Ganz nebenbei sagst du: "sonst wird Sex immer verboten, ist anstößig" – danke, dann sind wir uns einig.
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Die Fleischeslust und übermäßiger Alkoholgenuss waren/sind ein beliebtes und zeitloses Thema von Predigern auf der ganzen Welt.
Wirklich verboten und bis weit ins 20. Jahrhundert auch mit empfindlichen Strafen belegt, war aber eigentlich nur Ehebruch und Sodomie. Sodomie wohlgemerkt in der Bedeutung Sex mit Tieren.
Bis weit ins Hohe Mittelalter wurde Homosexualität unter Männern zwar als Sünde betrachtet, war aber grundsätzlich legal, und wenn überhaupt Fälle bekannt wurden, wurde das allenfalls mit Bußen aber keineswegs mit Kriminaljustiz geahndet.
Das änderte sich im 13. und 14. Jahrhundert, und zwischen 1250 und 1300 und in den meisten europäischen Staaten wurde Analverkehr unter Männern als widernatürliche Unzucht kriminalisiert und vielfach mit der Todesstrafe bedroht.
Tatsächlich aber waren es in ganz Europa nur sehr wenige Menschen die tatsächlich deswegen angeklagt wurden und noch weniger, die deswegen hingerichtet wurden.
Homosexuelle Praktiken, Sodomie war aber ein beliebter Vorwurf, um bestimmte Gruppen wie Templer, Katharer zu diskreditieren. Wenn tatsächlich widernatürliche Unzucht, Homosexualität, Pädophilie, Inzest zur Anklage gebracht wurde, standen meist noch andere Taten im Raum. Dem Blaubart und Kindermörder Gilles de Ray wurde u. a. Pädophilie und Sodomie (im Sinne homosexueller Handlungen) vorgeworfen, und der Werwolf und Kannibale Peter Stubbe wurde u. a. auch wegen Inzest mit der eigenen Tochter angeklagt.
Eine gezielte Fahndung nach und Verfolgung von Homosexuellen war aber recht selten und die Überwachung war unmöglich. In Florenz wurde 1430 eine Behörde geschaffen. Es gab zahlreiche Spitzel und V-Leute. Im Zuge der Ermittlungen gerieten zahlreiche Erwachsene über 30 Jahre mal in den Fokus der "Kammer der Nacht". Nach 70 Jahren wurde die Behörde liquidiert, weil sie letztlich ineffektiv war. Aber auch Analverkehr unter Männern wurde nur mit einer Geldbuße geahndet.
Im gesamten europäischen Mittelalter und in der Frühen Neuzeit dürften es in ganz Europa nur sehr wenige Menschen gewesen sein, die tatsächlich wegen "Sexualdelikten" verfolgt und bestraft wurden.
In solchen Fällen ging es aber tatsächlich meist um schwere Delikte.
Wo es um Sex und opferlose Straftaten ging, und wo tatsächlich äußerst puritanische und repressive Grundsätze herrschten, das war der Umgang mit ledigen Müttern im 18. Jahrhundert. Für eine junge Frau war es eine Katastrophe, ein uneheliches Kind zu bekommen, und auch für einen jungen Mann war es mit Schwierigkeiten verbunden, wenn er ein Mädchen "in Schande" brachte. Gesellschaftliche Stigmatisierung und Verlust des Arbeitsplatzes waren meist die Folge. Das Resultat war eine enorm hohe Zahl von Kindstötungen. Kindstötungen geschahen überproportional häufig im 18. Jahrhundert. Mit dem Ende
Da bewegen wir uns aber längst schon im Zeitalter der Aufklärung, und es war gerade das Zeitalter der Aufklärung, das 18. Jahrhundert das am gnadenlosesten mit Armen und Unterprivilegierten umsprang, dass bei aller Freizügigkeit im europäischen Hochadel die repressivsten Sittengesetze verabschiedete und auch rigoros anwandte.
Eigentlich genau das Zeitalter, in dem Europa die Fesseln abschüttelte und sich von der Kirche emanzipierte.
Bei der erwähnten "Kammer der Nacht" und deren (vergleichsweise zahmer) Sittenpolizei da bewegen wir uns mitten im Zentrum der Renaissance, in Florenz.