, auch durchaus in Übereinstimmung mit den Eindrücken des Kaisers Alexander.
Die Leerzeilen stammen von mir.
Der Zar ließ sich sogar dazu herab seinem Onkel Kaiser Wilhelm I. aus Enttäuschung über den Berliner Kongress den berühmten Ohrfeigenbrief zu schreiben, in dem u.a. Deutschland Undankbarkeit für die russische Haltung 1870 vorgeworfen wurde.
Ohrfeigenbrief.....das war ein Jahr nach dem Berliner Kongress, Briefdatum vom 15. August 1879 - KongressEnde 13. Juli 1878, hat also mit dem Berliner Kongress eher wenig zu tun. Dazwischen lagen Zollerhöhungen und eine von Bismarck im Frühjahr 1879 entfesselte Pressekampagne gegen Gorcakov.
Bereits im Juli 1879 gelang es ihm [Bismarck, Anm. von mir], im Reichstage eine Zweidrittelmajorität für seinen neuen Zolltarif zu erlangen, mit dem eine Ära der Schutzzollpolitik eingeleitet wurde. Der Tarif des Jahres 1879 brachte zunächst einen allgemeinen, nicht allzu hohen Industrieschutz, so wurden die Zölle auf Eisen und Eisenwaren bedeutend erhöht und nach der Feinheit abgestuft. [...] Als wichtigste Änderung aber brachte der neue Zolltarif die Wiedereinführung von Eingangszöllen auf Getreide, Holz, Vieh und tierische Produkte. Zwar waren die Zölle nur mäßig, sie betrugen für Getreide 1 M. per Scheffel, für Holz 0,25 M., für Talg 2 M. per 100 kg, für Pferde 10 M., Ochsen 20 M., Kühe 6 M., Schweine 2,50 M., Schafe 1 M. per Stück (95), aber dennoch erregten sie in Russland, gegen welches sie ja auch in erster Linie gerietet waren, großes Aufsehen.
Quelle:
Die deutsch-russischen Handelsbeziehungen von 1870 bis 1893. | Lexikus
Ansonsten erinnerte der Zar KWI. an die russ. diplomat. Unterstützung KWI.s im preussisch/deutsch-franz. Krieg [in Verbindung mit den Ergebnissen des Berliner Kongress] und bemerkte, Bismarck führe eine persönliche, politisch gefährliche Fehde gegen Gorcakov.