Datierung der Evangelien

@Carolus: Danke für Hinweis und Link. Ich habe mich da wohl zu sehr auf die offensichtl. etwas "einseitige" Darstellung von Thiede verlassen.

Thiede ist bzw. war ein Evangelikaler, der zwar durchaus archäologisch und historisch interessante und lesbare Hinweise gibt, sobald es aber um Glaubensdinge geht seine "geschichtswissenschaftliche" Arbeitsweise betont.
Er ist, was die Evangelien angeht, ein notorischer Frühdatierer.
 
@buschhons:

Noch eine Anmerkung zur Ausgangs-These von Chan, die synoptischen Evangelien könnten zwischen Justinus d. Märtyrer und Irenaeus von Lyon entstanden sein, bzw. ca. zwischen 150 u. 180 n. Chr.:
Justinus gebraucht doch in seinen Schriften eine Menge von Zitaten aus allen drei synoptischen Evangelien, und wiederum aus den verschiedensten Kapiteln (also nicht nur aus einem "Leidensbericht" oder so). Z. B. hat Erwin Preuschen in seiner Zitatsammlung "Antilegomena" (1905) diese zahlreichen Evangelien-Zitate bei Justin auf knapp 20 Seiten (S. 33-52) gesammelt. Also müssen die synoptischen Evangelien doch schon vor Justin in den christl. Gemeinden im Umlauf gewesen sein.

Es gibt diesbezüglich aber die Auffassung von Experten, dass besagte Zitate nicht aus den kanonischen Evangelien, sondern aus anderen Texten übernommen wurden, die mit den kanonischen Texten eine gemeinsame Quelle teilen. Justins Darstellung der Jugend von Jesus, seiner Taufe sowie der Johannes-der-Täufer-Figur soll von der Darstellung in den kan. Ev. erheblich abweichen. Ein "Johannes" wird von Justin zwar erwähnt, aber eben nicht als Evangelist, sondern nur als Verfasser der Apokalypse.
 
Zuletzt bearbeitet:
@buschhons:



Es gibt diesbezüglich aber die Auffassung von Experten, dass besagte Zitate nicht aus den kanonischen Evangelien, sondern aus anderen Texten übernommen wurden, die mit den kanonischen Texten eine gemeinsame Quelle teilen. Justins Darstellung der Jugend von Jesus, seiner Taufe sowie der Johannes-der-Täufer-Figur soll von der Darstellung in den kan. Ev. erheblich abweichen. Ein "Johannes" wird von Justin zwar erwähnt, aber eben nicht als Evangelist, sondern nur als Verfasser der Apokalypse.

Nun, wenn es mehrere Theorien gibt ist die wahrscheinlichste die einfachste, dass wäre er hat die Texte von den kanonischen Texten, statt irgendwelche anderen Texte zu vermuten.

P.S Welche Experten sagen dies eigentlich.
 
Vorab:
Z. B. hat Erwin Preuschen in seiner Zitatsammlung "Antilegomena" (1905) diese zahlreichen Evangelien-Zitate bei Justin auf knapp 20 Seiten (S. 33-52) gesammelt.
Ich muss mich - mal wieder - etwas korrigieren bzw. meine Aussage präzisieren:
Auf S. 33-52 bietet Preuschen den griech. Text. Auf S. 156-172 im gleichen Buch habe ich jetzt aber auch die dt. Übersetzung gefunden. Es sind nicht knapp 20 Seiten reine und wortgetreue Zitate aus den Evangelien, sondern zumeist Passagen aus Justin, in denen er zwar auch mehrere wörtl. Zitate bringt, in denen er ein andermal aber auch lediglich den Inhalt bestimmter Geschichten aus den Evangelien mit eigenen Worten wiedergibt usw. Das nur der Korrektheit halber.

@Chan:
Du schreibst, dass "Justins Darstellung der Jugend von Jesus, seiner Taufe sowie der Johannes-der-Täufer-Figur [...] von der Darstellung in den kan. Ev. erheblich abweichen" soll. Wenn ich Justins Zitate bzw. seine sinngemäßen Zitate zu diesen Episoden im Leben Jesu bei Preuschen überfliege, kann ich keine erhebliche Abweichung der Darstellung gegenüber den kanon. Evangelien finden, außer vielleicht, dass die Magier aus dem Orient bei Justin genauer "Magier aus Arabien" genannt werden oder dass die von Lukas als "Stall" oder Nutztierunterkunft bezeichnete Geburtsstätte von Justin eine Höhle genannt wird. Nur solche kleinen inhaltlichen Abweichungen finde ich, die sich allerdings - so finde ich - gut erklären lassen. Z. B. soll man damals in Bethlehem tatsächlich Fels-Höhlen als Ställe verwendet haben (und ich habe mal irgendwo gelesen, dass das dort sogar heute noch z. T. gemacht wird). Vielleicht bestand ja schon zu Justins Zeit eine ihm bekannte Lokaltradition von der Geburtsstätte Jesu. Falls Justinus die Angabe, die Magier seien aus Arabien gekommen, aus einer älteren Quelle gehabt hätte, die kurz nach ihm auch die kanon. Evangelien nutzten, dann hätte Mt. aus einer genaueren Angabe ("aus Arabien") eine allgemeinere ("aus dem Osten") gemacht. In der Regel läuft sowas aber doch häufiger umgekehrt, oder? ... also von einer allgemeineren Aussage in einer älteren Überlieferungsstufe zu einer konkreteren Interpretation in einer jüngeren Überlieferungsstufe.
Meine Argumente zu diesen beiden Beispielen sind jetzt zugegebenermaßen nicht gerade zwingend, deshalb würde ich gerne von Dir auch mal ein paar inhaltliche Argumente hören, wie die von Dir angeführten Experten, zu ihrer Meinung kommen (und - das will ich mit Zocki gemeinsam wissen - wer jene Experten sind).
 
deshalb würde ich gerne von Dir auch mal ein paar inhaltliche Argumente hören, wie die von Dir angeführten Experten, zu ihrer Meinung kommen (und - das will ich mit Zocki gemeinsam wissen - wer jene Experten sind).

Mein ewiges Credo: Argumente statt Autoritäten (bzw. die Autorität des Arguments anstelle der Autorität des akademischen Titels).
 
Ich frag mich überhaupt wiso Dokumente die Politik begründeten,zwar bestens aufgeführt wurden aber nirgens auch nur ein Erstehungsdatum zu finden is?
 
So ganz verstehe ich Deinen Beitrag zwar nicht, aber falls Du merkwürdig findest, dass in den Evangelien kein Abfassungsdatum steht: Wozu? Während heutige Bücher üblicherweise ein Vorwort enthalten, unter dem Ort und Datum der Fertigstellung des Manuskripts angegeben sind, war das in der Antike nicht der Fall. Die meisten antiken Bücher kann man - wenn überhaupt - nur ungefähr datieren, wenn man über das Leben des Autors Bescheid weiß oder wenn der Text inhaltliche Anhaltspunkte (z. B. bestimmte Anspielungen auf zur Verfassungszeit aktuelle Ereignisse) bietet.
 
Auch wenn der Thread schon etwas älter ist, möchte ich den doch aufgreifen. Wie hier schon richtig bemerkt wurde, wäre eine wesentlich spätere Datierung mit Problemen wegen der anderen Quellen verbunden. Aber ich will noch ein weiteres Argument liefern. Das Christentum ist eine Schriftreligion. Es war nie an einen Tempelkult, Rituale oder einen bestimmten Ort gebunden. Aber dass es ohne religiöse Schriften eine Bedeutung erlangen konnte, ist eher unwahrscheinlich. Zusätzlich lebte es gerade in den Anfängen von der Naherwartung der baldigen Rückkehr von Jesus. Wären umfangreiche Schriften wie die Evangelien erst ca. 150 Jahre nach den beschriebenen Ereignissen entstanden, dann wäre die Naherwartung längstens schon aus dem Blick gewesen. Zudem halte ich den jüdischen Krieg mit der Zerstörung Jerusalems und des Tempels für konstituierend für das Christentum und die Evangelien und zwar zeitnah. 100 Jahre nach dem jüdischen Krieg hätte niemand mehr eine umfangreiche religiöse Deutung benötigt.

Was mich an solchen Spekulationen etwas stört, ist die fehlende Begründung für eine wesentlich spätere Datierung. Was sollte denn gegen die übliche Datierung sprechen? Ich kenne die Überlegungen von der sogenannten "Radikalkritik", die damit auf eine völlige Unhistorizität abzielen. Aber m. E. ist das nicht haltbar.
 
Es war nie an einen Tempelkult, Rituale oder einen bestimmten Ort gebunden.

Tut dies zu meinem Gedächtnis?


Zusätzlich lebte es gerade in den Anfängen von der Naherwartung der baldigen Rückkehr von Jesus. Wären umfangreiche Schriften wie die Evangelien erst ca. 150 Jahre nach den beschriebenen Ereignissen entstanden, dann wäre die Naherwartung längstens schon aus dem Blick gewesen.
Damit kannst du die Anhänger von Spätdatierungen nicht unbedingt überzeugen. Deren Ansicht ist ja, dass beim Christentum nicht zuerst der Mensch Jesus da war, der dann religiös zur göttlichen Inkarnation überhöht wurde, sondern dass erst eine Religion da war, die für besonders dumme Leute an einen sterblichen Menschen, den man nachträglich erfand, gebunden wurde.

Zum Thema Naherwartung: Richtig, das geht aus den paulinischen Briefen hervor. Nun ist gerade die Naherwartung eher ein Grund für eine spätere als eine frühere Verschriftlichung. Wobei später nicht im Sinne einer Radikalkritik gemeint ist. Die Datierung der Evangelien nach der Zerstörung des zweiten Tempels, wie sie mehrheitlich vorgenommen wird, ist da schon ganz sinnvoll. Es sind +/- 40 Jahre seit der Kreuzigung vergangen, die Zeitzeugen sterben aus, in den Gemeinden besteht der Bedarf nach Erinnerung, also wird aufgeschrieben.

Ich kenne die Überlegungen von der sogenannten "Radikalkritik", die damit auf eine völlige Unhistorizität abzielen. Aber m. E. ist das nicht haltbar.
Genau darum geht es den Vertretern einer Spätdatierung aber.
 
Wie hier schon richtig bemerkt wurde, wäre eine wesentlich spätere Datierung mit Problemen wegen der anderen Quellen verbunden.

Wenn du damit die Stellen bei Josephus, Tacitus usw. meinst: Deren Authentizität kann mit guten Gründen angezweifelt werden. Lies dazu Deterings Buch "Falsche Zeugen". Einführung:

http://www.radikalkritik.de/probe070.pdf

Aber ich will noch ein weiteres Argument liefern. Das Christentum ist eine Schriftreligion. Es war nie an einen Tempelkult, Rituale oder einen bestimmten Ort gebunden. Aber dass es ohne religiöse Schriften eine Bedeutung erlangen konnte, ist eher unwahrscheinlich.

Keiner behauptet, dass das in den Evangelien verarbeitete Material nicht teilweise älter ist als die kanonischen Endprodukte. Die Frage stellt sich aus radikalkritischer Sicht eher unter dem Aspekt des Kontextes, soll heißen: Waren gewisse Partien z.B. der Passionsgeschichte zunächst liturgische Texte, die ein kultintern inszeniertes Mysteriendrama in der Tradition der altorientalischen und griechischen Mysterien begleiteten bzw. deren "Drehbuch" bildeten? Im Beitrag 13 schrieb ich dazu:

Eine Analyse der Passionsgeschichte legt nahe, dass sie ursprünglich ein Mysteriendrama zur szenischen Aufführung und nachträglich in Prosa umgestaltet war, wobei das Hauptkriterium des antiken Dramas (Handlung über maximal einen Tag hinweg) eingehalten wurde, was den historisch unmöglichen nächtlichen Prozess im Sanhedrin erklärt. Die Vorgeschichte der Passionshandlung wurde dann nachträglich her- und der Passion vorangestellt.

Zusätzlich lebte es gerade in den Anfängen von der Naherwartung der baldigen Rückkehr von Jesus. Wären umfangreiche Schriften wie die Evangelien erst ca. 150 Jahre nach den beschriebenen Ereignissen entstanden, dann wäre die Naherwartung längstens schon aus dem Blick gewesen.

Wie EQ bereits dankenswerterweise klarstellte, gehen Radikalkritiker davon aus, dass Jesus als historische Gestalt nie existiert hat, weshalb dein Argument nicht greift. Ich präzisiere allerdings dahingehend, dass die Radikalkritik annimmt, dass es historische Gestalten aus der jüdischen Märtyrerszene in "vorchristlicher" Zeit gab, die unter einem bestimmten Aspekt als Modell für die fiktionale Jesusgestalt hergenommen wurden.

Damit kannst du die Anhänger von Spätdatierungen nicht unbedingt überzeugen. Deren Ansicht ist ja, dass beim Christentum nicht zuerst der Mensch Jesus da war, der dann religiös zur göttlichen Inkarnation überhöht wurde, sondern dass erst eine Religion da war, die für besonders dumme Leute an einen sterblichen Menschen, den man nachträglich erfand, gebunden wurde.

Würdest du die Formulierung "besonders dumme Leute" auch auf orthodoxe Juden anwenden, die von der historischen Existenz des Abraham und des Moses überzeugt sind, obwohl diese Figuren für die Religionswissenschaft mit breitem Konsens als fiktional gelten? Abraham und Moses wurden von den Priesterautoren in der Exilszeit bekanntlich erfunden, um neue einheitsstiftende Identifikationsfiguren für das zerrüttete israelitische Selbstverständnis zu schaffen. Erfunden wurden die Figuren also bereits damals für - mit deiner Begrifflichkeit - "besonders dumme Leute".
 
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Wenn du damit die Stellen bei Josephus, Tacitus usw. meinst: Deren Authentizität kann mit guten Gründen angezweifelt werden. Lies dazu Deterings Buch "Falsche Zeugen". Einführung:

http://www.radikalkritik.de/probe070.pdf

Auch wenn du 1000x auf Detering verweist, dessen mehr antireligiös als quellenkritisch bestimmte Herangehensweise wird die Wiederholung nicht richtiger. Insbesondere Tacitus' doch sehr antichristliche Darstellung, die obendrein verrät, dass er Null Ahnung vom Christentum hatte kann nicht christlich interpoliert sein. Bei Josephus gilt nicht die Existenz der Christen als Interpolation sondern die im überlieferten Text entgegengebrachte
entgegengebrachte Wertschätzung Jesu.

Wie EQ bereits dankenswerterweise klarstellte, gehen Radikalkritiker davon aus, dass Jesus als historische Gestalt nie existiert hat, weshalb dein Argument nicht greift.
Deshalb ist aber nicht zu übersehen, dass die Radikalkritik aus geschichtswissenschaftlicher
Sicht nicht haltbar ist. Ihr Umgang mit den Quellen ist ideologisch. Im Prinzip vergleichbar mit einem Evangelikalen wie Thiede, nur unter umgekehrten Vorzeichen.

Ich präzisiere allerdings dahingehend, dass die Radikalkritik annimmt, dass es historische Gestalten aus der jüdischen Märtyrerszene in "vorchristlicher" Zeit gab, die unter einem bestimmten Aspekt als Modell für die fiktionale Jesusgestalt hergenommen wurden.
Also gab es den historischen Jesus nicht, aber jemand anderes ähnliches, der umbenannt wurde?

Würdest du die Formulierung "besonders dumme Leute" auch auf orthodoxe Juden anwenden, die von der historischen Existenz des Abraham und des Moses überzeugt sind, obwohl diese Figuren für die Religionswissenschaft mit breitem Konsens als fiktional gelten? Abraham und Moses wurden von den Priesterautoren in der Exilszeit bekanntlich erfunden, um neue einheitsstiftende Identifikationsfiguren für das zerrüttete israelitische Selbstverständnis zu schaffen. Erfunden wurden die Figuren also bereits damals für - mit deiner Begrifflichkeit - "besonders dumme Leute".

Der Unterschied ist doch der, dass zwischen Kreuzigung und Paulusbriefen weniger als zwischen Kreuzigung und Evangelien eine Generation lag. Zwischen den Patriarchen und der babylonischen Gefangenschaft dagegen Jahrhunderte. In der babylonischen Gefangenschaft erfunden? Ich würde eher sagen Überlieferungen harmonisiert/geglättet.
 
Wie EQ bereits dankenswerterweise klarstellte, gehen Radikalkritiker davon aus, dass Jesus als historische Gestalt nie existiert hat, weshalb dein Argument nicht greift.
Nee, das heißt keinesfalls, dass mein Argument nicht greift, sondern, dass genau diese Frage nicht hinreichend beantwortet wird. Auf die Sturheit von "Radikalkritikern" zu verweisen, reicht hier nicht. Nochmals meine Frage an dieser Stelle, da ist niemand drauf eingegangen: Was spricht eigentlich gegen die übliche Datierung? Diese komplizierten Herleitungen der "Radikalkritik", dass es auch anders gewesen sein könnte, mit zigtausend Annahmen, interessiert erst einmal nicht. Sondern ganz konkret, was soll denn falsch sein an der üblichen Datierung?

Ich will ja gar nicht über die (oder eine) Historizität streiten, aber mir ist die Spätdatierung einfach nur unhaltbar. Mir hatte das anfangs gefallen, aber je mehr ich mich damit beschäftigt hatte, musste ich einsehen, dass das nicht sein kann.
 
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Tut dies zu meinem Gedächtnis?
Das steht im 1. Korintherbrief, nicht in den Evangelien. Das Verhältnis der (echten) Paulusbriefe zu den Evangelien ist m.E. extrem widersprüchlich. Paulus geht in der Christologie bekanntlich sehr viel weiter als die synoptischen Evangelien. Warum sich die Einsetzungsworte so sehr gleichen, aber Paulus, der früher geschrieben haben soll, weiter geht, ist eigentlich ein Paradoxon. Das geht nicht. Wenn die Evangelisten das bei Paulus gefunden haben, hätten sie auch seine Interpretation übernehmen müssen. Das ist übrigens die einzige Stelle im NT, in der Paulus und die Evangelien fast wortgleich sind; und dann dieser Widerspruch.
 
Das steht im 1. Korintherbrief, nicht in den Evangelien.

Im Lukas-Evangelium stehts:

Und er nahm den Kelch, sprach das Dankgebet und sagte: Nehmt den Wein und verteilt ihn untereinander! Denn ich sage euch: Von nun an werde ich nicht mehr von der Frucht des Weinstocks trinken, bis das Reich Gottes kommt. Und er nahm Brot, sprach das Dankgebet, brach das Brot und reichte es ihnen mit den Worten: Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird. Tut dies zu meinem Gedächtnis! Ebenso nahm er nach dem Mahl den Kelch und sagte: Dieser Kelch ist der Neue Bund in meinem Blut, das für euch vergossen wird.
 
Auf die Sturheit von "Radikalkritikern" zu verweisen, reicht hier nicht.

Ich bitte um eine sachlichere Ausdruckweise. Der Sturheitsvorwurf könnte nämlich leicht gegen dich gewendet werden. Dafür spricht z.B. deine seltsame Formulierung "... interessiert erst einmal nicht".

Sondern ganz konkret, was soll denn falsch sein an der üblichen Datierung?

Keiner behauptet, dass sie falsch ist. Die Frage ist vielmehr, was spricht dafür und was dagegen, ohne dass aber das eine oder das andere streng beweisbar wäre. Es geht hier also um Hypothesen, die entweder eine Früh- oder eine Spätdatierung favorisieren.

Die Frühdatierungs-Hypothese (ab 70-110) ist insofern problematisch, als gar kein Indiz für diesen Datierungsrahmen spricht, d.h. es gibt keinerlei archäologische oder textliche Belege dafür, dass die Evangelien in diesem Zeitraum entstanden. Dieser Datierungsrahmen hat sich deswegen eingebürgert, weil er von konservativen, d.h. christlich orientierten Theologen und Historikern festgelegt wurde mit dem Zweck, die Evangelien, die als Zeugnisse für das Wirken der Jesusfigur gelten, so nahe wie möglich an die angebliche Lebenszeit dieser Figur heranzurücken. Als untere Grenze ist 70 obligatorisch wegen der Anspielungen auf die Zerstörung Jerusalems. Der Theologe Klaus Berger behauptet sogar, dass das Joh-Ev das früheste der Evangelien sei, weil darin eine solche Anspielung fehle, es also vor 70 entstanden sei. Allerdings kann Joh 11,48 als eine Anspielung auf die Zerstörung Jerusalems ausgelegt werden.

Hinzu kommt, dass die radikalkritische Tradition von einer Spätdatierung auch der Paulusbriefe ausgeht, d.h. die Echtheit aller, nicht nur einiger, Briefe wird bestritten, sie gelten als pseudepigraphische Erzeugnisse aus der Marcion-Zeit, also um 140. Dafür spricht u.a., dass der Gnostiker Marcion die ersten Paulusbriefe herausgab, umstritten ist aber, ob in der heute vorliegenden Gestalt oder in einer kürzeren gnostischen Gestalt, die laut Radikalkritik von Katholiken "überarbeitet" und auf den heutigen Stand gebracht wurden. Mit dieser Paulus-Spätdatierung fällt, in den Augen der Radikalkritik, eine wichtige Stütze für die Evangelien-Frühdatierungshypothese weg.

Man könnte noch viel über diese Dinge schreiben, aber für den Moment belasse ich es mit obigem und mit einem Selbstzitat aus meinem Eröffnungsbeitrag, der deine Frage schon teilweise beantwortet:

Konservative Neutestamentler führen an, dass in den Briefen von Ignatius und im 1. Clemensbrief Bezüge auf die Evangelien erkennbar seien, dass diese also im ersten Jahrzehnt des 2. Jd. (Ignatius) bzw. zwischen 100 und 125 (Clemens) bereits im Umlauf gewesen sein müssen. Nun wird die Echtheit dieser Briefe aber angezweifelt, so dass sie keine Basis für eine Datierung sein können. Ein ebenfalls als Zeugnis angeführtes Papias-Fragment kann selbst nicht zuverlässig datiert werden.

Darüber hinaus gibt es in der christlichen Literatur des 2. Jh. lange Zeit keine Hinweise auf die Existenz der vier Evangelien. Nicht einmal Justin (um 150) nennt sie als Quelle, auch die Namen der Evangelisten sucht man bei ihm vergebens, er spricht lediglich von den "Aposteln" und von "Petrus".

Erst bei Irenäus finden sie um 180 zum ersten Mal Erwähnung.

Könnte man aus alldem nicht schließen, dass die synoptischen Evangelien, zumindest in ihrer bekannten Gestalt, zwischen 150 und 180 entstanden sind?
 
Die Frühdatierungs-Hypothese (ab 70-110) ist insofern problematisch, als gar kein Indiz für diesen Datierungsrahmen spricht, d.h. es gibt keinerlei archäologische oder textliche Belege dafür, dass die Evangelien in diesem Zeitraum entstanden. Dieser Datierungsrahmen hat sich deswegen eingebürgert, weil er von konservativen, d.h. christlich orientierten Theologen und Historikern festgelegt wurde mit dem Zweck, die Evangelien, die als Zeugnisse für das Wirken der Jesusfigur gelten, so nahe wie möglich an die angebliche Lebenszeit dieser Figur heranzurücken.

Was qualifiziert dich eigentlich, ein derartig oberflächliches Werturteil abzugeben? Und welche angeblich konservativen Historiker und Theologen meinst du konkret? Dass die von Bultmann und seinen Schülern geforderte "Entmythologisierung" des NT gerade bei konservativen Theologen aneckte, ist dir anscheinend nicht bekannt.
 
Was qualifiziert dich eigentlich, ein derartig oberflächliches Werturteil abzugeben?

Darüber kann ich nur lachen.

Und welche angeblich konservativen Historiker und Theologen meinst du konkret?

Ich schrieb:

Dieser Datierungsrahmen hat sich deswegen eingebürgert, weil er von konservativen, d.h. christlich orientierten Theologen und Historikern festgelegt wurde mit dem Zweck, die Evangelien, die als Zeugnisse für das Wirken der Jesusfigur gelten, so nahe wie möglich an die angebliche Lebenszeit dieser Figur heranzurücken.


Wo siehst du da ein "Werturteil"? Ist "konservativ" ein Werturteil? Und welche Historiker und Theologen ich meine, die eine Frühdatierung festlegten? Beispielsweise Adolf von Harnack (1851–1930), John A. T. Robinson (1919–1983), Werner G. Kümmel (1905–1995) und Klaus Berger (*1940), allesamt Theologen und überzeugte Christen, die den Rahmen sogar noch etwas früher ansetzten als 70-110.

Der Begriff "Frühdatierung" wird in der konservativen Bibelforschung anders gebraucht als von mir. Dort steht er für eine Datierung in die 30er Jahre des 1. Jh. Eine "mittlere Datierung" ist das Jahr 60. "Spätdatierung" bedeutet eine Datierung kurz nach 70, spätestens 85. Bis ins 19. Jh. galt aufgrund der Autorität des Vatikans die Frühdatierung in die 30er, erst dann, mit Harnack u.a., etablierte sich ein späterer Rahmen. Ab wann genau der heutig geltende Rahmen 70-110 breiten Konsens genießt, weiß ich nicht, vermutlich ab der Mitte des 20. Jh.

Im Kontext der radikalkritischen Infragestellung auch dieses neueren Rahmens kann "Frühdatierung" auch auf diesen Rahmen bezogen werden im Unterschied zur (hypothetischen) radikalkritischen Spätdatierung.

Dass die von Bultmann und seinen Schülern geforderte "Entmythologisierung" des NT gerade bei konservativen Theologen aneckte, ist dir anscheinend nicht bekannt.

Damit zeigst du nur, wie sehr du meine Aussage missverstanden hast. Aber sowas bin ich hier gewöhnt, es ist schon der Normalfall. Ich schrieb, dass der Datierungsrahmen von "konservativen, d.h. christlich orientierten" Theologen (und Historikern) festgelegt wurde.

Der Ausdruck "konservativ" bezieht sich hier auf einen kirchenexternen Kriterien-Rahmen, er steht für die Bewahrung von religiösen Werten, die im Zuge der europäischen Aufklärung an Absolutheit verloren haben und nur für jene gelten, die an der christlichen Überzeugung festhalten und deren Werte, obgleich von der Aufklärung mit guten, d.h. rationalen Gründen in Frage gestellt, also bewahren (= konservieren).

Du hingegen interpretierst ihn in einem kircheninternen Kriterien-Rahmen, innerhalb dessen es konservative vs. fortschrittliche/liberale Strömungen gibt.

Auch Bultmann war ein Christ, der wegen seiner mythenkritischen Position nicht zu den "konservativen" Christen zählt, worauf du anzuspielen scheinst. Nur - inwiefern widerlegt das meine Aussage, dass der "frühe" Datierungsrahmen (im Unterschied zur radikalkritischen Position) von "konservativen, d.h. christlich orientierten" Theologen und Historikern festgelegt wurde, wenn ich unter "konservativ" in diesem Zusammenhang das Festhalten an christlichen Werten verstehe?
 
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Darüber kann ich nur lachen.



Ich schrieb:

Dieser Datierungsrahmen hat sich deswegen eingebürgert, weil er von konservativen, d.h. christlich orientierten Theologen und Historikern festgelegt wurde mit dem Zweck, die Evangelien, die als Zeugnisse für das Wirken der Jesusfigur gelten, so nahe wie möglich an die angebliche Lebenszeit dieser Figur heranzurücken.

Wo siehst du da ein "Werturteil"? Ist "konservativ" ein Werturteil? Und welche Historiker und Theologen ich meine, die eine Frühdatierung festlegten? Beispielsweise Adolf von Harnack (1851–1930), John A. T. Robinson (1919–1983), Werner G. Kümmel (1905–1995) und Klaus Berger (*1940), allesamt Theologen und überzeugte Christen, die den Rahmen sogar noch etwas früher ansetzten als 70-110.

Der Begriff "Frühdatierung" wird in der konservativen Bibelforschung anders gebraucht als von mir. Dort steht er für eine Datierung in die 30er Jahre des 1. Jh. Eine "mittlere Datierung" ist das Jahr 60. "Spätdatierung" bedeutet eine Datierung kurz nach 70, spätestens 85. Bis ins 19. Jh. galt aufgrund der Autorität des Vatikans die Frühdatierung in die 30er, erst dann, mit Harnack u.a., etablierte sich ein späterer Rahmen. Ab wann genau der heutig geltende Rahmen 70-110 breiten Konsens genießt, weiß ich nicht, vermutlich ab der Mitte des 20. Jh.

Im Kontext der radikalkritischen Infragestellung auch dieses neueren Rahmens kann "Frühdatierung" auch auf diesen Rahmen bezogen werden im Unterschied zur (hypothetischen) radikalkritischen Spätdatierung.



Damit zeigst du nur, wie sehr du meine Aussage missverstanden hast. Aber sowas bin ich hier gewöhnt, es ist schon der Normalfall. Ich schrieb, dass der Datierungsrahmen von "christlich orientierten" Theologen (und Historikern) festgelegt wurde.

Was ist daran falsch? Und ändert Bultmann irgend etwas daran?

Auch Bultmann war ein Christ, der wegen seiner mythenkritischen Position nicht zu den "konservativen" Christen zählt, worauf du anzuspielen scheinst. Nur - inwiefern widerlegt das meine Aussage, dass der "frühe" Datierungsrahmen (im Unterschied zur radikalkritischen Position) von "konservativen, d.h. christlich orientierten" Theologen und Historikern festgelegt wurde? Hat Bultmann denn den Rahmen festgelegt? Gehört er, wie Harnack, zu den Autoritäten, auf die man sich in Fragen der Datierung beruft?

Du hast in meine Aussage also etwas reininterpretiert, was gar nicht drin steht.

Das ist aber der Normalfall hier, wie gesagt. Ich warte schon auf das nächste Exempel.

Meine Frage war simpel, und ich habe dich nicht missverstanden. Ich habe dich gefragt, was dich qualifiziert, dass du Historikern ein ideologisches Brett vor dem Kopf attestierst. Was dich dazu qualifiziert, ein so oberflächliches Werturteil zu fällen, hast du nicht beantwortet- aber ich kann es mir denken- es ist herzlich wenig.
 
Meine Frage war simpel...

In der Tat.

Ich habe dich gefragt, was dich qualifiziert...

Über Geld spricht man nicht, man hat es.

(metaphorisch gemeint)

dass du Historikern ein ideologisches Brett vor dem Kopf attestierst.

Schon wieder dieser langweilige Ideologiebegriff. Ich attestiere ihnen einen christlichen Wertrahmen, nicht mehr und nicht weniger. Dass dieser Wertrahmen ihre Sicht auf die Datierungsfrage beeinflusst, steht doch außer Zweifel.
 
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Ich attestiere ihnen einen christlichen Wertrahmen, nicht mehr und nicht weniger. Dass dieser Wertrahmen ihre Sicht auf die Datierungsfrage beeinflusst, steht doch außer Zweifel.
ja und???
einen "christlichen Wertrahmen" hatten und haben etliche Dichter, Physiker, Chemiker, Ärzte, ohne dass sie deswegen mit jedem Gedicht, jeder Formel, jeder Reaktionsgleichung und jeder Operation das milde Jesuskind verherrlichen ;) :winke:
 
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