Assoziationen zwischen altdeutscher Schrift und der NS-Zeit

Friesengeist

Gesperrt
In einer Zeitschrift habe ich eine interessante Leserfrage gefunden die ich für mich so nicht beantworten kann. Ich finde die Fragestellung aber so gut dass ich sie hier einfach einmal einstelle und auf eure Antworten gespannt bin.
<o:p> </o:p>
Es geht um die Assoziationen zwischen altdeutscher Schrift, Symbolen und dem Nationalsozialismus.
Wann haben eigentlich Dinge, die heute öfter mit der NS-Zeit verbunden werden, obwohl sie keine expliziten NS-Symbole und eigentlich auch nicht als solche gedacht waren (rollendes R, quadratisches Schnurrbärtchen, altdeutsche Schrift, Volkslieder, Pfadfinderuniformen), diese Assoziationen zugeschrieben bekommen?
Schon ab 1945? Im Laufe der 68er-Bewegung? Mit dem Tod von immer mehr Zeitzeugen, die noch selbst wussten was vor 1933 und auch bei den Linken und Demokraten selbstverständlich war? Während der öffentlichen Beschäftigung mit den Naziverbrechen?
 
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Die altdeutsche Schrift, Sütterlinschrift, machte ihrem Namen keine Ehre und wurde deshalb 1942(?) abgeschaffft.
Deshalb(?) durfte sie nach '45 wieder fröhliche Urständ feiern.
 
Die altdeutsche Schrift, Sütterlinschrift, machte ihrem Namen keine Ehre und wurde deshalb 1942(?) abgeschaffft

Es geht um Folgendes:

  • Bei der Buchschrift wurden 1941 die "altdeutschen" Lettern, die Fraktur, teilweise verdrängt durch die lateinischen, die Antiqua.
  • Bei der Handschrift wurde die Sütterlin-Schrift durch die deutsche Normalschrift ersetzt.
In der Frage, inwieweit tatsächlich "Verbote" ausgesprochen und in welchem Maße sie durchgesetzt wurden, bestehen unterschiedliche Meinungen (siehe z. B. die Diskussion in VRS Forum | Thema anzeigen - DUDEN 1942 in „Normalschrift“). Wenn man ältere Leute fragt, haben sie mitunter mehrere Umstellungen in der Schule erlebt.
 
Darf man erfahren, was das für eine Zeitschrift ist?
Anstatt 1953, soll es wohl 1933 heißen?

Erwischt :rotwerd: sicher sollte da 1933 stehen (53 macht wenig Sinn) Könnte die Moderation das vielleicht noch ändern?

Also konkret geht es um einen Leserbrief in der aktuellen P.M.History 10/2008 auf Seite 9 (Falsche Assoziationen)

Noch kurz die Antwort der Redaktion zu dem Leserbrief (falls es jemanden interessiert oder den Sinn der Fragestellung verdeutlicht)

Ihre Zuschrift regt eine interessante kulturgeschichtliche Debatte an.
.......
,das wir zu dem recht belastenden Themenfeld "Sprache,Symbolik, NS-Zeit und moderne Rezeption" einen eigenen Beitrag präsentieren werden.
 
Die Sütterlin-Schrift habe ich bisher nicht als Nazi - Assoziation gesehen, für die anderen Beispiele in @Friesengeists Eingangsposts gilt das schon eher, obwohl ich mir darüber im klaren bin, wie "schuldlos" z.B. die Volkslieder an ihrem Mißbrauch sind.
Es muß aber eine klampfespielende, singende, wandernde Bewegung in den 20er Jahren gegeben haben, die vielleicht teilweise später in die NSDAP überging und die diesen braunen Beigeschmack verursacht hat.
Auf die Eingangsfrage, ab wann die Nazi-Assoziation aufkam, würde ich schon die späten 50er/frühen 60er vermuten einhergehend mit anderer Jugendmusik, dem Heranwachsen der Nachkriegsgeneration.

Interessant fände ich auch, die Diskussion auf bestimmte Wörter oder Redewendungen auszudehnen, falls es das Thema noch nicht gab.
 
Es waren wohl in erster Linie die Lieder mit Bezug auf die Ostgebiete, die diesen Ruf verursachten. Den 68ern, aber auch für die DDR-Medien galt Heino als brauner Barde.
 
...
Interessant fände ich auch, die Diskussion auf bestimmte Wörter oder Redewendungen auszudehnen, falls es das Thema noch nicht gab...

Interessante Anregung, - von mir aus können wir das gerne ausdehnen.
Da in der Eingangsfrage von Schriften und Symbolen die Rede ist, gehören "Dinge" doch auch dazu.
 
@ rena8
Du meinst wahrscheinlich die Bündische Jugend
Bündische Jugend ? Wikipedia
Die war aber nicht nationalistisch oder gar nazistisch und wurde wie die Arbeiterjugendverbände und Pfadfinder von den Nazis verboten.
Wie die Sprache (dazu habe ich in einem anderen Thread schon mal was gesagt) haben die Nazis auch die Ideen, Veranstaltungen, Rituale der Jugendverbände (äußerlich) übernommen und teilweise mit eigenen Inhalten gefüllt. Wie das Wort Volk und Verbindungen damit durch die Nazis korrumpiert wurden, so hat eben auch das, was die Jugendverbände der 1920er Jahre gemacht haben, unter der Praxis der HJ gelitten.
Im Thread über die Weltmusik habe ich schon mal ansatzweise darauf hingewiesen. Und zusätzlich zum Thread über die Sprache der Nazis möchte ich noch auf folgenden Link hinweisen:
DFG-Projekt "Belastete" Vokabeln und sprachliche Vergangenheitsbewältigung
Und darauf auch noch:
http://www.geschichtsforum.de/f72/weihnachtslied-es-ist-f-r-uns-eine-zeit-angekommen-13708/
 
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Aufpassen, dass man da nicht von "norrdischerrr Rasse" spricht.
Die Nordische Schafstelze (= Thunbergschafstelze<sup id="cite_ref-Barthel_0-2" class="reference">[1]</sup>) M. f. thunbergi hat einen dunkelgrauen Scheitel und schwarze Ohrdecken und kommt in Skandinavien vor.
 
Wann haben eigentlich Dinge, die heute öfter mit der NS-Zeit verbunden werden, obwohl sie keine expliziten NS-Symbole und eigentlich auch nicht als solche gedacht waren (rollendes R [...]), diese Assoziationen zugeschrieben bekommen?

Das rollende (uvulare) [R] starb allerdings schon vorher im Deutschen aus. (Es ist bis heute nicht überall ausgestorben). Es galt den Leuten als ländlich und ländlich war früher ein Synonym für ungebildet (am untersten Ende der Bildungshierarchie stand ja auch lange das sprichwörtliche katholische Arbeitermädchen vom Lande - Konfession, soziale Klasse, Geschlecht, Herkunft). Deshalb wurde das [R] von den urbanen Zentren ausgehend immer weiter zugunsten des [r] zurückgedrängt. In einer Renaissance der Dialekte hat es aber möglicherweise eine Überlebenschance.
 
Auf der Bühne ist das eine andere Sache, da ist bedeutungsunterscheidende Artikulation wichtig, damit auch die Zuschauer in den hintersten Reihen noch jedes Wort verstehen können.
 
Es waren wohl in erster Linie die Lieder mit Bezug auf die Ostgebiete, die diesen Ruf verursachten. Den 68ern, aber auch für die DDR-Medien galt Heino als brauner Barde.

Welche Lieder in Bezug auf die Ostgebiete meinst du?
Die 1. Strophe der Nationalhymne?
Kennt man eigentlich die Weltanschauung von Heino (ich google das jetzt nicht)?

Das rollende (uvulare) [R] starb allerdings schon vorher im Deutschen aus. (Es ist bis heute nicht überall ausgestorben). Es galt den Leuten als ländlich und ländlich war früher ein Synonym für ungebildet (am untersten Ende der Bildungshierarchie stand ja auch lange das sprichwörtliche katholische Arbeitermädchen vom Lande - Konfession, soziale Klasse, Geschlecht, Herkunft). Deshalb wurde das [R] von den urbanen Zentren ausgehend immer weiter zugunsten des [r] zurückgedrängt. In einer Renaissance der Dialekte hat es aber möglicherweise eine Überlebenschance.

Hier erfährt man wirklich täglich neues!
Damals als ich Spanisch in der Schule hatte, habe ich immer mit dem spanischen R gerungen. Da meine Freundin das mühelos beherrschte, sie kam aus Süddeutschland wie Carolin Reiber, habe ich immer geglaubt, dass das mangelhafte R-Rollen, was mit Nord und Süd zu tun hat und die Grenze am Main liegt.
@El Q ist das spanische R identisch mit dem Hitler - R ?

@Pfeiferhans, dieses Thema im weiteren Sinne wurde schon an verschiedenen Stellen angeschnitten, für mich ist es noch nicht abgeschlossen, daher danke für die Links
 
Da meine Freundin das mühelos beherrschte, sie kam aus Süddeutschland wie Carolin Reiber, habe ich immer geglaubt, dass das mangelhafte R-Rollen, was mit Nord und Süd zu tun hat und die Grenze am Main liegt.
Dann hör' mal dem Münte genau zu. Der kommt zwar auch aus dem Süden, aber nur von Westfalen aus gesehen (Sauerland = Suderland) und ist ein hervorragender Roller.

@El Q ist das spanische R identisch mit dem Hitler-R?

Es gibt [r] und [R], pero ['pero] (aber) und perro ['peRo] (Hund).
Das Problem ist, dass ich nicht weiß, wo H. sein R realisiert hat, am Zäpfchen oder an der Zungenspitze.
 
So spontan denke ich da an dieses z.B.
Schlesierland / Kehr ich einst zur Heimat wieder / Schlesierlied / Schlesier-Lied

Oder auch "Riesengebirge - deutsches Gebirge".

Beide Lieder wurden zwar schon vor der Nazizeit geschrieben, so um 1920 Riesengebirgslied ? Wikipedia, sind aber neuer als ich dachte.
www.youtube.com/watch?v=lFRnDHDkKQ4&feature=related

Man könnte diese Lieder auch als nostalgischen, sentimentalen Ausdruck von Heimwehgefühlen von Vertriebenen in der Nachkriegszeit halten. Ich weiß, dass diese Gefühle politisch benutzt wurden, daher vielleicht die Assoziationen an die NS-Zeit.
 
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