Diese bei der Auferstehung entstandene Strahlung könnte übrigens einen „verjüngenden“ Effekt auf das Leinen gehabt haben, wie bereits bei dem Brand von 1532 geschehen: damals tropfte geschmolzenes Metall auf das Grabtuch, was durch Sauerstoffmangel eine Verbrennungsreaktion auslöste, bei der eine große Menge an C14-angereichertem Kohlenmonoxid freigelassen wurde. Dieses neu hinzugekommene C14 hat das Leinen um mehrere Jahrhunderte verjüngt. Es wurde nachgewiesen, daß 2 % zusätzliches Kohlenmonoxid ausreichen, um ein aus dem I. Jahrhundert stammendes Leinen irrtümlich auf das Mittelalter zu datieren.
Ich gehe mal davon aus, dass die von dir oben zitierte "Überzeugung" der Wissenschaftler korrekt dargestellt ist:
Eine Reihe von Wissenschaftler, darunter Prof. John Jackson, Prof. Fanti, Prof. Lindner aus Karlsruhe, sind überzeugt: Das Bild muss entstanden sein, als das Tuch durch den Körper hindurchfiel, während dieser sich in Energie umwandelte und Strahlung abgab.
Diese Hypothese ist mit keiner mir bekannten Christologie vereinbar, weder der katholischen noch einer gnostischen. Laut katholischer Lehre ist Jesus
physisch auferstanden, d.h. ohne "Umwandlung in Energie". Als einer der Belege gilt Lukas 24,39:
Seht meine Hände und meine Füße, ich bin's selber. Fasst mich an und seht; denn ein Geist hat nicht Fleisch und Knochen, wie ihr seht, dass ich sie habe.
Jackson etc. müssten also zugrunde legen, dass der Auferstandene eine Energiegestalt nur angenommen hat, um die Wände (oder den Stein am Eingang) der Grabkammer zu durchdringen, und dass er später bei seiner Wiedererscheinung vor den Jüngern wieder physische Form annahm. Als ´Energiegestalt´ soll er laut dieser Hypothese "Strahlung" abgegeben haben, die auf Materie einwirkt, womit der "Verjüngungseffekt" bei dem Tuch erklärt wird.
Wie sich die Herren den Vorgang physikalisch vorstellen, ist rätselhaft. Nach dem Einstein´schen Prinzip E=mc2 hätte ein solcher Vorgang mindestens halb Judäa dem Erdboden gleichgemacht. Natürlich meinen sie eine Umwandlung in einen
geistig-spirituellen Leib von der Art, wie ihn die gnostische Christologie dem Jesus zuspricht (Doketismus).
Der gnostisch beeinflusste Johannes schreibt dementsprechend (Joh 19, 19):
Am Abend dieses ersten Tages der Woche, als die Jünger aus Furcht vor den Juden die Türen verschlossen hatten, kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch!
Problematisch für die Argumentation der genannten Wissenschaftler ist der durch die angebliche Transformation hervorgerufene ´Verjüngungseffekt´ auf das materielle Tuch auch deswegen, weil als stützendes Argument eine
rein physikalische Analogie bemüht wird ("Verbrennungsreaktion" durch geschmolzenes Metall).
Zu diskutieren ist auch der von Silesia in #115 zitierte Befund von Prof. Carlino et al.:
The consistent bound of ferritin iron to creatinine occurs in human organism in case of a severe polytrauma. Our results point out that at the nanoscale a scenario of violence is recorded in the funeral fabric and suggest an explanation for some contradictory results so far published.
Das auf dem Tuch enthaltene Blut weist laut Untersuchung von Carlino et al. Spuren von Ferritin und Kreatinin in einem Maße auf, das für gefolterte Personen typisch ist. In einem ausführlichen Artikel von Prof. Carlino et al. heißt es (nochmals der Link):
Atomic resolution studies detect new biologic evidences on the Turin Shroud
Hence, on the basis of the experimental evidences, the particles covering the TS fiber are creatinine nanoparticles with inside biological ferritin cores of ferrihydrate. The lack of the 0.25nm spacing evidenced during our experiments is due to the bond between ferrihydrate cores and creatinine in agreement with the evidences in the x-ray spectra of the creatinine bounded to iron oxide nanoparticles where the peak corresponding to the spacing at 0.25nm is suppressed by the interaction between the protein and the iron [38]. This is not a situation typical of the blood serum of a healthy human organism. High levels of creatinine in the blood are observed in the case of strong trauma. There is a wide recent literature reporting on interaction between creatinine and ferritin in fatal accidents [41,42] or as a consequence of the rhabdomyolysis due to torture [43]. Indeed, De Abreu et al. report in [41] a study on acute kidney injury (AKI) after trauma, mostly in accidents involving cars and motorcycles, evidencing how AKI is secondary to severe crush injuries and rhabdomyolysis. In particular, the patients with AKI present a high level of creatinine and ferritin in the blood serum. High level of creatinine are also in the case reported by Schwartz et al [42] in the study of patients of emergency room with skeletal muscle trauma. Indeed, when muscle cells are destroyed as a consequence of a strong trauma, such as the torture, they release their content into the bloodstream as reported in [43].
Ein Grabtuch-Skeptiker kann bzw. muss entweder den Befund anzweifeln oder versuchen zu erklären, auf welche Weise das auf dem Tuch enthaltene Blut zu jenen Eigenschaften kam. Eine mögliche Erklärung wäre die Verwendung eines frisch hingerichteten Delinquenten als Jesus-Attrappe, was zwar sehr unwahrscheinlich ist, aber doch einen Ticken realistischer als die professorale ´X-Men´-Phantasie der Umwandlung eines menschlichen Körpers in ´Energie´.
Was die umstrittene C14-Datierung betrifft, besteht immerhin die theoretische Möglichkeit einer Fehlmessung.
Im Geschichtsforum sollte das nichts zu suchen haben. Hier diskutieren wir eigentlich sachlich.
(...)
Und ein Bisschen mehr Vertrauen in Gott, bitte: Wenn es ihn gibt und er Glauben fordert, hat er alle Hinweise so gut verschleiert, dass nichts bewiesen werden kann, damit es im Himmel nicht leer bleibt. Nur halb:
.
Ein kühner Spagat: Erst die Mahnung zur neutralen Sachlichkeit, dann der immerhin ´halb´ ernste Hinweis auf "Gott", dem man zu "vertrauen" habe. Erkläre das doch bitte.