In Ris-adir, falls der Name den überhaupt punisch ist (hast Du Quellen), könnte durchaus g-d-r stecken, ein Wegfall oder eine Substitution des ersten Konstonanten ist keine Seltenheit im Sprachwandel. Interessant wäre es zu wissen was Ris- bedeutet.
Der Name ist phönizisch-punisch; der Präfix
r-s ist für phönizische bzw. karthagische Gründungen geradezu typisch bzw. sogar indikativ.
Kennst Du
Melilla, die spanische Exklave an der marokkanischen Nordküste?
Die geht auch auf eine phönizisch-punische Gründung zurück; sie hatte ursprünglich von ihnen damals den Namen
Rus(s)ad(d)ir bekommen.
Kennst Du
Monastir im heutigen Tunesien?
Dessen ursprünglicher Name der punisch-phönizischen Gründung war
Ruspina.
r-s bedeutet - zumeist als
rus - übrigens svw. Kap... :fs:
Anm.:
rus(s)ad(d)ir heißt "großes Kap".
Es gibt viele Möglichkeiten (ich werde den Teufel tun mich hier auf eine festzulegen)...
Du sollst Dich ja auch nicht festlegen, sondern lediglich eine plausible Erklärung - oder meinetwegen auch plausible Erklärungsansätze - zumindest zu finden versuchen.
Versuch 1:
Die Punier sind in dieses Gebiet gekommen und haben dort ein Gadir vorgefunden. Da sie selber schon ein Gadir (Cadiz) gegründet haben, haben sie es eben Das Gadir im Süden genannt oder New Gadir oder Berber Gadir oder wie auch immer.
Zum Präfix
r-s siehe oben; das wäre demnach wohl eher etwas a la "großes Kap" - und da hätten wir dann - und zwar näher beieinander als
Agadir und
Cadiz(!) - zwei auf diese Weise benannte Orte, nämlich die heutigen
Agadir und
Melilla...
Aber das ist auch unabhängig davon wenig plausibel, wenn wir uns vor Augen halten, daß es woanders in weitaus näherer Nachbarschaft - nämlich am Jordan - zwei Orte namens
Gadara gegeben hat.
Versuch 2:
Ich will nochmals klarstellen, dass Agadir durchaus seinen Namen viel später erhalten haben kann als die Ebene, die Insel... Wichtig wäre zu wissen, wann die Ebene diesen Namen erhalten hat und von wem...
Und die Ebene, von der eigentlich dieser Name (
Gadir) stammt, hat ihn dann wieder verloren (und heißt seitdem
Sous)? Damit verlagerst Du aber nur das Erklärungsproblem...
Eine Möglichkeit wäre z.B., dass sie eben genau durch handeltreibende Phönizier so benannt wurde (für Händler war die Ebene schwer zu erreichen, am besten via Schiff, daher höchstwahrscheinlich auch die Namensgebung Insel). Das dieser Name dann kolportiert wurde und ebenfalls mit den Phöniziern, die im ganzen Mittelmeerraum handel treiben, bis nach Ägypten und Griechenland gelangt ist, scheint plausibel. Die Ebene hatte den Namen Gadir und die Stadt (Handelsstützpunkt der Phönizier) z.B. Risadir. Das z.B. die Bedeutung Hafen der Insel, oder Butterblume oder Sonstwie hat.
Daß der Name durch die Phönizier im Mittelmeerraum Verbreitung fand, erschient sicher nicht unwahrscheinlich.
Allerdings wird das Grundproblem noch immer verlagert: Es braucht eine plausible Erklärung für einmal
gadir und andererseits
risadir (die ich nach wie vor nicht erkennen kann).
Versuch 3:
Eine dritte Möglichkeit, die ich schon erwähnt habe und die ich sehr plausibel finde, ist dass die Atlanter den ganzen ostlichen Mittelmeerraum bekriegt haben (wie ja von Platon und Diodor bezeugt) wodurch ihre Sprache in diesem Raum etabliert wurde. Meiner Meinung mit den Kriegen der Seevölker gleichzusetzen. Da die Phönizier ja ursprünglich ein semitisches Volk sind und aus diesem östlichen Raum kommen haben sie sozusagen die Sprache mit semitischen Einflüssen zurückgebracht. Daher die Ähnlichkeiten. Aber das ist eine andere Theorie/Hypothese von mir, die wir gerne getrennt diskutieren können.
Phönizisch-punisch gehört zu den
Kanaanäischen Sprachen und ist damit eine semitische Sprache.
Was wissen wir über die Sprache der Atlanter? Richtig; gar nichts...
Ergo ist das zwar phantasievoll, aber dennoch äußerst spekulativ :fs:
Es gibt aber sicherlich auch noch einige andere Möglichkeiten die mit reiner Logik nicht alle ausgeschlossen werden können. Zumindestens nicht bei dem mageren Wissen über diese Zeit und vorallen nicht bei dem noch mageren Wissen in vorphönizischer Zeit in Gebieten südlich des Hohen Atlas. Man weiss, das man (fast) nichts weiß. Ein Missstand den ich bemängele. Hier sollte,u.a. bei der riesigem Siedlung die ich in Südmarokko gefunden habe, durch archäologische Arbeit Aufklärung geschaffen werden.
Es kann immer vieles sein - oder auch ganz anders sein.
Genau da liegt ja das Grundproblem: Was ist zumindest einigermaßen belegbar? Und was beruht lediglich auf Annahmen und Vermutungen, mithin also auf Spekulation?
Ich würde mich diplomatisch bestenfalls auf ein 0:0 einigen.
Wie großzügig :scheinheilig:
Aber ernsthaft: Wer eine These aufstellt - und damit etwas behauptet -, ist in der Beweispflicht; es funktioniert nicht mit der Umkehrung der Beweislast nach dem Prinzip "Meine Behauptung gilt solange niemand das Gegenteil beweisen kann". Dann wären wir nämlich endgültig im pseudowissenschaftlichen Froschtümpel angelangt...
Meines Wissens war Platon nie in Ägypten. Dass die Story über die Jahrtausende bis zu uns Lesern durch Tradierung/Verfermdung gelitten hat ist klar. Deswegen habe ich u.a. auch die Methode der HCS angewendet, die Verfälschungen ausgleicht. Erstaunlich ist aber, dass es fast keine Verfälschungen gibt. Fast alle Indizien treffen zu und zusätzlich ergeben sich noch andere interessante Erkenntnisse (z.B. die goldenen Äpfel der Hesperieden, etc.).
Klar; es gibt für einen Ort immer Indizien, die zutreffen oder zumindest einigermaßen zutreffen - wie eben für viele andere Orte auch. Es gibt aber auch immer Indizien, die eher vage sind oder eben nicht zutreffen - auch dies gilt für sämtliche Verortungsversuche. Es ist nun dabei methodisch aber nicht korrekt, alles, was vage ist oder gar nicht zutrifft, zu ignorieren o. dgl.; auch hierzu der Verweis auf den pseudowissenschaftlichen Froschtümpel...
Das Agadir mal umbenannt wurde in Risadir und dann wieder zurück halte ich nicht für ausgeschlossen (aber, wie gesagt, muss es das nicht, denn es spielt überhaupt keine Rolle). Das Anführen eines Beispiels finde ich völlig legitim. ICh denke mal alle Stadtumtaufungen sind politischer Natur (wenn manchmal auch durch Versagen der Politik).
Nicht alle Stadtumtaufungen sind politischer Natur; als Beispiel seien die Römerstädte und späteren Bischofsstädte auf deutschem Boden genannt.
Köln entstand durch Verkürzung des lateinischen
Colonia (aus
Colonia Claudia Ara Agrippinensium),
Mainz durch jahrhundertewährende modische Aussprachewandlung des lateinischen
Mogontiacum (das wiederum vom keltischen
Mogon abgeleitet wurde) und
Trier durch Verkürzung des lateinischen
Augusta Treverorum.
Wie dem auch sei: Die älteste
belegte Bezeichnung für den Handelsposten ist nun einmal
Risadir bzw. später von den Römern erweitert zu
Portus Risadir. Der Name
Agadir wird eben erst später faßbar (und möglicherweise ist das berberische Wort
agadir sogar aus dem Phönizisch-Punischen entlehnt); die Portugiesen jedenfalls sprachen diesbezüglich vom
Cabo de (A)Gue(r) - und daneben war die Bezeichnung
Cap Ghir bekannt.