Hänsel schrieb:
Viel interessanter und strittiger ist doch aber die Frage über die Schuld. Seit Menschen gedenken war immer jemand schuld wenn etwas schief ging, oder zu ende war....
Wenn ich das richtig sehe, wird nicht die Frage einer Art Kriegsschuldfrage gestellt, also wer ist schuld an den Kreuztzügen, sondern, wer ist schuld am Ende der Kreuzzüge, also eine Art "Friedensschuldfrage"?
So gestellt ist die Frage unsinnig, zum einen speziell für mich, weil ich nicht darüber nachdenken will, wer schuld am Frieden ist, zum anderen, weil sie - interpretiert man sie ein wenig weiter - den Kern der Sache nicht trifft. Ich interpretiere die Frage mal so: warum hörten die Kreuzzüge auf? D.h. ich klammere die "Schuldfrage" aus, weil sie nur ein Ergebnis einer Untersuchung der Gründe des Endes der Kreuzzüge sein kann. Und hier zeigt sich, daß Entwicklungen innerhalb Europas ausschlaggebend für das Einstellen der Kreuzzüge waren.
Ich würde zwei Entwicklungsstränge unterscheiden: zum einen das Erscheinen der Osmanen auf dem Balkan. Hier sehen wir, daß sich die letzten Kreuzzüge sozusagen auf dem Balkan und Griechenland abspielten, also ihr Ziel, die Eroberung Jerusalems, aufgegeben wurde, um zunächst die Moslems aus Europa zu vetrtreiben. Aber auch dies scheiterte. Wozu also offensiv mit langen Wegen in nun vom Feind beherrschten Gewässern operieren, wenn das "eigene Haus" nicht einmal sicher war.
Ein zweiter Grund liegt aber in der zunehmenden Rivalität der europäischen feudalstaatlichen Gebilde. Der 100-jährige Krieg zwischen England und Frankreich hatte große Ressourcen verbraucht, das Anwachsen der Habsburger zur europäischen Supermacht, das mit Deutschland und Spanien Frankreich in den Würgegriff zu nehmen schien, brachte die "Einheitsfront" gegen den Islam zum zerbrechen. Hinzu kommen noch die Entdeckung der neuen Welt, deren Eroberung auch Kräfte forderte. Und nicht zuletzt kommt die Glaubensspaltung in's Spiel. Wenn man über die eigenen Glaubenslehre nicht klar war und seine Kräfte zur Bekämpfung der anderen verwendete, wie konnte man sich dann um die Bekämpfung anderer Religionen kümmern?
Zu guterletzt sei erwähnt, daß es trotzdem immer wieder "Kreuzzüge" gab. So z.B. 1660, als die Türken wieder einmal gegen Wien marschierten. Ein internationales Heer stellte sich ihnen entgegen, weil der Papst dies gefordert hatte.