Hallöchen.
Der Begriff ist coool, weil so ein Zungenbrecher...
Das Problem ist globale Epochen abzugrenzen, Strömungen der globalen Kulturen zu erkennen und zu vergleichen.
Bei der Disziplin Globalgeschichte ist Deutschland im Vergleich mit dem angloamerikanischen Raum ja noch unterstes Entwicklungsland und es beginnt sich langsam hier was zu regen. Wer hier als Historiker was werden will, muss immer noch vorzugsweise deutsche Geschichte, allenfalls noch
Mitteleuropäische Geschichte behandeln. Ausnahmen bestätigen die Regel.
Ich hab inzwischen mal ein bischen herum gelesen.
Der Begriff der
Patristik-Sutra-Periode scheint doch nicht so lächerlich zu sein, wie ich beim ersten Überfliegen erst dachte. Er wird tatsächlich ernsthaft diskutiert. Weniger in der Geschichtswissenschaft, mehr in der Philosophie.
Das liegt an der relativ neuen geschichtswissenschaftlichen Strömung der Weltgeschichte/Globalgeschichte, welche nun langsam auch nach Deutschland überschwappt.
siehe hier:
Welche Chancen für eine Weltgeschichte?
und
The Changing Shape of World History
By William H. McNeill, University of Chicago
So werden eben auch Epochenbegriffe in Frage gestellt, oder versucht sie zu erweitern und globale Zusammenhänge und Entwicklungen gesucht
und versucht eine neue
Periodisierung durchzuführen.
hier z.B. noch eine Untersuchung zu der oben im ersten Link erwähnten Periodisierung:
Das Periodisierungsproblem bei John Plott
"Im Rahmen dieser Arbeit setzte ich mich vorwiegend mit einem Kapitel aus John Plotts´
Global Philosophy auseinander. Mit
Global Philosophy unternimmt John Plott den Versuch eine Weltgeschichte der Philosophie zu erstellen, in der ein eurozentrischer Blickwinkel überwunden und der Focus auf kulturübergreifende, interdisziplinäre Muster der Philosophiegeschichte gelegt wird."
Bekannter ist vielleicht auch die
Achsenzeit der Antike von
Karl Jaspers?
Jaspers’ „Achsenzeit“ und das interkulturelle Gespräch
und zum Weiterlesen:
Die Achsenzeit – eine Grenzsituation. Karl Jaspers’ Achsenzeit interpretiert in einem kommunikationsgeschichtlichen Horizont
sowie:
Versuch eines universell vergleichenden Modells antiker Kulturen: Shmuel N. Eisenstadt, Zur Entstehung und Institutionalisierung der Kulturen der Achsenzeit.
und hier seine eigenen Ausführungen:
Frühes Altertum, Achsenzeit und Entfaltung der Weltgeschichte. Aus: Karl Jaspers, Vom Ursprung und Ziel der Geschichte.
Während meiner Recherchen stieß ich auch auf einen sehr interessanten
ZEIT-Artikel:
Achsenzeit der Menschheit
Christopher Baylys bemerkenswerte Globalgeschichte des langen 19. Jahrhunderts überwindet die eurozentrische Perspektive.
Anscheinend wird das lange 19. Jh. mit dem Begriff der
Achsenzeit bezeichnet, wegen einer irreversiblen Effektivierung der organisatorischen Strukturen.
Interessant ist, dass auch in der osmanischen Geschichte vom der Epoche des längsten Jahrhunderts des Reiches gesprochen wird, bzgl. des 19. Jhd.
"
Warum Nordwesteuropa im Verlauf des 19. Jahrhunderts eine weltwirtschaftliche wie weltpolitische
Führungsrolle übernahm, wie es sie bis dahin nicht gegeben hatte.
Drei Ursachen glaubt er dafür ausmachen zu können: die politischen Bedingungen, unter denen die europäische Staatenkonkurrenz permanente Effektivierung nach innen und gewaltige Leistungssteigerungen nach außen erzwang; dazu eine Handelsorganisation, die zu einer Beschleunigung und Ausdehnung des Warenaustauschs nötigte; und schließlich eine Kombination von Militärorganisation und Finanzwesen, die eine viel größere Leistungsfähigkeit besaß als alles, was die asiatischen Konkurrenten in dieser Hinsicht zu bieten hatten. Erstaunlich ist die relativ geringe Bedeutung, die Bayly den Naturwissenschaften beimisst, während er die Relevanz der politischen Aktions- und Reaktionsfähigkeit sehr hoch veranschlagt."
Nun noch auf den eigentlichen Threadtitel eingehend:
Zum Begiff Mittelalter und der Endzeitstimmung poste ich mal was hieraus:
Das Mittelalter - Begriff und Periodisierungsprobleme
"2. Der Begriff „Mittelalter“
„Der heute fest eingebürgerte [...] Begriff Mittelalter ist nicht selbstverständlich, sondern seinerseits „historisch“ gewachsen“.1 Die gängige Einteilung von Geschichte wurde erst mit der Zeit geschaffen und von den Menschen im Mittelalter selbst noch vollkommen anders gesehen. 2 In diesem Sinne ist der Begriff Mittelalter nicht zeitgenössisch, da die Menschen im Mittelalter nicht wissen konnten, dass auf die Zeit, in der sie lebten, eine Neuzeit folgen würde. Periodisierungen sind somit grundsätzlich immer erst im Nachhinein möglich. 3 Das Mittelalter sah das Geschehen unter endzeitlichem und heilsgeschichtlichem Aspekt4 und orientierte sich mit seinen Vorstellungen nicht am Geschichtsverlauf selbst5. Man lebte in Erwartung des jüngsten Gerichts und dessen Vorzeichen6. Das Mittelalter verstand sich somit nicht als Mittel- sondern als
Endzeit, wobei das Ende nicht berechnet werden konnte.7 „Solche Vorstellungen (allmählich) aufzugeben und den Aufbruch eines neuen Zeitalters wahrzunehmen, das sich vom (finsteren) Mittelalter abhob, war ein Kennzeichen der Renaissance und des Humanismus des 14. und 16. Jahrhunderts“. 8 Die Humanisten entwickelten eine Bezeichnung für das minderwertige Latein („media et infima latinitas“) zwischen ihrer Zeit und der Antike. Aus dieser Bezeichnung entwickelte sich dann der Begriff „media aetas“ für die finstere und minderwertige Zeit zwischen der Antike und der sich anbahnenden Erneuerung. 9
Der
älteste bekannte
Beleg stammt von
Petrarca, der von den „tenebrae“ zwischen der „nova et antiqua aetas“ sprach (1341/59): „Zwischen der (verherrlichten) Antike und der nun anbrechenden Moderne lag gewissermaßen ein „dunkles“ Zeitalter“. Er verwendete auch als erster den Epochenbegriff „medium tempus“, der im 15. und 16. in allen Teilen Europas gebräuchlicher wurde, wobei es sich bei der Verbreitung keineswegs um einen geradlinigen Prozess handelte.10
Die Einteilung in die drei Zeitalter Antike, Mittelalter und Neuzeit wurde erst im 17. Jahrhundert populär. Hornius wies erste Schritte in diese Richtung. Er verfasste 1666 in Leiden eine Weltgeschichte („Arca Noae“), die in drei Te ile geteilt war („historia vetus“, „historia nova“, „historia aevum“), allerdings noch auf vier Weltreiche verwies.11 Entgültig verbreitet wurde diese Vorstellung jedoch erst durch Cellarius, der in Halle seine Universalgeschichte „Historia tripartita“12 in drei Epochen gliederte: „Historia antiqua“ (1685), „Historia medii aevi“ (1688) und „Historia nova“ (1696).13""
Zum Schluss noch ein interessantes Dokument, für diejenigen, die sich für die
Wissenschaftsgeschichte der Geschichte interessieren. ein Arbeitspapier für Studenten, sehr interessant:
Das Problem der Geisteswissenschaften am Beispiel der Geschichtswissenschaft
und hier als PDF:
http://gams.uni-graz.at:8080/fedora/get/o:wissg-gw-065-1/bdef:FOtoPDF/get
LG lynxxx