Afrikanische Beteiligung am transatlantischen Sklavenhandel

Bagatellen?
"Quellen":
beim lesen des unterstrichenen Satzes hatte ich den Eindruck, dass die schon vor der Einmischung durch die Portugiesen offenbar vorhandene - quasi "traditionelle"? - Sklaverei gleichsam wie eine etwas rustikale Folklore verharmlost dargestellt ist - ich nehme an, dass das nicht deine Intention war.

Du hast da schon richtig gelesen, dass ich die Sklaverei in Westafrika bagetellisiere.

bzgl. bagatellisieren: wenn ich mir das hier https://de.wikipedia.org/wiki/Ostafrikanischer_Sklavenhandel durchlese, halte ich bagatellisieren bzw. verharmlosen nicht für angebracht.
 
Ist das denn belegbar, dass vor der Verschiffung den Sklaven ein Brandzeichen eingebrannt wurde? Das dürfte die Überlebenswahrscheinlichkeit für die grausame Überfahrt nicht gerade erhöht haben. Ziel der Sklavenschiffe war es jedoch, möglichst viele Sklaven lebend nach Amerika zu bringen, um so einen höheren Gewinn zu erzielen.
Ich habe von Brandzeichen bei einzelnen Sklaven in Amerika gelesen, die dort als "Disziplinierungsmaßnahme" eingesetzt wurden, also als eine Strafe um den Willen der Versklavten zu brechen, z.B. nach einem Fluchtversuch oder wegen "Ungehorsamkeit".

Der Brauch stammt aus der Tierzucht und Haltung. So recht hat mich das auch nie überzeugt, denn immerhin fügt man einem Besitzgegenstand erhebliche Verletzungen zu.

Brandmarkung spielte als Leibes- und Ehrenstrafe in der Justiz eine Rolle. Wiederholungstäter konnten noch im 18. und 19. Jahrhundert gebrandmarkt werden. Es nahm aber deutlich im 18. Jahrhundert ab.


Brandmarkungen sind zumindest für das 18. und 19. Jahrhundert belegt, um widerspenstige oder geflüchtete Sklaven zu kennzeichnen. Ein Charakter in Beecher-Stowes Roman namens George Harris trägt auf der rechten Hand ein Brandmal, das ihm sein Besitzer zufügte.

Es sind aber auch Brandzeichen von bestimmten Sklavenschiffen oder Händlern sozusagen als "Qualitätssiegel" überliefert.

Im Zusammenhang mit Zwangsprostitution wird auch immer wieder über Tatoos und Branding als Besitzanspruch berichtet.
 
Ob es letztes Jahr richtig von mir gewesen war den Begriff des "bagetellisierens" von dir @dekumatland zu übernehmen, sei mal dahingestellt.

Verallgemeinerungen sind eigentlich nicht mein Part.
Tatsächlich habe ich damals aber einfach so behauptet, dass zwischen den Menschenopfern in Westafrika und der Sklaverei ein großer Zusammenhang besteht. Da bin ich mir aber jetzt gar nicht mehr so sicher. Ich habe wahrscheinlich unreflektiert Klischees wiedergegeben.
Sicherlich gab es in westafrikanischen Königreich Benin und auch in Dahomey eine Art Opferkult, die eng mit dem Herrscherkult verbunden war. Hierbei wurde mitunter auch hunderte Menschen geopfert. Bei diesen Menschenopfern handelte es sich aber nicht nur um Sklaven. Der Hintergrund ist komplizierter. Selbst wenn im Königreich Benin oder Dahomey hunderte Sklaven geopfert worden sein sollten, bleibt die Frage, ob das wirklich schlimmer war als das Massaker auf der Zong oder die brutalen Bestrafungsmethoden in den amerikanischen Kolonien. Schaut man sich die Gemälde und Holzstiche von Sklavenbestrafungen in Amerika an, sieht das nicht weniger martialisch als ein Voodoo-Ritual aus. Das Abschlachten wird ja nicht dadurch besser, dass es nichts mit Voodoo zu tun hat.

Die Plantagensklaverei und die chattel slavery, die in der Neuzeit unter europäischen Einfluss zuerst in auf verschiedenen Inseln vor der Küste Afrikas und später in Amerika entstanden ist, hat neue Maßstäbe an Grausamkeit gesetzt. Entscheidende Faktoren für die Entwicklung dieser besonderen Grausamkeit waren die Idee der absoluten Gewinnmaximierung und der Rassismus. Beides spielte in Afrika keine Rolle.
Es bestand schon früh der Konsens, dass der atlantische Sklavenhandel die größte Grausamkeit in dieser Wirtschafsform dargestellt hat. Was den Sklaven auf den amerikanischen Plantagen angetan wurde, galt es weniger grausam, als das, was ihnen auf den Schiffen angetan wurde. Der atlantische Sklavenhandel wurde deshalb zuerst verboten.

Im 19. Jahrhundert wurde behauptet, dass es sich bei den westafrikanischen Königreichen wie Benin und Dahomey um Despotien und reine Palastwirtschaften handelte und dass fast alle Bewohner des Landes Sklaven seien.
So einfach kann es aber nicht gewesen sein. Betrifft es Europa wird fein säuberlich zwischen den verschiedenen Formen der Unfreiheit unterschieden. In Europa gab es natürlich Leibeigene, Knecht, Hörige usw. In Afrika wollte man aber nur Sklaverei erkennen. Phänomene wie Militärsklaven oder hochrangige Sklaven und Konkubinen im Hofstaat afrikanischer Könige zeigen, dass ihre Rolle der Sklaven eine deutlich andere war als im kolonialen Amerika.
Teilweise wurde nach dem Ende atlantischen Sklavenhandels versucht in diesen Königreichen eine export-orientiere Plantagenökonomie mit Ölpalmen aufzubauen. Das war dann schon eher mit dem europäisch-amerikanischen System zu vergleichen.

Die Recherchen von Sigismund Köllle in Freetown zeigen, dass die Afrikaner in Westafrika durch Kriegsgefangenschaft, Kidnapping und Verurteilungen in die Sklaverei geraten sind. Sie wurden anders als in Amerika nicht Geburt zu Sklaven. Organisierte Sklavenzucht wie in den USA gab es daher auch nicht.

Der beste Grund für eine Bagatellisierung der westafrikanischen Sklaverei ist jedoch die Belanglosigkeit der Sklavenbefreiung im 19. Jahrhundert. Unter abolitionistischen Vorwand hatten europäische Großmächte den Kontinent unter sich aufgeteilt. Als Briten, Franzosen, Deutsche und Belgier ins Hinterland vordrangen, fanden sie jedoch nichts vor allem Menschen, die in Subsistenzwirtschaft lebten. Es wurde einen Hüttensteuer und Kopfsteuer eingeführt, um die Eroberung zu refinanzieren. Da die Ureinwohner kein Geld haben, wurde eine Arbeitspflicht eingeführt. Hierzu wurde die Prügelstrafe eingeführt. Die befreiten Afrikaner sollten gefälligst in Plantagen arbeiten und so cash crops für Europa produzieren. Tolle Freiheit.
 
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Im 19. Jahrhundert wurde behauptet, dass es sich bei den westafrikanischen Königreichen wie Benin und Dahomey um Despotien und reine Palastwirtschaften handelte und dass fast alle Bewohner des Landes Sklaven seien.
So einfach kann es aber nicht gewesen sein.

Es gab auch regionale Sklavenhaltung in Afrika.
In Dahomey, wie auch andernorts, fand der Übergang vom Export von Sklaven zu Palmöl statt. Dieses wurde durch eine Sklavenarbeit gewonnen die immer weniger exportierbar war.
Mit dem Abschwellen des Atlantischen Sklavenhandels schwoll die Sklavenarbeit in Afrika selbst an.
„.. the prohibition of slave exports positively expanded slavery within Africa, where slaves became more numerous than in any other continent“ (S. 162)

- Iliffe S.160ff

Zahlen gibt es wohl nicht.
Es wäre interessant zu wissen aus welchem Jahrzehnt die genannte Behauptung über Dahomey stammt.

Phänomene wie Militärsklaven oder hochrangige Sklaven und Konkubinen im Hofstaat afrikanischer Könige zeigen, dass ihre Rolle der Sklaven eine deutlich andere war als im kolonialen Amerika.
Danke für den Hinweis und auch dafür:
Organisierte Sklavenzucht wie in den USA gab es daher auch nicht.

Es bestand auch in Afrika eine weitaus größere kulturelle Nähe zwischen Sklavenhaltern und Sklaven, und die größere Möglichkeit der Sklaven zu entweichen.
 
Habe gelesen, dass die afrikanischen Gesellschaften Großteils Gerontokratien waren. Die Herrschaft der alten Männer. Diese sahen in den jungen Männern durchaus eine Bedrohung. Durch die hohe Sklavennachfrage konnte man viel von ihnen loswerden und auch noch etwas verdienen. Dazu war das Geschenke machen für afrikanische Potentaten eine wichtige Quelle der Legitimation. Oft gab es aber keinen anderen Weg, um an begehrte und Gefolgschaft schaffende Luxusgüter zu kommen. Als eben den Sklavenhandel. Besonders begehrt waren Baumwollstoffe die, die Europäer aus Indien nach Afrika importierten.
 
Afrika bis 1850- aus der Reihe Neue Fischer Weltgeschichte. Band 19. Autor war Adam Jones - Professor für Geschichte Afrikas an der Universität Leipzig.
 
Er geht auch immer wieder darauf ein, dass Pferde in Subsahara Afrika nicht gezüchtet werden konnten und eine sehr kurze Lebenserwartung hatten. Dies lag an der Tsetsefliege. Diese setzte den Pferden so zu, dass man große Mengen der Tiere importieren musste, um wenigstens einige Zeit eine Kavallerie zu haben. Das war aber nicht billig. Dafür musste man den Europäern und Arabern etwas bieten. Gold, Elfenbein oder eben Menschen.
 
Beim Sklavenhandel sind grundsätzlich drei Routen zu unterscheiden:
  1. Trans-Sarahara-Handel
  2. Transatlantischer Handel
  3. ostafrikanischer Sklavenhandel bzw. Sklavenhandel im Indischen Ozean
Eine Gesamtbetrachtung des Sklavenhandel südlich der Sahara ergibt angesichts des Themen-Titels "Afrikanische Beteiligung am transatlantischen Sklavenhandel" hier keinen Sinn.

Auch der König von Benin unterhielt eine Kavallerie. Die Reiter spielten im Hofzeremoniell eine wichtige Rolle. Einzelne Beninbronzen bilden solche Reiter ab.

Diese Karte aus Wikipedia zeigt das heutige Verbreitungsgebiet der Tsetsefliege:
Tsetse_distribution.png

Demnach ist auch die Gold- und Sklavenküste betroffen. Im Norden Nigerias gibt es aber durchaus Regionen, in denen Pferdezucht möglich ist.
Interessanterweise wurden südlich der Sahara Pferde fast nie als Transportmittel eingesetzt. Auch das Rad war unbekannt. Die Transportzaufgaben erfüllten menschliche Träger. Pferde waren dort also sicherlich ein Luxusobjekt.
 
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Ja, das sage ich ja. Pferde waren ein Luxusgut, dass man importieren musste. Dass es im Norden Nigerias eine Möglichkeit gab, Pferde zu züchten, wusste ich nicht. Aber es ändert ja nichts. Wer Pferde haben wollte, zu zeremoniellen Zwecken oder kriegerischen, hatte ein großes Problem. Er musste sie einführen, das war teuer und sie starben relativ bald und konnte sie kaum natürlich vermehren. So war es irrational, sie für Transportzwecke zu benutzen. Sklavereigegner schenken dem Staat Liberia in den 1840er Jahren Kutschen und Pferde für die Hauptstadt. Na ja. Es dauerte nicht lange und Menschen (übrigens keine Sklaven) zogen die Kutschen.
 
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