simplicissimus
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I. Auslösung des Dreißigjährigen Krieges!
Nach einer Bestimmung des Augsburger Religionsfriedens hatte der Landesherr über die Religion seiner Untertanen zu entscheiden; den Andersgläubigen war jedoch Auswanderung gestattet. In Ausübung ihres Rechtes leiteten darum manche katholische Fürsten auf ihrem Gebiet eine lebhafte Gegenreformation ein. Dies, sowie die Unklarheit und Vieldeutigkeit anderer Friedensbestimmungen, z. B. in Bezug auf die geistlichen Güter, deren Bewohner etwa evangelisch würden, mußte bald die Quelle zu allerlei Feindseligkeiten zwischen Protestanten und Katholiken werden. Die Spannung erreichte schließlich einen bedrohlichen Grad durch das rücksichtslose Vorgehen des fanatischen F e r d i n a n d von
S t e i e r m a r k , der den Grundsatz befolgte: " Besser eine Wüste, als ein Land voll Ketzer", und des kaum milder gesinnten M a x i m i l i a n von B a y e r n , der z. B. die durchaus protestantische Reichsstadt D o n a u w ö r t h , die vom Kaiser wegen geringer Ursache geächtet worden war, mit Hilfe der Jesuiten katholisierte. Darin sahen alle Protestanten eine Vergewaltigung ihrer Glaubensgenossen, und unter dem frischen Eindruck solcher Ereignisse kam im Mai 1608 eine schon lang erstrebte Schutzvereinigung der protestantischen Fürsten und Städte zu stande, die U n i o n , an deren Spitze Kurfürst F r i e d r i c h von der P f a l z trat. Ein Jahr darauf gründete Maximilian von Bayern mit mehreren katholischen Fürsten einen ähnlichen Bund, die L i g a. Der Kampf zwischen beiden Parteien schien unmittelbar bevorzustehen; doch die Waffen senkten sich nochmals , und erst Jahrzehnt später entbrannte jener furchtbare Krieg, der Deutschland fast zur Wüste machte. In Böhmen, wo zweihundert Jahre früher schon einmal die verderbliche Kriegsfackel emporgelodert war, kam er zum Ausbruch. ----
Die dortigen Protestanten hatten im Jahre 1609 durch ihren Landesherrn, Kaiser
R u d o l f II. , freie Religionsausübung zugesichert erhalten. In der darüber aus- gestellten Urkunde, dem sogenannten "Majestätsbrief", hieß es z. B.: "Keine der beiden in Böhmen vorhandenen Religionen soll die Anhänger der anderen des Glaubens wegen schänden oder lästern, sondern beide sollen verbunden sein und bleiben". Die drei evangelischen Stände, sowohl der Herren- und Mittelstand als auch die Städte, sollten die Religion frei und für immer an allen und jeden Ort betreiben und ausüben können. In ihrem Glauben, Religion, Priesterschaft und Kirchenordnung sollten die evangelischen Stände, bis zu gänzlicher, einhelliger Vergleichung mit der Religion im H e i l i g e n R ö m i s c h e n R e i c h gelassen werden und ohne allermännigliches Behindern.
Zugleich mit dem Majestätsbrief wurde noch ein "Vergleich" vereinbart, wonach auch die Einwohner königlicher Güter das Recht protestantischen Kirchenbaues haben sollten. Die verschiedenen Auslegungen dieser Zugeständnisse gab bald Anlaß zu Streitigkeiten. Die Protestanten verstanden unter königlichen Gütern auch die geistlichen Güter, da sie zum "Krongut"gehörten; die Katholiken aber wollten diese Deutung nicht gelten lassen. Aufgrund der letzteren Auffassung hatte der Kaiser schon im Jahre 1611 infolge einer Beschwerde des Abtes von Braunau einen dort begonnen protestantischen Kirchenbau verboten, und ähnlich ließ der Erzbischof von P r a g in K l o s t e r g r a b , das zu seinem Sprengel gehörende eine neu erbaute protestantische Kirche schließen. Auch sonst hatte sich die kaiserliche Regierung unzweifelhaft manche Verletzung des Majetätsbriefes erlaubt und so die protestantische Bevölkerung in berechtigte Aufregung versetzt. Die Gärung wuchs, als Ferdinand von Steiermark zum böhmischen König ersehen wurde und den Kaiser Matthias zu noch schäferen Vorgehen gegen die Protestanten anspornte. Mußte man doch jetzt gänzliche Vernichtung des evangelischen Glaubens befürchten. Als alles Vorsprechen bei den kaiserlichen Statthaltern nicht fruchteten, als der Erzbischof von Prag die Kirche in Klostergrab sogar niederreißen ließ, sandten die protestantischen Stände, an ihrer Spitze Graf H e i n r i c h M a t t h i a s v, T h u r n , eine Beschwerdeschrift an den Kaiser. Aber die Antwort enthielt nichts als Vorwürfe und Drohungen, so daß man annahm, sie sei nicht in der kaiserlichen Kanzlei, sondern von den Prager Statthaltern verfaßt. Darum richtete sich der ganze Haß gegen diese.
Am 23. Mai 1618 erschienen bewaffnete protestantische Edelleute im Prager Schloß, gefolgt von einer großen Volksmenge; sie drangen ins Beratungszimmer der Regierung ein und stürzten nach einer kurzen, aber heftig erregten Verhandlung die besonders verhaßten Statthalter
M a r t i n i t z und S l a w a t a samt ihrem Geheimschreiber F a b r i c i u s zum Fenster hinaus. Diese Gewalttat bezeichnet man als den letzten Anlaß des
D r e i ß i g j ä h r i g e n K r i e g e s ; denn nun setzten die Böhmen eine protestantische Regierung von dreißig Mitgliedern ein, und so war ein Ausgleich mit dem Kaiser außerordentlich erschwert - das Kriegsrad kam ins Rollen; bald stand das ganze Land in offener Aufruhr.
- zum Teil in Wortlaut vom Original: Deutsche Geschichte v. 1890
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- weitere Ausführungen folgen, wenn nicht anders beschieden - oder:motz:
Nach einer Bestimmung des Augsburger Religionsfriedens hatte der Landesherr über die Religion seiner Untertanen zu entscheiden; den Andersgläubigen war jedoch Auswanderung gestattet. In Ausübung ihres Rechtes leiteten darum manche katholische Fürsten auf ihrem Gebiet eine lebhafte Gegenreformation ein. Dies, sowie die Unklarheit und Vieldeutigkeit anderer Friedensbestimmungen, z. B. in Bezug auf die geistlichen Güter, deren Bewohner etwa evangelisch würden, mußte bald die Quelle zu allerlei Feindseligkeiten zwischen Protestanten und Katholiken werden. Die Spannung erreichte schließlich einen bedrohlichen Grad durch das rücksichtslose Vorgehen des fanatischen F e r d i n a n d von
S t e i e r m a r k , der den Grundsatz befolgte: " Besser eine Wüste, als ein Land voll Ketzer", und des kaum milder gesinnten M a x i m i l i a n von B a y e r n , der z. B. die durchaus protestantische Reichsstadt D o n a u w ö r t h , die vom Kaiser wegen geringer Ursache geächtet worden war, mit Hilfe der Jesuiten katholisierte. Darin sahen alle Protestanten eine Vergewaltigung ihrer Glaubensgenossen, und unter dem frischen Eindruck solcher Ereignisse kam im Mai 1608 eine schon lang erstrebte Schutzvereinigung der protestantischen Fürsten und Städte zu stande, die U n i o n , an deren Spitze Kurfürst F r i e d r i c h von der P f a l z trat. Ein Jahr darauf gründete Maximilian von Bayern mit mehreren katholischen Fürsten einen ähnlichen Bund, die L i g a. Der Kampf zwischen beiden Parteien schien unmittelbar bevorzustehen; doch die Waffen senkten sich nochmals , und erst Jahrzehnt später entbrannte jener furchtbare Krieg, der Deutschland fast zur Wüste machte. In Böhmen, wo zweihundert Jahre früher schon einmal die verderbliche Kriegsfackel emporgelodert war, kam er zum Ausbruch. ----
Die dortigen Protestanten hatten im Jahre 1609 durch ihren Landesherrn, Kaiser
R u d o l f II. , freie Religionsausübung zugesichert erhalten. In der darüber aus- gestellten Urkunde, dem sogenannten "Majestätsbrief", hieß es z. B.: "Keine der beiden in Böhmen vorhandenen Religionen soll die Anhänger der anderen des Glaubens wegen schänden oder lästern, sondern beide sollen verbunden sein und bleiben". Die drei evangelischen Stände, sowohl der Herren- und Mittelstand als auch die Städte, sollten die Religion frei und für immer an allen und jeden Ort betreiben und ausüben können. In ihrem Glauben, Religion, Priesterschaft und Kirchenordnung sollten die evangelischen Stände, bis zu gänzlicher, einhelliger Vergleichung mit der Religion im H e i l i g e n R ö m i s c h e n R e i c h gelassen werden und ohne allermännigliches Behindern.
Zugleich mit dem Majestätsbrief wurde noch ein "Vergleich" vereinbart, wonach auch die Einwohner königlicher Güter das Recht protestantischen Kirchenbaues haben sollten. Die verschiedenen Auslegungen dieser Zugeständnisse gab bald Anlaß zu Streitigkeiten. Die Protestanten verstanden unter königlichen Gütern auch die geistlichen Güter, da sie zum "Krongut"gehörten; die Katholiken aber wollten diese Deutung nicht gelten lassen. Aufgrund der letzteren Auffassung hatte der Kaiser schon im Jahre 1611 infolge einer Beschwerde des Abtes von Braunau einen dort begonnen protestantischen Kirchenbau verboten, und ähnlich ließ der Erzbischof von P r a g in K l o s t e r g r a b , das zu seinem Sprengel gehörende eine neu erbaute protestantische Kirche schließen. Auch sonst hatte sich die kaiserliche Regierung unzweifelhaft manche Verletzung des Majetätsbriefes erlaubt und so die protestantische Bevölkerung in berechtigte Aufregung versetzt. Die Gärung wuchs, als Ferdinand von Steiermark zum böhmischen König ersehen wurde und den Kaiser Matthias zu noch schäferen Vorgehen gegen die Protestanten anspornte. Mußte man doch jetzt gänzliche Vernichtung des evangelischen Glaubens befürchten. Als alles Vorsprechen bei den kaiserlichen Statthaltern nicht fruchteten, als der Erzbischof von Prag die Kirche in Klostergrab sogar niederreißen ließ, sandten die protestantischen Stände, an ihrer Spitze Graf H e i n r i c h M a t t h i a s v, T h u r n , eine Beschwerdeschrift an den Kaiser. Aber die Antwort enthielt nichts als Vorwürfe und Drohungen, so daß man annahm, sie sei nicht in der kaiserlichen Kanzlei, sondern von den Prager Statthaltern verfaßt. Darum richtete sich der ganze Haß gegen diese.
Am 23. Mai 1618 erschienen bewaffnete protestantische Edelleute im Prager Schloß, gefolgt von einer großen Volksmenge; sie drangen ins Beratungszimmer der Regierung ein und stürzten nach einer kurzen, aber heftig erregten Verhandlung die besonders verhaßten Statthalter
M a r t i n i t z und S l a w a t a samt ihrem Geheimschreiber F a b r i c i u s zum Fenster hinaus. Diese Gewalttat bezeichnet man als den letzten Anlaß des
D r e i ß i g j ä h r i g e n K r i e g e s ; denn nun setzten die Böhmen eine protestantische Regierung von dreißig Mitgliedern ein, und so war ein Ausgleich mit dem Kaiser außerordentlich erschwert - das Kriegsrad kam ins Rollen; bald stand das ganze Land in offener Aufruhr.
- zum Teil in Wortlaut vom Original: Deutsche Geschichte v. 1890
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- weitere Ausführungen folgen, wenn nicht anders beschieden - oder:motz:
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