Scorpio
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buschhons hat die wesentliche Punkte oben schon aufgelistet. Aus schriftlichen und bildlichen Quellen lässt sich erschließen, dass sich seit dem 14. Jh. die Kritik am Zustand der Kirche häufte:
* Man klagte über mangelhafte Ausbildung der Pfarrer. Nur wenige hatten ein Theologiestudium absolviert und viele vernachlässigten ihre geistlichen Aufgaben.
* Ferner bot die Lebensführung der Geistlichen Anlass zur Kritik. Manche Priester führten ein ausschweifendes Leben, in vielen Klöstern ließ die Ordnung zu wünschen übrig; Päpste, Bischöfe und Äbte führten oft einen luxuriösen Lebensstil.
* Ärger erregte der hohe Geldbedarf der KircheIn diesem Zusammenhang stand der Ablass für den Neubau der Peterskirche in Rom in der Kritik, ganz davon abgesehen, dass der Ablasshandel eine sprudelnde Geldquelle für die Kirche war.südlich der Alpen
Besonders ins Gewicht fällt, dass die Kirche den von Sündenangst gepeinigten Menschen wenig half, sodass sie eigene religiöse Anstrengungen für ihr Seelenheil machten. Wallfahrten, Altarstiftungen, Stiftungen für Arme und Kranke. Die Volksfrömmigkeit zeigte ihre bedenklichen Seiten, denn der Glaube an Hexen, Dämonen und Geister war weit verbreitet, Volksprediger zogen durch das Land, Kryptoflagellanten trieben ihr Unwesen. All dem steuerte die Kirche nicht.
Enttäuscht von der Kirche wandten sich daher viele Leute Martin Luther zu, als dieser Kirche und Papst heftig kritisierte.
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Kritik an der Kirche und am Lebenswandel vieler Kleriker wurde schon zur Cluniazensischen Bewegung laut. dass die Kirche abkassierte, war seit Jahrzehnten Alltag, dass aber die lukrativsten Pfründen in Rom vergeben wurden, notfalls auch wider kanonisches Recht, dass die Gläubigen geschröpft wurden, um die Territorialpolitik der Päpste zu finanzieren und dass man in Rom Belange und Forderungen der Gläubigen nach Predigt in der Volkssprache, bessere Ausbildung der Geistlichen kein Gehör fand, wollten die Gläubigen auf den britischen Inseln, in Böhmen und im Heiligen Römischen Reich nicht länger kritiklos hinnehmen. Jan Hus hatte man schon 100 Jahre vor Luther zum Schweigen gebracht, mit seinen Anhängern war das weit schwieriger. Der Bann und die Exkommunikation waren keine geeigneten Mittel mehr, Kritik an bestehenden Verhältnissen mundtot machen zu können. Luther wurde zu einer Galionsfigur, auf die Hoffnungen projiziert wurden, die weit über theologische Fragen hinausgingen.