Bestand eine Erfolgsaussicht im Tonnagekrieg gegen Großbritannien?

Somit war es immer nur Planung und Berchnung für einen Idealzustand im Seekrieg, der so nie eintrat und somit dieser Tonnagekrieg mit UBooten nie aussicht auf Erfolg haben konnte, so wie es kurz vor Kriegsbeginn richtig erkannt wurde. Die Überdimensionale Planung im bezug auf den Ubootbau zeigte ein weiteres mal, den Größenwahn Hitlers, der in allen Bereichen des Nazistaates allgegenwährtig war.

Hallo Köbis,

einen wesentliche Faktor mit dem Zusammenbruch des Versorgungssystems hast Du genannt. Aber das war Abhilfe, die bereits vor dem Hintergrund der rüstungsseitigen Schwierigkeiten ablief. Das "große" Bauprogramm kam vor dem Hintergrund des Kriegsverlaufes zu spät und konnte erst Mitte 1942 seine Wirkung entfalten. Zu diesem Zeitpunkt war das Engagement der USA entscheidend, auch 100 Boote mehr (der "alten" VII-er Technologie) konnten bei der Luftraumüberwachung im Atlantik und auf den An- und Rückmarschwegen nichts bewirken. Die Geleitzugsicherung hatte 1943 bereits bei relativ wenigen Einheiten im Konvoi aufgrund der Radarortung größte Erfolge. Und die entscheidenden Angriffe in der Rudeltaktik mußten (nachts) über Wasser stattfinden.

Bei den Rohstoffen würde ich widersprechen wollen. Der Mangel ist wesentlich durch den Vorrang des JU88-Programms bei Kriegsbeginn verursacht, eine strategische Fehlentscheidung. Bei den engpaßrelevanten Rohstoffen beanspruchte die Luftwaffe (erfolgreich) pimaldaumen über 50%. Technisch wäre der U-Boot-Bau also machbar gewesen, er scheiterte in der Realität an vielem:

- der Schwerpunktstrategie der Marine bis Anfang 1940, auf die Überwassereinheiten zu setzen
- befördert durch die fehlende Option der französischen Häfen und Norwegen: Aspekte, die im September 1939 nicht vorgesehen werden konnten
- der Konkurrenz zur Luftwaffe, die absoluten Vorrang genossen hat
- später 1940 an der Konkurrenz zur Heeresrüstung, die wegen des Rußland-Feldzuges Vorrang genoß

Alles in allem war die Niederlage auch im Tonnage- und Zufuhrkrieg am 1.9.1939 programmiert (natürlich aus der ex-post-Sicht :devil: )
 
(...)Bei den Rohstoffen würde ich widersprechen wollen. Der Mangel ist wesentlich durch den Vorrang des JU88-Programms bei Kriegsbeginn verursacht, eine strategische Fehlentscheidung. Bei den engpaßrelevanten Rohstoffen beanspruchte die Luftwaffe (erfolgreich) pimaldaumen über 50%. Technisch wäre der U-Boot-Bau also machbar gewesen, (...)

Na gut, vielleicht unter Friedenszeiten wäre der Z-Plan durchführbar gewesen mit dem Ziel von 1948 oder so. Aber da lag wie schon gesagt der Schwerpunkt nicht auf dem Ubootbau. Im Krieg kann ich mir es nicht vorstellen, diese enormen Neubauten zu bewähltigen , auch schon allein an der immer schlechteren Rohstofflage. Zudem der Arbeitskräftemangel sowie das qualifizierte Ubootpersonal, das durch die Versenkungen von Ubooten immer "dünner" wurde.
Aber um aufs Technische zurück zukommen, sehe ich das sehr kritisch, mit dem letzten Satz von Dir.
Rohstoffe + Arbeiter waren der größte Feind dieser Bauprogramme, vor allem im Krieg.

Noch ein kleiner Nachschlag zu Thema Größenwahn, es wurden Transport-Uboote mit über 4000ts geplant, Schlachtschiffe mit einer Verdrängung von 100.000t....die hätten keinen deutschen Hafen anlaufen können.:nono:
 
Das erste Problem war das Rohstoffproblem, dass sich auch nach der Einstellung aller anderen marine Bauvorhaben ab Februar 1940 nicht gänzlich beheben lies.

Die Probleme ergaben sich aus der Kriegsstrategie und den wechselnden -Zielen, weniger aus den Ressourcen.

Rohstoffe, Kapazitätsverwendungen und Arbeitseinsatz waren stets eine Frage der festgelegten Prioritäten. U.a. mit dem "JU-88-Konzern" (Junkerswerke) waren im September 1939 bei den meisten Engpaßfaktoren (Werkzeugmaschinen, kritische Rohstoffe etc.) die Prioritäten auf die Luftwaffe gelegt. Dabei war schon ein gewisser Kannibalismus innerhalb der Typenlage der Luftwaffe festzustellen.

Mit dem Sommer 1940 wechselten diese Prioritäten wieder zum Heer in Vorbereitung des Ostfeldzuges 1941 gegen die Sowjetunion: Munition, Geschütze, Panzer, sonstige Fahrzeuge. In Erwartung des sicher geglaubten Sieges im Osten wechselte dieses erneut zu Luftwaffe und Marine im Juli 1941 für die Kriegsführung gegen Großbritannien: Flugzeuge, U-Boote. Für 1943 kam dann unter dem Eindruck der Rückschläge im Osten wieder das "Adolf-Hitler-Panzerprogramm". Alles in allem ein Chaos sondergleichen.

In diese ganzen Umsteuerungen ist das U-Boot-Bauprogramm mit unterschiedlichen Prioritäten einzusortieren.
 
Die Probleme ergaben sich aus der Kriegsstrategie und den wechselnden -Zielen, weniger aus den Ressourcen.

…und genau dieser ganz Strategie-, Kompetenz- & Richtungswirrwar wurde (und wird noch immer?) hier und da in populistischen Veröffentlichungen gerne als Beispiel für eine existierende, gelenkte Blitzkriegsdoktrin auch für die Kriegswirtschaft angeführt…. Allerdings meist im angelsächsichen Sprachraum...

Schön, dass dieser zähe Mythos ein ums andere Mal entzaubert wird.
Musste mal wieder raus...

Dazu passen die ständigen Probleme zur ausreichenden Versorgung der deutschen Überwasserstreitkräfte mit Treibstoff. Die mangelnde Versorgung auch der italienischen Marine (als eine der 6 größten Marinen der Welt) mit Treibstoff schränkte die Einsatzfähigkeit wie den Ausbildungsstand der Kriegsschiffe durchaus ein. Wie hätte man eine Versorgung sicher stellen können, wenn alle Schiffe der von Köbis angesprochenen Z-Plan-Flotte gebaut und bemannt geworden wären?
 
Wie hätte man eine Versorgung sicher stellen können, wenn alle Schiffe der von Köbis angesprochenen Z-Plan-Flotte gebaut und bemannt geworden wären?

1937/39 bestand eine Konkurrenz zwischen Reichswirtschaftsministerium/Außenministerium und Kriegsmarine.

Die beiden Ministerien verfochten eine Lösung, bei der auf das Erdöl im Mittleren Osten gesetzt werden sollte. Die Kriegsmarine sah eine Chance in einem Abkommen mit Mexiko. Hier kam es noch zu kleineren Lieferungen und Gegendruck der USA vor dem Krieg. In dem Zuge gab es ua. Streitereien über die mehrere Millionen RM, die für ersten Engegements etatisiert waren.

Bei der Kriegsmarine machte man sich sogar Gedanken über einen Schutz der Produktionsstätten und der Lieferwege im Kriegsfall.

Durch Mitteilung vom 25.5.37 wies das Auswärtige Amt die Botschaft in Mexiko an, den künftigen Ausbau deutscher Handelsbeziehungen von der Erteilung möglichst küstennaher Ölkonzessionen abhängig zu machen.

Die inländische Ölversorgung sei inzwischen "auf anderem Wege im Prinzip" gesichert, nur für die Kriegsmarine ergäben sich Deckungslücken aufgrund der weiteren Rüstung. Die KM schätze die politischen Risiken bei solchen Konzessionen als vertretbar ein. An einen Gegner USA wurde dabei vermutlich nicht gedacht, und die künftig größere KM hätte im Krisenfall gegen GB die Zufuhr zu sichern.

Als "Bedarf" wurde dabei auf Heizöl und andere Mineralölprodukte für den KM-Verbrauch hingewiesen.
ADAP, Reihe D, Band VI/2, Nr. 386.
 
Als "Bedarf" wurde dabei auf Heizöl und andere Mineralölprodukte für den KM-Verbrauch hingewiesen.
ADAP, Reihe D, Band VI/2, Nr. 386.

...ist das alles jetzt als ein Versuch anzusehen das Unmögliche doch noch Möglich zu machen, oder Verzweiflungsplanung?
...Naja, mit anderen Politikern an der Macht als den zu allem entschlossenen Roosevelt oder dem unnachgiebigen Kriegspremier Churchill vielleicht??
Mit Erschrecken bemerke ich hier immer wieder das unbedingte Primat der Politik vor dem Militärischen: Die Herren in Berlin beteuerten lange genug, das ein Krieg mit dem Empire unnötig sei. Ja man sei gewissermaßen "natürliche Verbündete". Und ein Krieg mit den USA stand ohnehin noch lange nicht auf der Agenda von Hitlers Buch "Mein Kampf"... Da ist die Sorge um die Sicherheit von Seeverbindungen nach Mexiko ja fast schon Kritisch :rofl:
 
Hallo,

Im Prinzip hat "silesia" den Sachverhalt bereits zutreffend dargestellt. Mit der bei Kriegsbeginn vorhandenen Flotte war ein erfolgversprechender Tonnagekrieg gegen Großbritannien, im relevanten Zeitraum, nicht zu realisieren. Das hat schon Neitzel in, "Der Einsatz der deutschen Luftwaffe über dem Atlantik und der Nordsee 1939-1945", in einer erschöpfenden Analyse festgestellt.

@Ladislav

Wie wäre es mal mit einer Quellenangabe? Dein Einwurf zur Einsatzbereitschaft bzw. Verfügbarkeit von U-Booten zu Kriegsbeginn ist für mich nicht nachvollziehbar. Tatsächlich verfügte die U-Bootwaffe über deutlich mehr Unterwasserfahrzeuge vgl. hierzu beispielsweise Dreessen "Flottenrüstung".

@silesia

...ob hier strategische Fehlentscheidungen bis 1939 (so Salewski) vorgelegen haben,...
Eine interessante Frage. Unter Berücksichtigung der ursprünglichen Planungen, auch hinsichtlich des Z-Plans, der gängigen Marinedoktrinen in den 1930er Jahren und des in diesem Umfang nicht gewollten Kriegsausbruchs am 1. September 1939, kann man wohl kaum von einer strategischen Fehlentscheidung sprechen.

Bei den Rohstoffen würde ich widersprechen wollen.
Dem kann ich mich nur anschließen. Neben der, für die Kriegsmarine, unglücklichen Kanalisierung der verfügbaren Rohstoffe zu den anderen Wehrmachtteilen, sollte man aber auch die "stillen Reserven" der einzelnen Unternehmen berücksichtigen. Durch die inadäquate Kommandowirtschaft entstand vielfach ein imaginärer Rohstoffengpaß, da die Unternehmen beträchtliche Mengen an Materialien hamsterten. (vgl. DRZW Bd. 5/1) Dazu kommen freilich auch noch die meist bewusst überzogenen Anforderungen der einzelnen Wehrmachtteile, die keineswegs den aktuellen Verbrauch wie auch Bedarf widerspiegelten.

Der Mangel ist wesentlich durch den Vorrang des JU88-Programms bei Kriegsbeginn verursacht, eine strategische Fehlentscheidung.
Dieses folgerichtige Fazit ist aber ex post einzuordnen.


Die Marinerüstung wurde grundsätzlich durch zwei Faktoren maßgeblich gehemmt. Zum einen waren für den Überwasserschiffbau nicht genügend (Infrastruktur-)Kapazitäten vorhanden. Der Bau von Molen etc. zur Aufnahme von größeren Einheiten benötigte erhebliche Zeit und ließ daher den Zeitplan deutlich in Rückstand geraten.

Zum anderen fehlte es in steigendem Maße an qualifiziertem Personal, da die Schulen mit dem wachsenden Bedarf nicht mehr Schritt halten konnten. Auch hier waren also strukturelle Mängel für den fortschreitenden Effizienzverlust innerhalb der Marine ausschlaggebend.


@Köbis17

...das durch die Versenkungen von Ubooten immer "dünner" wurde.
Die Verluste der U-Bootwaffe waren bis 1943 signifikant hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Es war vielmehr dem Aufblähen dieser Waffengattung in der ersten Kriegshälfte zu verdanken, dass die Qualität des Personals stetig abnahm. Einen ähnlich verhängnisvollen Prozess erlebte übrigens die Luftwaffe.



MfG
 
Zuletzt bearbeitet:
Ist schon komisch , das Churchill sagte: Das einzige wovor er Angst habe, seien die U-Boote . *grübel

Das ist nicht verwunderlich.

1942 erreichten die Versenkungen einen Umfang von 8 Mio. BRT, etwa entsprechend der damaligen Neubaukapazitäten der USA und GB.

Voraussetzung dafür waren die Bauprogramme, die ab Kriegsausbruch liefen und 1942 die geplante hohe Zahl von Front-U-Booten erbrachten. Ähnliche Zahlen bereits Anfang 1941 - die aber rüstungsseitig unrealistisch waren - hätten eine dramatische Zuspitzung der britischen Versorgungslage gebracht (siehe zB noch die "Tankerkrise" in 1942). In 1943 unterlagen die U-Boot-Stückzahlen der Abwehrtechnik und der fast lückenlosen Luftüberwachung, Enigma ist noch ein weiteres Thema.
 
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