Wie weit in den Alltagleben reichte die Macht der Kirche(n)?

laut Duden bedeutet Christlichkeit christliche Gesinnung. Sollen wir spaßeshalber christliche Gesinnung in deinen Satz einsetzen? oder würde das vielleicht nicht dem entsprechen, was du womöglich ausdrücken wolltest?

Ich werd mich nicht aus dem Fenster lehnen zu entscheiden, was jetzt dem wahren, traditionellen oder eigentlichem Christentum wirklich entspricht und was nicht.

und "religionslos" im Sinne von "Anti-Religiösität" war die NS-Ideologie ganz und gar nicht

Was von Anfang an meine Aussage war. Klar belegt durch meine Beiträge. Was unsere... nennen wir es mal Debatte... letztlich zu nichts anderem macht als einem sinnlosen intelektuellen Schwanzvergleich, den ich nicht begonnen habe.
 
Was von Anfang an meine Aussage war. Klar belegt durch meine Beiträge.
Daraus muss ich schließen, dass deine Wortwahl "Christlichkeit der NSdAP" wohlüberlegt war... - bon. Ich werde keine Suche in Fachliteratur starten, um nachzusehen, ob diese Wortkombination da Usus ist ;)

...wer seine Worte so vorweihnachtlich präzise zu setzen weiß, der verbreitet eine behagliche Adventsstimmung :p:D:D
 
Aber die Religion pauschal und umfassend von den Verbrechen des Faschismus frei zu sprechen, um diese alleine atheistischen Weltanschauung ins Stammbuch schreiben zu können, scheint für dich, ElQ ua die einzige akzeptable Position zu sein.
Moment! Ich habe mich gegen deine Äußerung gewandt, die NSDAP habe sich immer als christliche Partei verstanden.
 
Wenns zur Gretchenfrage kommt: Was denn sonst? Eine islamische Partei wars nicht. Das einzige Parteiprogramm, das es gab, legt es so aus, auch wenn das wegen dem Erscheinungsjahr nicht allzu viel sagt. Die Mehrheit der Mitglieder und der Parteiführung waren Christen, zumindest formal via Kirchenmitgliedschaft.

Wie du selbst schriebst, das ist ja auch nichts völlig unerwartetes:

Die NSDAP war eine Partei in einem in der ersten Hälfte des 20. Jhdts. noch stark christlich geprägtem Land.

Die Partei hat sich halt nie explizit gegen diese christliche Prägung positioniert. Inhaltlich klar, wenn man Massenmord und Krieg nicht mit der Botschaft Jesu vereinbart bekommt. Aber öffentlich? Und Kirche & Deutsche Christen vergraueln?

Grade die Bewegungen und Weltanschauungen, die trotz dieser gesellschaftlichen Prägung dezidiert anti-religiös waren, standen bei den Nazis hingegen auf der Abschussliste, wie Marxisten oder liberale Freidenker. "Atheistisch" oder "materialistisch" waren Begriffe, die in der Propaganda der Nazis durchweg den politischen Feind bezeichneten.

Ich finds aber weiterhin interessant, wieviel Widerspruch mein Einwurf hier hervorruft, wohingegen die These, der ich anfangs entgegen trat, völlig unwidersprochen stehen gelassen wird.
 
Erstens: Ich stimme @Reineke in allen Punkten zu.
Zweitens: 95% der Deutschen bekannten sich zum Christentum - und sie waren es, die die NSDAP an die Macht brachten und bis zuletzt unterstützten; natürlich nicht alle, aber der größere Teil davon. Wer was anderes behauptet, müsste darlegen, wohin diese Christen zwischen 1933 und 1945 verschwunden waren, denn nach 1945 waren sie jedenfalls wieder da.
 
Wenns zur Gretchenfrage kommt: Was denn sonst? Eine islamische Partei wars nicht.
Aber auch keine christliche. Sonst müsste man jeder Partei in einem christlichen Land dieses Attribut geben jeder in einem islamischen das Attribut islamisch....

Die Partei hat sich halt nie explizit gegen diese christliche Prägung positioniert.
Sie hat auch nie die Weimarer Verfassung außer Kraft gesetzt. Trotzdem wäre jeder irritiert, wenn du von den Olympischen Spielen 1936 in der Weimarer Republik sprächest. Die Verfassungstheorie und die Verfassungswirklichkeit klafften nach 1933 eklatant auseinander.
Aus dem „Versäumnis“ der Nazis - Positionen von Rosenberg, Bormann, Himmler klammerst du völlig aus - leitest du ziemlich viel ab.

"Atheistisch" oder "materialistisch" waren Begriffe, die in der Propaganda der Nazis durchweg den politischen Feind bezeichneten.
Ich wüsste nicht, wo die Nazis den Begriff atheistisch als Kampfbegriff für politische Gegner verwendet hätten. Der Begriff materialistisch ist ein Kernbegriff der marxistischen Weltanschauung, der sich scharf von der Metaphysik abgrenzte.

Erstens: Ich stimme @Reineke in allen Punkten zu.
Du stimmst jedem zu, der etwas gegen welche theistische Religion auch immer* schreibt, das ist also nicht aussagekräftig, sondern erwartbar.

Zweitens: 95% der Deutschen bekannten sich zum Christentum - und sie waren es, die die NSDAP an die Macht brachten und bis zuletzt unterstützten
95 % wählten die Nazis und unterstützten Sie bis zuletzt?
37 % wählten die Nazis im Juli 1932. die beiden marxistischen Parteien erhielten zusammen fast genauso viele Prozent, den Rest die bürgerlichen Parteien, sowohl die mit der NSDAP liebäugelnde monarchistische DNVP als auch die des demokratischen Spektrums.
33 % wählten die Nazis in November 1932. Die beiden marxistischen Parteien erhielten zusammen mehr Stimmen. Den Rest die bürgerlichen Parteien pro- und antidemokratischer Coleur.


*Evtl. mit Ausnahme des fliegenden Spaghettimonsters
 
Bzgl. des Drucks (religiöser) arabischer Schriften: das ist einfach viel schwieriger, als bei den lateinbasierten Schriften,
Ja, es ist schwieriger, aber nicht unmöglich. Beweis: Die erste (im Jahr 1727 offiziell erlaubte*) Druckerei, brachte immerhin 19 nichtreligiöse Bücher auf den Markt, dann wurde sie wieder verboten. Das blieb so, bis Napoleon die Druckerpresse nach Ägypten brachte.

* Zitat aus Wikipedia: 1727 erlaubte Sultan Ahmed III. die Errichtung einer Druckerpresse mit arabischen Lettern, die einige säkulare Werke herausgab. Das Drucken religiöser Schriften blieb weiterhin untersagt.
(…)
Die Ägyptische Expedition Napoleon Bonapartes wird an den Beginn einer direkten und aktiven Auseinandersetzung der islamischen Welt mit Europa und europäischem Gedankengut gestellt. Napoleons Invasion brachte die Modernisierung der ägyptischen Provinzverwaltung mit sich; technische Neuerungen aus Europa wurden eingeführt, darunter nicht zuletzt Druckerpressen, die ursprünglich die Proklamationen des Kaisers der Franzosen verbreiten sollten. Schon um 1820 war eine Druckerei in Kairo aktiv. Nach kurzem Widerstand nutzte die al-Azhar-Universität die neue Technik, was Kairo zu einem der Zentren des islamischen Buchdrucks machte. Mekka erhielt 1883 eine Druckerpresse. Der neu eingeführte Buchdruck revolutionierte die Kommunikation und den Austausch von Reformideen innerhalb der intellektuellen Eliten.

PS:
95 % wählten die Nazis und unterstützten Sie bis zuletzt?
Nur weil du mich verkürzt zitierst, konntest du das schreiben. Schäm dich!

 
Wenns zur Gretchenfrage kommt: Was denn sonst? Eine islamische Partei wars nicht. Das einzige Parteiprogramm, das es gab, legt es so aus, auch wenn das wegen dem Erscheinungsjahr nicht allzu viel sagt. Die Mehrheit der Mitglieder und der Parteiführung waren Christen, zumindest formal via Kirchenmitgliedschaft.

Es erscheint aber nicht sinnvoll, das einzig am Hintergrund der Mitglieder oder Funktionäre festzumachen, zumal in einer Gesellschaft, in der man sich nicht aktiv für eine Religion und religiöse Strukturen entscheidet, sondern dort hineingeboren und von der Familie nicht selten entsprechendes vorgegeben bekommt.

Die Partei hat sich halt nie explizit gegen diese christliche Prägung positioniert. Inhaltlich klar, wenn man Massenmord und Krieg nicht mit der Botschaft Jesu vereinbart bekommt. Aber öffentlich? Und Kirche & Deutsche Christen vergraueln?

Es gibt aber einen Unterschied, zwischen tatsächlicher ideologischer Überseinstimmung und opportunistischem Verhalten.

Grade die Bewegungen und Weltanschauungen, die trotz dieser gesellschaftlichen Prägung dezidiert anti-religiös waren, standen bei den Nazis hingegen auf der Abschussliste, wie Marxisten oder liberale Freidenker. "Atheistisch" oder "materialistisch" waren Begriffe, die in der Propaganda der Nazis durchweg den politischen Feind bezeichneten.

Das ist ja unbestritten durchaus richtig, die Frage ist aber, und da würde ich mich @dekumatland anschließen wollen, ist es sinnnvoll die positive Haltung der NSDAP zur Religion am Christentum festmachen zu wollen?

Denn es ist ja durchaus richtig, dass das NS-Regime in seiner Propaganda und Selbtdarstellung sehr oft religiöse Formen nachahmte und versuchte religiöse Bedürfnisse mit seinen Propagandashows anzusprechen, aber ohne dabei unmittelbar inhaltlich an das Christentum anzuknüpfen.

Es ist schon der Kult um das Grab Heinrich Is. etc. genannt worden, genau so, könnnte man den Unsinn mit der "Blutfahne" und den Pseudokult um die erschossenen Putschisten vom November 1923, nennen.
Jedenfalls ntutzte das NS-Regime religiöse Formen als Herrschaftstechnik und war mindestens in dieser Beziehung durchaus nicht areligiös.

Übrigens auf der Ebene würde ich dazu neigen durchhaus eine gewisse ähnlichkeit zur Herrschaftstechnik im Realsozialismus zu sehen, auch wenn ich dem Postulat allzu großer Ähnlichkeitenn zwischen diesen Systemen und dem NS sonst nicht viel abgewinnen kann.

Allerdings, die Schote mit dem Lenin-Mausoleum ist für meine Begriffe inhaltlich nichts anderes als Reliquienkult und die Aufmärsche bei denen die Portraits diverser Parteibosse wie Monstranzen vor der Menge hergetragen wurden, haben auf dieser Ebene durchaus Ähnlichkeiten, mit christliche Prozessionen, wenn man mich fragt.


Zweitens: 95% der Deutschen bekannten sich zum Christentum

Ja und mehr als 2/3 der Wähler in Deutschland bekannten sich am Ende zu Parteien, die programmatisch mit dem Christentum nicht gut oder unvereinbar gewesen sind (NSDAP, KPD, SPD).

Insofern hanndelten sie poiltisch schon während der Zeit der Weimarer Republik ntgegen diesem Bekenntnis.

Wer was anderes behauptet, müsste darlegen, wohin diese Christen zwischen 1933 und 1945 verschwunden waren, denn nach 1945 waren sie jedenfalls wieder da.

Wie wäre es , wenn du uns erklären würdest, wie solche Wahlergebnisse zustande kamen, wenn die Leute ihr Christentum ernst genommen hätten?
 
Ja, es ist schwieriger, aber nicht unmöglich. Beweis: Die erste (im Jahr 1727 offiziell erlaubte*) Druckerei, brachte immerhin 19 nichtreligiöse Bücher auf den Markt, dann wurde sie wieder verboten. Das blieb so, bis Napoleon die Druckerpresse nach Ägypten brachte.

Die Behauptung, die Druckerei in Konstantinopel wäre wieder verboten worden ist dem Artikel überhaupt nicht zu entnnehmen, die hast du erfunden.


İbrahim Müteferrika – Wikipedia

Das die Druckerei in Konstantinopel aufgegeben wurde, scheint eher war mit zu hohen Produktionskosten und ggf. mangelnder Kundschaft zu tun gehabt zu haben.


Was du bei deinem Herumreiten auf dem Verbot vor 1727 nicht berücksichtigst, ist der Umstand, dass ein Verbot an und für sich keine Gewähr dafür ist, dass das faktisch auch umgesetzt wird.
Dadurch, dass im Osmanischen Reich auf griechisch, hebräisch etc. gedruckt werden durfte, gab es im Osmanischen Reich durchaus Druckerpressen, also Infrastruktur dafür, arabisch oder türkisch mit arabischen Lettern theoretisch auch hinter dem Rücken der Obrigkeiten herzustellen, wenn sich das lohnte.

Auch eröffnete die Möglichkeit legal in anderen Sprachen zu drucken natürlich die Möglichkeit den Versuch zu unternehmen, die türkische Sprache einfach über andere Alphabete darzustellen und so ein Verbot arabische Lettern zu drucken zu umgehen und dabei möglicherweise noch Kosten zu sparen.

Ich weiß nicht, ob das mal versucht wurde, aber denkbar wäre so etwas gewesen, die Umstellung von arabischen Lettern auf lateinische Buchstaben unter Attatürk, weist die praktische Machbarkeit ja durchaus nach.
 
Ich weiß nicht, ob das mal versucht wurde, aber denkbar wäre so etwas gewesen, die Umstellung von arabischen Lettern auf lateinische Buchstaben unter Attatürk, weist die praktische Machbarkeit ja durchaus nach.
Mein ehem. Prof. und Chef, der auch Islamwissenschaften studiert hatte (aber als Romanist Prof. ist), meinte mal, dass die arabische Schrift schlecht geeignet sei, um Persisch und Türkisch darzustellen. Ich kann das nicht beurteilen, allerdings haben zumindest das Persische und das magribinische Arabisch Buchstaben, die das klass. Arabisch nicht kennt. Beim Osmanischen glaube ich zu wissen, dass es sich an der persischen Adaption des arab. Alphabets orientierte.
Die hebräische Quadratschrift wird verwendet für Jiddisch und auch Ladino (nicht der alpenromanische Dialekt, sondern das Judenspanische). Ich tue mich aber manchmal schwer, Jiddisch zu lesen, eben weil die Quadratschrift nicht für Deutsch gemacht ist (und natürlich ist Jiddisch auch phonetisch nicht immer ganz einfach, das kommt erschwerend dazu).
 
Mein ehem. Prof. und Chef, der auch Islamwissenschaften studiert hatte (aber als Romanist Prof. ist), meinte mal, dass die arabische Schrift schlecht geeignet sei, um Persisch und Türkisch darzustellen. Ich kann das nicht beurteilen,

Kann ich auch nicht beurteilen, aber ich halte es für denkbar, die Übernahme eines unpassenden Schriftsystems zur Darstellung einer Sprache ist mir aus aus einem anderen Kontext durchaus bekannt, die traditionellen Chinesischen Schriftzeichen wurden z.B. als Schriftsystem in Japan und in Korea eingeführt, obwohl sie zu den dortigen Sprachen nicht unbedingt passen.
In Korea ist man davon abgegangen, in Japan hat man es dadurch gelöst den Zeichen zusätzliche Lesungsmöglichkeiten zuzuschreiben und sie durch Kana (Sammelbezeichnung für Hiragana und Katakana) zu ergänzen um so eine Behelfskonstruktion zu haben.

Der eigentliche Grund, warum ich auf den Trichter komme, ist, dass ich mir vor einigen Jahren mal ein paar Anfängerkenntnisse in Russisch zugelegt habe und mir um mir die kyrillischen Buchstaben einzuprägen dabei mal als Übung angewöhnt hatte, zu veruschen zunächst deutsche Texte/Sätze ihren Lauten nach in die Entsprechung der kyrillischen Buchstaben umzusetzen.

Das funktioniert im Prinzip ganz gut, außer für "h"/"ö"/"ü" und "ch+heller vokal", dafür muss man dann abhilfe schaffen.

Aber im Prinzip funktioniert das natürlich ganz gut und man kannn sich auch in recht kurzer Zeit daran gewöhnen.

So lange das Verbot Drucke herzustellen, nicht die Sprache selbst betraf, sondern nur das Schriftsystem, hätte man ja in ein anderes Schriftsystem umgesetzt drucken und einen handgeschriebenen Schlüssel beilegen können, welcher arabische Buchstabe mit welchem griechischen oder anderen wiedergegeben wurde.

Das zu lesen, wäre für grundsätzlich lesekundige Personen zwar sicherlich etwas herausfordernder gewesen, als Texte im ihnen vertrauten Schriftsystem, aber grundsätzlich hätte man das sicher verstehen können.
 
Vielleicht in deinen Augen. Aber wenn ich schreibe – Zitat:

95% der Deutschen bekannten sich zum Christentum - und sie waren es, die die NSDAP an die Macht brachten und bis zuletzt unterstützten; natürlich nicht alle, aber der größere Teil davon.

du aber dieses Zitat ab dem Semikolon nicht bringst, dann verfälscht du meine Aussage, denn der Semikolon ist ein Satzzeichen zur Verbindung zweier gleichrangiger Sätze oder Wortgruppen.

Das heißt im Klartext, dass ...
Ah, gehörst Du auch zu den Fälschern? Denn du machst ein Punkt dort, wo es im Original ein Gedankenstrich gibt, ab dem der Text ja weiter geht, genauso wie nach dem Semikolon, den @El Quijote unter den Tisch fallen lässt, um sich empören zu können.

Das heißt im Klartext, dass jede Partei, die es auf mehr als 10% brachte, überwiegend von bekennenden Christen gewählt worden sein muss.
Ja, so ist das.

Ich vermisse übrigens hier ein Statement von @dekumatland, unserem Rechtsschreibexperten, der sonst nicht müde wird, auf Fehler und Fehlerchen hinzuweisen. :)
 
Ah, gehörst Du auch zu den Fälschern?

Wieso, sind die 95% nicht korrekt?
Bekannten sich doch nicht 95% der Deutschen zum Christentum?

Falls die 95% korrekt sein sollten, dann ergibt sich mit zwingender Logik die von Dir nicht zitierte Aussage, dass jede Partei, die es auf mehr als 10% brachte, überwiegend von bekennenden Christen gewählt worden sein muss.

EDIT: Ich merke gerade, dass ich auf einen Blödelbeitrag geantwortet habe. Es geht um Punkte, Gedankenstriche und möglicherweise um Leerzeichen.
Dann will ich auch ein bisschen mitblödeln:

95% sind natürlich nicht korrekt, es müssen 95 % sein.

Bei der Machtübernahme durch die Nazis war die Bevölkerung Deutschland zu 95 % christlich oder bekannte sich nur zum christlichen Glauben.

Falls Du abseits von Blödeleien etwas Inhaltliches zur Bedeutung der Zahl 95 zu sagen hast, lass es mich wissen.
 
Zuletzt bearbeitet:
95% der Deutschen bekannten sich zum Christentum - und sie waren es, die die NSDAP an die Macht brachten und bis zuletzt unterstützten; natürlich nicht alle, aber der größere Teil davon.

du aber dieses Zitat ab dem Semikolon nicht bringst, dann verfälscht du meine Aussage,
Selbst wenn ich den Nachsatz nicht als rhetorischen Trick werte, um die zuerst gemachte Aussage - du weißt ja, der erste Eindruck zählt - dann ist die relativierte Aussage (nicht alle, aber der größere Teil davon) dennoch falsch.
½ von 95 % > 37 % (Juli '32)
½ von 95 % > 33 % (November '32)
½ von 95 % > 44 % (Märzwahlen '33, bereits unfrei)

Aber ganz ehrlich: wir wissen doch beide, warum du das so formuliert hast, wie du es formuliert hast, dass es bei dir Methode hat, Vertreter von Religion oder Konfession in schlechtestmöglichem Licht dastehen zu lassen. Du wirst doch wohl hoffentlich nicht glauben, dass alle die dir widersprechen kreuzbrave Leut‘ sind.
 
Lass gut sein, @Sepiola. Mir sagt es einiges, wenn auf den Vorwurf der Fälschung eines Zitats der Diskurs ins Lächerliche gezogen wird. Und das auch noch die Zustimmung von @El Quijote findet.
 
Nun, du verwendest dieselbe Arithmetik, wie Leute, die sagen: „Ossis wählen alle rechts“. Nö, 70 % der Ostdeutschen wählen nicht rechts (also, streng genommen ist die CDU natürlich rechts, aber eben im demokratischen Normbereich und nicht außerhalb davon).
 
@Dion (& indirekt @Reinecke):

Bei der Frage, ob Luthers Antijudaismus dem Antisemitismus Vorschub geleistet haben könnte, war ich ja durchaus bei Dir, aber hier übertreibst Du meiner Ansicht nach. Du bist offensichtlich schon insofern im Irrtum, als dass im 20. Jahrhundert der überwältigende Anteil der christlichen Welt gegen den Faschismus kämpfte, in Wahlen und in Kriegen. Wer handelte nun christlich und wer unchristlich, die Deutschen und Italiener, oder die Vielzahl der christlichen Nationen, die gegen sie zu Felde zogen?

Es stimmt ja, dass gerade der Klerikalismus eine Nähe zum Faschismus aufweist, trotzdem ist es absurd, den Faschismus zur Ausformung des Christentums zu machen. Insbesondere der Nationalsozialismus ist nicht einmal eine Entartung des Christentums, sondern steht dessen Lehren diametral entgegen, wie sich schon im Konflikt zwischen den Nazis und dem österreichischen Ständestaat zeigte, dessen dediziert christliche Staatsordnung nach dem Anschluss rasch abgewickelt wurde.

Es wurde durch andere schon vielfach auf klügere Weise betont, trotzdem schadet die Wiederholung nicht: Die Nazis bedienten sich eines christlichen Anstrichs nur in der Zeit vor ihrer Erlangung der totalen Macht. Die antichristliche Konzeption der Ideologie ist bereits in ihrem Symbol angelegt, dem Hakenkreuz, das Hitler als Antwort auf das Kreuz der Christen entwarf, ein, wie er meinte, kraft- und lebloses Symbol der Schwäche. Die Christen, so Hitler in 'Mein Kampf' sinngemäß, hätten das germanische Sonnenrad angehalten, er werde es wieder in Gang bringen.

Deutsche Christen, die die Nazis unterstützten, handelten ihrer Religion zuwider, also müssen sie sie verworfen haben – oder sie schlossen aus antikommunistischen Motiven einen Pakt mit dem Teufel. Dies dürfte übrigens ein Hauptgrund für viele gläubige Christen und Kleriker gewesen sein, sich den Nazis anzudienen. Was nichts an der Unvereinbarkeit ihres Tuns mit den religiösen Dogmen ändert.

Der Höflichkeit halber, noch ein paar nachgereichte Antworten:
Das kann man für Europa so attestieren. In den USA sieht es mit den Evangelikalen mE anders aus.
Die Evangelikalen sind keine Kirche im christlichen Sinne, sondern ein loser Verbund von Sekten, religiösen Vereinen und den Erben von Reformbewegungen wie den Herrnhutern. Sie bilden eher politisch als theologisch eine Einheit, und auch dies nur im Konflikt mit der Linken.

Was ihren Grad an Liberalität oder Illiberalität angeht, das mag man für eine Wertungsfrage halten, aber wenn diese Organisationen 2023 nicht liberaler wären als ihre Vorgänger 1923 oder 1823, so würden sie gewiss nicht unverheiratete Frauen in den Kongress wählen.
Nun, ich für meinen Teil verstehe unter "Aufklärung" vor allem einen bestimmten sozialen Habitus und damit ein eher kulturgeschichtliches Phänomen, dessen Wirkmächtigkeit im Hinblick auf große Umbrüche ich für meinen Teil eher bezweifle.
Deine Definition widerspricht der meinen nicht, soweit ich das überblicken kann. Der Einfluss der Aufklärer auf Zeitgenossen (gerade auf die breite Masse) wird meines Erachtens in der Tat überschätzt, doch lässt sich in meinen Augen auch nicht bestreiten, dass ihr Wirken im weiteren Verlauf der Geschichte Früchte trug. Eher schon würde ich hinterfragen wollen, ob das sogenannte Zeitalter der Aufklärung seine Bezeichnung insofern verdient, als Newton, Voltaire und Co. keine Philosophie der Rationalität aus dem Nichts erschufen, sondern ihrerseits auf den Schultern anderer standen.
Man muss es gar nicht an den Inhalten totalitärer Systeme festmachen, es reicht eigentlich die religiösen Erweckungs- und Erneuerungsbewegungen im 19. Jahrhundert annzuschauen, den zur Wende des 20. Jahrhunderts immer populärer werdenden Spiritismus mit seinen esoterischen Auswüchsen etc. etc.
Damit wiederum gehe ich nicht konform, denn wie wirkmächtig waren diese Bewegungen in ganzen Zahlen, inwieweit prägten sie Politik und Gesellschaft?

Davon abgesehen lässt sich diese Pluralisierung mit all ihren Auswüchsen, die Du richtig konstatierst, ja gerade als starken Hinweis darauf deuten, dass die Religion an sich in jener bereits auf dem Rückzug war, wie Nietzsche es verkündet hatte, und dass sich gerade diejenigen Charaktere, die für abseitiges oder radikales Gedankengut empfänglich waren, auf Sinnsuche begaben, weil ihnen der klassische Glaube nicht mehr streng, nicht mehr mächtig, nicht mehr stabilisierend genug war.
Hinsichtlich der Liberalisierung des Christentums und dem Vergleich mit der muslimischen Welt:

Ist die (graduelle, davon wirklich liberal im modernen Sinne zu sein, ist es ja mitunter weit entfernt) Liberalisierung des Christentums tatsächlich Ergebnis von Aufklärung?
Alles in allem würde ich sagen: Ja.
Der wissenschaftliche Fortschritt, den die Aufklärer so entscheidend vorantrieben, hat den Anspruch der Religionen unhaltbar gemacht, im Besitz der alleinigen Wahrheit zu sein. Wir werden in philosophischer und empirischer Hinsicht nicht beweisen können, dass es Gott nicht gibt, aber wir sind bereits ziemlich nahe dran, jeden menschlich denkbaren Beweis für seine Existenz entkräftet zu haben.
Ich würde behaupten, dass die Transformation der christlich geprägten Gesellschaften Europas durch die Industrialisierung und die Veränderung der Lebensverhältnisse der Bevölkerung da eine weit mächtigere Triebfeder gewesen sein mögen, als die Aufklärung als ideengeschichtliches oder kulturhistorisches Phänomen, weil dadurch die gesellschaftlichen und materiellen Grundlagen, auf der die christliche Religion einmal aufgerichtet worden war ihr Fundament verlor und daher um eine Reform nicht herum kam.

Wenn in weiten Teilen der muslimisch geprägten Welt eine entsprechende Liberalisierung nicht stattgefunden hat, würde ich eher fehlende Industrialisierung als Transformator der materiellen Grundlagen der Gesellschaft als Ursache betrachten, als fehlende Aufklärung.
Der materielle Fortschritt, der gestiegene Lebensstandard und, vor allem, die gesunkene Sterblichkeit haben sicherlich eine Rolle gespielt, aber ich bezweifle, dass sie die stärkere oder auch nur eine starke Triebfeder waren. Und selbst wenn Du Recht haben solltest, ließe sich immer noch Dein Umkehrschluss auf die islamische Welt bezweifeln. Denn anders lässt sich für mich z.B. der exorbitante Wohlstand, den alle saudischen Bürger genießen, nicht mit der Tatsache vereinen, dass man in Saudi-Arabien noch für Zauberei mit dem Schwert öffentlich hingerichtet werden kann. Einige der reichsten und – zumindest in sozialen, wenn auch nicht in politischen – Markern am höchsten entwickelten Staaten dieser Welt sind die arabischen Monarchien, deren selbst liberalste streng konservativ islamisch und religiös intolerant sind.
Wieso gibt es "säkulare Muslime" nur in der Türkei? Ich denke, die gibt es in jedem Land, in dem Muslime leben. Bei einem Aufenthalt im Iran konnte ich feststellen, dass dort sehr viele Muslime sehr säkular denken und sich auch möglichst so verhalten. Sie gehen nicht oder nur selten in die Moschee und beten nicht 3x am Tag. Die Emanzipationsbewegung iranischer Frauen gegen den Kopftuchzwang in der Öffentlichkeit ist ja sogar hier durch die Medien gegangen.
Stimmt, da hatte ich zu sehr verallgemeinert. Mea culpa. Allerdings denke ich nicht, dass dadurch meine Bemerkungen an sich entkräftet werden.
 
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