Definition "Ersatzkrieg"

schaarva

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Hallo Geschichtsliebhaber,

ich beschäftige mich zurzeit im Rahmen der Abitur-Präsentationsprüfung mit dem Space Race im Kalten Krieg. Allgemein geht es um die Frage, inwieweit man bei diesem von einem "Ersatzkrieg" sprechen kann.

Bei meiner Recherche bin ich auf keine wissenschaftlich fundierte Literatur gestoßen, die einen solchen "Ersatzkrieg" anhand von Kriterien definiert oder eingegrenzt hat.

Natürlich könnte ich eine Definition eigens konstruieren, diese wäre dennoch weder belegt noch geschichtswissenschaftlich anerkannt.

Deshalb die Frage, ob jemand Quellen/ Literatur kennt, die den Begriff "Ersatzkrieg" näher erläutert. Jeder Tipp hilft.

Danke schonmal im Voraus!
 
Ich höre den Begriff "Ersatzkrieg" gerade zum ersten Mal. Ich kenne den Begriff "Stellvertreterkrieg" bei dem eine oder mehrere Großmächte eine kleinere Macht in einem (Bürger)Krieg unterstützen, ohne dass die Großmacht selbst am Konflikt teilnimmt. Beispiele dafür wären etwa die US-Unterstützung für Afghanistan im Sowjetisch-Afghanischen Krieg 1979-89 oder die Hilfsleistungen der Sowjetunion und Chinas an Nordvietnam während des Vietnamkrieges 1964-75. Aber das ist hier wohl nicht gemeint.
Auf das Buch von Karsten Werth bin ich nach kurzem googeln ebenfalls gestossen. Dort wird man wohl am ehesten eine Definition finden. Ansonsten würde ich den Wettlauf zum All ähnlich bewerten wie etwa das Kräftemessen bei den olympischen Spielen, nämlich als einen Wettkampf zwischen den beiden Supermächten im Kalten Krieg.
 
Ansonsten würde ich den Wettlauf zum All ähnlich bewerten wie etwa das Kräftemessen bei den olympischen Spielen, nämlich als einen Wettkampf zwischen den beiden Supermächten im Kalten Krieg.
so gesehen könnte man sogar manche Schach-WM (Fischer vs Spasski!!) auch als "Ersatzkrieg" im Sinne von Wettkampf zwischen den beiden Supermächten auffassen - aber weder bei den olympischen Spielen noch bei Schach-WMs wird rüstungskompatible Technologie eingesetzt wie beim "Wettlauf zum Mond".
 
@dekumatland, @Lukullus, @Ugh Valencia, ja, das Buch liegt gerade vor mir. :) (Trotzdem danke für die Links.)


Er beschreibt den "Ersatzkrieg" im Allgemeinen wie folgt:

"Im Angesicht drohender atomarer Vernichtung verlegten sich die Supermächte zunehmend auf einen ökonomischen, intellektuellen, wissenschaftlich-technischen Konkurrenzkampf - einen Ersatz für Krieg." (Werth, 2006)

"Im Kalten Krieg [wurde] zunehmend ein ökonomischer, intellektueller, wissenschaftlich-technischer Konkurrenzkampf - ein Ersatz für einen Krieg - notwendig." (Werth, 2006)

"Es war ein Krieg der Wissenschaft, Wirtschaft, Spionage, Subversion, Politik und Diplomatie." (Werth, 2006)

--> Der ideologische Wettstreit wird auf vielen Ebenen ausgetragen und dient als gleichwertiges, ersetzendes Äquivalent zu einem ausgetragenen Krieg (Bezug zu Ressourcen, Geopolitik, Öffentlichkeit, ...).


Diese Erklärung ist schon stark auf den Kalten Krieg bezogen und nicht allgemein gehalten. Karsten Werth erläutert weiter den (zum Veröffentlichungszeitpunkt) aktuellen Forschungsstand und die Fragestellung durch die Verknüpfung der Waffenentwicklung mit der Forschung an Weltraumtechnik. Eine kontextfreie Definition des Begriffs "Ersatzkrieg" wird nicht genannt.
 
Ersatzkrieg ergibt eben außerhalb dieses Kontextes keinen Sinn. Man wollte mittels Eiskunstlauf und Schach mittels Wettlauf zum Mond etc. aller Welt zeigen, dass das eigene System geistig und körperlich überlegene Menschen schuf (das war besonders die sowjetische Sichtweise bzw. ihrer Verbündeten). Man sah den Sieg der Person oder der Mannschaft über einen Konkurrenten aus dem kapitalistischen Ausland als Sieg des Kommunismus. So etwas gab es in dieser Form sonst in der Weltgeschichte nicht und es ist ja auch im Grunde absurd, egal, was man vom Systemkonflikt Kapitalismus/Kommunismus hält.
 
Eine Definition zum Begriff „Ersatzkrieg“ gibt es wahrscheinlich nicht.
Man geht offensichtlich davon aus, der Begriff „Krieg“ ist hinreichend definiert.
Und unter hinzufügen des Begriffes „Ersatz“ bringt man zu Ausdruck das etwas auf bestimmte Art und Weise geschieht.

Mit den Begriff „Krieg“ (Substantiv) ist ja die Art und Weise hinreichend beschrieben.
So gesehen lohnt es sich nur die eine oder andere Handlungsweise diesen Begriff zu zuordnen.

Ersatzkrieg kann so betrachtet allerding auch von beiden Kontrahenten erfolgen.
Also auch der Angreifer kann gleichzeitig einen Ersatzkrieg führen.

Beispiel: der Angreifer Russland führt auch gegen die Ukraine gleichzeitig so einen Ersatzkrieg – Russland -> Verhinderung von Getreideexporten der Ukraine nach z.B. Ägypten, Indonesien, die Türkei, Pakistan und Marokko usw.
 
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Man wollte mittels Eiskunstlauf und Schach mittels Wettlauf zum Mond etc. aller Welt zeigen, dass das eigene System geistig und körperlich überlegene Menschen schuf (das war besonders die sowjetische Sichtweise bzw. ihrer Verbündeten).
Ja – und dass sowjetisches System sich durch den ersten Satelliten und den ersten Menschen im Weltall als überlegen erwies, verursachte das im Westen einen sogenannten Sputnikschock, der u.a. zur Bildungsoffensive im Westen führte.
 
Da war aber die Motivation wiederum weniger von absurdem "unser System ist besser, weil wir die besseren Schachspieler, Sportler, Ingenieure haben" geleitet, als von realen Interessen und/oder Befürchtungen. Die militräische Nutzung von Satelliten lag und liegt ja auf der Hand. Da ging es also um tatsächliche Überlegenheit und nicht darum, aus den Fähigkeiten von Individuen Rückschlüsse auf das System, in dem das Individuum lebt, zu ziehen. (Die DDR hat erfolgreich demonstriert, wie man es nicht macht... einige Leute sind aus der DDR abgehauen, nicht weil sie sich grundsätzlich unfrei oder verfolgt fühlten oder grundsätzlich das System ablehnten, sondern weil sie als Ingenieure oder Ärzte, als Erfinder nicht die Entfaltungsmöglichkeiten hatten.)
 
Man wollte mittels Eiskunstlauf und Schach mittels Wettlauf zum Mond etc. aller Welt zeigen, dass das eigene System geistig und körperlich überlegene Menschen schuf (das war besonders die sowjetische Sichtweise bzw. ihrer Verbündeten).
Da war aber die Motivation wiederum weniger von absurdem "unser System ist besser, weil wir die besseren Schachspieler, Sportler, Ingenieure haben" geleitet, als von realen Interessen und/oder Befürchtungen. Die militräische Nutzung von Satelliten lag und liegt ja auf der Hand. Da ging es also um tatsächliche Überlegenheit und nicht darum, aus den Fähigkeiten von Individuen Rückschlüsse auf das System, in dem das Individuum lebt, zu ziehen.
Ist das nicht widersprüchlich, sofern sich beides auf den "Wettlauf zum Mond" bezieht?
 
Ist das nicht widersprüchlich, sofern sich beides auf den "Wettlauf zum Mond" bezieht?

Ich denke nicht unbedingt, dnn was ist, wenn man der Argumentation folgt, der unmittlbare militärische oder wirtschaftlich Nutzen von Mondlandungen?

Bei der Fähigkeit, Sateliten oder Raketen ins All zu bringen und sie als Waffensysteme, für Kommunitkation oder Navigation nutzen zu können ist das ja einsichtig.
Davon aber den Mond machtpolitisch in sinvoller Weise nutzen zu können, ist die Menschheit ja heute noch meilenweit entfernt, da war in den 1960r Jahren sicherlich als Nahziel nicht drann zu denken.

Von dem her, würde ich bei der Mondlandung auch sagen, reines Prestigeprojekt, im Gegensatz zur Fähigkeit Dinge in einen erdnahen Orbit zu befördern.
 
Ist das nicht widersprüchlich, sofern sich beides auf den "Wettlauf zum Mond" bezieht?
Nur bedingt. Beim Wettlauf zum Mond ging es um tatsächliche Leistungsfähigkeit und natürlich um militärische Vorteile (auch wenn die Mondlandung keinen unmittelbaren militärischen Vorteil erbrachte), bei Sport (Schach subsummiert) ging es um zweifelhaftes Prestige. Aber immerhin muss man der SU da auch Konsequenz zugestehen, dass sie diesem Prestige nicht alles opferte. So weigerte sich die SU Ihre Fußballmannschaft zum Qualifikationsspiel ins Estadio de Chile reisen zu lassen, welches noch Wochen zuvor die Putschisten als Konzentrations- und Folterlager für die linken Unterstützer der Allende-Regierung genutzt hatten. Chile gewann mangels angetretenen Gegners das Spiel, die SU wurde disqualifiziert und konnte an der WM '74 nicht teilnehmen. Kein Glanzlicht der FIFA.
 
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