Das Klischee der blonden Hünen wird schon von den antiken Autoren vorgezeichnet. Grund für die Entstehung des Klischee ist die tatsächliche Häufigkeit der Merkmale, aber letztlich haben wir in Deutschland und Italien ein sehr breites Spektrum an Augen- und Haarfarben. Bestimmte Typen sind hier und da häufiger vertreten.
Ich denke aber nicht, dass sich die Serienmacher diesem antiken Klischee angenommen haben, denn dann wären ja alle Germanen in der Serie blonde Hünen gewesen. Man folgte vielmehr den modernen Klischeevorstellungen.
Die Germanen in der Serie erscheinen als Individuen mit unterschiedlichen Haarfarben, Frisuren und Bärten. Auch ihre Konstitution ist sehr verschieden. Nicht alle sind durchtrainiert.
Diese Germanen sind ganz normale Typen von der Straße mit verschiedenen Hipster-Bärten.
Die Grundaussage der Serie ist, dass diese Germanen normale Menschen wie wir sind.
Ganz anders die Römer werden die Römer dargestellt. Während die Germanen ganz normales Hochdeutsch sprechen, reden diese Römer die ganze Zeit Latein mit starken italienischen Akzent.
Die Römer sehen auch alle gleich aus, erscheinen nicht als Individuen. Sie sollen fremdartig und unsympathisch wirken.
Varus wurde mit dem sizilianischen Schauspieler
Gaetano Aronica besetzt. Sizilianer sind dafür bekannt viel dunkelhäutiger zu sein als Norditaliener.
Die Häufigkeit blonder Haare innerhalb Italiens variiert regional sehr stark (
siehe Karte). In Süditalien, Sardinien und Sizilien sind blonde Haare wirklich selten, während sie in Norditalien durchaus häufig vorkommen.
Aronica sieht auch wie ein typischer Sizilianer aus und selbst in italienischen Produktionen ist er auf die Rolle des Sizilianers festgelegt.
In der römischer Kaiserzeit war Sizilien noch eine Provinz und nicht Teil des Kernlandes Italiens. Sizilianer waren keine Römer! Sizilien war zwar schon ein paar Jahrhunderte unter römischer Herrschaft, war aber nur schwach romanisiert. Sizilien war genauso römisch wie Gallien oder Illyrien.
Der historische C. Quintilius Varus wurde jedoch in Cremona geboren und entstammte einer alten stadtrömischen Patrizierfamilie.
Der Sizilianer kann in der Antike nicht als Idealtyp des Römers herhalten. Dieses Klischee gehört ins 20. Jahrhundert, als man die Verschiedenenheit von Italienern und Deutschen im Rahmen der ausländerfeindlichen Debatte betonen wollte. Wenn sich ein Deutscher oder Amerikaner die Italiener als gefährliche Fremde und fiese Gestalten vorstellen möchte, denkt er selbstverständlich an drahtige Sizilianer mit "Ölaugen" und nicht an so an bärige Typen wie
Carlo Pedersoli. Diese Art von Rassismus hat beim Casting der ersten Staffel sicherlich eine Rolle gespielt.
Noch problematischer ist die Besetzung der erfundenen Rolle des Pelagios. Dieser Sklave des Varus wird ganz selbstverständlich nicht mit einem weiteren Italiener besetzt, sondern mit einem Schauspieler, der nicht nur europäische Wurzeln hat.
Nikolai Kinski ist der Sohn des bekannten deutschen Schauspielers Klaus Kinski und des vietnamesischen Models Minhoï Geneviève Loanic. Die einzige
Person of Color in der ersten Staffel die Rolle des einzigen Sklaven. Woher kommt nur das Klischee? Wieso muss der Sklave der Römer noch einen Tick dunkler sein als ein Sizilianer?