Auch wenn sich die Beispiele albern anhören, vorliegende Fakten nach einem bereits vorliegenden Muster zu interpretieren, ist an sich nicht richtig.
@thomas, ich finde garnicht, dass sich deine Beispiele albern anhören. Im Gegenteil, sie sind teilweise 1:1 aus dem Leben gegriffen. Und es handelt sich tatsächlich um ein entscheidendes Problem, das dem Laien vieleicht garnicht gleich verständlich wird.
Ich will es mal so umschreiben: Der Archäologe zieht sich absichtlich oder unabsichtlich einen Schleier über, der aus den antiken Schriftquellen besteht und seine Interpretation des Fundmaterials beeinflusst. Und das Publikum erwartet auch diesen Schleier, hat ihn teilweise selbst auf. Glücklich der, der den Schleier auch wieder abnehmen kann, aber das funktioniert meistens nicht.
Schuld daran ist meines Erachtens der Anspruch des Publikums. Die eigentlichen, harten Fakten der Archäologie sind meistens nicht direkt beeindruckend, es sind Daten, Masse, Bodenverfärbungen und unscheinbare Scherben.
Das Publikum möchte aber etwas über das Leben der Menschen in der Vergangenheit erfahren, es möchte Geschichten hören.
Und da der Mensch ein Geschichten erzählender Affe ist (T. Pratchett et al.), erfüllt der Wissenschaftler das Bedürfnis des Publikums und versucht, gute Geschichten zu erzählen. Und genau hier kommen die antiken Quellen ins Spiel.
Alle schriftlichen Quellen zu vorgeschichtlichen Kulturen sind grundsätzlich erstmal sehr kritisch zu bewerten, einfach weil darin nicht die betroffenen Menschen zu uns sprechen, sondern Nachbarn und Gegner, die vielfach keinen direkten Bezug zu den Menschengruppen hatten.
Eines von vielen Beispielen ist die Germania des Tacitus - Tacitus war nie in Germanien, er hat keinerlei eigene Erfahrung mit diesem Land.
Trotzdem prägen seine Aussagen das Geschichtsbild der Mehrheit der deutschen Bevölkerung mehr, als die tausenden von Ergebnisse aus mehr als einem Jahrhundert Ausgrabungen.
Und du hast Recht, Thomas, das ist gefährlich - für das Publikum und für die Wissenschaft. Es verstellt den Blick auf die Realität, wenn es nicht mit einer radikalen Quellenkritik zusammen geht und wenn der beteiligte Forscher sich der Nachteile der Schriftquellen nicht vollständig bewusst ist.
Aber eine Lösung für das Problem sehe ich nicht. Es sei denn, man wollte einen neuen
Ossian in die Welt setzen.