Es ist ein sehr persönliches Problem, das ich mit Frauengestalten in historischen Stoffen habe. Grade Brunhild und Kriemhild kamen in den Büchern, die ich gelesen habe (und die daher auch die meisten anderen zu dem Thema gelesen haben), einfach nicht gut weg - von Zickenkrieg bis zu weibischer Tücke, mit der Kriemhild später die Burgunden in den Tod lockt. Oder eben das "Mannweib" Brunhild, das auch wenig Seiten hat, die mich an dem Charakter interessieren, und die sie männlichen Lesern vielfach suspekt macht.
Das Hauptproblem ist, dass es für weibliche Figuren in historischen Stoffen nur drei Möglichkeiten gibt: Historisch korrekt wäre in den meisten (!) Fällen eine eher untergeordnete bis nicht stattfindende Rolle (oder die des Preises). Das geht in Werken des 21. Jahrhunderts nicht mehr (fragt den Hobbit). Also hat man viel Geschichte aus Frauensicht - Verheiratungen, höfische Intrigen, Wanderhuren, oder wenigstens ne Quotenfrau, die rumrennen darf und nicht unbedingt der Rettung bedarf, wenn sie auch zur Entwicklung des Helden kaum beiträgt (außer als love interest). Oder man rutscht in politische Schienen und die Frauen werden zu den "Besseren Männern" hochstilisiert (Marion Zimmer Bradley etc).
In nichthistorischen oder einfach frei erfundenen Stoffen hat man es leichter, indem der Autor einfach eine Welt annimmt, in der es egal ist, ob man männlich oder weiblich ist (David Webers Honor Harrington-Serie ist, trotz späteren Qualitätseinbußen, für mich strahlendes Beispiel in der Kategorie, einige andere SciFi- und Fantasyromane machen das ebenfalls sehr gut). Bei bekannten Stoffen hat man diese Möglichkeit nicht so. Grade im Nibelungenlied habe ich festgestellt, dass die meisten Leute einfach eine Abneigung haben gegen sowohl Kriemhild als auch Brunhild, die natürlich der patriarchalisch-traditionellen Überlieferung der letzten acht Jahrhunderte geschuldet ist, aber sich davon zu lösen, wäre sofort ein Politikum, an dem mir überhaupt nicht gelegen ist.
Ich überlege derzeit, Volker von Alzey in den Mittelpunkt der Geschichte zu stellen, und Kriemhild stellt mich vor die größten Probleme - wobei ich schon denke, dass man ihre Motive objektiv als nachvollziehbar hinstellen können muss, wenn man sie von der Überlieferung des hysterischen Weibes trennt, das aus niederen Motiven die geballte hehre Manneskraft an Etzels Hof zugrunde richtet.
Da hatte ich es mit "Cannae" erheblich leichter...