Identifizierung eines unbekannten germanischen Anthroponyms

cyrus

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Hallo liebe Benutzer, ich möchte um Mithilfe bei der Entdeckung eines germanischen Anthroponyms bitten, das von einem bronzenen Gürtelgarnitur aus dem Grab eines langobardischen Kriegers entfernt wurde.
Dieses Grab enthält nur den Bronzegürtel, während ein anderes auch ein Scramasax enthält.
Diese Gräber wurden in der Kathedrale von Venosa in Süditalien entdeckt, die im Mittelalter die langobardische Herzogtum Benevent gehörte.
Ich poste Fotos aus verschiedenen Winkeln, weil ich nicht weiß, von welcher Seite man lesen kann.
Ich werde verrückt!
Ich kann lesen "AOEN" oder "NEOA".
 

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Wieso bist du so sicher, dass es sich um ein Anthroponym handelt?

Also ich sehe ✝ (drei Kreise) WOEN ✝ oder ✝ (drei Kreise) WOFN ✝
Das ist, was meine Lateinschrift zu lesen gewohnten Augen sehen. Eine Umzeichnung, die besser unterscheidet, was Einritzung und was ggf. Fleck ist (siehe meine Zweifel bzgl. E oder F), wäre gut.
 
Der erste Buchstabe ist eindeutig ein A, die Spitze des Buchstabens ist sichtbar.
Der unsichere Buchstabe ist E oder F.
Ich sehe nicht, was diese Gravur sonst sein könnte, wenn nicht ein Anthroponym, vielleicht nicht germanisch, sondern awarisch oder slawisch?
Der Fund stammt aus der Mitte des 7. Jahrhunderts.
Während dieser Zeit wurde das langobardische Herzogtum Benevent von Grimoald regiert, der eine ausländische Prinzessin namens Itta heiratete.
Im Herzogtum lebten viele Barbarenvölker.
 
Dies ist ein Bild des Gürtels im Venosa-Museum.
 

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Auf dem letzten Foto (die Vitrine) ist auf der Zeichnung das W für mich nicht mehr als Buchstabe erkennbar, das E ist deutlich als F zu sehen.
(W?) O F N vermag ich nicht zu verstehen und kann nicht nachvollziehen, warum das als Name bezeichnet wird; die Beschilderung teilt den "Namen" ja auch nicht mit. (evtl eine Abkürzung? aber wovon?)

Wie kommst du auf evtl slawisch oder awarisch? Der Gürtel ist aufwändig, also war der Eigentümer aus der Oberschicht. Awarische und slawische Personennamen in der langobardischen/romanischen Oberschicht dürften eher sehr selten sein (?)
 
Im italienischen Kulturgüterkatalag steht dazu folgendes:
La cintura trova vari confronti con simili manufatti rinvenuti in sepolture di ambito longobardo in Italia centrale ed in Friuli. In particolare, l'appartenenza ad un longobardo convertito al cristianesimo è confermata dal nome (presumibilmente) del proprietario inciso sul retro di 389901.2 (il puntale principale), inciso tra una croce ed un serpente
Es heißt also, dass es sich vermutlich um den Namen eines zum Christentum konvertierten Langobarden handelt.
 
Gehört nicht ganz zum Thema; aber ist das eine Info, die man bei Paulus Diaconus et al. lesen darf oder wird das anhand der Vielfältigkeit so mancher Grabbeigaben begründet?
Entschuldigen Sie die große Verzögerung bei der Antwort, aber ich hatte Ihre Frage nicht bemerkt.

Es gibt zahlreiche archäologische und historische Quellen.
Beispielsweise wurden die von Paulus Diaconus erwähnten Bulgaren in der Nekropole von Campochiaro in Molise gefunden (wo die Ritter mit ihren Pferden begraben wurden), doch gibt es in Apulien mehrere Gräber, deren Individuen Merkmale der mongolischen oder eurasischen Steppe aufweisen.
Wir wissen auch, dass Herzog Romuald Itta, eine junge ausländische Prinzessin, heiratete und dass mehrere Personen anthropologisch slawischer Herkunft waren oder aus Illyrien stammten.
Meine Frage zu dem in das Gürtelsiegel eingravierten Namen rührte von der Annahme her, dass dieses Anthroponym vielleicht barbarisch, aber nicht germanisch war.
Das Problem besteht darin, dass Sie den Namen nicht entziffern können, da der Buchstabe "A“ auf dem Kopf steht und der Buchstabe "E oder F“ rückwärts steht.
 
Ich nehme an, Du meinst Herzog Romuald I. von Benevent? Seine Mutter hieß (wie Du weiter oben richtig geschrieben hast) Ita (Paulus Diaconus, Historia Langobardorum IV 46). Von ihr erfahren wir nur, dass sie eine (Kriegs-?)Gefangene und vornehm war: "Hic de captiva puella, sed tamen nobili, cuius nomen Ita fuit, Romualdum filium et duas filias genuit." = "Dieser (=Grimuald) zeugte mit einem gefangenen, aber dennoch vornehmen Mädchen, dessen Name Ita war, einen Sohn Romuald und zwei Töchter." Sonst ist über diese Ita anscheinend nichts bekannt, also auch nicht, woher sie wirklich stammte. Sie muss also keine "Barbarin" oder "Ausländerin" gewesen sein. Da der Name Ita oder Itta im langobardischen Umfeld öfters auftaucht, könnte sie auch aus einem rivalisierenden Fürstentum gewesen sein.
 
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Ich nehme an, Du meinst Herzog Romuald I. von Benevent? Seine Mutter hieß (wie Du weiter oben richtig geschrieben hast) Ita (Paulus Diaconus, Historia Langobardorum IV 46). Von ihr erfahren wir nur, dass sie eine (Kriegs-?)Gefangene und vornehm war: "Hic de captiva puella, sed tamen nobili, cuius nomen Ita fuit, Romualdum filium et duas filias genuit." = "Dieser (=Grimuald) zeugte mit einem gefangenen, aber dennoch vornehmen Mädchen, dessen Name Ita war, einen Sohn Romuald und zwei Töchter." Sonst ist über diese Ita anscheinend nichts bekannt, also auch nicht, woher sie wirklich stammte. Sie muss also keine "Barbarin" oder "Ausländerin" gewesen sein. Da der Name Ita oder Itta im langobardischen Umfeld öfters auftaucht, könnte sie auch aus einem rivalisierenden Fürstentum gewesen sein.
Danke für die Korrektur, ich war verwirrt. Was den Namen betrifft, so scheint er mir eigentlich nicht spezifisch lombardisch, sondern eher fränkisch oder germanisch, könnte aber auch griechisch sein.
Meine Hypothese basiert auf der Tatsache, dass Ita, eine Gefangene (als Ergebnis eines Friedensabkommens), adeliger Herkunft war und aus einem Gebiet außerhalb des lombardischen Herzogtums Benevent stammte. Grimoald kämpfte gegen die Slawen, Awaren und Byzantiner, hatte aber auch Kontakt zu den Franken. Außerdem glaube ich nicht, dass Ita eine ursprünglich aus Süditalien stammende Frau gewesen sein kann, da mir keine Konflikte mit anderen lombardischen Herzogtümern bekannt sind. Tatsächlich gelang es Grimoald, wie nur wenigen anderen lombardischen Königen, die Unterstützung der Langobarden von Spoleto und Tuscia zu gewinnen, sowohl während seines Aufstiegs nach Norden, um König zu werden, als auch während seines Abstiegs nach Süden, um seinem Sohn Romuald zu helfen.
 
Was den Namen betrifft, so scheint er mir eigentlich nicht spezifisch lombardisch, sondern eher fränkisch oder germanisch,
Das verstehe ich nicht so recht. Die Langobarden waren doch (ursprünglich) Germanen, wieso scheidest du lombardische/langobardische Namen und fränkisch/germanisch? Im Italienischen werden doch bis heute auch einige germanische Namen verwendet. (Womit ich nichts zum Namen Ita und zur Herkunft der historischen Ita gesagt habe, es geht mir nur um die vermeintliche Opposition zwischen germanisch und lombardisch.
 
Das verstehe ich nicht so recht. Die Langobarden waren doch (ursprünglich) Germanen, wieso scheidest du lombardische/langobardische Namen und fränkisch/germanisch?
Der Frage schließe ich mich an!
Nach meiner Kenntnis (RGA Sonderband Trümmersprachen) ist langobardisch eindeutig eine germanische Sprache (dem altbayrischen und evtl den gotischen ähnlich/verwandt)
 
Ich habe vom Autor des Textes ein etwas teures Buch gefunden, vielleicht findet man dort einen passenden Namen:
"Romanische, langobardische, transalpine und hybride Personennamen im regnum Italiae des 9.Jahrhunderts. Onomastische und historische Reflexionen zu oberitalienischen Namenbeständen."
Wolfgang Haubrichs, Neue Wege der Frühmittelalterforschung - Bilanz und Perspektiven,
 
Meine Hypothese basiert auf der Tatsache, dass Ita, eine Gefangene (als Ergebnis eines Friedensabkommens), adeliger Herkunft war und aus einem Gebiet außerhalb des lombardischen Herzogtums Benevent stammte. Grimoald kämpfte gegen die Slawen, Awaren und Byzantiner, hatte aber auch Kontakt zu den Franken. Außerdem glaube ich nicht, dass Ita eine ursprünglich aus Süditalien stammende Frau gewesen sein kann, da mir keine Konflikte mit anderen lombardischen Herzogtümern bekannt sind. Tatsächlich gelang es Grimoald, wie nur wenigen anderen lombardischen Königen, die Unterstützung der Langobarden von Spoleto und Tuscia zu gewinnen, sowohl während seines Aufstiegs nach Norden, um König zu werden, als auch während seines Abstiegs nach Süden, um seinem Sohn Romuald zu helfen.
Grimoalds Verbindung mit Ita muss auf eine Zeit lange vor seinem Aufstieg zum König zurückgehen, da er bald nach seinem Regierungsantritt eine Tochter König Ariperts heiratete; außerdem war er da schon ein Mann im recht fortgeschrittenen Alter. Seine Verbindung mit Ita lässt sich nicht näher datieren. Paulus Diaconus erwähnt sie zwar erst nach seinem Aufstieg zum Herzog von Benevent, aber das muss man meiner Meinung nach nicht zwingend so lesen, dass er erst da mit ihr zusammenkam. (Immerhin war er da bereits wohl über 40 Jahre alt, also was machte er bis dahin? Es werden nicht nur keine frühere Verbindung, sondern auch keine früheren Kinder erwähnt. Außerdem war eine seiner beiden Töchter von Ita anscheinend alt genug, um bald nach seinem Aufstieg zum König mit Transamund verheiratet zu werden.) Über seine „Jugend“ sind wir nicht so detailliert unterrichtet. Aber auch aus seiner 15-jährigen Zeit als Herzog wissen wir eigentlich nur von seinem Kampf gegen die Byzantiner.

Wie bereits erwähnt, der Name Ita oder Itta findet sich öfter. So war etwa Sikonulf, der Fürst von Salerno, mit einer Itta verheiratet.
Ich halte aber auch eine byzantinische Herkunft für möglich. (Der Name taucht auch im Adel von Neapel auf.)
 
Es gibt spezifisch lombardische Namen wie Poto, die wir in der fränkischen Welt in Namen mit der Wurzel Bod- und im angelsächsischen England in der Beda-Version finden. Daher halte ich es nicht für falsch, von Namen zu sprechen, die spezifisch für die Langobarden, die Franken usw. sind, während andere Namen allen germanischen Völkern gemeinsam sind.
Was die Beziehung zwischen Ita und Grimoald betrifft, stimme ich der vorgeschlagenen Chronologie voll und ganz zu, wollte aber betonen, dass im Herzogtum Benevent sogar der Herzog eine Frau von außerhalb heiraten konnte (ob fränkisch oder byzantinisch, bleibt unklar) und dass die Langobarden von Benevent daher offen für die Vermischung mit anderen ethnischen Gruppen oder für deren Einwanderung in das Herzogtum waren, wie im Fall der Bulgaren. Vielleicht finden sich Spuren dieser Präsenz in Gräbern und Grabbeigaben.
 
Es gibt spezifisch lombardische Namen wie Poto, die wir in der fränkischen Welt in Namen mit der Wurzel Bod- und im angelsächsischen England in der Beda-Version finden. Daher halte ich es nicht für falsch, von Namen zu sprechen, die spezifisch für die Langobarden, die Franken usw. sind, während andere Namen allen germanischen Völkern gemeinsam sind.
in diesem Sinne gibt es auch spezifische fränkische, angelsächsische usw Namen, das ist also nicht weiter ungewöhnlich.
 
Ich denke, dass ein besseres Foto, und vor allem ein Foto der Rückseite des Gürtelbeschlags, hier weiterführen würde.
Ich habe das Foto etwas vergrößert und mit stärkerer Farbsättigung und Kontrast betrachtet.
Die Umzeichnungen im Museum sind leider nicht gut und in der Vorderseite des Gürtelbeschlages sogar irreführend: Das ist nicht ein Strichmännchen, sondern ein Krieger mit Helm, und sehr markant mit Strichen dargestelltem Mund und Augen, ausgestattet mit Schwert, Schild und Lanze. Eine viel hochwertigere Darstellung als hier widergegeben.

Noch ein schönes Blog über langobardische Ausrüstung:
 
Der Ausstellungskatalog sagt folgendes:

Plattengürtel, bestehend aus verschiedenen Elementen, wie nachfolgend beschrieben:

  • 389901/1. Ovale Schnalle mit punzierten Ringen, spitz am Ende des Dornstifts, mit beweglicher Platte in Form eines länglichen Schildes. Auf der Platte sind drei Nieten mit Perlenrand befestigt und ein lateinisches Kreuz eingraviert, das oben von zwei mit Kreisen gefüllten Dreiecken abgeschlossen und von zwei Schnüren flankiert wird. In den unteren Bereichen sind stilisierte Weintrauben dargestellt. Auf der Rückseite befinden sich eine Öse und ein Band zum Durchziehen des Gürtels.

  • 389901/2. Gürtelplatte [Gegenplatte des Gürtels] in Form eines doppelten, gegenüberliegenden Schildes mit geriffeltem Rand. Auf der Platte sind drei Nieten mit Perlenrand befestigt. Auf dem länglichen Schild ist eine Verzierung zu sehen, die der Schnalle (389901/1) ähnelt, mit einem zusätzlichen doppelten Kreis mit Punkten in der Mitte. Auf dem kleineren Schild befindet sich ein doppelter Kreis, der durch den Rand in zwei Hälften geteilt ist; auf der gegenüberliegenden Seite ein doppeltes Oval, das mit einem Kreuz verziert ist. Auf der Rückseite sind die Befestigungsösen erhalten.

  • 389901/3. Hauptspitze des Gürtels in U-Form, mit geriffeltem Rand und drei Nieten mit Perlenrand entlang der Oberkante. In Zonen unterteilt: Im oberen Teil erscheint eine menschliche Figur mit einem Gesicht in Form einer umgekehrten Birne und einem Kreuz auf der Stirn. In Taillenhöhe stilisierter Gürtel mit drei Anhängern. Im unteren Teil zwei Doppelkreise mit Punkten und einem Kreuz in der Mitte, unterbrochen von Komma-Motiven. Auf der Rückseite ist der Name des Besitzers in germanischer Schrift eingraviert, vor und nach dem ein Kreuz steht. An der Spitze eine Schlange mit einem mit Kugeln verzierten Körper.

  • 389901/4. Lasche – sekundäre U-förmige Gürtelspitze. Geriffelter Rand und zwei Nieten mit Perlenrand entlang der Oberkante. In zwei Bereiche unterteilt: auf beiden Seiten dünne, heterogen verschränkte Einschnitte mit kleinen Kreisen an den Verbindungsstellen.

  • 389901/5. 2 rechteckige Gürtelschnallen mit geriffeltem Rand und vier Nieten mit Perlenrand an den Ecken und einem geflochtenen Band an einer der Längsseiten. In der Mitte befindet sich eine rechteckige Öse. Auf der Rückseite befinden sich spitze und bandförmige Befestigungselemente.

  • 389901/6. 2 rechteckige Plaketten mit geriffeltem Rand und vier Nieten mit Perlenrand an den Ecken. In der Mitte ein doppelter Kreis mit kleineren Kreisen und einem Kreuz; davon gehen strahlenförmige Gravuren zu den Rändern hin aus. Spuren von Aufhängern auf der Rückseite.

  • 389901/7. Rechteckige Gürtelplatte mit einer geformten Längsseite. Geriffelte Ränder und vier Nieten mit Perlenrand an den Ecken. In der Mitte ein Doppelkreis mit kleineren Kreisen und in der Mitte ein Kreuz. Von diesem gehen strahlenförmige Gravuren aus. Auf der Rückseite Befestigungsösen.

  • 389901/8. Runde Plakette mit geriffeltem Rand und zentralem Niet mit Perlenrand. Vierzackige Sternverzierung, zwischen denen eine Reihe kleiner Kugeln zu sehen ist. Auf der Rückseite zentraler Aufhänger.

HISTORISCH-KRITISCHE INFORMATIONEN​
Der Gürtel weist verschiedene Ähnlichkeiten mit ähnlichen Fundstücken auf, die in langobardischen Gräbern in Mittelitalien und im Friaul entdeckt wurden. Insbesondere wird die Zugehörigkeit zu einem zum Christentum konvertierten Langobarden durch den (vermutlichen) Namen des Besitzers bestätigt, der auf der Rückseite von 389901.2 (der Hauptspitze) zwischen einem Kreuz und einer Schlange eingraviert ist.

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Sehr schönes Stück. Aber es fehlt ein Foto der Rückseite von 389901/3.
 
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