Hallo liebe Mitforumisten,
mit dem Thema Historische Atlanten meine ich mitnichten Atlanten, die 20, 50 oder 100 Jahre alt sind, sondern Atlanten die sich mit Geschichte beschäftigen. Ich sammele diese, möchte die, welche ich besitze, kurz vorstellen und wäre auch interessiert zu erfahren, welche Atlanten ihr habt, wie ihr sie einschätzt etc.
Mein Hauptinteresse an historischen Atlanten ist die Verwendbarkeit im Schulunterricht und die thematische oder regionale Spezialisierung. Verwendbarkeit im Schulunterricht mache ich u.a. daran fest, ob sich eine Karte gut auf Folie kopieren lässt, was bei Karten, die über eine Doppelseite reichen, eher schwierig ist.
Allgemein
Die beiden ersten Geschichtsatlanten wird wohl jeder kennen, da wären einmal der dtv-Atlas zur Weltgeschichte, dessen Taschenbuchformat vor allem für Schüler recht gut geeignet ist und einen ersten Einblick in eine nicht so stark eurozentrierte Weltgeschichte bietet und der Historische Weltatlas von Putzger. Dieser ist großformatig, die Karten eignen sich für den Schulunterricht o.ä.
Der dtv-Atlas zur Weltgeschichte ist zweibändig, Bd. 1 Von den Anfängen bis zur Französischen Revolution und Bd. 2 Von der Französischen Revolution bis zur Gegenwart. Wobei Gegenwart relativ ist... meine Ausgaben entstammen der 24. Auflage von 1990 und enden bei 1977.
Mein Putzger ist relativ neu, ich habe eine Auflage von 2002, die bis 2005 gültig ist.
Er ist eingeteilt in Vor- und Frühgeschichte, Altertum, Mittelalter, Neuzeit und 19. und 20. Jahrhundert und zeigt die Entwicklungsphasen aller Kontinente, wobei natürlich Europa und Deutschland sehr intensiv behandelt werden.
Thematisch
Von meinen thematischen Atlanten beschäftigt sich der von Angus McKay und David Ditchburn herausgegebene Atlas of Medieval Europe mit dem europäischen Mittelalter im allgemeinen, von der Völkerwanderungszeit bis ins 16. Jahrhundert, religiöse, soziale bzw. ökonomische und politische Entwicklungen werden in einfachen und übersichtlichen Karten, sowohl im europäischen als auch im regionalen Kontext thematisiert. Inzwischen gibt es, glaube ich, auch eine deutsche Ausgabe.
Der Große Bildatlas der Kreuzzüge von Jonathan Reilly-Smith beschäftigt sich detaillierter mit den Kreuzzügen. Neben den klassischen Kreuzzügen ins 'Heilige Land' beschäftigt sich dieser auch mit den späteren Kreuzzügen, der Geschichte der Ritterorden bis heute und den europäischen Kreuzzügen nach Pommern, Spanien und gegen die Katarer. Es werden zeitgenössische Stadtansichten und archäologische Befunde dargelegt.
Günther Kettermanns Atlas zur Geschichte des Islam bildet die Zeit von Mohammed bis zur Einnahme Afghanistans durch die Taliban ab. Mein Exemplar ist vor dem 11. September erschienen, letzte Daten sind von 1998. Ob eine Neuauflage die globalen Geschehnisse in irgendeiner Form berücksichtigt, weiß ich leider nicht. (Infos wären hier willkommen!)
Knaurs Bildatlas Drittes Reich von Wilhelm J. Wagner ist eigentlich kein Kartenwerk, sondern eher eine kurze Geschichte des dritten Reiches in der Karten und Statistiken vermehrt verwendet werden. Aber hier wird deutlich mehr Gewicht auf den Text, als auf die Karten gelegt. Auf 175 Seiten sind nur 46 Karten abgedruckt. Dass ich mir den Atlas trotzdem gekauft habe, lag wohl daran, dass ich ihn preiswert bekommen habe und an einer in ihm abgedruckten Original-Karte, welche die geographische Verteilung der europäischen Rassen (Nordisch, ostisch, westisch etc.) im Weltbild der Nazis verdeutlicht. Die Karten zeichnen Hitlers Lebensweg und die Entwicklung des Zweiten Weltkrieges nach. Sie geben Auskunft über das Wahlverhalten in der Weimarer Republik, über die Arbeitslosigkeit und die Standorte der Konzentrations- und Vernichtungslager und deren Abhängigkeiten etc.
Der Atlas des Zweiten Weltkrieges. Vom Polenfeldzug bis zur Schlacht um Berlin von David Jordan und Andrew Wiest ist ziemlich detailtreu. Da die Autoren Engländer sind, kommt auch der Pazifikkrieg nicht zu kurz. Neben Übersichtskarten und kleinen Ausschnitten werden einzelne Schlachten auch per Sandkastenmodell dargestellt. Das große Manko ist das völlige Fehlen von Informationen respektive des von den Nazis geführten Vernichtungskrieges. Nur das KZ Treblinka wird kurz im Zusammenhang mit dem Aufstand des Warschauer Ghettos erwähnt. So als wäre die ganze Diskussion über die sogenannte Wehrmachtsausstellung an den Autoren vollkommen vorüber gegangen.
Regional
Der Breve Atlas de Historia de España, der wie man deutlich erkennen kann, spanisch ist, hat einen offensichtlich teleologischen Charakter. Im Prinzip ist die Darstellung so, als sei die ganze iberische Geschichte so verlaufen, das nur die autonomen Regionen in ihrer heutigen Gestalt hätten entstehen können. Hört sich jetzt sehr kritisch an, ist aber nur eine Beobachtung.
Die historische Bandbreite dieses Atlas’ beginnt bei den Phöniziern und endet in den neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts. Ich habe ihn als regionalen Atlas eingestuft, aber ab 1500 ist er das nur noch teilweise. Natürlich werden auch die Kolonien in Lateinamerika, Afrika und auf den Philippinen nicht außer Acht gelassen. Herausgeber sind die beiden Geschichtsprofessoren von der Universidad Autónoma de Madrid Juan Pro und Manuel Rivero.
Auch den Historischen Atlas Deutschland habe ich mir letztendlich nicht voller Überzeugung gekauft: die Karten sind wenig detailliert.
Der historische Umfang des Atlas bietet einen Abriss der deutschen und germanischen Geschichte von den Römern bis zur Wiedervereinigung, NATO und EU, ohne dabei in altbekannte germanophile Muster zu verfallen. Im zweiten Teil des Buches wird die Entstehung der Regionen bis hin zu den heutigen Bundesländern beleuchtet. In einem dritten Teil werden mitteleuropäische Länder und Regionen vorgestellt, die irgendwann einmal zum deutschen Reich gehört haben, bzw. auf welche Deutschland irgendwann einmal Anspruch erhoben hat, die nun eigenständig sind bzw. Nachbarländern angehören.
Kartengeschichte
Ute Schneiders Die Macht der Karten ist kein Atlas im klassischen Sinne, sondern greift eher die Ideen der Karten und Atlanten und die mit ihnen verbundenen Nutzen, Ideen und politischen Implikationen auf. Auch auf die mind map, die Karte im Kopf, und wie diese unser Weltbild bestimmt, geht die Autorin detailliert ein.
Noch einmal die einzelnen Atlanten:
- Jordan, David; Wiest, Andrew: Der Atlas des Zweiten Weltkrieges. London 2004/ Wien 2005.
- Kettermann, Günther: Atlas zur Geschichte des Islam. Darmstadt 2001.
- McKay, Angus; Ditchburn, David: Atlas of Medieval Europe. London, NY 1997.
- Pro, Juan; Rivera, Manuel: Breve Atlas de Historia de España. Madrid 1999.
- Putzgers Historischer Weltatlas.
- Reilly-Smith, Jonathan: Der Große Bildatlas der Kreuzzüge. Freiburg, Basel, Wien 1992.
- Schneider, Ute: Die Macht der Karten. Eine Geschichte der Kartographie vom Mittelalter bis heute. Darmstadt 2004.
- Scheuch, Manfred: Historischer Atlas Deutschland. Wien 1997.
- Wagner, Wilhelm J.: Knaurs Bildatlas Drittes Reich. Augsburg 2001.
- DTV Taschenatlas Geschichte in zwei Bänden.
Meinungen? Anregungen? Empfehlungen?
El Quijote
mit dem Thema Historische Atlanten meine ich mitnichten Atlanten, die 20, 50 oder 100 Jahre alt sind, sondern Atlanten die sich mit Geschichte beschäftigen. Ich sammele diese, möchte die, welche ich besitze, kurz vorstellen und wäre auch interessiert zu erfahren, welche Atlanten ihr habt, wie ihr sie einschätzt etc.
Mein Hauptinteresse an historischen Atlanten ist die Verwendbarkeit im Schulunterricht und die thematische oder regionale Spezialisierung. Verwendbarkeit im Schulunterricht mache ich u.a. daran fest, ob sich eine Karte gut auf Folie kopieren lässt, was bei Karten, die über eine Doppelseite reichen, eher schwierig ist.
Allgemein
Die beiden ersten Geschichtsatlanten wird wohl jeder kennen, da wären einmal der dtv-Atlas zur Weltgeschichte, dessen Taschenbuchformat vor allem für Schüler recht gut geeignet ist und einen ersten Einblick in eine nicht so stark eurozentrierte Weltgeschichte bietet und der Historische Weltatlas von Putzger. Dieser ist großformatig, die Karten eignen sich für den Schulunterricht o.ä.
Der dtv-Atlas zur Weltgeschichte ist zweibändig, Bd. 1 Von den Anfängen bis zur Französischen Revolution und Bd. 2 Von der Französischen Revolution bis zur Gegenwart. Wobei Gegenwart relativ ist... meine Ausgaben entstammen der 24. Auflage von 1990 und enden bei 1977.
Mein Putzger ist relativ neu, ich habe eine Auflage von 2002, die bis 2005 gültig ist.
Er ist eingeteilt in Vor- und Frühgeschichte, Altertum, Mittelalter, Neuzeit und 19. und 20. Jahrhundert und zeigt die Entwicklungsphasen aller Kontinente, wobei natürlich Europa und Deutschland sehr intensiv behandelt werden.
Thematisch
Von meinen thematischen Atlanten beschäftigt sich der von Angus McKay und David Ditchburn herausgegebene Atlas of Medieval Europe mit dem europäischen Mittelalter im allgemeinen, von der Völkerwanderungszeit bis ins 16. Jahrhundert, religiöse, soziale bzw. ökonomische und politische Entwicklungen werden in einfachen und übersichtlichen Karten, sowohl im europäischen als auch im regionalen Kontext thematisiert. Inzwischen gibt es, glaube ich, auch eine deutsche Ausgabe.
Der Große Bildatlas der Kreuzzüge von Jonathan Reilly-Smith beschäftigt sich detaillierter mit den Kreuzzügen. Neben den klassischen Kreuzzügen ins 'Heilige Land' beschäftigt sich dieser auch mit den späteren Kreuzzügen, der Geschichte der Ritterorden bis heute und den europäischen Kreuzzügen nach Pommern, Spanien und gegen die Katarer. Es werden zeitgenössische Stadtansichten und archäologische Befunde dargelegt.
Günther Kettermanns Atlas zur Geschichte des Islam bildet die Zeit von Mohammed bis zur Einnahme Afghanistans durch die Taliban ab. Mein Exemplar ist vor dem 11. September erschienen, letzte Daten sind von 1998. Ob eine Neuauflage die globalen Geschehnisse in irgendeiner Form berücksichtigt, weiß ich leider nicht. (Infos wären hier willkommen!)
Knaurs Bildatlas Drittes Reich von Wilhelm J. Wagner ist eigentlich kein Kartenwerk, sondern eher eine kurze Geschichte des dritten Reiches in der Karten und Statistiken vermehrt verwendet werden. Aber hier wird deutlich mehr Gewicht auf den Text, als auf die Karten gelegt. Auf 175 Seiten sind nur 46 Karten abgedruckt. Dass ich mir den Atlas trotzdem gekauft habe, lag wohl daran, dass ich ihn preiswert bekommen habe und an einer in ihm abgedruckten Original-Karte, welche die geographische Verteilung der europäischen Rassen (Nordisch, ostisch, westisch etc.) im Weltbild der Nazis verdeutlicht. Die Karten zeichnen Hitlers Lebensweg und die Entwicklung des Zweiten Weltkrieges nach. Sie geben Auskunft über das Wahlverhalten in der Weimarer Republik, über die Arbeitslosigkeit und die Standorte der Konzentrations- und Vernichtungslager und deren Abhängigkeiten etc.
Der Atlas des Zweiten Weltkrieges. Vom Polenfeldzug bis zur Schlacht um Berlin von David Jordan und Andrew Wiest ist ziemlich detailtreu. Da die Autoren Engländer sind, kommt auch der Pazifikkrieg nicht zu kurz. Neben Übersichtskarten und kleinen Ausschnitten werden einzelne Schlachten auch per Sandkastenmodell dargestellt. Das große Manko ist das völlige Fehlen von Informationen respektive des von den Nazis geführten Vernichtungskrieges. Nur das KZ Treblinka wird kurz im Zusammenhang mit dem Aufstand des Warschauer Ghettos erwähnt. So als wäre die ganze Diskussion über die sogenannte Wehrmachtsausstellung an den Autoren vollkommen vorüber gegangen.
Regional
Der Breve Atlas de Historia de España, der wie man deutlich erkennen kann, spanisch ist, hat einen offensichtlich teleologischen Charakter. Im Prinzip ist die Darstellung so, als sei die ganze iberische Geschichte so verlaufen, das nur die autonomen Regionen in ihrer heutigen Gestalt hätten entstehen können. Hört sich jetzt sehr kritisch an, ist aber nur eine Beobachtung.
Die historische Bandbreite dieses Atlas’ beginnt bei den Phöniziern und endet in den neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts. Ich habe ihn als regionalen Atlas eingestuft, aber ab 1500 ist er das nur noch teilweise. Natürlich werden auch die Kolonien in Lateinamerika, Afrika und auf den Philippinen nicht außer Acht gelassen. Herausgeber sind die beiden Geschichtsprofessoren von der Universidad Autónoma de Madrid Juan Pro und Manuel Rivero.
Auch den Historischen Atlas Deutschland habe ich mir letztendlich nicht voller Überzeugung gekauft: die Karten sind wenig detailliert.
Der historische Umfang des Atlas bietet einen Abriss der deutschen und germanischen Geschichte von den Römern bis zur Wiedervereinigung, NATO und EU, ohne dabei in altbekannte germanophile Muster zu verfallen. Im zweiten Teil des Buches wird die Entstehung der Regionen bis hin zu den heutigen Bundesländern beleuchtet. In einem dritten Teil werden mitteleuropäische Länder und Regionen vorgestellt, die irgendwann einmal zum deutschen Reich gehört haben, bzw. auf welche Deutschland irgendwann einmal Anspruch erhoben hat, die nun eigenständig sind bzw. Nachbarländern angehören.
Kartengeschichte
Ute Schneiders Die Macht der Karten ist kein Atlas im klassischen Sinne, sondern greift eher die Ideen der Karten und Atlanten und die mit ihnen verbundenen Nutzen, Ideen und politischen Implikationen auf. Auch auf die mind map, die Karte im Kopf, und wie diese unser Weltbild bestimmt, geht die Autorin detailliert ein.
Noch einmal die einzelnen Atlanten:
- Jordan, David; Wiest, Andrew: Der Atlas des Zweiten Weltkrieges. London 2004/ Wien 2005.
- Kettermann, Günther: Atlas zur Geschichte des Islam. Darmstadt 2001.
- McKay, Angus; Ditchburn, David: Atlas of Medieval Europe. London, NY 1997.
- Pro, Juan; Rivera, Manuel: Breve Atlas de Historia de España. Madrid 1999.
- Putzgers Historischer Weltatlas.
- Reilly-Smith, Jonathan: Der Große Bildatlas der Kreuzzüge. Freiburg, Basel, Wien 1992.
- Schneider, Ute: Die Macht der Karten. Eine Geschichte der Kartographie vom Mittelalter bis heute. Darmstadt 2004.
- Scheuch, Manfred: Historischer Atlas Deutschland. Wien 1997.
- Wagner, Wilhelm J.: Knaurs Bildatlas Drittes Reich. Augsburg 2001.
- DTV Taschenatlas Geschichte in zwei Bänden.
Meinungen? Anregungen? Empfehlungen?
El Quijote
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