Warum sollte das nach Waterloo anders sein, warum gar noch mehr Milde walten lassen?
Inwiefern wäre es denn mehr Milde gewesen ihn über den Teich zu schicken und in Europa auf Lebenszeit zur Persona non grata zu erklären, als Elba?
Ist ja nicht so, dass er auf Elba in einem dunklen Kerker verschmachtet wäre, selbst auf St. Helena nicht.
Somit scheidet eigentlich jeder Ort in Europa, aber eben auch Amerika, wo ihn überhaupt niemand kontrollieren hätte können, aus.
Warum? Es war doch sowohl bei den Russen, als auch bei den Briten Usus Leute irgendwo an den Rand ihres Machtbereichs zu verbannen, ohne dass sie da in besonderem Maße beaufsichtigt worden wären, jedenfalls dauerhaft.
In Russland gab es als Strafmaßnahme für Politische die administrative Verbannung nach jenseits des Ural zunächst an einen bestimmten Ort, wo sich die Person zu melden und gegebenenfalls Zwangsarbeit zu leisten hatte (sofern sie nicht reich genug war einen Ersatzmann dafür zu bezahlen, dass der das erledigte) und häufig folgte dann zu irgendeiner Gelegenheit (Thronbesteigung, eines neuen Zaren, Geburt eines Thronfolger etc. was für Anlässe man in einer Monarchie so eben hat), eine bedingte Amnestie, die Arbeitszwang und Beaufsichtigung aufhob unter der Prämisse, dass sich die Person weder politisch betätigte, noch auf der europäischen Seite des Ural sehen ließ.
Wie die britische Strafpraxis in Australien aussah, damit kenne ich mich weniger aus, kann mir aber schwer vorstellen, dass dorthin verbannte Straftäter allerorten unter Dauerüberwachung standen.
Wozu auch?
Was Napoléon angeht, gut, den hätte man halt von Europa fernhalten müssen.
Das heißt man hätte eine Hand voll Leute gebraucht , die ein Auge auf ihn geworfen und Kontakt nach Europa gehalten hätten um vorgewarnt zu sein, falls er versuchen sollte irgendwie nach Europa auszubüchsen.
Das wäre es doch aber gewesen.
Es ist aber eine fast witzige Vorstellung, sich den Kaiser als Bienenzüchter/Imker auf einer Farm in den USA vorzustellen - kann man das wirklich glauben, dass das seine Idee vom Lebensabend gewesen sein soll, wie er behauptete?
Warum denn nicht?
Mit Waterloo musste er eigentlich wissen, dass er politisch fertig war, weil sich die europäischen Mächte wahrnehmbar darauf verständigt hatten ihn nicht mehr auf dem Thron zu dulden.
Bei seiner Rückkehr von Elba konnte er sich vielleicht noch die Illusion machen, dass die anderen Mächte Frieden halten würden, wenn er selbst keinerlei Aggression zeigte, danach konnte er das nicht mehr.
Selbst wenn er sich Chancen ausgerechnet hätte Frankreich noch ein weiteres Mal für sich gewinnen zu können, musste ihm die herrschaft der 100 Tage doch klar gemacht haben, dass er gegen ganz Europa nicht ankam und dass das zwecklos war.
Selbst wenn der bei Waterloo die zusammengewürfelten Heere der Preußen, der Briten und ihrer verbündeten Niederländer, Belgier und deutschen Kleinstaaten geschlagen hätte, hätte das nur dazu geführt, dass er es anschließend mit den Österreichern und Russen zu tun bekommen hätte, während die Briten und Preußen Zeit gehabt hätten sich zu erhohlen und neue Truppen auszuheben.
Er musste verstanden haben, dass das alte Spiel die Koalitionsmächte von einander zu trennen und zu Separatfrieden zu schließen nnicht mehr funktionierte und die ihn einfach so lange mit neuen Truppen bewerfen würden, bis das über Frankreichs Kräfte ging.
Und was hätte er in Amerika sonst groß anfangen wollen?
Dort wäre er nicht der Kaiser der Franzosen gewesen, sondern ein Privatmann und bestenfalls ein ausgedienter Militär ohne eigene Armee.
Vielleicht hätte man ihn in den USA als Militärberater angestellt oder sowas.
Das er sich da noch in große politische Abenteuer eingelassen hätte, kann ich mir schwer vorstellen, im Gegensatz zu Frankreich hätte er da nirgendwo eine Hausmacht gehabt, wäre ein Außenseiter gewesen und auch schlicht zu alt, um mit dem entsprechenden Netzwerken völlig neu und bei Null anzufangen.
Ich wage übrigens auch zu bezweifeln, dass jemand, der sich selbst "Kaiser" und "König" genannt hatte, in der amerikanischen Politik besonders viel bereitwillige Aufnahme gefunden hätte oder dass man den Man in irgendwelche Spitzenämter hätte kommen lassen, da wäre wohl schon die Paranoia der angelsächsischen politichen Kultur vor irgendwelchen tyrannischen Königen davor gewesen.
Wenn man bedenkt, wie extrem kritisch im angelsächsischen Kulturraum staatliche Macht und staatliches Eingreifen in persönliche Freiheiten und Privateigentum schon immer gsehen wurde, ist es höchst unwahrscheinlich, dass man dort jemanden, der früher Ambitionen gezeigt hatte sich zum Monarchen zu machen, der bei Besteuerung, Requisitionen und Konskriptionen immer schnell bei der Hand war, wenn es ihm passte, irgendwelchen Einfuss eingeräumt hätte.
Und es ist ja durchaus so, dass Napoléon wusste, dass er an massiven gesundheitlichen Beschwerden litt, dass hatte ihn ja schon mehrfach befallen.
Warum aus so einem Zustand heraus wieder versuchen sich in die europäische Politik zu mischen.
Die Flucht von Elba war eine Gelegenheit, zumal die Koalition gerade dabei war, sich wegen Sachsen und Polen zu zerstreiten und so gesehen die Chancen wenigstens mit einem Teil der Mächte zusammenarbeiten zu können, auf den ersten Blick nicht schlecht waren.
Es musste aber klar sein, dass eine solche Gelegenheit nicht wieder kommen würde und wenn es schon nach Elba nicht klappte, dann auch nie mehr funktionieren würde.