Zwar kann ich dabei nur etwas zum Russischen sagen und nicht zum Bulgarischen, aber ich denke, daß wird man mir hier nachsehen...
Dass die Änderung des Genus bei Namen im Russischen und Bulgarischen eine Genus-Flektion ist, lässt sich volgender Maßen schlußvolgern:
Die Endung -ow/off/ov ist selbst schon keine substantivishe Endung. Ivanov ist keine Form von Ivan, sondern heißt soviel wie "des Ivan" oder "von Ivan" ist also eine Besitzanzeigende Endung. Dass hinten dran gehängte -a, dass z.B. ein weibliches Geschlecht anzeigen würde ist eine Flektion von Ivanov und nicht eine Verweiblichung des Vornamens. Um es an einem Beispiel zu verdeutlichen:
Christina Ivanova ist mit "Ivanische Christina" zu übersetzen. Man bemerke hierbei, und das ist ein Punkt der bis jetzt sicher für viel Misverständnisse gesorgt hat, dass Besitzanzeigende Endungen im Bulgarischen und dann vielleicht auch anderen verwandten Sprachen nicht gleichzusetzen sind mit dem deutschen Genitiv.
Es ist durchaus richtig, daß die Endungen des Großteils (ca. 70%) russischer Familiennamen -
-ow,
-ew und
in - Genitivendungen sind. Oft handelt es sich dabei auch tatsächlich um Genitivbildungen zu Vornamen, daneben jedoch auch zu Berufen und zu Tiernamen.
Anzumerken ist dabei jedoch auch noch unbedingt, daß diese Formen vergleichsweise jung sind, denn sie bildeten sich allesamt im 16./17. Jh.
Nicht richtig ist allerdings, daß dies bspw. dem Deutschen fremd ist; dies erkennt man noch heute umgangssprachlich in einigen Regionen, wo man statt von einem
Karl Müller von
Müllers Karl und statt einer
Marie Schmidt von
Schmidts Marie spricht.
Aus diesem Grund sehe ich darin eher ein Phänomen mehrerer Zweige der indoeuropäischen Sprachfamilie - ob über diese Sprachfamilie hinaus, kann ich nicht beurteilen - und nicht nur der slawischen Sprachen (
El Quijote lieferte bereits Ähnlichkeiten in einer romanischen Sprache).
Desweiteren müssen wir aber zwischen diesen Genitivendungen und dem besitzanzeigenden Genitiv bei Substantiven dennoch ein wenig differenzieren - dies kann ich zumindest für
Russisch sagen.
Zwar ist es inzwischen fast 20 Jahre her, seit ich diese Sprache zum letzten Mal aktiv angewendet habe - und deswegen auch noch einmal nachschlagen mußte -, aber es ist bspw. nicht so, daß das einem Beruf zugeordnetes Adjektiv dem aus dieser Berufsbezeichnung hervorgegangene Familiennamen entspricht.
Um beim Beispiel des Arztes zu bleiben...
Es gibt zunächst zwei Formen:
1. Moderne Form
Arzt -> russisch:
Wratsch
ärztlich -> russisch:
wratschebnyj
der aus dem Beruf gebildete Familienname lautet
Wratschow
der Genitiv zu
Wratsch - also "des Arztes" - lautet übrigens
Wratscha (Genitivendung
-a für männliche und sächliche Substantive)
2. Alte Form
Arzt -> russisch:
Lekar' (das
' symbolisiert das Weichheitszeichen am Wortende; ist hier wichtig ist, wie sogleich ersichtlich wird)
davon abgeleitet gibt es folgende noch bekannte Form:
Medizin -> russisch:
Lekarstwo
die aus dem Beruf gebildete Familiennamen lauten
Lekarow,
Lekarew und
Lekarin
der Genitiv zu
Lekar' - also "des Arztes" - lautet übrigens
Lekarja (Genitivendung
-ja statt
-a, weil es sich wegen des Weichheitszeichens am Wortende und da es belebt ist um ein männliches Sustantiv mit weicher Endung handelt)
Auch bei Eigennamen greifen übrigens diese grammatischen Regeln: ist bspw. nicht der Famlienname
Iwanow gemeint, sondern soll genitivisch Besitz eines
Iwan angezeigt werden ("Schwester des Iwan" bzw. "Iwans Schwester"), so heißt es bspw.
Sestra Iwana
(
Genitiv männlich hart ->
-a).
Für seine Schwester
Olga lautet es dann bspw.
Iwan Brat Olgi ("Olgas Bruder Iwan"),
für seine Schwester
Tatjana bspw.
Iwan Brat Tatjany ("Tatjanas Bruder Iwan"),
für seine Schwester
Katja bspw.
Iwan Brat Kati ("Katjas Bruder Iwan")
(
Genitiv weiblich mit Endung -ja oder -a nach vorherigem g, k,
ch (ch wie in dt. Buch, nicht wie in dt. Licht) ->
i;
Genitiv weiblich mit Endung -a sonst ->
y)
Ich danke für die Aufmerksamkeit, sich diese eher trockenen Ausführungen zur russischen Grammatik durchgelesen zu haben.