Zu telas Ausführungen möchte ich noch die Angst vor Änderungen des Systems/Regimes (bei denen, die davon nachteilig betroffen gewesen wären) bei den Griechen und Römern ergänzen.
In den demokratisch oder oligarchisch regierten griechischen Stadtstaaten fürchtete man sich davor, dass ein einzelner allzu mächtig werden und eine Tyrannis errichten könnte. In Athen gab es mit dem Ostrakismos sogar eine spezielle Vorkehrung dagegen. In demokratischen Staaten fürchtete sich die breite Masse des einfachen Volkes weiters vor der Errichtung einer Oligarchie. In Oligarchien, also Staaten, in denen die Macht von einer kleinen Gruppe (von meist Reichen oder Alteingesessenen) ausgeübt wurde, fürchteten sich die Oligarchen vor einem demokratischen Umsturz. (Der kleine Mann allerdings ersehnte in einer Oligarchie nicht immer die Errichtung einer Demokratie, sondern manchmal auch einen Tyrannen, der ihn vor den Reichen schützen würde.) Und in den Staaten, in denen ein König oder Tyrann regierte, fürchtete er sich natürlich vor einem Umsturz durch wen auch immer und versuchte sich u. a. durch eine Leibwache zu schützen, während sich seine Untertanen vor politischer Verfolgung fürchteten.
In der römischen Republik fürchtete sich die herrschende Schicht vor Machtverlust.
In der frühen Republik fürchteten sich die Patrizier vor der Wiedererrichtung der Monarchie und Unruhen unter den Plebejern.
In der späten Republik fürchtete sich die herrschende Senatorenclique der "Optimaten" davor, dass das Volk oder irgendwelche Aufsteiger (durchaus auch aus den eigenen Reihen) zu viel Macht erlangen würden. Ein besonderer Dorn im Auge waren den Optimaten die Volkstribunen und generell Politiker, die, gestützt auf das Volk, eine "populare" Politik betrieben und den Einfluss des Senats zu schmälern versuchten. Zur Wahrung der (de facto aristokratischen) Ordnung erschien den Optimaten jedes Mittel legitim, inklusive der Ermordung von Oppositionellen. Das einfache Volk wiederum fürchtete sich vor einer Schmälerung seiner Rechte durch den Senat.
In der Kaiserzeit fürchteten sich dann Senatoren und sonstige reiche und angesehene Personen davor, von irgendwelchen Rivalen oder Personen, die sich beim Kaiser einschleimen wollten, der Majestätsbeleidigung beschuldigt zu werden. Die Kaiser wiederum fürchteten sich natürlich vor Anschlägen und einem Umsturz.